TE Vfgh Beschluss 2002/10/7 B444/02

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Veröffentlicht am 07.10.2002
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

VfGG §34

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof betreffend eine Beschwerde hinsichtlich der Auflösung eines Vereins

Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Beschwerdeführer brachte am 25. Februar 2002 zu B444/02 eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Jänner 2002 ein, mit dem sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die (mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Juli 1999 erfolgte) Auflösung des Vereins "Dichterstein Offenhausen" gemäß §69 Abs1 Z2 AVG abgewiesen wurde. Der Wiederaufnahmeantrag war auf die schriftliche Beantwortung einer - den Verein "Dichterstein Offenhausen" betreffenden - parlamentarischen Anfrage durch den damaligen Bundesminister für Inneres, Dr. Franz Löschnak, vom 14. Dezember 1992 gestützt, der zufolge sich bis zum 14. Dezember 1992 keine rechtliche Handhabe für vereinsbehördliche Maßnahmen gegen den Verein "Dichterstein Offenhausen" ergeben hätte.

2. Diese Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Juni 2002 in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen; das Erkenntnis ist dem Beschwerdevertreter am 19. Juli 2002 zugestellt worden.

3.1. Mit am 16. August 2002 zur Post gegebenem Schriftsatz begehrt der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme dieses Verfahrens und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Im (erstinstanzlichen) Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich über die Auflösung des Vereins "Dichterstein Offenhausen" sei festgestellt worden, dass der Schriftsteller Robert Jan Verbelen Autor verbotsgesetzwidriger Bücher gewesen sei. Da der Verein die Absicht gehabt hatte, im Rahmen eines Treffens [im Mai 1998] für Verbelen einen Namensstein zu enthüllen, sei die Vereinsbehörde aufgrund des §3 Verbotsgesetz eingeschritten.

Nunmehr habe der Beschwerdeführer (am 7. August 2002) ein Schreiben der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten, mit dem ihm mitgeteilt wurde, dass Verbelens Bücher im Katalog der Nationalbibliothek aufscheinen. Er habe daher die Nationalbibliothek wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz angezeigt, gehe aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Staatsanwaltschaft die Anzeige gemäß §90 StPO zurücklegen werde. Damit wäre aber erwiesen, dass Verbelen keine verbotsgesetzwidrigen Bücher verfasst und der Verein "Dichterstein Offenhausen" gesetzes- und vereinsstatutenkonform gehandelt habe. Das Bücherverzeichnis der Österreichischen Nationalbibliothek stelle daher eine neue Tatsache iSd. §34 VfGG dar.

3.2. Mit Schriftsatz vom 2. September 2002 legte der Einschreiter die Benachrichtigung von der Zurücklegung der von ihm erstatteten Strafanzeige durch die Staatsanwaltschaft vor.

4.1. Gemäß §530 Abs1 Z7 ZPO iVm. §35 Abs1 VfGG kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde".

4.2. Davon kann im vorliegenden Fall aber nicht die Rede sein: Gegenstand des zu B444/02 geführten Verfahrens war die Abweisung eines auf eine parlamentarische Anfragebeantwortung vom 14. Dezember 1992 gestützten Wiederaufnahmeantrags. Aus dieser Anfragebeantwortung ging im Wesentlichen hervor, dass sich bis zum 14. Dezember 1992 keine rechtliche Handhabe für vereinsbehördliche Maßnahmen gegen den Verein "Dichterstein Offenhausen" ergeben hätten. Die Abweisung des Wiederaufnahmeantrags wurde im Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Jänner 2002 damit begründet, dass sich die Vereinsbehörde aufgrund eines "aktuellen" Ereignisses, nämlich der für den 1. und 2. Mai 1998 geplanten Ehrungen des Konrad Windisch und des Robert Jan Verbelen, zum Einschreiten veranlasst gesehen hatte, weshalb eine Berücksichtigung der genannten Anfragebeantwortung weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens geeignet wäre, einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeizuführen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof abgewiesen, da sich die Beschwerdeausführungen offenkundig gegen die im (Auflösungs-)Bescheid vom 5. Juli 1999 vorgenommene Beweiswürdigung richteten; eine Wiederaufnahme des Verfahrens bietet jedoch keine Handhabe dafür, eine in dem abgeschlossenen Verfahren von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Beweiswürdigung oder Sachverhaltsannahme zu bekämpfen.

4.3. Mit dem nunmehr zur Begründung des auf §34 VfGG gestützten Wiederaufnahmeantrags vorgelegten "Beweismittel" - einem Schreiben der Österreichischen Nationalbibliothek - versucht der Beschwerdeführer darzulegen, dass Robert Jan Verbelen keine verbotsgesetzwidrigen Bücher verfasst habe und seine geplante Ehrung durch den Verein daher gesetzeskonform gewesen wäre. Damit wendet sich der Beschwerdeführer aber erneut gegen die im Verfahren betreffend die Auflösung des Vereins "Dichterstein Offenhausen" vorgenommene Beweiswürdigung, ohne neue Tatsachen oder Beweismittel, die sich auf das beim Verfassungsgerichtshof zu B444/02 geführte Verfahren beziehen würden, vorzubringen.

5. Der Antrag war daher schon deshalb abzuweisen.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §34 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Vereinsrecht, Vereinsauflösung, VfGH / Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B444.2002

Dokumentnummer

JFT_09978993_02B00444_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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