Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weiser als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Patrick St***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs und des Verteidigers Dr. Pochieser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weiser als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Patrick St***** wegen des Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs und des Verteidigers Dr. Pochieser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, verletzt in dem zu Punkt I ergangenen Schuldspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 28 Abs 2 SMG. Es wird in diesem Schuldspruch und im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch zurückverwiesen, bleibt im Übrigen aber unberührt.Das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, verletzt in dem zu Punkt römisch eins ergangenen Schuldspruch das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 28, Absatz 2, SMG. Es wird in diesem Schuldspruch und im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch zurückverwiesen, bleibt im Übrigen aber unberührt.
Text
Entscheidungsgründe:
Patrick St***** wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, unter anderem des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) vierter Fall SMG (I) schuldig erkannt.Patrick St***** wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. März 2002, GZ 39 Hv 4/02t-9, unter anderem des Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2, (zu ergänzen:) vierter Fall SMG (römisch eins) schuldig erkannt.
Danach hat er von November 2000 bis Juni 2001 in Vorarlberg ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), nämlich insgesamt 800 bis 1000 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von jedenfalls 8 % (demnach mindestens 64 Gramm THC) "durch Übergaben" an verschiedene Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt.Danach hat er von November 2000 bis Juni 2001 in Vorarlberg ein Suchtgift in einer großen Menge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG), nämlich insgesamt 800 bis 1000 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von jedenfalls 8 % (demnach mindestens 64 Gramm THC) "durch Übergaben" an verschiedene Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt.
Das Schöffengericht traf dazu nachstehende Feststellungen:
"Im Zeitraum November 2000 bis Juni 2001 bezog der Angeklagte von dem abgesondert verfolgten Dietmar W***** insgesamt ca 1000 bis 1500 Gramm Marihuana. Davon übergab er insgesamt mindestens ca 800 bis 1000 Gramm Marihuana an verschiedene Drogenkonsumenten zum Konsum. Das vom Angeklagten in Verkehr gesetzte Marihuana hatte jedenfalls eine Konzentration von 8 % reinem THC.
Der Angeklagte handelte jeweils mit dem Wissen und dem Willen, den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen."
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt der auf diese Feststellungen gegründete Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 582 f, EvBl 2002/19) das Gesetz in der Bestimmung des § 28 Abs 2 SMG.Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt der auf diese Feststellungen gegründete Schuldspruch (Paragraph 260, Absatz eins, Ziffer 2, StPO; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 582 f, EvBl 2002/19) das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 28, Absatz 2, SMG.
§ 28 Abs 2 SMG beinhaltet als sog kumulatives Mischdelikt drei verschiedene, jeweils auf ein Suchtgift in einer großen Menge bezogene Tatbestände, nämlich der Erzeugung (erster Fall), der vertauschbaren Alternativen der Ein- oder Ausfuhr (zweiter und dritter Fall) sowie des Inverkehrsetzens (vierter Fall; Foregger/Litzka/Matzka SMG § 27 Erl VI.2, 14 Os 110/99, 13 Os 60/00). Der vorliegend in Rede stehende vierte Fall des § 28 Abs 2 SMG ist stets, aber nicht nur dann erfüllt, wenn ein die jeweilige Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) erreichendes Suchtgiftquantum durch einen Einzelakt in Verkehr gesetzt wird. Mehrere, für sich allein die Grenzmenge nicht erreichende Suchtgiftquanten sind aber nur insoweit zu jeweils großen Mengen zusammenzurechnen, als der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasst. Auf diese Weise kann das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG auch als tatbestandliche Handlungseinheit iS einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden (EvBl 1999/216, 2000/136, 2001/54; JBl 2001, 802; 13 Os 74/02). Wird ein solcher Täterwille nicht als erwiesen angenommen, können derartige Einzelakte nur jeweils das Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster oder siebter Fall SMG begründen.Paragraph 28, Absatz 2, SMG beinhaltet als sog kumulatives Mischdelikt drei verschiedene, jeweils auf ein Suchtgift in einer großen Menge bezogene Tatbestände, nämlich der Erzeugung (erster Fall), der vertauschbaren Alternativen der Ein- oder Ausfuhr (zweiter und dritter Fall) sowie des Inverkehrsetzens (vierter Fall; Foregger/Litzka/Matzka SMG Paragraph 27, Erl römisch VI.2, 14 Os 110/99, 13 Os 60/00). Der vorliegend in Rede stehende vierte Fall des Paragraph 28, Absatz 2, SMG ist stets, aber nicht nur dann erfüllt, wenn ein die jeweilige Grenzmenge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG) erreichendes Suchtgiftquantum durch einen Einzelakt in Verkehr gesetzt wird. Mehrere, für sich allein die Grenzmenge nicht erreichende Suchtgiftquanten sind aber nur insoweit zu jeweils großen Mengen zusammenzurechnen, als der Wille (Paragraph 5, Absatz eins, StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasst. Auf diese Weise kann das Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall SMG auch als tatbestandliche Handlungseinheit iS einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden (EvBl 1999/216, 2000/136, 2001/54; JBl 2001, 802; 13 Os 74/02). Wird ein solcher Täterwille nicht als erwiesen angenommen, können derartige Einzelakte nur jeweils das Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, sechster oder siebter Fall SMG begründen.
Die Entscheidungsgründe nehmen zu dieser rechtlich definierten, für die rechtsrichtige Subsumtion entscheidenden Tatsache nicht durch deren sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung Stellung, sodass der angefochtene Schuldspruch der erforderlichen Feststellungsgrundlage entbehrt (aaO § 281 Rz 4, 605 ff). Weil § 28 Abs 2 vierter Fall SMG eine gegenüber § 27 Abs 1 sechster und siebter Fall SMG selbständige Qualifikation darstellt, kommt Teilrechtskraft insoweit nicht in Betracht, sodass die Sache im Umfang des zu I ergangenen Schuldspruchs und des davon abhängigen Strafausspruchs zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen war (aaO § 289 Rz 7, 16 ff; 15 Os 138/01, 13 Os 169/01). Dem im Gerichtstag - unzulässig - gestellten Antrag des Verteidigers zu einem Normprüfungsverfahren (Art 89 Abs 2 B-VG) "betreffend die in der Suchtgiftgrenzmenge für THC mit 20 Gramm festgelegte Grenze" nachzukommen, sieht der Oberste Gerichtshof keine Veranlassung.Die Entscheidungsgründe nehmen zu dieser rechtlich definierten, für die rechtsrichtige Subsumtion entscheidenden Tatsache nicht durch deren sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung Stellung, sodass der angefochtene Schuldspruch der erforderlichen Feststellungsgrundlage entbehrt (aaO Paragraph 281, Rz 4, 605 ff). Weil Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall SMG eine gegenüber Paragraph 27, Absatz eins, sechster und siebter Fall SMG selbständige Qualifikation darstellt, kommt Teilrechtskraft insoweit nicht in Betracht, sodass die Sache im Umfang des zu römisch eins ergangenen Schuldspruchs und des davon abhängigen Strafausspruchs zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen war (aaO Paragraph 289, Rz 7, 16 ff; 15 Os 138/01, 13 Os 169/01). Dem im Gerichtstag - unzulässig - gestellten Antrag des Verteidigers zu einem Normprüfungsverfahren (Artikel 89, Absatz 2, B-VG) "betreffend die in der Suchtgiftgrenzmenge für THC mit 20 Gramm festgelegte Grenze" nachzukommen, sieht der Oberste Gerichtshof keine Veranlassung.
Anmerkung
E67549 13Os131.02European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0130OS00131.02.1113.000Dokumentnummer
JJT_20021113_OGH0002_0130OS00131_0200000_000