TE OGH 2002/10/10 6Ob239/02v

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Veröffentlicht am 10.10.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitta S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in Stockerau, gegen die beklagte Partei Dr. Martin W*****, vertreten durch Mag. Hans Peter Puchleitner, Rechtsanwalt in 8350 Fehring, wegen Widerruf und Unterlassung ehrverletzender Behauptungen, über die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 7. Mai 2002, GZ 7 R 9/02y-39, womit über die Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fürstenfeld vom 31. Oktober 2001, GZ 1 C 1466/00a-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung der Vorinstanzen wird hinsichtlich der Stattgebung des Unterlassungsbegehrens bestätigt und im Übrigen dahin abgeändert, dass das auf den Widerruf der gegenüber der Sicherheitsdirektion geäußerten Behauptungen, die mj Natascha K***** sei von ihrer Mutter Brigitta S***** und Günther S***** missbraucht und in weiterer Folge von Günther S***** im Einvernehmen mit Brigitta S***** entführt worden, gerichtete Begehren abgewiesen wird.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 1.203,29 EUR (darin 210,45 EUR Umsatzsteuer und 158,61 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz, die mit 364,07 EUR (darin 60,68 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 249,70 EUR (darin 41,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei 25 % der Pauschalgebühr des Revisionsverfahrens, das sind 132,50 EUR, binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die minderjährige Tochter der Klägerin ist seit März 1998 abgängig. Ein Sachverständiger hatte im Zuge der eingeleiteten gerichtlichen Untersuchung ein Gutachten erstattet, das die Sicherheitsbehörden und das Gericht veranlassten, die Erhebungen gegen die Klägerin als potentielle Täterin nicht mehr mit der gleichen Intensität wie zuvor weiterzuverfolgen. Der Beklagte hatte den Verdacht, dass die Mutter des Kindes an dessen Verschwinden mitgewirkt hat. Er wollte die Sicherheitsbehörden zur Fortsetzung ihrer Ermittlungen veranlassen. Er stellte in Schreiben an den Bundeskanzler und den Bundesminister für Innere Sicherheit die Behauptung auf, dass das Kind von ihrer Mutter und von Günther S***** sexuell missbraucht und sodann von den beiden entführt worden sei. Diese Behauptungen stellte der Beklagte auch gegenüber Beamten der Bundespolizeidirektion Wien und des Innenministeriums auf. Der Beklagte hat keinen Zweifel, dass die Klägerin für einen sexuellen Missbrauch ihrer Tochter und für die anschließende Entführung maßgeblich verantwortlich ist. Mit ihrer am 20. 11. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin, gestützt auf § 1330 ABGB, die Verurteilung des Beklagten, 1. die gegenüber der Sicherheitsdirektion geäußerten Behauptungen, die Minderjährige sei von ihrer Mutter und Günther S***** sexuell missbraucht und in weiterer Folge von Günther S***** im Einvernehmen mit der Mutter entführt worden, als unwahr zu widerrufen und 2. die Verbreitung der angeführten Behauptungen oder ähnlicher Behauptungen zu unterlassen. Die Tatsachenbehauptungen seien unrichtig. Die Klägerin habe den angeblichen Mittäter nicht einmal gekannt. Sie habe sich auf Grund der erhobenen Vorwürfe in ärztliche Behandlung begeben müssen und sei zeitweise nicht in der Lage gewesen, einem Erwerb nachzugehen. Die Sicherheitsbehörde hätte die Nachforschungen eingestellt. Der Beklagte hätte die Unwahrheit der von ihm verbreiteten Tatsachenbehauptungen kennen müssen. Seine Unkenntnis beruhe auf zumindest leichter Fahrlässigkeit. Er sei nicht bereit, seine Äußerungen als unwahr zurückzunehmen, sodass Wiederholungsgefahr gegeben sei. Er habe die Tatsachenbehauptungen in zwei Schreiben an den Bundeskanzler und an den Bundesminister für Inneres aufgestellt, die an die Sicherheitsdirektion Wien weitergeleitet worden seien. Eine unbekannte Anzahl von Mitarbeitern der Sicherheitsdirektion habe Kenntnis erlangt. Die Schreiben seien mittels Telefax übermittelt worden. Das Schreiben an den Bundeskanzler sei nicht als vertraulich gekennzeichnet gewesen. Der Beklagte habe seine Behauptungen wider besseres Wissen erhoben. Weder das Bundeskanzleramt, der Bundeskanzler noch der Bundesminister für Inneres seien die nach der Strafprozessordnung zuständige Behörde zur Verfolgung strafgerichtlicher Handlungen.Die minderjährige Tochter der Klägerin ist seit März 1998 abgängig. Ein Sachverständiger hatte im Zuge der eingeleiteten gerichtlichen Untersuchung ein Gutachten erstattet, das die Sicherheitsbehörden und das Gericht veranlassten, die Erhebungen gegen die Klägerin als potentielle Täterin nicht mehr mit der gleichen Intensität wie zuvor weiterzuverfolgen. Der Beklagte hatte den Verdacht, dass die Mutter des Kindes an dessen Verschwinden mitgewirkt hat. Er wollte die Sicherheitsbehörden zur Fortsetzung ihrer Ermittlungen veranlassen. Er stellte in Schreiben an den Bundeskanzler und den Bundesminister für Innere Sicherheit die Behauptung auf, dass das Kind von ihrer Mutter und von Günther S***** sexuell missbraucht und sodann von den beiden entführt worden sei. Diese Behauptungen stellte der Beklagte auch gegenüber Beamten der Bundespolizeidirektion Wien und des Innenministeriums auf. Der Beklagte hat keinen Zweifel, dass die Klägerin für einen sexuellen Missbrauch ihrer Tochter und für die anschließende Entführung maßgeblich verantwortlich ist. Mit ihrer am 20. 11. 2000 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin, gestützt auf Paragraph 1330, ABGB, die Verurteilung des Beklagten, 1. die gegenüber der Sicherheitsdirektion geäußerten Behauptungen, die Minderjährige sei von ihrer Mutter und Günther S***** sexuell missbraucht und in weiterer Folge von Günther S***** im Einvernehmen mit der Mutter entführt worden, als unwahr zu widerrufen und 2. die Verbreitung der angeführten Behauptungen oder ähnlicher Behauptungen zu unterlassen. Die Tatsachenbehauptungen seien unrichtig. Die Klägerin habe den angeblichen Mittäter nicht einmal gekannt. Sie habe sich auf Grund der erhobenen Vorwürfe in ärztliche Behandlung begeben müssen und sei zeitweise nicht in der Lage gewesen, einem Erwerb nachzugehen. Die Sicherheitsbehörde hätte die Nachforschungen eingestellt. Der Beklagte hätte die Unwahrheit der von ihm verbreiteten Tatsachenbehauptungen kennen müssen. Seine Unkenntnis beruhe auf zumindest leichter Fahrlässigkeit. Er sei nicht bereit, seine Äußerungen als unwahr zurückzunehmen, sodass Wiederholungsgefahr gegeben sei. Er habe die Tatsachenbehauptungen in zwei Schreiben an den Bundeskanzler und an den Bundesminister für Inneres aufgestellt, die an die Sicherheitsdirektion Wien weitergeleitet worden seien. Eine unbekannte Anzahl von Mitarbeitern der Sicherheitsdirektion habe Kenntnis erlangt. Die Schreiben seien mittels Telefax übermittelt worden. Das Schreiben an den Bundeskanzler sei nicht als vertraulich gekennzeichnet gewesen. Der Beklagte habe seine Behauptungen wider besseres Wissen erhoben. Weder das Bundeskanzleramt, der Bundeskanzler noch der Bundesminister für Inneres seien die nach der Strafprozessordnung zuständige Behörde zur Verfolgung strafgerichtlicher Handlungen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Er wandte im Wesentlichen ein, dass er nach wie vor keinen Zweifel daran habe, die Klägerin sei für einen sexuellen Missbrauch ihrer Tochter und die daran anschließende Entführung maßgeblich verantwortlich. Seine Äußerungen unterlägen dem Amtsgeheimnis. Er habe seine Angaben an die Behörde vertraulich gemacht.

Das Erstgericht gab beiden Klagebegehren statt. Es stellte über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im Wesentlichen noch fest, dass der Beklagte der Klägerin als "sozialarbeiterisch engagierter" karenzierter Richter seine Mithilfe bei der Suche nach dem Kind angeboten habe. Bei einer Recherche des Beklagten im Bereich des Schulweges des Kindes sei es zu einer Kontroverse mit dem Passanten Günther S***** gekommen. Der Beklagte habe sich als Polizist ausgegeben und sei in der Folge selbst verhaftet worden. Der Beklagte schließe aus verschiedenen Widersprüchlichkeiten in den Angaben der Mutter des Kindes und dem Verhalten des Passanten ein "abgekartetes Spiel". Auf Grund von Schilderungen der Mutter über ein Bettnässen und eine Gewichtszunahme des Kindes habe er den Verdacht, dass das Kind sexuell missbraucht worden sei. Der Beklagte habe aus Gespräche mit Hofräten der Sicherheitsdirektion gewusst, dass die Behörde die Ermittlungen gegen die Mutter einstellen habe wollen. Er habe vom damaligen Bundesminister für Inneres die Fortsetzung der Ermittlungen gefordert, was abgelehnt worden sei. Daraufhin habe er mehrere Telefax an verschiedene Personen und Organisationen verschickt, unter anderem habe er am 9. 3. 1999 per Fax dem Bundesminister für Inneres ein Schreiben mit dem Vermerk "Persönlich" mit folgendem Text übermittelt:

"Diesem Kriminalfall, der österreichweit besondere Aufmerksamkeit und Betroffenheit hervorgerufen hat, liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit folgender Sachverhalt im Wesentlichen zu Grunde, welcher sich auf verlässliche Informationen stützt. Die Mutter der bedauernswerten Natascha, Frau Brigitte S*****, und Herr Günther S*****, haben Natascha gemeinsam sexuell missbraucht (Porno). Als Natascha diesen Missbrauch beenden wollte, wurde sie an jenem Märztag auf dem Schulweg im Bereich des Kubinplatzes von Günther S***** im Einvernehmen mit der Mutter entführt und in Gewahrsam verbracht. Der Ort ihres Gefängnisses ist entweder die Wohnung des Günther S***** oder das betreffende Wohnhaus, wahrscheinlicher noch sein Schrebergartenhaus an der Donau. Natascha lebt noch! Um ihr Leben zu retten, ersuche ich um dringende Sofortmaßnahmen."

An den damaligen Bundeskanzler habe der Beklagte am 9. 3. 1999 per

Fax folgendes Schreiben gerichtet:

"Betrifft: Kriminalfall Natascha K*****.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! In Ergänzung zum gestrigen Schreiben möchte ich darauf hinweisen, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Natascha K***** in Langenzersdorf, ***** (Eigentümer Heinrich S*****) gefangen gehalten wird. Um das Leben dieses bedauernswerten Mädchens zu retten, bitte ich um dringende Hilfe."

Die Behauptungen des Beklagten hätten zu weiteren Erhebungen der Sicherheitsbehörden gegen die Klägerin und Günther S***** geführt. Gegen sie seien aber weder Vorerhebungen noch eine Voruntersuchung eingeleitet worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Beklagte den ihm obliegenden Wahrheitsbeweis nicht habe erbringen können. Die Tatsachenbehauptungen seien ehrverletzend und rufschädigend. Zwar seien die in einer Strafanzeige enthaltenen objektiv unrichtigen Beschuldigungen wegen des Rechtsverfolgungsinteresses nicht rechtswidrig. Dies gelte aber nicht, wenn sie vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben worden seien. Es bestehe zwar keine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers, die Verdachtsgründe auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Auf die Vertraulichkeit des § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB könne sich aber derjenige nicht berufen, der in dem Wissen, dass die Behörde den Sachverhalt bereits geprüft und sich für die Einstellung entschieden habe, nochmals bewusst drastische Formulierungen wähle, ohne dass er sich auf verlässliche Informationen stützen könne. Der Beklagte habe sich zwar auf solche Informationen berufen, über diese aber nicht verfügt. Ihm komme daher der Rechtfertigungsgrund nicht zugute. Die von ihm angeführten Indizien seien ungenügend. Der Beklagte habe nur Vermutungen Ausdruck verliehen. Er habe bei seinen Äußerungen den gebotenen Sorgfaltsmaßstab nicht eingehalten.In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Beklagte den ihm obliegenden Wahrheitsbeweis nicht habe erbringen können. Die Tatsachenbehauptungen seien ehrverletzend und rufschädigend. Zwar seien die in einer Strafanzeige enthaltenen objektiv unrichtigen Beschuldigungen wegen des Rechtsverfolgungsinteresses nicht rechtswidrig. Dies gelte aber nicht, wenn sie vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben worden seien. Es bestehe zwar keine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers, die Verdachtsgründe auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Auf die Vertraulichkeit des Paragraph 1330, Absatz 2, Satz 3 ABGB könne sich aber derjenige nicht berufen, der in dem Wissen, dass die Behörde den Sachverhalt bereits geprüft und sich für die Einstellung entschieden habe, nochmals bewusst drastische Formulierungen wähle, ohne dass er sich auf verlässliche Informationen stützen könne. Der Beklagte habe sich zwar auf solche Informationen berufen, über diese aber nicht verfügt. Ihm komme daher der Rechtfertigungsgrund nicht zugute. Die von ihm angeführten Indizien seien ungenügend. Der Beklagte habe nur Vermutungen Ausdruck verliehen. Er habe bei seinen Äußerungen den gebotenen Sorgfaltsmaßstab nicht eingehalten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es beurteilte die Mitteilungen des Beklagten als öffentliche und verneinte den Ausnahmetatbestand des § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB. Nur dann, wenn der Mitteilende annehmen könne, dass die Mitteilung vertraulich behandelt werde, könne der Rechtfertigungsgrund vorliegen. Dem Beklagten habe klar sein müssen, dass seine Schreiben dritten Personen bekannt werden. Die Publizität sei schon bei der Mitteilung an einen Dritten gegeben. Bei einem rufschädigenden Schreiben an einen für den behaupteten Sachverhalt nicht zuständigen Bundesminister liege der Ausnahmetatbestand nicht vor. Der Beklagte habe die Unwahrheit seiner Behauptungen über den sexuellen Missbrauch und die Entführung des Kindes kennen müssen. Über verlässliche Informationen habe er nicht verfügt.Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es beurteilte die Mitteilungen des Beklagten als öffentliche und verneinte den Ausnahmetatbestand des Paragraph 1330, Absatz 2, Satz 3 ABGB. Nur dann, wenn der Mitteilende annehmen könne, dass die Mitteilung vertraulich behandelt werde, könne der Rechtfertigungsgrund vorliegen. Dem Beklagten habe klar sein müssen, dass seine Schreiben dritten Personen bekannt werden. Die Publizität sei schon bei der Mitteilung an einen Dritten gegeben. Bei einem rufschädigenden Schreiben an einen für den behaupteten Sachverhalt nicht zuständigen Bundesminister liege der Ausnahmetatbestand nicht vor. Der Beklagte habe die Unwahrheit seiner Behauptungen über den sexuellen Missbrauch und die Entführung des Kindes kennen müssen. Über verlässliche Informationen habe er nicht verfügt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 4.000, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es änderte über Antrag des Beklagten den Zulässigkeitsausspruch aber ab und erklärte die ordentliche Revision doch für zulässig.

Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Beklagte die Abänderung "im klagestattgebenden Sinn". Auch ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens ist zu diesem Revisionsantrag zu bemerken, dass klar erkennbar ist, dass der Beklagte die Abweisung der Klagebegehren anstrebt. Er stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag zur Verfahrensergänzung.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt. Der Revisionswerber releviert die Nichtöffentlichkeit seiner Mitteilungen an zur Verschwiegenheit verpflichtete Behörden. Er habe die Unrichtigkeit seiner Tatsachenbehauptungen nicht gekannt. Nur wider besseres Wissen erstattete Strafanzeigen seien nicht gerechtfertigt. Zu diesem Revisionsvorbringen ist Folgendes auszuführen:

I. Nach § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB haftet der Mitteilende für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit er nicht kennt, dann nicht, wenn der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Mitteilung gerechtfertigt. Den Rechtfertigungsgrund hat der Mitteilende zu beweisen (SZ 69/12; 6 Ob 2235/96m). Grundsätzlich ist eine Mitteilung schon dann öffentlich, wenn sie nur einer einzigen vom Täter und vom Verletzten verschiedenen Person zur Kenntnis gelangt (RS0032413) und keine Gewähr besteht, dass der Empfänger die Mitteilung vertraulich behandeln werde (RS0031906). Für alle Ansprüche nach § 1330 ABGB (auf Unterlassung, Widerruf und Schadenersatz) gilt, dass vertrauliche Mitteilungen an Behörden oder sonst zuständige Stellen, die nicht nur zu Verschwiegenheit, sondern auch zu einer gewissenhaften Nachprüfung der Angaben verpflichtet sind, selbst bei Unwahrheit der Tatsachenmitteilungen nicht schlechthin rechtswidrig sind. Derjenige, der eine seiner Meinung nach im Interesse der Gesamtheit wesentliche Anzeige oder Mitteilung macht, soll davor geschützt werden, den Wahrheitsbeweis antreten zu müssen (RS0031927). Strafanzeigen sind also grundsätzlich gerechtfertigt, es sei denn, die Beschuldigung wird vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben (SZ 59/190 uva). Davon kann hier entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes nach den getroffenen Feststellungen aber nicht ausgegangen werden, auch wenn die vom Beklagten ins Treffen geführten Verdachtsgründe über bloße Hypothesen nicht hinausgehen und sich auch dessen ursprüngliche Behauptung, er verfüge über verlässliche Informationen, als falsch erwiesen hat.römisch eins. Nach Paragraph 1330, Absatz 2, Satz 3 ABGB haftet der Mitteilende für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit er nicht kennt, dann nicht, wenn der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Mitteilung gerechtfertigt. Den Rechtfertigungsgrund hat der Mitteilende zu beweisen (SZ 69/12; 6 Ob 2235/96m). Grundsätzlich ist eine Mitteilung schon dann öffentlich, wenn sie nur einer einzigen vom Täter und vom Verletzten verschiedenen Person zur Kenntnis gelangt (RS0032413) und keine Gewähr besteht, dass der Empfänger die Mitteilung vertraulich behandeln werde (RS0031906). Für alle Ansprüche nach Paragraph 1330, ABGB (auf Unterlassung, Widerruf und Schadenersatz) gilt, dass vertrauliche Mitteilungen an Behörden oder sonst zuständige Stellen, die nicht nur zu Verschwiegenheit, sondern auch zu einer gewissenhaften Nachprüfung der Angaben verpflichtet sind, selbst bei Unwahrheit der Tatsachenmitteilungen nicht schlechthin rechtswidrig sind. Derjenige, der eine seiner Meinung nach im Interesse der Gesamtheit wesentliche Anzeige oder Mitteilung macht, soll davor geschützt werden, den Wahrheitsbeweis antreten zu müssen (RS0031927). Strafanzeigen sind also grundsätzlich gerechtfertigt, es sei denn, die Beschuldigung wird vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben (SZ 59/190 uva). Davon kann hier entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes nach den getroffenen Feststellungen aber nicht ausgegangen werden, auch wenn die vom Beklagten ins Treffen geführten Verdachtsgründe über bloße Hypothesen nicht hinausgehen und sich auch dessen ursprüngliche Behauptung, er verfüge über verlässliche Informationen, als falsch erwiesen hat.

II. Das Berufungsgericht hat den Rechtfertigungsgrund des berechtigten Interesses der Empfänger der Mitteilungen verneint, weil der Beklagte sein Schreiben nicht an die für Strafanzeigen zuständigen Behörden gerichtet habe. Diese Rechtsansicht ist durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckt. Der Entscheidung 6 Ob 2235/96m = EvBl 1997/159 (787) lag eine strafrechtlich relevante Mitteilung - es ging ua um Steuerhinterziehungen - an den sachlich unzuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zu Grunde. Ein Rechtfertigungsgrund nach § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB wurde verneint, weil der Empfänger kein berechtigtes Interesse an der Mitteilung gehabt habe. Die gleiche Ansicht wurde in der Entscheidung 4 Ob 187/99z vertreten. Dort hatte das Amt einer Landesregierung Fotokopien von Bildnissen des Klägers mit ehrverletzenden Begleitschreiben erhalten. Der Oberste Gerichtshof verneinte sowohl ein berechtigtes Interesse der Verwaltungsbehörde am Empfang der Mitteilung als auch eine Vertraulichkeit der Eingabe, die im Zuge ihrer Bearbeitung und des Aktenlaufes regelmäßig einer Personenmehrheit zur Kenntnis gelange. An der Rechtsansicht, dass es auch auf die Zuständigkeit des Empfängers zur Nachprüfung der Angaben ankommt, ist festzuhalten, weil nur bei Bejahung dieser Zuständigkeit das im § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB angeführte berechtigte Empfangsinteresse vorliegen kann. Eine gegenteilige Auffassung wurde auch nicht in den vom Revisionswerber in seiner Zulassungsbeschwerderömisch II. Das Berufungsgericht hat den Rechtfertigungsgrund des berechtigten Interesses der Empfänger der Mitteilungen verneint, weil der Beklagte sein Schreiben nicht an die für Strafanzeigen zuständigen Behörden gerichtet habe. Diese Rechtsansicht ist durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckt. Der Entscheidung 6 Ob 2235/96m = EvBl 1997/159 (787) lag eine strafrechtlich relevante Mitteilung - es ging ua um Steuerhinterziehungen - an den sachlich unzuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zu Grunde. Ein Rechtfertigungsgrund nach Paragraph 1330, Absatz 2, Satz 3 ABGB wurde verneint, weil der Empfänger kein berechtigtes Interesse an der Mitteilung gehabt habe. Die gleiche Ansicht wurde in der Entscheidung 4 Ob 187/99z vertreten. Dort hatte das Amt einer Landesregierung Fotokopien von Bildnissen des Klägers mit ehrverletzenden Begleitschreiben erhalten. Der Oberste Gerichtshof verneinte sowohl ein berechtigtes Interesse der Verwaltungsbehörde am Empfang der Mitteilung als auch eine Vertraulichkeit der Eingabe, die im Zuge ihrer Bearbeitung und des Aktenlaufes regelmäßig einer Personenmehrheit zur Kenntnis gelange. An der Rechtsansicht, dass es auch auf die Zuständigkeit des Empfängers zur Nachprüfung der Angaben ankommt, ist festzuhalten, weil nur bei Bejahung dieser Zuständigkeit das im Paragraph 1330, Absatz 2, Satz 3 ABGB angeführte berechtigte Empfangsinteresse vorliegen kann. Eine gegenteilige Auffassung wurde auch nicht in den vom Revisionswerber in seiner Zulassungsbeschwerde

angeführten Entscheidungen 6 Ob 611/87 = SZ 60/138, 4 Ob 338/87 = MR

1988, 84 und 1 Ob 38, 39/88 = MR 1989, 12 = SZ 61/205 vertreten. Dort

waren völlig anders gelagerte Sachverhalte zu beurteilen (zwei Entscheidungen betrafen die Vertraulichkeit von Mitteilungen eines Gläubigerschutzverbandes, in der Entscheidung SZ 60/138 war entscheidungswesentlich, dass das ehrverletzende Schreiben nicht nur an einen am Empfang Interessierten, sondern auch an eine zweite Person, der keine Behördenfunktion zukam, gerichtet war). Auf die Nichtöffentlichkeit seiner Mitteilungen kann sich der Beklagte demnach nicht berufen, weil jedenfalls der Bundeskanzler nicht die für Strafanzeigen, Erhebungen und Strafverfolgung zuständige Behörde ist, sodass nicht weiter geprüft werden muss, ob dies auch für den Bundesminister für Innere Sicherheit gilt, der immerhin im Rahmen der Behördenhierarchie oberstes weisungsbefugtes Organ der Sicherheitsbehörden ist.

III. Auch ohne weitere Revisionsausführungen ist der festgestellte Sachverhalt einer rechtlichen Überprüfung nach allen Richtungen hin zu unterziehen, wenn - wie hier - eine zulässige Rechtsrüge vorliegt (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 5 zu § 503 mwN; RS0043326). Diese Überprüfung führt zur Abweisung des Widerrufsbegehrens:römisch III. Auch ohne weitere Revisionsausführungen ist der festgestellte Sachverhalt einer rechtlichen Überprüfung nach allen Richtungen hin zu unterziehen, wenn - wie hier - eine zulässige Rechtsrüge vorliegt (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 5 zu Paragraph 503, mwN; RS0043326). Diese Überprüfung führt zur Abweisung des Widerrufsbegehrens:

Der Anspruch auf Widerruf einer Tatsachenmitteilung als unwahr ist seinem Wesen nach ein Schadenersatzanspruch, mit dem die schon eingetretenen Wirkungen der falschen Behauptungen beseitigt werden sollen. Der Widerruf ist Schadensgutmachung durch Restitutio in integrum. Sein Ziel ist die Beseitigung der entstandenen abträglichen Meinung über den Verletzten (6 Ob 316/97g = EvBl 1998/93 [426] = JBl 1998, 369 mwN). Der Widerruf muss gegenüber dem Mitteilungsempfänger erklärt werden. Der Verletzte selbst hat keinen Anspruch auf Abgabe einer Ehrenerklärung (6 Ob 316/97g). Hier verlangt die Klägerin den Widerruf der "gegenüber der Sicherheitsdirektion geäußerten Behauptungen ...". Diese Formulierung lässt offen, wem gegenüber der Widerruf erklärt werden soll, das Begehren ist insofern unschlüssig. Einen Widerruf gegenüber sich selbst kann die Klägerin nicht verlangen. Dritte werden nicht angeführt. Selbst wenn man aber zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sie den Widerruf gegenüber der Sicherheitsdirektion anstrebt, ist ihr Begehren nicht berechtigt, weil der Widerruf einer nach § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB gerechtfertigten Strafanzeige oder Sachverhaltsmitteilung den Rechtfertigungsgrund in sein Gegenteil verwandeln würde. Die Stattgebung des Widerrufsbegehrens käme einer Zurücknahme der (an eine zuständige Behörde erstatteten) Strafanzeige gleich. Für einen derartigen Widerruf einer zulässigen Tatsachenmitteilung fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, insbesondere aber schon an dem für jeden Schadenersatzanspruch erforderlichen Verschulden. Die Klägerin hätte nur den Widerruf der Behauptungen des Beklagten gegenüber jenen Personen verlangen können, die die Mitteilungen erhielten, ohne daran ein berechtigtes Interesse zu haben.Der Anspruch auf Widerruf einer Tatsachenmitteilung als unwahr ist seinem Wesen nach ein Schadenersatzanspruch, mit dem die schon eingetretenen Wirkungen der falschen Behauptungen beseitigt werden sollen. Der Widerruf ist Schadensgutmachung durch Restitutio in integrum. Sein Ziel ist die Beseitigung der entstandenen abträglichen Meinung über den Verletzten (6 Ob 316/97g = EvBl 1998/93 [426] = JBl 1998, 369 mwN). Der Widerruf muss gegenüber dem Mitteilungsempfänger erklärt werden. Der Verletzte selbst hat keinen Anspruch auf Abgabe einer Ehrenerklärung (6 Ob 316/97g). Hier verlangt die Klägerin den Widerruf der "gegenüber der Sicherheitsdirektion geäußerten Behauptungen ...". Diese Formulierung lässt offen, wem gegenüber der Widerruf erklärt werden soll, das Begehren ist insofern unschlüssig. Einen Widerruf gegenüber sich selbst kann die Klägerin nicht verlangen. Dritte werden nicht angeführt. Selbst wenn man aber zu Gunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sie den Widerruf gegenüber der Sicherheitsdirektion anstrebt, ist ihr Begehren nicht berechtigt, weil der Widerruf einer nach Paragraph 1330, Absatz 2, Satz 3 ABGB gerechtfertigten Strafanzeige oder Sachverhaltsmitteilung den Rechtfertigungsgrund in sein Gegenteil verwandeln würde. Die Stattgebung des Widerrufsbegehrens käme einer Zurücknahme der (an eine zuständige Behörde erstatteten) Strafanzeige gleich. Für einen derartigen Widerruf einer zulässigen Tatsachenmitteilung fehlt es an jeder Rechtsgrundlage, insbesondere aber schon an dem für jeden Schadenersatzanspruch erforderlichen Verschulden. Die Klägerin hätte nur den Widerruf der Behauptungen des Beklagten gegenüber jenen Personen verlangen können, die die Mitteilungen erhielten, ohne daran ein berechtigtes Interesse zu haben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 43 Abs 1 ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO. Die Klägerin ist auf Grund der unterschiedlichen Bewertung des Unterlassungs- und des Widerrufsbegehrens mit rund 75 % ihrer Begehren durchgedrungen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz von 50 % ihrer Vertretungskosten und von 75 % ihrer Barauslagen. Dem Beklagten sind 25 % der Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren zu ersetzen.Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf Paragraph 43, Absatz eins, ZPO, hinsichtlich der Rechtsmittelverfahren auch auf Paragraph 50, ZPO. Die Klägerin ist auf Grund der unterschiedlichen Bewertung des Unterlassungs- und des Widerrufsbegehrens mit rund 75 % ihrer Begehren durchgedrungen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz von 50 % ihrer Vertretungskosten und von 75 % ihrer Barauslagen. Dem Beklagten sind 25 % der Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren zu ersetzen.

Anmerkung

E67794 6Ob239.02v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00239.02V.1010.000

Dokumentnummer

JJT_20021010_OGH0002_0060OB00239_02V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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