TE OGH 2002/10/24 2Ob257/02m

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Veröffentlicht am 24.10.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Bettina G*****, 2. Robert G*****, und 3. D***** Versicherungs-AG, *****, alle vertreten durch Dr. Bernhard Hämmerle und Dr. Robert Felderer, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Gemeinde H*****, und 2. Gemeinde I*****, beide vertreten durch Dr. Manfred Opperer und Dr. Gerhard Schartner, Rechtsanwälte in Telfs, wegen Zahlung von EUR 17.158,63 (= S 236.107,84) und Feststellung (Streitwert EUR 5.087,10 = S 70.000; Gesamtstreitwert EUR 22.245,73 = S 360.107,91) über den Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 19. April 2002, GZ 4 R 665/01z-28, womit infolge Rekurses der klagenden Parteien der Beschluss des Bezirksgerichtes Telfs vom 13. September 2001, GZ 10 C 1093/99x-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit der am 20. 9. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrten die klagenden Parteien die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 21. September 1996, der sich in deren Gemeindegebiet ereignet hatte. Das Feststellungsbegehren wurde von den klagenden Parteien mit einem Streitwert von S 70.000 bewertet.

In der mündlichen Streitverhandlung vom 18. 4. 2001 dehnten die klagenden Parteien die Klage um ein Zahlungsbegehren von S 105.464,67 sA aus, weshalb der Streitwert damals insgesamt S 175.464,67 betrug. Die beklagten Parteien verhandelten über diesen Anspruch mündlich weiter.

In der weiteren mündlichen Streitverhandlung vom 13. 9. 2001 dehnten die klagenden Parteien ihr Leistungsbegehren um einen weiteren Betrag von S 130.643,17 auf insgesamt S 236.107,84 sA aus.

Die beklagten Parteien erhoben gegen diese zweite Ausdehnung des Klagebegehrens erstmals den Einwand der Unzuständigkeit des Erstgerichtes, weil das Klagebegehren die bezirksgerichtliche Streitwertgrenze übersteige.

Das Erstgericht erklärte die am 13. 9. 2001 erfolgte (zweite) Ausdehnung des Klagebegehrens für unzulässig. Die Zustimmung der beklagte Partei zur (erstmaligen) Ausdehnung des Klagebegehrens auf den Gesamtstreitwert von S 175.464,67 habe sich nur darauf bezogen, dass das Erstgericht bis zu diesem Betrag zuständig sein sollte. Aus dem Gesetzestext ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sich der Beklagte im Falle einer erfolgten Zustimmung zur erstmaligen Klageänderung, die bereits zur Unzuständigkeit des Prozessgerichtes geführt hätte, hinsichtlich jeder weiteren Klageausdehnung seines Rechts begebe, den Einwand der sachlichen Unzuständigkeit zu erheben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Parteien Folge und ließ die Klageänderung zu. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Es vertrat die Rechtsansicht, dass bereits in der (erstmaligen) Ausdehnung des Leistungsbegehren die bezirksgerichtliche Streitwertgrenze von S 130.000 überschritten worden seien und diese Klageausdehnung zulässig gewesen sei, weil die beklagten Parteien in der Folge über die geänderte Klage verhandelt hätten. Die neuerliche Klageausdehnung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13. 9. 2001 sei ausschließlich nach § 235 Abs 3 ZPO zu beurteilen, weil durch sie die Zuständigkeit des Erstgerichtes nicht mehr überschritten worden sei. Das Erstgericht sei bereits durch das rügelose Verhandeln der beklagten Parteien über den Streitwert von über S 130.000 zuständig gemacht worden. Durch die nunmehrige Klageänderung sei auch keine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung zu erwarten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil im Zusammenhang mit der Frage, ob eine nochmalige (wertmäßige) Klageausdehnung auch gegen einen Widerspruch der beklagten Parteien dann zulässig sei, wenn die bezirksgerichtliche Streitwertgrenze bereits durch eine vorangegangene Klageausdehnung überschritten worden sei, oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.Es vertrat die Rechtsansicht, dass bereits in der (erstmaligen) Ausdehnung des Leistungsbegehren die bezirksgerichtliche Streitwertgrenze von S 130.000 überschritten worden seien und diese Klageausdehnung zulässig gewesen sei, weil die beklagten Parteien in der Folge über die geänderte Klage verhandelt hätten. Die neuerliche Klageausdehnung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13. 9. 2001 sei ausschließlich nach Paragraph 235, Absatz 3, ZPO zu beurteilen, weil durch sie die Zuständigkeit des Erstgerichtes nicht mehr überschritten worden sei. Das Erstgericht sei bereits durch das rügelose Verhandeln der beklagten Parteien über den Streitwert von über S 130.000 zuständig gemacht worden. Durch die nunmehrige Klageänderung sei auch keine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung zu erwarten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil im Zusammenhang mit der Frage, ob eine nochmalige (wertmäßige) Klageausdehnung auch gegen einen Widerspruch der beklagten Parteien dann zulässig sei, wenn die bezirksgerichtliche Streitwertgrenze bereits durch eine vorangegangene Klageausdehnung überschritten worden sei, oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.

Die beklagten Parteien vertreten in ihrem Revisionsrekurs die Rechtsmeinung, die neuerliche Klageausdehnung sei nach § 235 Abs 2 ZPO zu beurteilen, weil es ihnen freigestellt sei, ob sie gewisse Streitwertgrenzenüberschreitungen akzeptierten oder nicht.Die beklagten Parteien vertreten in ihrem Revisionsrekurs die Rechtsmeinung, die neuerliche Klageausdehnung sei nach Paragraph 235, Absatz 2, ZPO zu beurteilen, weil es ihnen freigestellt sei, ob sie gewisse Streitwertgrenzenüberschreitungen akzeptierten oder nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 235 Abs 2 ZPO bedarf eine nach Eintritt der Streitanhängigkeit erfolgte Erweiterung des Klagebegehrens der Einwilligung des Gegners. Mit dieser Einwilligung ist eine Änderung der Klage auch dann zulässig, wenn das Prozessgericht für die geänderte Klage nicht zuständig wäre, sofern es durch Parteienvereinbarung zuständig gemacht werden könnte oder die Unzuständigkeit nach § 504 Abs 2 JN geheilt wird. Die Einwilligung des Gegners ist als vorhanden anzunehmen, wenn er, ohne gegen die Änderung eine Einwilligung zu erheben, über die geänderte Klage verhandelt.Gemäß Paragraph 235, Absatz 2, ZPO bedarf eine nach Eintritt der Streitanhängigkeit erfolgte Erweiterung des Klagebegehrens der Einwilligung des Gegners. Mit dieser Einwilligung ist eine Änderung der Klage auch dann zulässig, wenn das Prozessgericht für die geänderte Klage nicht zuständig wäre, sofern es durch Parteienvereinbarung zuständig gemacht werden könnte oder die Unzuständigkeit nach Paragraph 504, Absatz 2, JN geheilt wird. Die Einwilligung des Gegners ist als vorhanden anzunehmen, wenn er, ohne gegen die Änderung eine Einwilligung zu erheben, über die geänderte Klage verhandelt.

Die beklagten Parteien haben der am 18. 4. 2001 erfolgten Erweiterung des Klagebegehrens, mit welcher die bezirksgerichtlichen Streitwertgrenze überschritten wurde, schlüssig zugestimmt haben, weil sie über das erweiterte Klagebegehren verhandelt haben. Durch die neuerliche Erweiterung des Klagebegehrens am 13. 9. 2001 wurde die bezirksgerichtliche Wertgrenze nicht neuerlich überschritten. Ein Anwendungsfall des § 235 Abs 2 ZPO der Zustimmung des Beklagten zur Erweiterung des Klagebegehrens erfordert, liegt daher nicht vor. Tatsächlich war das Erstgericht bereits aus Anlass der erstmaligen Klageerweiterung am 18. 4. 2001 zufolge des rügelosen Einlasses durch die beklagten Parteien für die die bezirksgerichtliche Wertgrenze übersteigende Erweiterung des Klagebegehrens zuständig gemacht worden. Die neuerliche Klageausdehnung ist daher nur unter dem Gesichtspunkt des § 235 Abs 3 ZPO zu beurteilen, wonach eine Klageausdehnung dann zuzulassen ist, wenn dadurch eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist. Der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, dass durch die nunmehrige Klageänderung eine derartige erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu erwarten sei, weil es sich hiebei lediglich um die Bezifferung der Beträge, die von der drittbeklagten Partei aufgrund der zwischenzeitigen rechtskräftig beendeten Vorprozesses geleistet worden sei, handle (und die im Übrigen lediglich eine Konkretisierung des Feststellungsbegehrens darstellen), setzen die Revisionsrekurswerber nichts entgegen.Die beklagten Parteien haben der am 18. 4. 2001 erfolgten Erweiterung des Klagebegehrens, mit welcher die bezirksgerichtlichen Streitwertgrenze überschritten wurde, schlüssig zugestimmt haben, weil sie über das erweiterte Klagebegehren verhandelt haben. Durch die neuerliche Erweiterung des Klagebegehrens am 13. 9. 2001 wurde die bezirksgerichtliche Wertgrenze nicht neuerlich überschritten. Ein Anwendungsfall des Paragraph 235, Absatz 2, ZPO der Zustimmung des Beklagten zur Erweiterung des Klagebegehrens erfordert, liegt daher nicht vor. Tatsächlich war das Erstgericht bereits aus Anlass der erstmaligen Klageerweiterung am 18. 4. 2001 zufolge des rügelosen Einlasses durch die beklagten Parteien für die die bezirksgerichtliche Wertgrenze übersteigende Erweiterung des Klagebegehrens zuständig gemacht worden. Die neuerliche Klageausdehnung ist daher nur unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 235, Absatz 3, ZPO zu beurteilen, wonach eine Klageausdehnung dann zuzulassen ist, wenn dadurch eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist. Der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, dass durch die nunmehrige Klageänderung eine derartige erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu erwarten sei, weil es sich hiebei lediglich um die Bezifferung der Beträge, die von der drittbeklagten Partei aufgrund der zwischenzeitigen rechtskräftig beendeten Vorprozesses geleistet worden sei, handle (und die im Übrigen lediglich eine Konkretisierung des Feststellungsbegehrens darstellen), setzen die Revisionsrekurswerber nichts entgegen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 52 ZPODie Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 52 ZPO

Textnummer

E67192

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00257.02M.1024.000

Im RIS seit

23.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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