Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Ernst Viehberger und Gerhard Loibl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Helmut E*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei W*****-AG (früher: ***** AG), ***** vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 10.898,96 brutto sA und EUR 690,97 netto sA (Gesamtstreitwert EUR 11.589,91 sA), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 11.009,35) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. März 2002, GZ 7 Ra 62/02t-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 7. August 2001, GZ 21 Cga 203/00a-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 686,88 (darin EUR 114,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1. 9. 1994 bis 18. 9. 2000 bei der beklagten Partei angestellt. Das Arbeitsverhältnis endete durch vorzeitigen Austritt. Der Kläger ist Vater von zwei ehelichen Kindern, die auch noch im Jahr 2000 mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebten und für die er sorgepflichtig war. Die Ehe mit der Mutter dieser Kinder wurde im Februar 1997 geschieden. Im Herbst 1997 ging der Kläger jedoch mit seiner Exgattin wieder eine Lebensgemeinschaft ein, welche nach wie vor andauert. Ab Dezember 1998 erhielt der Kläger von der Beklagten eine Haushaltszulage gemäß Anhang B 4 Punkt 4 des Kollektivvertrages (KVI). Diese Kollektivvertragsbestimmung lautet auszugsweise:
"4.4. Haushaltszulage
Angestellte, die nicht in die besondere Bezugsklasse eingereiht sind und aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen Unterhalt von im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen tatsächlich zu bestreiten haben, erhalten eine Haushaltszulage in der im Gehaltsschema unter "Zulagen" zu ersehenden Höhe 12 x jährlich unter der Voraussetzung, dass a) keiner dieser Unterhaltsberechtigten ein wie immer geartetes oder benanntes, monatlich S 3.500 brutto übersteigendes Einkommen hat und ein...."
Bei Zutreffen aller sonstigen Voraussetzungen gebührt die Haushaltszulage auch dann, wenn ungeachtet eines Erwerbseinkommens der Ehegattin des Angestellten neben einem oder mehreren unterhaltsberechtigten Kindern ein oder mehrere andere unterhaltsberechtigte Personen vorhanden sind. Die staatliche Familienbeihilfe, die Arbeitslosenunterstützung und das Karenzurlaubsgeld gelten nicht als Einkommen des Unterhaltsberechtigten. Bei Kindern gilt als Einkommen im Sinne der lit a ein monatlich öS 6.000 brutto übersteigendes Einkommen. ..."Bei Zutreffen aller sonstigen Voraussetzungen gebührt die Haushaltszulage auch dann, wenn ungeachtet eines Erwerbseinkommens der Ehegattin des Angestellten neben einem oder mehreren unterhaltsberechtigten Kindern ein oder mehrere andere unterhaltsberechtigte Personen vorhanden sind. Die staatliche Familienbeihilfe, die Arbeitslosenunterstützung und das Karenzurlaubsgeld gelten nicht als Einkommen des Unterhaltsberechtigten. Bei Kindern gilt als Einkommen im Sinne der Litera a, ein monatlich öS 6.000 brutto übersteigendes Einkommen. ..."
Im Herbst 1999 gab der Kläger der Beklagten bekannt, dass seine Lebensgefährtin (und Mutter seiner Kinder) wieder erwerbstätig sei. Aufgrund dieses Schreibens stellte die Beklagte ab 1. 1. 2000 die Haushaltszulage ein. Die Zulage betrug im Jahr 2000 S 970 12 x jährlich. Der Kläger nahm diese Schmälerung zunächst in Kauf und kündigte am 30. 8. 2000 sein Arbeitsverhältnis zum 30. 9. 2000 auf. Mit Schreiben vom 1. 9. 2000 mahnte der Kläger die Haushaltszulage seit 1. 1. 2000 ein und setzte für die Zahlung eine Frist bis 15. 9. 2000. Am 11. September 2000 kam es zu einem Gespräch mit dem zuständigen Personalreferenten der beklagten Partei, an welchem auch ein Mitglied des Betriebsrats teilnahm. Im Rahmen dieses Gespräches wurden zunächst die verschiedenen Standpunkte vorgetragen, am Ende des Gespräches gab der Personalreferent bekannt, dass er die Angelegenheit noch prüfen und der Kläger von der beklagten Partei diesbezüglich noch Bescheid bekommen werde. Einen Austritt drohte der Kläger nie an. Vielmehr mahnte er mit E-Mail vom 14. 9. 2000 die Haushaltszulage unter Hinweis auf die Frist bis 15. 9. 2000 neuerlich ein und erklärte dann am 18. 9. 2000 seinen Austritt. Die beklagte Partei hatte ausdrücklich den Standpunkt vertreten, dass die Haushaltszulage grundsätzlich für Alleinverdiener gedacht sei und dass die mit dem Kläger im selben Haushalt lebende Lebensgefährtin und Mutter der Kinder einer Ehegattin gleichzuhalten sei. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger gemäß § 26 Z 2 erster Fall AngG zum Austritt berechtigt war, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Im Herbst 1999 gab der Kläger der Beklagten bekannt, dass seine Lebensgefährtin (und Mutter seiner Kinder) wieder erwerbstätig sei. Aufgrund dieses Schreibens stellte die Beklagte ab 1. 1. 2000 die Haushaltszulage ein. Die Zulage betrug im Jahr 2000 S 970 12 x jährlich. Der Kläger nahm diese Schmälerung zunächst in Kauf und kündigte am 30. 8. 2000 sein Arbeitsverhältnis zum 30. 9. 2000 auf. Mit Schreiben vom 1. 9. 2000 mahnte der Kläger die Haushaltszulage seit 1. 1. 2000 ein und setzte für die Zahlung eine Frist bis 15. 9. 2000. Am 11. September 2000 kam es zu einem Gespräch mit dem zuständigen Personalreferenten der beklagten Partei, an welchem auch ein Mitglied des Betriebsrats teilnahm. Im Rahmen dieses Gespräches wurden zunächst die verschiedenen Standpunkte vorgetragen, am Ende des Gespräches gab der Personalreferent bekannt, dass er die Angelegenheit noch prüfen und der Kläger von der beklagten Partei diesbezüglich noch Bescheid bekommen werde. Einen Austritt drohte der Kläger nie an. Vielmehr mahnte er mit E-Mail vom 14. 9. 2000 die Haushaltszulage unter Hinweis auf die Frist bis 15. 9. 2000 neuerlich ein und erklärte dann am 18. 9. 2000 seinen Austritt. Die beklagte Partei hatte ausdrücklich den Standpunkt vertreten, dass die Haushaltszulage grundsätzlich für Alleinverdiener gedacht sei und dass die mit dem Kläger im selben Haushalt lebende Lebensgefährtin und Mutter der Kinder einer Ehegattin gleichzuhalten sei. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger gemäß Paragraph 26, Ziffer 2, erster Fall AngG zum Austritt berechtigt war, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:
Unter "Schmälerung" im Sinn des § 26 Z 2 AngG versteht man die einseitige rechtswidrige Herabsetzung des dem Angestellten zukommenden Entgelts, wobei es gleichgültig ist, ob dies durch Verletzung eines Gesetzes, eines Kollektivvertrages oder einer Einzelvereinbarung geschieht. Der Tatbestand ist jedenfalls erfüllt, wenn der Dienstgeber wusste oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist (Infas 1997, A 86 = RdW 1997, 683 mwN). Durch eine bloß objektive Rechtswidrigkeit, die insbesondere dann vorliegt, wenn über das Bestehen eines Anspruches verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines hierüber zu führenden Rechtsstreites nicht absehbar ist, wird der Tatbestand des § 26 Z 2 AngG nicht erfüllt (8 ObA 74/97h = Infas 1997, A 86 = RdW 1997, 683 mwN; RIS-Justiz RS0029257; RS0028896).Unter "Schmälerung" im Sinn des Paragraph 26, Ziffer 2, AngG versteht man die einseitige rechtswidrige Herabsetzung des dem Angestellten zukommenden Entgelts, wobei es gleichgültig ist, ob dies durch Verletzung eines Gesetzes, eines Kollektivvertrages oder einer Einzelvereinbarung geschieht. Der Tatbestand ist jedenfalls erfüllt, wenn der Dienstgeber wusste oder infolge der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht hätte wissen müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig ist (Infas 1997, A 86 = RdW 1997, 683 mwN). Durch eine bloß objektive Rechtswidrigkeit, die insbesondere dann vorliegt, wenn über das Bestehen eines Anspruches verschiedene Rechtsmeinungen vertreten werden können und daher der Ausgang eines hierüber zu führenden Rechtsstreites nicht absehbar ist, wird der Tatbestand des Paragraph 26, Ziffer 2, AngG nicht erfüllt (8 ObA 74/97h = Infas 1997, A 86 = RdW 1997, 683 mwN; RIS-Justiz RS0029257; RS0028896).
Im vorliegenden Fall war die Rechtsauffassung der beklagten Partei hinsichtlich der keineswegs klaren Kollektivvertragsbestimmung jedenfalls vertretbar. Insbesondere lässt sich der zitierten Bestimmung nicht entnehmen, dass die Einschränkung der Haushaltszulage bei Vorhandensein eines verdienenden Ehegatten des Zulagenbeziehers darauf abstellt, dass hinsichtlich des Ehegatten eine Unterhaltsverpflichtung oder -berechtigung besteht. Damit erweist sich aber die analoge Anwendung auf einen im Haushalt lebenden, ebenfalls verdienenden Lebensgefährten keineswegs als derart entfernt, wie es der Revisionswerber darzulegen versucht. Dazu kommt noch, dass diese Zulage von S 970 monatlich im Verhältnis zum vom Kläger selbst behaupteten Bruttomonatsgehalt von über S 32.000 relativ geringfügig war und nur dadurch auf den begehrten Betrag von S 8.670 anwachsen konnte, weil der Kläger diese Schmälerung über acht Monate ungerügt in Kauf nahm. Im Hinblick darauf, dass sämtliche anderen laufenden Ansprüche beglichen worden waren, ist unter Würdigung der dargestellten Umstände die in der Nichtzahlung dieses Betrages liegende Vertragsverletzung auch nicht so wesentlich, dass sie für den Kläger die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ende der laufenden Kündigungsfrist (ein Monat) unzumutbar gemacht hätte (vgl 8 ObA 74/97h). Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 31, 50 Abs 1 ZPO.Im vorliegenden Fall war die Rechtsauffassung der beklagten Partei hinsichtlich der keineswegs klaren Kollektivvertragsbestimmung jedenfalls vertretbar. Insbesondere lässt sich der zitierten Bestimmung nicht entnehmen, dass die Einschränkung der Haushaltszulage bei Vorhandensein eines verdienenden Ehegatten des Zulagenbeziehers darauf abstellt, dass hinsichtlich des Ehegatten eine Unterhaltsverpflichtung oder -berechtigung besteht. Damit erweist sich aber die analoge Anwendung auf einen im Haushalt lebenden, ebenfalls verdienenden Lebensgefährten keineswegs als derart entfernt, wie es der Revisionswerber darzulegen versucht. Dazu kommt noch, dass diese Zulage von S 970 monatlich im Verhältnis zum vom Kläger selbst behaupteten Bruttomonatsgehalt von über S 32.000 relativ geringfügig war und nur dadurch auf den begehrten Betrag von S 8.670 anwachsen konnte, weil der Kläger diese Schmälerung über acht Monate ungerügt in Kauf nahm. Im Hinblick darauf, dass sämtliche anderen laufenden Ansprüche beglichen worden waren, ist unter Würdigung der dargestellten Umstände die in der Nichtzahlung dieses Betrages liegende Vertragsverletzung auch nicht so wesentlich, dass sie für den Kläger die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ende der laufenden Kündigungsfrist (ein Monat) unzumutbar gemacht hätte vergleiche 8 ObA 74/97h). Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 31,, 50 Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E67534 9ObA169.02xEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:009OBA00169.02X.1113.000Dokumentnummer
JJT_20021113_OGH0002_009OBA00169_02X0000_000