TE Vfgh Beschluss 2002/10/7 V41/02

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Veröffentlicht am 07.10.2002
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs4
ElWOG §13
StromlieferungsvertragsV der Elektrizitäts-Control GmbH vom 13.12.01

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags der Oberösterreichischen Landesregierung auf Aufhebung einer Verordnung der Elektrizitäts-Control GmbH betreffend Stromlieferungsverträge bei Strombezug aus Drittstaaten infolge Außerkrafttretens der Verordnung; Antrag einer Landesregierung als Fall abstrakter Normenkontrolle nur gegen geltende Rechtsvorschriften zulässig

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Am 13. Dezember 2001 erließ die Elektrizitäts-Control GmbH (seit der Gaswirtschaftsgesetznovelle 2002, BGBl. I Nr. 148/2002: "Energie-Control GmbH") auf Grund des §13 Abs2 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 121/2000, die "Verordnung [...] betreffend Stromlieferungsverträge bei Strombezug aus Drittstaaten (Stromlieferungsvertragsverordnung)" mit folgendem Wortlaut:

"§1. Als Drittstaaten im Sinne des §13 Abs2 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 121/2000, werden benannt:

1.

Bosnien und Herzegowina

2.

Republik Bulgarien

3.

Republik Estland

4.

Bundesrepublik Jugoslawien

5.

Republik Kroatien

6.

Republik Litauen

7.

Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

8.

Republik Rumänien

9.

Russische Föderation

10.

Tschechische Republik

11.

Republik Türkei

12.

Republik Ukraine

§2. Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2002 außer Kraft. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung der Elektrizitäts-Control GmbH betreffend Stromlieferungsverträge bei Strombezug aus Drittstaaten (Stromlieferungsvertragsverordnung), kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 231 vom 29. November 2001, außer Kraft."

Diese Verordnung wurde am 17. Dezember 2001 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 243 kundgemacht.

2. §13 ElWOG lautet:

"Stromlieferungsverträge

bei Strombezug aus Drittstaaten

§13. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht)

(1) Stromlieferungsverträge, die den Bezug von elektrischer Energie zur inländischen Bedarfsdeckung aus Drittstaaten zum Gegenstand haben,

1. die zur Deckung ihres Bedarfes elektrische Energie auch in Anlagen erzeugen, die nicht dem Stand der Technik entsprechen oder von denen eine unmittelbare oder mittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von im Staatsgebiet befindlichen Menschen, Tieren und Pflanzen ausgeht oder

2. die nicht den Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung der bei der Erzeugung elektrischer Energie anfallenden Abfälle erbringen und kein Konzept für künftig aus der Erzeugung anfallende Abfälle erstellen,

sind unzulässig.

(2) Die Elektrizitäts-Control GmbH hat durch Verordnung jene Drittstaaten zu benennen, auf die die Voraussetzungen von Abs1 zutreffen."

3. Mit einem am 17. April 2002 eingelangten Schriftsatz beantragt die Oberösterreichische Landesregierung,

"der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung der Elektrizitäts-Control GmbH betreffend Stromlieferungsverträge bei Strombezug aus Drittstaaten (Stromlieferungsvertragsverordnung), kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 243 vom 17. Dezember 2001, gemäß Art139 Abs3 B-VG und §59 Abs2 VfGG zur Gänze als gesetzwidrig aufheben."

3.1. Zur Zulässigkeit des Antrags führt die Oberösterreichische Landesregierung Folgendes aus:

"Gemäß Art139 Abs1 zweiter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Landesbehörde unter anderem auf Antrag der Bundesregierung, über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde dagegen unter anderem auf Antrag einer Landesregierung.

[...] Die gegenständliche Verordnung ist [...] im Sinn des Art139 Abs1 B-VG als Verordnung einer Bundesbehörde einzustufen.

[...]

Da die bekämpfte Stromlieferungsvertragsverordnung bis dato auch noch nicht außer Kraft getreten ist, sondern nach wie vor dem geltenden Rechtsbestand angehört und damit die für einen abstrakten Normprüfungsantrag geforderte Bedingung der Geltung der bekämpften Norm vorliegt, sind die Prozessvoraussetzungen für die Erhebung des gegenständlichen Antrags durch die Oö. Landesregierung erfüllt."

3.2. Die angefochtene Verordnung sei inhaltlich gesetzwidrig, da die verordnungserlassende Gesellschaft auch im Hinblick auf die Staaten Slowakei, Slowenien und Ungarn das Vorliegen der in §13 Abs1 Z1 und 2 genannten Kriterien überprüfen und über ihre Aufnahme in den Katalog der mit einem Importverbot belegten Staaten befinden hätte müssen. Die stattdessen von der verordnungserlassenden Gesellschaft angestellte Überlegung, §13 ElWOG könne "nach dem Schließen des Energiekapitels [der EU-Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten] - entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut - keine Rechtsgrundlage mehr abgeben", gehe fehl. Die angefochtene Verordnung sei weiters deshalb gesetzwidrig, weil entgegen §26 Abs1 Z1 iVm Abs2 Z6 des Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission, BGBl. I Nr. 121/2000 (im Folgenden: BG Regulierungsbehörden), eine Begutachtung durch den Elektrizitätsbeirat unterblieben sei. Schließlich sei die angefochtene Verordnung auch wegen Fehlens der ordnungsgemäßen Kundmachung gesetzwidrig - §57 ElWOG schließe eine Kundmachung der angefochtenen Verordnung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung aus.

4. Die verordnungserlassende Gesellschaft legte die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, den Antrag abzuweisen.

5. Am 26. Juni 2002 erließ die Elektrizitäts-Control GmbH eine Verordnung, mit der die unter 1. zitierte Verordnung wie folgt geändert wurde:

"1. In §1 entfällt die Ziffer 5. Die Ziffernbezeichnungen '6' bis '12' erhalten die Ziffernbezeichnungen '5' bis '11'.

2. In §2 Wird im ersten Satz die Wendung '30. Juni 2002' durch die Wendung '31. Dezember 2003' ersetzt.

3. Nach §2 wird folgender §3 eingefügt:

'§3. §1 und §2 in der Fassung der Verordnung der Elektrizitäts-Control GmbH vom 26. Juni 2002, kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 28. Juni 2002, treten mit 1. Juli 2002 in Kraft.'"

Diese Verordnung wurde am 28. Juni 2002 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundgemacht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrags erwogen:

1. Gemäß Art139 Abs1 zweiter Satz B-VG ist die Oberösterreichische Landesregierung berechtigt, die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde geltend zu machen. Wie sich allerdings aus Art139 Abs4 B-VG ergibt - wonach der Verfassungsgerichtshof, wenn die bekämpfte Verordnung bei Fällung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses bereits außer Kraft getreten ist, nur dann den Ausspruch treffen kann, dass die bekämpfte Norm verfassungswidrig war, wenn das Verordnungsprüfungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes oder eines einzelnen eingeleitet wurde -, ist ein solcher Antrag einer Landesregierung als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (vgl. zur identen Rechtslage im Zusammenhang mit der abstrakten Gesetzesprüfung VfGH vom 28. November 2001, G129/01, VfGH vom 28. Juni 2001, G72/00, VfGH vom 16. März 2001, G150/00, G152/00, VfSlg. 14.802/1997, 14.895/1997).

2. Der Antrag der OÖ Landesregierung richtet sich gegen die Stromlieferungsvertragsverordnung vom 13. Dezember 2001, kundgemacht am 17. Dezember 2001 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 243. Gemäß ihrem §2 trat diese Verordnung mit Ablauf des 30. Juni 2002 außer Kraft. Deshalb ist der Antrag der OÖ Landesregierung nicht mehr zulässig. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass durch §3 der Verordnung der Elektrizitäts-Control GmbH vom 26. Juni 2002, kundgemacht am 28. Juni 2002 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung, mit Wirkung vom 1. Juli 2002 die §§1 und 2 der Stromlieferungsvertragsverordnung vom 13. Dezember 2001 - modifiziert (Entfall von "Republik Kroatien" in §1, Änderung des Außerkrafttretensdatums in §2 auf "31. Dezember 2003") - wieder in Kraft gesetzt wurden. Sogar eine unveränderte Neuerlassung durch den Verordnungsgeber berührt - anders als eine Wiederverlautbarung - die Identität der Norm (vgl. VfSlg. 16.058/2000). Selbst, wenn die von der OÖ Landesregierung vorgebrachten Bedenken der Sache nach auch auf die nunmehr geltende Verordnung bezogen werden könnten und zuträfen, wäre es dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, die Aufhebung einer anderen als der im Antrag bezeichneten Verordnung auszusprechen.

3. Der Antrag war daher zurückzuweisen, ohne dass auf die von der Energie-Control GmbH vorgebrachten Bedenken gegen §13 ElWOG oder auf die Frage der Zulässigkeit der Verordnungsermächtigung an die Energie-Control GmbH einzugehen war.

4. Dieser Beschluss konnte ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Geltung einer Verordnung, VfGH / Prüfungsgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V41.2002

Dokumentnummer

JFT_09978993_02V00041_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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