TE OGH 2002/9/30 1Ob169/02p

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Veröffentlicht am 30.09.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Thomas B*****, vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde N*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher und Mag. Volker Leitner, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 198.400 S (= 14.418,29 EUR) und Feststellung (Streitwert 10.000 S = 726,73 EUR) infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2002, GZ 16 R 9/02i-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 26. September 2001, GZ 1 Cg 117/00k-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.719,38 EUR (darin 153,93 EUR Umsatzsteuer und 795,75 EUR) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im "Kulturhof" der beklagten Marktgemeinde befindet sich ein Festsaal. Dieser wird für Veranstaltungen an örtliche Vereine vermietet. Insbesondere zur Verbesserung der Akustik bei Konzerten werden im Saal "Raumteiler" verwendet, um die Saalgröße dem "erwarteten Besucherzustrom" anpassen zu können. Sie dienen ferner als Aufhängevorrichtung für zwei Bilder in der Größe von je 3 mal 3 m. Es handelt sich dabei um etwa 3,5 m hohe rechteckige Metallrahmenkonstruktionen mit Rollen. Der vertikale Rahmenaufbau erhebt sich rund 8 cm hinter der Vorderkante des horizontalen Rahmenteils. Die Raumteiler wurden von einem Gemeindebediensteten hergestellt; sie gehören der beklagten Partei und sind bereits seit Eröffnung des Kulturhofs 1998 vorhanden. In der Gemeinde besteht auch ein Kultur- und Tourismusverein, dessen Obmann der Bürgermeister ist. Der Verein unterhält aufgrund eines Managementvertrags Rechtsbeziehungen mit einer KEG, deren Komplementär der Kläger ist. In Erfüllung dieses Vertrags finden im Kulturhof regelmäßig Konzerte statt. Ein solches vom Verein veranstaltetes Konzert war auch für den 28. 7. 1999 anberaumt. Am Nachmittag dieses Tages traf der Kläger im Kulturhof die letzten Vorbereitungen. Die beiden Raumteiler standen vor einer Wand am Saalende. Der Kläger wollte eine Verkleinerung des Festsaals herbeiführen und ergriff deshalb einen der beiden Teiler von vorn, um ihn in Richtung Saalmitte zu ziehen. Dabei kippte der Raumteiler und begrub den Kläger unter sich. Der Kläger erlitt dadurch einen offenen Unterschenkelbruch. Er war mit den Raumteilern "konfrontiert", seitdem sie im Saal aufgestellt werden. Ein Mitarbeiter des Klägers "hantierte hin und wieder mit den Raumteilern und verschob sie, teilweise allein, teilweise auch mit anderen Personen, auch mit dem Kläger".

Der Kläger begehrte zuletzt den Zuspruch von 198.400 S (= 14.418,29 EUR) und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 28. 7. 1999. Er brachte vor, die beklagte Partei sei Herstellerin der Raumteiler und habe sie - trotz ihrer Fehlerhaftigkeit - in den Verkehr gebracht. Die beklagte Partei habe demnach nach den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes für den Schaden des Klägers einzustehen. An den Raumteilern seien weder Warntafeln noch Gebrauchshinweise montiert gewesen. Solche Teiler dürften jedoch im Zuge des Verschiebens - also bei bestimmungsgemäßem Gebrauch - nicht umkippen.

Die beklagte Partei wendete ein, die Raumteiler seien nicht fehlerhaft. Sie seien von ihr auch nicht in den Verkehr gebracht worden. Zwischen ihr und dem Kultur- und Tourismusverein bestehe eine "wirtschaftliche Einheit". Der Kläger habe seine Verletzungen selbst verschuldet. Die Verschiebung der Raumteiler habe nicht zu seinen Aufgaben gehört. Sein unvorsichtiges Verhalten sei unvorhersehbar gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 148.800 S (= 10.813,72 EUR) sA statt. Es sprach ferner aus, dass die beklagte Partei dem Kläger für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 28. 7. 1999 im Ausmaß von 75 % hafte, und wies das Klagemehrbegehren ab. Nach dessen Ansicht wurden die Raumteiler von der beklagten Partei durch die Vermietung des Saals samt Ausstattungsobjekten in den Verkehr gebracht. Sie seien im Sinne des § 5 PHG fehlerhaft, weil sie sich nicht gefahrlos bewegen ließen. Beim Verschieben eines Raumteilers müsse nicht mit dessen Umkippen gerechnet werden. Dem Kläger sei allerdings ein Mitverschulden im Ausmaß eines Viertels anzulasten, weil der Unfall vermeidbar gewesen wäre, wenn er den Raumteiler nicht von vorn angefasst hätte.Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 148.800 S (= 10.813,72 EUR) sA statt. Es sprach ferner aus, dass die beklagte Partei dem Kläger für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 28. 7. 1999 im Ausmaß von 75 % hafte, und wies das Klagemehrbegehren ab. Nach dessen Ansicht wurden die Raumteiler von der beklagten Partei durch die Vermietung des Saals samt Ausstattungsobjekten in den Verkehr gebracht. Sie seien im Sinne des Paragraph 5, PHG fehlerhaft, weil sie sich nicht gefahrlos bewegen ließen. Beim Verschieben eines Raumteilers müsse nicht mit dessen Umkippen gerechnet werden. Dem Kläger sei allerdings ein Mitverschulden im Ausmaß eines Viertels anzulasten, weil der Unfall vermeidbar gewesen wäre, wenn er den Raumteiler nicht von vorn angefasst hätte.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach im Übrigen aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000, nicht aber 20.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, die Frage nach dem Inverkehrbringen der Raumteiler durch die beklagte Partei sei "nicht von primärer Bedeutung" sei. Diese seien an sich nicht fehlerhaft gewesen. Ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch könne "wohl nur darin bestehen, dass sie zunächst aufgestellt und die Bilder befestigt" würden. Daraus folge, dass sie "grundsätzlich für jenen Gebrauch die erforderliche Sicherheit" böten, der "im Rahmen der Zweckwidmung des Erzeugers" liege. Es sei auch "nicht erkennbar, welche Gebrauchs- bzw Warnhinweise ... erforderlich gewesen wären", um "einen einfachen Raumteiler zu 'gebrauchen'". Der Kläger hätte sich "einer weiteren Person zur Fortbewegung der Raumteiler bedienen oder dies überhaupt Hausarbeitern überlassen müssen". Ihn treffe daher - selbst im Falle der Fehlerhaftigkeit der Raumteiler - "ein derart überwiegendes Verschulden, dass die Haftung der Beklagten zu entfallen" habe. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof "einen derart gelagerten Fall nach dem PHG bisher nicht entschieden" habe. Von erheblicher Bedeutung sei die Lösung der Fragen, ob die beklagte Partei als Herstellerin der Raumteiler anzusehen sei, sie diese in den Verkehr gebracht habe und schließlich, ob die Raumteiler den Sicherheitserwartungen entsprochen hätten.

Die Revision ist zulässig; sie ist teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zulässigkeit der Revisionrömisch eins. Zulässigkeit der Revision

Das Berufungsgericht erklärte die Revision auch deshalb für zulässig, weil zu klären sei, ob die beklagte Partei die Raumteiler in den Verkehr gebracht habe, obgleich es selbst der Ansicht war, dass gerade die Lösung dieser Frage "nicht von primärer Bedeutung" sei. Letztlich entschied das Berufungsgericht den Streitfall durch die Lösung einer den Prozessstandpunkt des Klägers belastenden Verschuldensfrage. Demzufolge waren auch die Fragen nach dem Hersteller der Raumteiler und ihrer allfälligen Fehlerhaftigkeit im Sinne des Produkthaftungsgesetzes nicht mehr von Bedeutung, musste doch das Klagebegehren angesichts des in zweiter Instanz mit § 11 PHG begründeten Entfalls der Produkthaftung jedenfalls scheitern. Das Berufungsgericht ließ daher die Revision zur Lösung von Rechtsfragen zu, die seiner eigenen Ansicht nach nicht entscheidungswesentlich sind. Immerhin nahm es aber auch zu Fragen nach der Fehlerhaftigkeit der Raumteiler - so insbesondere auch zur Verletzung einer allfälligen Instruktionspflicht der beklagten Partei, worauf sich die Revisionsausführungen zum Anspruchsgrund beschränken, - Stellung. Die Revision ist zulässig, weil die Ansicht des Berufungsgerichts über den gänzlichen Entfall des geltend gemachten Ersatzanspruchs gemäß § 11 PHG als gravierende Fehlbeurteilung einer Verschuldensfrage anzusehen ist und daher auch Rechtsfragen zu lösen sind, die im angefochtenen Urteil als nicht entscheidungswesentlich abgetan wurden.Das Berufungsgericht erklärte die Revision auch deshalb für zulässig, weil zu klären sei, ob die beklagte Partei die Raumteiler in den Verkehr gebracht habe, obgleich es selbst der Ansicht war, dass gerade die Lösung dieser Frage "nicht von primärer Bedeutung" sei. Letztlich entschied das Berufungsgericht den Streitfall durch die Lösung einer den Prozessstandpunkt des Klägers belastenden Verschuldensfrage. Demzufolge waren auch die Fragen nach dem Hersteller der Raumteiler und ihrer allfälligen Fehlerhaftigkeit im Sinne des Produkthaftungsgesetzes nicht mehr von Bedeutung, musste doch das Klagebegehren angesichts des in zweiter Instanz mit Paragraph 11, PHG begründeten Entfalls der Produkthaftung jedenfalls scheitern. Das Berufungsgericht ließ daher die Revision zur Lösung von Rechtsfragen zu, die seiner eigenen Ansicht nach nicht entscheidungswesentlich sind. Immerhin nahm es aber auch zu Fragen nach der Fehlerhaftigkeit der Raumteiler - so insbesondere auch zur Verletzung einer allfälligen Instruktionspflicht der beklagten Partei, worauf sich die Revisionsausführungen zum Anspruchsgrund beschränken, - Stellung. Die Revision ist zulässig, weil die Ansicht des Berufungsgerichts über den gänzlichen Entfall des geltend gemachten Ersatzanspruchs gemäß Paragraph 11, PHG als gravierende Fehlbeurteilung einer Verschuldensfrage anzusehen ist und daher auch Rechtsfragen zu lösen sind, die im angefochtenen Urteil als nicht entscheidungswesentlich abgetan wurden.

II. Produkthaftungrömisch II. Produkthaftung

2. Inverkehrbringen

2. 1. Nach § 6 PHG ist ein Produkt in den Verkehr gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich aufgrund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergab. Die Versendung an den Abnehmer genügt. Wurde also ein Produkt in Vertriebsabsicht aus dem Unternehmensbereich abgegeben und einer anderen Stufe des Wirtschaftskreislaufs zugänglich gemacht, so wurde es dadurch in Verkehr gebracht. Diese Voraussetzung trifft auf die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses erfolgte Übertragung der selbständigen Gewahrsame an einem Produkt und die Einräumung dessen Gebrauchs (SZ 70/65; JBl 1995, 456).2. 1. Nach Paragraph 6, PHG ist ein Produkt in den Verkehr gebracht, sobald es der Unternehmer, gleich aufgrund welchen Titels, einem anderen in dessen Verfügungsmacht oder zu dessen Gebrauch übergab. Die Versendung an den Abnehmer genügt. Wurde also ein Produkt in Vertriebsabsicht aus dem Unternehmensbereich abgegeben und einer anderen Stufe des Wirtschaftskreislaufs zugänglich gemacht, so wurde es dadurch in Verkehr gebracht. Diese Voraussetzung trifft auf die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses erfolgte Übertragung der selbständigen Gewahrsame an einem Produkt und die Einräumung dessen Gebrauchs (SZ 70/65; JBl 1995, 456).

2. 2. Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte, brachte die beklagte Partei das hier maßgebende Produkt vor dem Hintergrund der unter 2. 1. erörterten Rechtslage durch die Vermietung des Festsaals mit den Raumteilern an den Kultur- und Tourismusverein in den Verkehr, erlangte doch der Verein durch dieses Geschäft das Recht, (auch) die Raumteiler bei Konzertveranstaltungen ihrer Bestimmung gemäß zu verwenden. Diese Rechtslage akzeptierte mittlerweile offenbar auch die beklagte Partei, weil sie in der Revisionsbeantwortung nicht mehr auf den im Verfahren der Vorinstanzen vertretenen gegenteiligen Standpunkt zurückkommt.

3. Produktfehler

3. 1. Nach § 5 Abs 1 PHG ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts der Darbietung des Produkts, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, und des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde. Der Oberste Gerichtshof fasste zuletzt in der Entscheidung 7 Ob 49/01h (= EvBl 2001/145 = ZVR 2001/71) Grundsätze der Produkthaftung, die die höchstgerichtliche Rechtsprechung prägen, zusammen. Danach ist der Begriff des Produktfehlers - als Kernstück des Produkthaftungsgesetzes - von zentraler Bedeutung, weil jede Ersatzpflicht einen solchen Fehler voraussetze. Schutzauslösendes Moment sei das sowohl den Körper- als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend seien die berechtigten Sicherheitserwartungen als objektiver Maßstab. Dessen Konkretisierung erfolge im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände. Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden dürfe, sei (jedenfalls auch) eine Rechtsfrage. Das Schrifttum unterscheide bei den Produktfehlern zwischen Konstruktions-, Produktions- und Instruktionsfehlern. Bei den Konstruktionsfehlern liege die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept. Beim Produktions(Fabrikations-)fehler entspreche zwar das Konzept und das danach hergestellte "idealtypische Produkt" den Erwartungen, nicht aber einzelne Stücke, weil der Produktionsprozess nicht normgerecht gewesen sei. Beim Instruktionsfehler werde das Produkt allein wegen seiner unzureichenden Darbietung fehlerhaft. Zu den Instruktionspflichten des Herstellers (bzw Scheinherstellers) gehöre, den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produkts hinzuweisen, ja ihn unter Umständen selbst vor einem widmungswidrigen Gebrauch zu warnen. Diese Pflicht bestehe aber nur bei einem Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Ein solches sei zu bejahen, wenn der Hersteller damit rechnen müsse, dass ein Produkt in die Hände von Personen gerate, die mit den Produktgefahren nicht vertraut seien. Beurteilungsmaßstab sei der Idealtypus des durchschnittlichen Produktbenützers. Instruktionsinhalt und -umfang seien an der am wenigsten informierten und damit gefährdetsten Benutzergruppe auszurichten. Was jedoch im Erfahrungswissen eines solchen (potentiellen) Abnehmers liege, müsse nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht werden. Die Erwartungen der Produktsicherheit eines Benutzers seien nur berechtigt, wenn er seinerseits den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht werde. Dieser Gesichtspunkt wurde in der Entscheidung 10 Ob 19/01v (= RdW 2002, 340 [Eustacchio - Teilveröffentlichung]) in Fortschreibung weiterer Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch insoweit ergänzt, als der Bezug auf den billigerweise erwartbaren Produktgebrauch in § 5 Abs 1 Z 2 PHG zeige, dass das Risiko einer missbräuchlichen Produktverwendung nicht auf den Hersteller abgewälzt werden solle. Der Hersteller hafte daher nicht für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten. Auch unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit habe der Hersteller aber mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht bloß um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen naheliegenden Abusus handle.3. 1. Nach Paragraph 5, Absatz eins, PHG ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts der Darbietung des Produkts, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, und des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde. Der Oberste Gerichtshof fasste zuletzt in der Entscheidung 7 Ob 49/01h (= EvBl 2001/145 = ZVR 2001/71) Grundsätze der Produkthaftung, die die höchstgerichtliche Rechtsprechung prägen, zusammen. Danach ist der Begriff des Produktfehlers - als Kernstück des Produkthaftungsgesetzes - von zentraler Bedeutung, weil jede Ersatzpflicht einen solchen Fehler voraussetze. Schutzauslösendes Moment sei das sowohl den Körper- als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend seien die berechtigten Sicherheitserwartungen als objektiver Maßstab. Dessen Konkretisierung erfolge im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände. Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden dürfe, sei (jedenfalls auch) eine Rechtsfrage. Das Schrifttum unterscheide bei den Produktfehlern zwischen Konstruktions-, Produktions- und Instruktionsfehlern. Bei den Konstruktionsfehlern liege die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept. Beim Produktions(Fabrikations-)fehler entspreche zwar das Konzept und das danach hergestellte "idealtypische Produkt" den Erwartungen, nicht aber einzelne Stücke, weil der Produktionsprozess nicht normgerecht gewesen sei. Beim Instruktionsfehler werde das Produkt allein wegen seiner unzureichenden Darbietung fehlerhaft. Zu den Instruktionspflichten des Herstellers (bzw Scheinherstellers) gehöre, den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produkts hinzuweisen, ja ihn unter Umständen selbst vor einem widmungswidrigen Gebrauch zu warnen. Diese Pflicht bestehe aber nur bei einem Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Ein solches sei zu bejahen, wenn der Hersteller damit rechnen müsse, dass ein Produkt in die Hände von Personen gerate, die mit den Produktgefahren nicht vertraut seien. Beurteilungsmaßstab sei der Idealtypus des durchschnittlichen Produktbenützers. Instruktionsinhalt und -umfang seien an der am wenigsten informierten und damit gefährdetsten Benutzergruppe auszurichten. Was jedoch im Erfahrungswissen eines solchen (potentiellen) Abnehmers liege, müsse nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht werden. Die Erwartungen der Produktsicherheit eines Benutzers seien nur berechtigt, wenn er seinerseits den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht werde. Dieser Gesichtspunkt wurde in der Entscheidung 10 Ob 19/01v (= RdW 2002, 340 [Eustacchio - Teilveröffentlichung]) in Fortschreibung weiterer Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch insoweit ergänzt, als der Bezug auf den billigerweise erwartbaren Produktgebrauch in Paragraph 5, Absatz eins, Ziffer 2, PHG zeige, dass das Risiko einer missbräuchlichen Produktverwendung nicht auf den Hersteller abgewälzt werden solle. Der Hersteller hafte daher nicht für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten. Auch unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit habe der Hersteller aber mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht bloß um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen naheliegenden Abusus handle.

3. 2. Der Kläger wirft der beklagten Partei im Revisionsverfahren nur mehr vor, eine Instruktionspflicht verletzt zu haben. Nicht geltend gemacht wird dagegen ein Konstruktions- oder ein Produktionsfehler. Die beklagte Partei habe damit rechnen müssen, dass die Raumteiler nicht nur von ihren Bediensteten, sondern auch von Leuten der Mieter des Festsaals verschoben würden. Sie hätte daher vor der Gefahr des "Vornüberkippens und Umstürzens" der Raumteiler warnen müssen. Diese Warnung hätte durch die Anbringung von Warnschildern auf den Raumteilern an gut sichtbarer Stelle erfolgen müssen. Solche Schilder hätten etwa die "Aufschrift 'Nicht verschieben!' oder 'Zum Verschieben Gemeindebedienstete anfordern!'" enthalten müssen.

3. 3. Wie unter 3. 1. erläutert wurde, muss nur vor Eigenschaften eines Produkts, die dem Erfahrungswissen der am wenigsten informierten und damit gefährdetsten Gruppe von Benutzern entsprechen, nicht gewarnt werden. Innerhalb dieser Gruppe entspricht es nicht dem selbstverständlichen Erfahrungswissen über physikalische Gesetzmäßigkeiten, dass ein 3,5 m hoher und nach unbestrittenen Revisionsausführungen 1,5 m breiter Metallrahmenaufbau rund 8 cm hinter der Vorderkante einer verhältnismäßig schmalen horizontalen Basis mit Rollen, deren Maße der Kläger mit "etwa 1,5 x 0,75 m" beschreibt, eine als Gefährdungspotential nicht zu vernachlässigende Kopflastigkeit mit Kippgefahr entfaltet, wenn er zur Fortbewegung von vorn angefasst und weggezogen wird. Dann ist aber der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Pflicht zur Instruktion über diese Produkteigenschaft zu verneinen, nicht beizutreten. Die beklagte Partei, die die Raumteiler in den Verkehr brachte und der auch ihre Herstellung zuzurechnen ist, wäre somit verpflichtet gewesen, auf die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch des Produkts bestehende Kippgefahr durch die Anbringung einer gut sichtbaren Warnung hinzuweisen. Wegen Verletzung dieser Handlungspflicht hat die beklagte Partei dem Kläger für den durch den erörterten Produktfehler entstandenen Schaden in dem unter 4. zu begründeten Ausmaß einzustehen. Die Bemerkung der beklagten Partei, "die Anbringung von Warnhinweisen" sei "aus optischen Gründen nicht möglich" gewesen, entbindet sie nicht von der Ersatzpflicht, weil dem Gesetz keine Grundlage dafür zu entnehmen ist, dass die Instruktionspflicht über eine dem Produkt innewohnende Gefährlichkeit vom ästhetischen Empfinden des Haftpflichtigen über die wünschenswerte Produktpräsentation verdrängt wird.

4. Mitverschulden des Geschädigten

Nach § 11 PHG ist der § 1304 ABGB sinngemäß anzuwenden, wenn den Geschädigten ein Verschulden trifft. Die nach § 1304 ABGB für den Schadenseintritt kausale Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Rechtsgütern, kann zwar auch derart überwiegen, dass sie den Anspruch zum Erlöschen bringt (SZ 71/98; spezifisch zur Produkthaftung ebenso Fitz/Purtscheller in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung § 11 Rz 6), ein solcher krasser Fall eines Eigenverschuldens des Klägers liegt hier indes - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor. Unter 3. 1. wurde allerdings schon festgehalten, dass die nach § 5 PHG maßgebenden Sicherheitserwartungen nur dann berechtigt sind, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird. Bei den Erwägungen zur Schadensteilung ist auch im Anlassfall neben der Haftung der beklagten Partei für die unterlassene Instruktion auf ein Mitverschulden des Klägers Bedacht zu nehmen (zuletzt zu einem solchen Fall JBl 2001, 177). Nach Ansicht des Revisionswerbers reicht das von ihm "verursachte Verschieben des beweglichen Raumteilers .... als Mitursache des Schadens für sich allein ... nicht aus, (um) ihm ein Mitverschulden am Schaden zuzuweisen". Dem ist nicht beizutreten. Dem Kläger ist vielmehr anzulasten, dass er den einfach fassbaren und insgesamt leicht überblickbaren konstruktiven Zusammenhängen der unter seiner Mitwirkung bereits bei anderen Gelegenheiten verschobenen Raumteiler keine Beachtung geschenkt und daher deren Gefährlichkeit beim Verschieben, die eine an sich erkennbare Kopflastigkeit indizierte, sorgloserweise übersehen hatte, sodass er schließlich eine für den Schadensfall ursächliche gefahrenträchtige Handhabungsart wählte. Die Schadensteilung durch das Erstgericht ist dem Mitverschulden des Klägers angemessen.Nach Paragraph 11, PHG ist der Paragraph 1304, ABGB sinngemäß anzuwenden, wenn den Geschädigten ein Verschulden trifft. Die nach Paragraph 1304, ABGB für den Schadenseintritt kausale Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Rechtsgütern, kann zwar auch derart überwiegen, dass sie den Anspruch zum Erlöschen bringt (SZ 71/98; spezifisch zur Produkthaftung ebenso Fitz/Purtscheller in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung Paragraph 11, Rz 6), ein solcher krasser Fall eines Eigenverschuldens des Klägers liegt hier indes - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht vor. Unter 3. 1. wurde allerdings schon festgehalten, dass die nach Paragraph 5, PHG maßgebenden Sicherheitserwartungen nur dann berechtigt sind, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird. Bei den Erwägungen zur Schadensteilung ist auch im Anlassfall neben der Haftung der beklagten Partei für die unterlassene Instruktion auf ein Mitverschulden des Klägers Bedacht zu nehmen (zuletzt zu einem solchen Fall JBl 2001, 177). Nach Ansicht des Revisionswerbers reicht das von ihm "verursachte Verschieben des beweglichen Raumteilers .... als Mitursache des Schadens für sich allein ... nicht aus, (um) ihm ein Mitverschulden am Schaden zuzuweisen". Dem ist nicht beizutreten. Dem Kläger ist vielmehr anzulasten, dass er den einfach fassbaren und insgesamt leicht überblickbaren konstruktiven Zusammenhängen der unter seiner Mitwirkung bereits bei anderen Gelegenheiten verschobenen Raumteiler keine Beachtung geschenkt und daher deren Gefährlichkeit beim Verschieben, die eine an sich erkennbare Kopflastigkeit indizierte, sorgloserweise übersehen hatte, sodass er schließlich eine für den Schadensfall ursächliche gefahrenträchtige Handhabungsart wählte. Die Schadensteilung durch das Erstgericht ist dem Mitverschulden des Klägers angemessen.

Der Revision ist somit teilweise Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen.

5. Kosten

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 43 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger ist im Revisionsverfahren zu einem Viertel unterlegen. Ihm sind daher die Hälfte der Anwaltskosten und drei Viertel der Pauschalgebühren zu ersetzen. Nach dem Enderfolg sind im Berufungsverfahren beide Streitteile als unterlegen anzusehen. Es hat daher jede Partei Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Berufungsbeantwortung. Das ergibt einen Saldo zugunsten des Klägers. Die Summe der dem Kläger für das gesamte Rechtsmittelverfahren zuzuerkennenden Kosten folgt aus dem Spruch dieser Entscheidung.Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf Paragraph 43, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 50, Absatz eins, ZPO. Der Kläger ist im Revisionsverfahren zu einem Viertel unterlegen. Ihm sind daher die Hälfte der Anwaltskosten und drei Viertel der Pauschalgebühren zu ersetzen. Nach dem Enderfolg sind im Berufungsverfahren beide Streitteile als unterlegen anzusehen. Es hat daher jede Partei Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Berufungsbeantwortung. Das ergibt einen Saldo zugunsten des Klägers. Die Summe der dem Kläger für das gesamte Rechtsmittelverfahren zuzuerkennenden Kosten folgt aus dem Spruch dieser Entscheidung.

Textnummer

E67170

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00169.02P.0930.000

Im RIS seit

30.10.2002

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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