TE OGH 2002/10/23 3Ob205/02x

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Veröffentlicht am 23.10.2002
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 19. November 1998 verstorbenen Ing. Walter Josef K*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des erblasserischen Sohnes Ing. Berndt K*****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. Juni 2002, GZ 43 R 301/02m-107, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 10. April 2002, GZ 2 A 88/99a-97, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass dem Antrag des erbl. Sohnes Ing. Berndt K***** vom 20. September 2000 auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zur Einverleibung seines Eigentumsrechts ob dem erblasserischen Viertelanteil an der Liegenschaft EZ ***** stattgegeben wird.

Die Ausstellung der Amtsurkunde obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung:

Die Witwe des Erblassers und seine Alleinerbin (aufgrund Erbvertrags und Testaments) - welcher der Nachlass mit Beschluss vom 27. September 2000 ON 38 zur Gänze rechtskräftig eingeantwortet wurde - hatte u.a. mit dem pflichtteilsberechtigten Sohn und nunmehrigen Revisionsrekurswerber (im Folgenden nur Sohn) am 20. September 2000 vor dem Gerichtskommissär folgendes Pflichtteilsübereinkommen geschlossen:

1. Der Sohn ... erklärt in Abgeltung seines Pflichtteilsanspruches, den [erbl.] Viertelanteil der Liegenschaft EZ ***** [mit dem im Inventar ausgewiesenen Schätzwert von 1,32 Mio S] in sein Eigentum zu übernehmen.

Eine entsprechende Amtsurkunde möge ausgefertigt werden.

2. Hiemit sind sämtliche Pflichtteilsansprüche des Sohnes ... gegen den Nachlass seines verstorbenen Vaters ... bzw. gegen die Alleinerbin abgegolten.

Dem Abhandlungsakt (ON 33) ist zu entnehmen, dass der Gerichtskommissär eine Stunde nach Beendigung der Tagsatzung, in welcher diese Pflichtteilsvereinbarung abgeschlossen wurde, ein Telefax erhalten hatte, in welchem die Rechtsvertreter der geschiedenen Ehegattin des Sohnes behaupteten, ihre Mandantin habe beim Bezirksgericht Döbling als Exekutionsgericht die Erb- und Pflichtteilsansprüche des Sohnes in der Verlassenschaft nach dessen Vater gemäß §§ 331, 333 EO gepfändet, dieser könne nicht mehr wirksam über diese Rechte (durch Verzicht oder Vereinbarung) verfügen, vielmehr kämen diese Rechte nunmehr ihrer Mandantin zu. In der Folge sprach sich die geschiedene Gattin des Sohnes gegen die Ausstellung der beantragten Amtsurkunde aus.Dem Abhandlungsakt (ON 33) ist zu entnehmen, dass der Gerichtskommissär eine Stunde nach Beendigung der Tagsatzung, in welcher diese Pflichtteilsvereinbarung abgeschlossen wurde, ein Telefax erhalten hatte, in welchem die Rechtsvertreter der geschiedenen Ehegattin des Sohnes behaupteten, ihre Mandantin habe beim Bezirksgericht Döbling als Exekutionsgericht die Erb- und Pflichtteilsansprüche des Sohnes in der Verlassenschaft nach dessen Vater gemäß Paragraphen 331,, 333 EO gepfändet, dieser könne nicht mehr wirksam über diese Rechte (durch Verzicht oder Vereinbarung) verfügen, vielmehr kämen diese Rechte nunmehr ihrer Mandantin zu. In der Folge sprach sich die geschiedene Gattin des Sohnes gegen die Ausstellung der beantragten Amtsurkunde aus.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 27. September 2000 ON 37 nahm das Erstgericht den Abschluss des Pflichtteilsübereinkommens zur Kenntnis, behielt jedoch (Beschlusspunkt 5.) die Ausstellung einer Amtsbestätigung bezüglich der Einverleibung des Eigentumsrechts des Sohnes ob des erwähnten ¼ Liegenschaftsanteils im Hinblick auf die Anträge der geschiedenen Gattin des Sohnes vom 19. September 2000 ON 33, eingelangt beim Gerichtskommissär am 20. September 2000, vor.

Das Erstgericht wies in der Folge mit seinem Beschluss vom 10. April 2002 ON 97 den Antrag des Sohnes auf Ausstellung der zur Verbücherung des Pflichtteilsübereinkommens dienenden Amtsbestätigung ab. Denn aus dem Exekutionsakt des Bezirksgerichts Döbling ergebe sich, dass die geschiedene Ehegattin des Sohnes dessen Pflichtteilsansprüche rechtskräftig gepfändet habe, weshalb dieser nicht mehr berechtigt sei, den Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zu stellen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sohnes nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zugelassen werde. Da dem Sohn der Liegenschaftsanteil nicht durch eine während der Abhandlung an ihn getätigte Veräußerung, sondern durch Vertrag unter Lebenden (Pflichtteilsübereinkommen mit der Witwe) zugekommen sei, komme die Ausstellung einer Amtsbestätigung durch das Verlassenschaftsgericht schon aufgrund des Gesetzestextes des § 178 AußStrG und der Judikatur (JBl 1959, 106) nicht in Betracht.Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sohnes nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zugelassen werde. Da dem Sohn der Liegenschaftsanteil nicht durch eine während der Abhandlung an ihn getätigte Veräußerung, sondern durch Vertrag unter Lebenden (Pflichtteilsübereinkommen mit der Witwe) zugekommen sei, komme die Ausstellung einer Amtsbestätigung durch das Verlassenschaftsgericht schon aufgrund des Gesetzestextes des Paragraph 178, AußStrG und der Judikatur (JBl 1959, 106) nicht in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Sohnes ist zulässig und berechtigt:

Zunächst ist aus der Aktenlage des von der geschiedenen Ehegattin des Sohnes gegen diesen eingeleiteten Exekutionsverfahrens (AZ 23 E 5028/00g des Bezirksgerichts Döbling) festzustellen, dass der zur Hereinbringung einer Forderung von 676.545,40 S und auf Pfändung der Erb- und Pflichtteilsansprüche iSd §§ 331 ff EO gegründete Exekutionsantrag am 3. Oktober 2000 bewilligt - zeitlich somit nach dem Abschluss des Pflichtteilsübereinkommens und nach dem Antrag des Sohnes auf Ausstellung der hier strittigen Amtsbestätigung - und erst nach diesem Zeitpunkt an den Sohn als Verpflichteten zugestellt wurde, weshalb die Pfändung erst zu einem Zeitpunkt wirksam wurde (werden konnte), in dem die Pflichtteilsansprüche des Sohnes bereits für diesen, aber auch für die Witwe und Erbin verbindlich erledigt waren.Zunächst ist aus der Aktenlage des von der geschiedenen Ehegattin des Sohnes gegen diesen eingeleiteten Exekutionsverfahrens (AZ 23 E 5028/00g des Bezirksgerichts Döbling) festzustellen, dass der zur Hereinbringung einer Forderung von 676.545,40 S und auf Pfändung der Erb- und Pflichtteilsansprüche iSd Paragraphen 331, ff EO gegründete Exekutionsantrag am 3. Oktober 2000 bewilligt - zeitlich somit nach dem Abschluss des Pflichtteilsübereinkommens und nach dem Antrag des Sohnes auf Ausstellung der hier strittigen Amtsbestätigung - und erst nach diesem Zeitpunkt an den Sohn als Verpflichteten zugestellt wurde, weshalb die Pfändung erst zu einem Zeitpunkt wirksam wurde (werden konnte), in dem die Pflichtteilsansprüche des Sohnes bereits für diesen, aber auch für die Witwe und Erbin verbindlich erledigt waren.

Denjenigen, welchen in die öffentlichen Bücher eingetragene unbewegliche Güter, oder auf denselben haftende Forderungen aus einer Verlassenschaft nicht als Erben, sondern als Vermächtnisnehmer, oder durch eine während der Abhandlung an sie erfolgte Veräußerung zufallen, ist von der Abhandlungsbehörde auf ihr Ansuchen die Bestätigung zu erteilen, dass sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümer eingetragen werden können (§ 178 erster Satz AußStrG). Die Amtsbestätigung soll dem Vermächtnisnehmer - der nicht wie der Erbe das Eigentumsrecht an der vermachten Sache schon mit dem Eintritt der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde erwirbt - den Erwerb seines Eigentums durch Eintragung im Grundbuch ermöglichen (4 Ob 68/99z = SZ 72/53; 1 Ob 255/99b = NZ 2000, 278; Feil, Verfahren außer Streitsachen2, § 178 Rz 1).Denjenigen, welchen in die öffentlichen Bücher eingetragene unbewegliche Güter, oder auf denselben haftende Forderungen aus einer Verlassenschaft nicht als Erben, sondern als Vermächtnisnehmer, oder durch eine während der Abhandlung an sie erfolgte Veräußerung zufallen, ist von der Abhandlungsbehörde auf ihr Ansuchen die Bestätigung zu erteilen, dass sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümer eingetragen werden können (Paragraph 178, erster Satz AußStrG). Die Amtsbestätigung soll dem Vermächtnisnehmer - der nicht wie der Erbe das Eigentumsrecht an der vermachten Sache schon mit dem Eintritt der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde erwirbt - den Erwerb seines Eigentums durch Eintragung im Grundbuch ermöglichen (4 Ob 68/99z = SZ 72/53; 1 Ob 255/99b = NZ 2000, 278; Feil, Verfahren außer Streitsachen2, Paragraph 178, Rz 1).

Dass aber das Pflichtteilsübereinkommen zwischen der erbvertraglichen und testamentarischen Alleinerbin und dem pflichtteilsberechtigten Sohn des Erblassers, in welchem jene diesem zur Abgeltung seines Pflichtteilsanspruchs einen Liegenschaftsanteil aus dem Nachlass überließ, nicht dem § 178 erster Satz zweiter Fall AußStrG zu unterstellen ist, wie das Rekursgericht meint, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Auszustellen ist die genannte Amtsbestätigung neben den Legataren auch den Erwerbern von Liegenschaften im Zuge des Abhandlungsverfahrens (Bittner/Lehner, Kommentar Grundbuchsrecht, Register 4, Kap. 1.6.6; vgl. auch NZ 1888, 253). Dass diese Erwerber Legatare sein müssten, wäre sinnwidrig. Die genannte Vorschrift findet vielmehr gerade auch im Zusammenhang mit einer Abfindung von Erben oder Noterben im Rahmen eines Erben- oder Pflichtteilsübereinkommens Anwendung, gerade dies ist eine "Veräußerung während der Abhandlung", hier abgeschlossen zwischen der Alleinerbin und dem pflichtteilsberechtigten Sohn als Erwerber. Die von der zweiten Instanz zur Stützung ihrer Rechtsansicht zitierte Entscheidung JBl 1959, 106 ist hier unanwendbar. Dort war es um einen mit dem Erblasser geschlossenen Vertrag unter Lebenden gegangen. Bei der Einräumung von Eigentum an einer Nachlassliegenschaft zur Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs handelt es sich dagegen um einen Erwerb von Todes wegen (VfGH B 66/81 = NZ 1983, 82; Feil, Pflichtteilsrecht2 Rz 20), steht doch die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs im Vordergrund und nicht die Begründung einer eigenen neuen Verpflichtung (durch den Erben; 7 Ob 502/95 = NZ 1996, 309 = MietSlg 48/11).Dass aber das Pflichtteilsübereinkommen zwischen der erbvertraglichen und testamentarischen Alleinerbin und dem pflichtteilsberechtigten Sohn des Erblassers, in welchem jene diesem zur Abgeltung seines Pflichtteilsanspruchs einen Liegenschaftsanteil aus dem Nachlass überließ, nicht dem Paragraph 178, erster Satz zweiter Fall AußStrG zu unterstellen ist, wie das Rekursgericht meint, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Auszustellen ist die genannte Amtsbestätigung neben den Legataren auch den Erwerbern von Liegenschaften im Zuge des Abhandlungsverfahrens (Bittner/Lehner, Kommentar Grundbuchsrecht, Register 4, Kap. 1.6.6; vergleiche auch NZ 1888, 253). Dass diese Erwerber Legatare sein müssten, wäre sinnwidrig. Die genannte Vorschrift findet vielmehr gerade auch im Zusammenhang mit einer Abfindung von Erben oder Noterben im Rahmen eines Erben- oder Pflichtteilsübereinkommens Anwendung, gerade dies ist eine "Veräußerung während der Abhandlung", hier abgeschlossen zwischen der Alleinerbin und dem pflichtteilsberechtigten Sohn als Erwerber. Die von der zweiten Instanz zur Stützung ihrer Rechtsansicht zitierte Entscheidung JBl 1959, 106 ist hier unanwendbar. Dort war es um einen mit dem Erblasser geschlossenen Vertrag unter Lebenden gegangen. Bei der Einräumung von Eigentum an einer Nachlassliegenschaft zur Abgeltung eines Pflichtteilsanspruchs handelt es sich dagegen um einen Erwerb von Todes wegen (VfGH B 66/81 = NZ 1983, 82; Feil, Pflichtteilsrecht2 Rz 20), steht doch die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs im Vordergrund und nicht die Begründung einer eigenen neuen Verpflichtung (durch den Erben; 7 Ob 502/95 = NZ 1996, 309 = MietSlg 48/11).

Aus den dargelegten Gründen steht dem Antrag des Sohnes auf Erteilung der zur grundbücherlichen Durchführung des Pflichtteilsübereinkommens erforderlichen Amtsbestätigung kein rechtliches Hindernis im Weg, weshalb in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen dem Antrag stattzugeben ist. Das Erstgericht wird demnach die entsprechende Amtsurkunde auszustellen haben.

Mit dieser Entscheidung wird über die rechtlichen Möglichkeiten der geschiedenen Ehegattin des Sohnes, ihre titulierten Geldforderungen gegen diesen auf andere Weise einbringlich zu machen oder allenfalls das Pflichtteilsübereinkommen - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - anfechten zu können, nicht entschieden.

Textnummer

E67509

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00205.02X.1023.000

Im RIS seit

22.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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