TE OGH 2002/10/10 6Ob48/02f

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Veröffentlicht am 10.10.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Herbert Schrittesser, Rechtsanwalt in Mödling, gegen die beklagte Partei S***** BetriebsgesmbH, ***** vertreten durch Dr. Stefan Herdey und Dr. Roland Gsellmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen 6.680,09 EUR (91.920 S), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 16. Oktober 2001, GZ 5 R 83/01i-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Dezember 2000, GZ 41 C 2827/99i-15, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 499,39 EUR (darin enthalten 83,13 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte errichtete im Auftrag eines Sportvereins einen Fußballplatz mit Nebenanlagen. Bei den erforderlichen Grabungsarbeiten wurde ein Fernmeldekabel der Klägerin beschädigt. Die Klägerin hat an der Bauverhandlung, zu der sie geladen worden war, nicht teilgenommen. Die Beklagte hat die Klägerin über die in Aussicht genommenen Grabungsarbeiten nicht informiert. Die Klägerin begehrte die Reparaturkosten von 91.920 S. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie mit der Kabelverlegung auf dem unverbauten Wiesengrundstück nicht rechnen habe müssen. Hilfsweise wendete sie das überwiegende Mitverschulden der Klägerin ein, weil diese trotz Ladung zur Bauverhandlung nicht erschienen sei und weder den Bauwerber noch die Beklagte von der Trassenführung des Kabelstrangs verständigt habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe mit einem unterirdischen Fernmeldekabel nicht rechnen müssen und sei überdies ihrer Erkundigungspflicht nachgekommen, weil sie eine Auskunft des Gemeindesekretärs (und zugleich Obmannes des Bauwerbers) eingeholt habe, die negativ gewesen sei. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin der Ladung zu der Bauverhandlung keine Folge geleistet habe, habe die Beklagte dessen Auskunft vertrauen dürfen. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinn einer Stattgebung der Klage ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beklagte hätte insbesondere auf Grund der Lage des Grundstücks zwischen einer Landesstraße und der Autobahn, des von der Landesstraße hin zur Autobahn verlaufenden Gemeindweges und eines Entwässerungsgrabens, die sich mit der zu grabenden Künette kreuzten, mit dem im Erdbereich verlegten Kabeln im Grabungsbereich rechnen müssen. Zudem sei auf Grund der vorhandenen Wurzelstöcke erkennbar gewesen, dass dort einmal Grabungsarbeiten stattgefunden hätten. Die Beklagte hätte daher Erkundigungen bei der Klägerin über die Lage von Kabeln einzuholen gehabt. Die Nachfrage beim Gemeindesekretär habe sie dieser Verpflichtung nicht enthoben. Die Nichtteilnahme der Klägerin an der Bauverhandlung begründe kein Mitverschulden. Zu letzterer Frage liege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, weshalb die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Die Bauverhandlung dient nicht dem Informationsaustausch zwischen einem Leitungsberechtigten und dem Bauwerber oder dem Bauführer, der zur Bauverhandlung gar nicht zu laden ist (§ 25 Steiermärkisches Baugesetz). Das Mitverschulden der Geschädigten an der Herbeiführung des eigenen Schadens im Sinn des § 1304 ABGB setzt zwar kein Verschulden im technischen Sinn voraus. Auch Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (RIS-Justiz RS0022681). In der Verneinung einer vorwerfbaren Untätigkeit der Klägerin durch das Berufungsgericht kann aber hier kein aufzugreifender Rechtsirrtum erblickt werden. Allein auf Grund der Ladung zur Bauverhandlung war für die Klägerin nicht erkennbar, ob und in welchem konkreten Bereich Grabungsarbeiten stattfinden werden und ob dadurch ihr Kabelstrang gefährdet sein könnte. Die Klägerin konnte sich vielmehr darauf verlassen, dass sie rechtzeitig um Auskunft oder erforderlichenfalls um ihr Einschreiten ersucht wird (5 Ob 252/74). Es ist hier nicht ersichtlich, auf Grund welcher Umstände die Klägerin von sich aus die Beklagte auf das im Boden verlegte Kabel hinweisen hätte müssen. Nach ständiger Rechtsprechung hat vielmehr der mit den Grabungsarbeiten beauftragte Unternehmer die Pflicht, sich bei entsprechenden Anhaltspunkten für einen unterirdischen Kabelverlauf vor Grabungsbeginn bei den zuständigen Stellen nach unterirdischen Einbauten zu erkundigen (RIS-Justiz RS0038135). Dieser Erkundigungspflicht hätte er leicht und ohne besonderen Aufwand durch eine entsprechende Anfrage bei der örtlichen Fernmeldedienststelle nachkommen können (2 Ob 224/79). Verletzt ein Bauführer die Nachfragepflicht, so verstößt er gegen die Schutzpflicht zugunsten des Dritten, dem durch die Beschädigung von Einbauten ein Schaden erwächst (7 Ob 627/95 mwN). Ein Abweichen des Gerichtes zweiter Instanz von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung ist nicht erkennbar.Die Bauverhandlung dient nicht dem Informationsaustausch zwischen einem Leitungsberechtigten und dem Bauwerber oder dem Bauführer, der zur Bauverhandlung gar nicht zu laden ist (Paragraph 25, Steiermärkisches Baugesetz). Das Mitverschulden der Geschädigten an der Herbeiführung des eigenen Schadens im Sinn des Paragraph 1304, ABGB setzt zwar kein Verschulden im technischen Sinn voraus. Auch Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (RIS-Justiz RS0022681). In der Verneinung einer vorwerfbaren Untätigkeit der Klägerin durch das Berufungsgericht kann aber hier kein aufzugreifender Rechtsirrtum erblickt werden. Allein auf Grund der Ladung zur Bauverhandlung war für die Klägerin nicht erkennbar, ob und in welchem konkreten Bereich Grabungsarbeiten stattfinden werden und ob dadurch ihr Kabelstrang gefährdet sein könnte. Die Klägerin konnte sich vielmehr darauf verlassen, dass sie rechtzeitig um Auskunft oder erforderlichenfalls um ihr Einschreiten ersucht wird (5 Ob 252/74). Es ist hier nicht ersichtlich, auf Grund welcher Umstände die Klägerin von sich aus die Beklagte auf das im Boden verlegte Kabel hinweisen hätte müssen. Nach ständiger Rechtsprechung hat vielmehr der mit den Grabungsarbeiten beauftragte Unternehmer die Pflicht, sich bei entsprechenden Anhaltspunkten für einen unterirdischen Kabelverlauf vor Grabungsbeginn bei den zuständigen Stellen nach unterirdischen Einbauten zu erkundigen (RIS-Justiz RS0038135). Dieser Erkundigungspflicht hätte er leicht und ohne besonderen Aufwand durch eine entsprechende Anfrage bei der örtlichen Fernmeldedienststelle nachkommen können (2 Ob 224/79). Verletzt ein Bauführer die Nachfragepflicht, so verstößt er gegen die Schutzpflicht zugunsten des Dritten, dem durch die Beschädigung von Einbauten ein Schaden erwächst (7 Ob 627/95 mwN). Ein Abweichen des Gerichtes zweiter Instanz von diesen Grundsätzen der Rechtsprechung ist nicht erkennbar.

Ob die örtlichen Gegebenheiten Anhaltspunkte für unterirdische Einbauten bieten und damit die Erkundigungspflicht vor Beginn von Grabungsarbeiten auslösen, ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles abhängig. Auch insoweit hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgeführt, dass auch im unverbauten Gebiet im Einzelfall mit dem Vorhandensein von Kabeln zu rechnen ist (2 Ob 224/79; 5 Ob 307/80). In der Ansicht des Berufungsgerichtes, das auf Grund der Situierung der zu bearbeitenden Grundstücke und des Verlaufes der geplanten Künette zwischen einer Landesstraße und der Autobahn und den sonstigen hier beschriebenen Gegebenheiten die Erkundigungspflicht auslösende Anhaltspunkte vorlagen, kann eine zur Korrektur Anlass gebende Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Es entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass sich der Bauführer nicht damit begnügen darf, dass die Frage nach dem allfälligen Vorhandensein von Kabeln vom Bauherrn oder vom Grundeigentümer verneint wird (5 Ob 136/72; 2 Ob 224/79). Der Umstand, dass der Obmann des auftraggebenden Vereins, der diese Auskunft erteilte, zugleich Gemeindesekretär war, vermag daran nichts zu ändern, weil diese informelle Auskunft einerseits nicht als eine Auskunft der Gemeinde als Baubehörde zu werten und zudem auch nicht davon auszugehen war, dass diesem die Kabellagepläne und die Planbücher der Klägerin zur Verfügung standen.

Das Berufungsgericht hat die Rechtsfragen im Sinne der von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätze beurteilt; eine im Sinn der Einzelfallgerechtigkeit aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht liegt nicht vor. Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Das Berufungsgericht hat die Rechtsfragen im Sinne der von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätze beurteilt; eine im Sinn der Einzelfallgerechtigkeit aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht liegt nicht vor. Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.

Gemäß den §§ 41 und 50 ZPO hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung, mit der sie primär die Zurückweisung der Revision beantragte und ausführte, warum keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Es steht jedoch nur ein Einheitssatz von 60 % - und nicht, wie verzeichnet, von 240 % - zu.Gemäß den Paragraphen 41 und 50 ZPO hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung, mit der sie primär die Zurückweisung der Revision beantragte und ausführte, warum keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt. Es steht jedoch nur ein Einheitssatz von 60 % - und nicht, wie verzeichnet, von 240 % - zu.

Anmerkung

E67656 6Ob48.02f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00048.02F.1010.000

Dokumentnummer

JJT_20021010_OGH0002_0060OB00048_02F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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