TE OGH 2002/10/25 1Ob146/02f

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Veröffentlicht am 25.10.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH & Co KG, ***** Deutschland, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz und Mag. Dr. Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Christoph K*****, vertreten durch Dr. Georg Diwok, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 268.889,48 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2000, GZ 13 R 35/00p-53, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 9. Dezember 1999, GZ 12 Cg 208/94k-48, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die (in Deutschland ansässige) klagende Partei beteiligte sich als Investorin im Jahr 1988 an der "D*****-Gruppe"; dabei wurde unter anderem im Rahmen einer stillen Gesellschaft eine Beteiligungseinlage in Höhe von 25 Mio S an die D***** GmbH gezahlt. Zur Absicherung des damit verbundenen Risikos wurde von der F***** GmbH (im Folgenden: FGG) der klagenden Partei - unter Einschaltung des Beklagten als Rechtsvertreter - für den Fall des Konkurses eine Garantie im Betrag von letztlich S 5,950.00,-- erklärt. Nachdem über das Vermögen der D***** GmbH im Jahr 1990 das Ausgleichsverfahren eröffnet worden war, kam es zu (teilweise schriftlichen) Kontakten zwischen der klagenden Partei und der FGG, in deren Rahmen Letztere unter anderem einwendete, dass sie deshalb zu keinen Leistungen aus dem Garantieversprechen verpflichtet sei, weil die klagende Partei durch den Abschluss (und die Verheimlichung) einer - tatsächlich existenten - "Zusatzvereinbarung" über eine gewinnunabhängige Renditezahlung von 7 % jährlich gegen die Garantiebedingungen verstoßen habe. Über Aufforderung durch die klagende Partei erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 11. 12. 1990, dass ihm eine derartige Zusatzvereinbarung nicht bekannt sei; möglicherweise berechtige eine solche Vereinbarung die FGG tatsächlich dazu, die Zahlung zu verweigern.

Ungeachtet dessen brachte die klagende Partei - nachdem über das Vermögen der D***** GmbH am 1. 8. 1991 der Konkurs eröffnet worden war - gegen die FGG am 7. 11. 1991 die Klage auf Zahlung aus der Garantie ein und verkündete dem Beklagten den Streit, der der Aufforderung zum Beitritt als Nebenintervenient jedoch nicht nachkam. Mit Urteil vom 8. 4. 1993 wurde die Klage - wegen der nach Ansicht des Handelsgerichts Wien auf Grund einer Zession fehlenden Aktivlegitimation der klagenden Partei - abgewiesen. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.

Mit ihrer am 27. 7. 1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei 3,7 Mio S vom Beklagten samt Zinsen an Schadenersatz. Dieser habe in Verletzung seiner Vertragspflichten gegenüber der klagenden Partei die FGG über die "Zusatzvereinbarung" nicht informiert; ebensowenig habe er die klagende Partei darüber aufgeklärt, dass die FGG wegen dieser Zusatzvereinbarung die Zahlung des garantierten Betrags verweigern könne. Hätte sich der Beklagte sorgfältig und vertragskonform verhalten, so hätte sich die klagende Partei bei der FGG um eine "Darlehensgarantie" anstelle der Beteiligungsgarantie bemüht; wäre auch eine solche Darlehensgarantie nicht zu erlangen gewesen, so hätte die klagende Partei von ihrer Beteiligung überhaupt Abstand genommen. Die Entscheidung im "Vorprozess" gegen die FGG sei im Hinblick auf die (vom HG Wien verneinte) Aktivlegitimation der klagenden Partei zwar unrichtig gewesen, da eine weitere Klagsführung aber wegen der Rechtsunwirksamkeit der Garantie aber aussichtslos gewesen wäre, habe man von einer Bekämpfung der erstinstanzlichen Entscheidung abgesehen; im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs im April 1993 habe die FGG einen Betrag von S 250.000 gezahlt und "im Kulanzweg" auf die Geltendmachung von Gegenforderungen in Höhe von 2 Mio S verzichtet. Gegenüber der vereinbarten Garantiesumme verbleibe daher ein Schaden in Höhe des Klagebetrags von 3,7 Mio S; hätte die klagende Partei bei entsprechender Aufklärung durch den Beklagten von ihrer gesamten Investition überhaupt Abstand genommen, so wäre ein Schaden von mehr als 66 Mio S nicht eingetreten.

Der Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist habe frühestens mit Eintritt des Garantiefalls, also der Konkurseröffnung, beginnen können. Überdies sei erst mit Abschluss des Vergleichs im Verfahren gegen die FGG die Höhe des Schadens endgültig festgestanden. Nach der Judikatur beginne die Verjährungsfrist in vergleichbaren Fällen erst mit rechtskräftiger Erledigung des Vorprozesses. Keineswegs habe die klagende Partei bereits auf Grund des Schreibens des Beklagten vom 11. 12. 1990 vollständige Kenntnis über den Kausalverlauf und die Verantwortlichkeit des Beklagten gehabt. Sie habe erst danach Rechtsanwälte eingeschaltet, die versucht hätten, die komplexen Rechtsfragen zu klären. Der Verjährungseinwand des Beklagten sei auch sittenwidrig.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, dass er über die Existenz der fraglichen "Zusatzvereinbarung" niemals in Kenntnis gesetzt worden sei. Er habe daher weder die FGG darüber informieren, noch die klagende Partei über die Konsequenzen dieser Vereinbarung für die Garantie aufklären können. Der klagenden Partei sei auch gar kein Schaden entstanden, weil sie auf Grund der Zusatzvereinbarung 3,3 Mio S an Zinsen lukriert habe. Allenfalls dennoch bestehende Schadenersatzansprüche seien verjährt. Der klagenden Partei seien spätestens Ende 1990 alle maßgeblichen Umstände, insbesondere die Tatsache, dass er die FGG von der Zusatzvereinbarung nicht informiert hat, bekannt gewesen. Der Schaden liege bereits darin, dass die klagende Partei im Ergebnis eine unbesicherte Investition vorgenommen hat. Bereits im "Verlust" des Sicherungsrechts, also des Anspruchs auf Tragung des Risikos durch die FGG, liege der Schaden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Der Schaden sei der klagenden Partei bereits mit der Zahlung des Beteiligungskapitals am 28. 3. 1990 entstanden, weil sie die entsprechende Zahlung vorgenommen habe, ohne über die dafür vorgesehenen Sicherheiten zu verfügen. Entsprechend der Entscheidung JBl 1994, 753 bestehe der Schaden bereits im "Verlust des Sicherungsinteresses". Es könne daher keinem Zweifel unterliegen, dass die klagende Partei bereits im März 1990 nach ihren eigenen Behauptungen einen konkreten Schaden erlitten habe. Da sie Ende Dezember 1990 die objektive Kenntnis von allen Tatumständen gehabt habe, die unter Zugrundelegung der von ihr behaupteten Versäumnisse des Beklagten Schadenersatzansprüche gegen ihn begründeten, habe die dreijährige Verjährungsfrist Ende Dezember 1990 zu laufen begonnen. Um die Verjährung aller künftigen, vorhersehbaren Folgeschäden abzuwenden, wäre die klagende Partei gehalten gewesen, innerhalb der Verjährungsfrist eine Feststellungsklage einzubringen. Durch die Streitverkündung im "Vorverfahren" sei die Verjährungsfrist nach der maßgeblichen Judikatur nicht unterbrochen worden; jedenfalls sei auch eine in der Streitverkündigung allenfalls liegende Rechtsverfolgung gegen den Beklagten nicht gehörig fortgesetzt worden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Auffassung der Berufungswerberin, ein Schaden sei ihr frühestens mit dem Eintritt des Garantiefalls durch die Konkurseröffnung am 1. 8. 1991 erwachsen, sei verfehlt. Der weite Schadensbegriff des § 1293 ABGB umfasse jeden rechtlich als Nachteil zu beurteilenden Zustand am Vermögen. So wie der Schaden im Vermögen des Gläubigers, dem ein Faustpfand oder sonst eine besondere Sicherheit entzogen wird, schon mit dem Verlust der Deckung eintrete und nicht erst dann, wenn sich herausstellt, dass die gesicherte Forderung nicht einbringlich gemacht werden kann, entstehe für den Gläubiger, der die für seine Forderung bestellte Sicherheit verliere, sein damit verbundener Schaden bereits mit dem Verlust der Deckung. Der Auffassung, die klagende Partei habe objektive Kenntnis von den tatsächlichen Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs erst im Laufe des Verfahrens vor dem Handelsgericht Wien, frühestens im Jahr 1992, erlangt, sei zu erwidern, dass sich der Geschädigte nach herrschender Auffassung nicht einfach passiv verhalten dürfe. Wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen könne, gelte die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in dem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre. Auch wenn die Erkundigungspflicht des Geschädigten dabei nicht überspannt werden dürfe, sei im vorliegenden Fall doch davon auszugehen, dass die klagende Partei auf Grund des Schreibens der FGG vom 16. 11. 1990 nach den unbestrittenen Feststellungen Kenntnis von der unterbliebenen Mitteilung des Beklagten über die Zusatzvereinbarung vom 20. 12. 1988 und die Auswirkungen dieses Umstands, nämlich den Verlust der Garantie, gehabt habe. Das Verfahren gegen die FGG habe daher auf ihren Wissensstand und damit auf den Beginn des Laufes der Verjährung keinen Einfluss mehr gehabt. Schließlich wurde auch der Sittenwidrigkeitseinwand verworfen; auch einem Rechtsanwalt sei es gestattet, in eigener Sache den Verjährungseinwand zu erheben.

Die außerordentliche Revision ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass die klagende Partei ihr Schadenersatzbegehren auf zwei unterschiedliche Sachverhaltsvarianten stützte. Primär brachte sie vor, ihr Schaden bestehe darin, dass sie es unterlassen habe, sich um eine andere Sicherheit (Darlehensgarantie) zu bemühen, weil sie der Beklagte pflichtwidrig davon nicht in Kenntnis gesetzt habe, dass die FGG wegen der "Zusatzvereinbarung" Leistungen aus dem Garantievertrag verweigern könne. Hilfsweise, nämlich für den Fall, dass eine solche Darlehensgarantie nicht zu erlangen gewesen wäre, wurde das Schadenersatzbegehren damit begründet, dass die klagende Partei in einem solchen Fall von ihrer Beteiligung überhaupt Abstand genommen hätte.

Die Vorinstanzen haben sich explizit nur mit der primär vorgetragenen Sachverhaltsvariante befasst. Insoweit sind sie von der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur zum Verjährungsbeginn auch nicht abgewichen. Der Beklagte teilte in seinem Schreiben vom 11. 12. 1990 mit, die Zusatzvereinbarung sei ihm nicht bekannt und deren Existenz berechtige die FGG möglicherweise tatsächlich dazu, die Zahlung zu verweigern; ein solcher Einwand war von der FGG gegenüber der klagenden Partei bereits erhoben worden. Nach dem Inhalt des Schreibens des Beklagten konnte für die klagende Partei kein Zweifel daran bestehen, dass er die FGG von der Existenz der "garantieschädlichen" Zusatzvereinbarung nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Die klagende Partei geht auch selbst davon aus, dass das Verschweigen dieser Verzinsungsvereinbarung die FGG dazu berechtigte, im Garantiefall Zahlungen aus dem Garantievertrag zu verweigern. Warum die klagende Partei dennoch ein Verfahren gegen die FGG angestrengt hat, ist nicht nachvollziehbar, gesteht sie doch selbst zu, sie habe eine Bekämpfung der - allein mit ihrer mangelnden aktiven Klagslegitimation begründeten - klageabweisenden erstgerichtlichen Entscheidung gerade deshalb unterlassen, weil ihr die FGG ihre mangelnde Zahlungsverpflichtung auf Grund des Verschweigens der Zusatzvereinbarung mit Erfolg entgegenhalten konnte. Die klagende Partei behauptet auch nicht etwa, sie habe erst im Laufe des Verfahrens gegen die FGG Kenntnis von deren fehlender Zahlungspflicht erlangt. Diese hatte darauf bereits unter Bezugnahme auf die Garantiebedingungen verwiesen, was schließlich zur Anfrage beim Beklagten führte, auf die er mit seinem Schreiben vom 11. 12. 1990 reagierte. Da es nach dem Erhalt dieses Schreibens für die klagende Partei klar war, dass die FGG über die Zusatzvereinbarung seinerzeit nicht informiert worden war, und die Rechtmäßigkeit der angekündigten Zahlungsverweigerung aus den Garantiebedingungen ohne weiteres abgeleitet werden konnte, sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass die klagende Partei noch im Dezember 1990 über die wesentlichen Details des Sachverhalts informiert war.

Geht man nun im Sinne der (primären) Klagebehauptungen davon aus, dass der Beklagte - der die Kenntnis von der Zusatzvereinbarung allerdings bestreitet - verpflichtet gewesen wäre, die klagende Partei über deren Auswirkungen auf die "Beteiligungsgarantie" aufzuklären, und dass die klagende Partei sich daraufhin für den Konkursfall durch eine andere Garantie abgesichert hätte, so wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, den durch sein (behauptetes) Fehlverhalten verursachten Schaden - das Fehlen einer geeigneten Sicherheit - primär im Wege der Naturalherstellung, also durch Beschaffung einer ausreichenden Sicherheit, wieder gut zu machen. Insoweit ist der behauptete Sachverhalt durchaus mit dem der schon von den Vorinstanzen herangezogenen Entscheidung des erkennenden Senats zu 1 Ob 601/93 (JBl 1994, 753) zugrundeliegenden zu vergleichen, in dem ein Notar auf Grund eines Beratungsfehlers die Beeinträchtigung einer als Sicherheit konzipierten Kaufoption ermöglichte. Folgte man den Klagebehauptungen, so hätte die klagende Partei nach dem festgestellten Sachverhalt im Dezember 1990 Kenntnis von ihrem Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten erlangt, der somit bereits vor der Klageeinbringung am 27. 7. 1994 verjährt gewesen wäre.

Warum der vom Beklagten erhobene Verjährungseinwand sittenwidrig sein sollte, ist nicht ersichtlich. Soweit sich die klagende Partei darauf beruft, dass ihre Schadenersatzansprüche aus groben Pflichtverletzungen des Beklagten resultierten, so ist ihr entgegenzuhalten, dass die Regeln des Verjährungsrechts selbst bei vorsätzlicher Schädigung zur Anwendung kommen. Außerdem steht die behauptete Pflichtverletzung des Beklagten, und somit auch deren allfälliger Verschuldensgrad, bisher in keiner Weise fest. Was schließlich den Verweis auf einen Verstoß gegen Ehre und Anstand des Berufsstands der Rechtsanwälte betrifft, so vermöchte auch ein solcher die Sittenwidrigkeit des Verjährungseinwands nicht zu begründen. Sollte die klagende Partei in diesem Zusammenhang etwa § 3 der Richtlinien für die Berufsausübung der Rechtsanwälte im Auge haben, so übersieht sie offenbar auch, dass diese Regelung auf Schadenersatzansprüche nicht anzuwenden ist (8 Ob 194/02s).

Anders stellte sich die Rechtslage hingegen bei Erweislichkeit der zweiten Sachverhaltsvariante, nämlich der Unmöglichkeit, bei Offenlegung der Zusatzvereinbarung über die Verzinsung des Beteiligungskapitals eine entsprechende Garantie zu erlangen, dar, weil die klagende Partei keinesfalls in den Genuss der angestrebten Sicherheit gekommen wäre. Für diesen Fall - so die klagende Partei - hätte sie von ihren gesamten Investitionen überhaupt Abstand genommen. Unter diesen Umständen gestaltet sich die Ermittlung eines allfälligen Vermögensschadens bzw des Zeitpunkts des Schadenseintritts erheblich schwieriger, weil nicht ohne weiteres gesagt werden kann, dass das Unterbleiben einer Investition von vornherein als vorteilhafter anzusehen wäre als das Eingehen einer stillen Beteiligung (ohne Sicherheit). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die klagende Partei nach der realen Gestaltung der verschiedenen Vereinbarungen durchaus bereit war, ein gewisses Risiko einzugehen. Sie beabsichtigte, das Risiko eines Verlustes des von ihr aufgebrachten Beteiligungskapitals in Höhe von 25 Mio S einerseits nur gegen den Konkurs der GmbH und andererseits auch dann nur im Ausmaß von rund 6 Mio S abzusichern. Minderungen des Wertes ihrer Beteiligung hätte die klagende Partei - abgesehen von einem gewissen Ausgleich durch die vereinbarte gewinnunabhängige Verzinsung von 7 % jährlich - auch bei der angestrebten Sicherungskonstruktion hingenommen; erst im Falle der Konkurseröffnung hätte sie einen teilweisen Ausgleich (in Höhe von rund 6 Mio S) zu erwarten gehabt. Selbst wenn man nun mit der klagenden Partei unterstellen wollte, der Beklagte wäre verpflichtet und in der Lage gewesen, den Verlust auch dieser 6 Mio S zu verhindern, besteht doch kein Anlass, ihn darüber hinaus für eine Wertverminderung der Beteiligung zur Verantwortung zu ziehen, die auch bei der von der klagenden Partei beabsichtigten Risikoverteilung von ihr selbst zu tragen gewesen wäre.

Mit dem Erwerb der stillen Beteiligung in Unkenntnis dessen, dass eine Sicherheit für den Konkursfall nicht vorhanden ist, wurde somit im Vermögen der klagenden Partei vorerst lediglich das Risiko eines zukünftigen Vermögensverlusts begründet. Es ist damit aber noch kein Schaden eingetreten, der vom Beklagten zu ersetzen wäre. Nach der nunmehr ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs beginnt die Verjährungsfrist aber erst mit Eintritt eines vom Ersatzpflichtigen zu vergütenden Primärschadens zu laufen, mag dieser auch ziffernmäßig noch nicht feststehen (SZ 68/238 uva). Da der Beklagte - wie bereits dargelegt - für die vor Konkurseröffnung eingetretene Wertminderungen der Beteiligung angesichts des eingeschränkten Schutzzwecks der Vereinbarungen der Streitteile nicht haftet, konnte ein im Verhältnis zum Beklagten ersatzfähiger Schaden erst mit der Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH, somit am 1. 8. 1991, eintreten. Zum Zeitpunkt der Klageeinbringung am 27. 7. 1994 war die dreijährige Frist des § 1489 ABGB jedoch noch nicht abgelaufen.

Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren daher Feststellungen über die Kenntnis des Beklagten von der "Zusatzvereinbarung" sowie, bejahendenfalls, darüber zu treffen haben, wie die klagende Partei disponiert hätte, wäre sie vom Beklagten darauf hingewiesen worden, dass die im Aussicht genommene Beteiligungsgarantie angesichts der "Zusatzvereinbarung" als Sicherheit nicht in Betracht kommt.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E67269

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00146.02F.1025.000

Im RIS seit

24.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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