TE OGH 2002/11/19 4Ob233/02x

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Veröffentlicht am 19.11.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexander P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Moringer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Mag. Doris F*****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 17.259,80 EUR, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10. Juli 2002, GZ 1 R 59/02f-12, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 10. Jänner 2002, GZ 30 Cg 19/01z-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 938,20 EUR (darin 156,40 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist außerehelicher Sohn, die Beklagte eheliche Tochter des am 10. 4. 2000 verstorbenen Erblassers Josef E*****. Der Erblasser und seine Ehegattin waren je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in R***** und Miteigentümer einer Liegenschaft in K*****. In einem notariellen Testament vom 4. 11. 1988 hatte der Erblasser seine Ehegattin zur Alleinerbin bestimmt. Dieses Testament änderte er am 19. 11. 1990 insofern ab, als er den Pflichtteilsanspruch des Klägers gemäß § 773a ABGB um die Hälfte verminderte und bestimmte, dass sich der Kläger eine erhaltene Ausstattung in Höhe von 150.000 S auf den Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Mit Notariatsakt vom 30. 11. 1990 übertrug der Erblasser der Beklagten den Hälfteanteil an der Liegenschaft R***** unter Vorbehalt eines unentgeltlichen Fruchtgenussrechts auf Lebensdauer. Vereinbart wurde ein grundbücherlich sicherzustellendes Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Erblassers und seiner Ehegattin. Die Beklagte gab einen Pflichtteilsverzicht gegenüber ihrem Vater unter Vorbehalt des gesetzlichen Erbrechts ab. Mit Notariatsakt vom 20. 5. 1996 übergaben der Erblasser und seine Gattin der Beklagten auch die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft Katzbach gegen Einräumung eines lebenslänglichen Fruchtgenussrechts.Der Kläger ist außerehelicher Sohn, die Beklagte eheliche Tochter des am 10. 4. 2000 verstorbenen Erblassers Josef E*****. Der Erblasser und seine Ehegattin waren je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in R***** und Miteigentümer einer Liegenschaft in K*****. In einem notariellen Testament vom 4. 11. 1988 hatte der Erblasser seine Ehegattin zur Alleinerbin bestimmt. Dieses Testament änderte er am 19. 11. 1990 insofern ab, als er den Pflichtteilsanspruch des Klägers gemäß Paragraph 773 a, ABGB um die Hälfte verminderte und bestimmte, dass sich der Kläger eine erhaltene Ausstattung in Höhe von 150.000 S auf den Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Mit Notariatsakt vom 30. 11. 1990 übertrug der Erblasser der Beklagten den Hälfteanteil an der Liegenschaft R***** unter Vorbehalt eines unentgeltlichen Fruchtgenussrechts auf Lebensdauer. Vereinbart wurde ein grundbücherlich sicherzustellendes Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Erblassers und seiner Ehegattin. Die Beklagte gab einen Pflichtteilsverzicht gegenüber ihrem Vater unter Vorbehalt des gesetzlichen Erbrechts ab. Mit Notariatsakt vom 20. 5. 1996 übergaben der Erblasser und seine Gattin der Beklagten auch die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft Katzbach gegen Einräumung eines lebenslänglichen Fruchtgenussrechts.

Mit der am 20. 3. 2001 bei Gericht eingebrachten Klage macht der Kläger einen Anspruch auf Schenkungspflichtteil geltend. Die Zweijahresfrist des § 785 Abs 3 komme nicht zur Anwendung, weil die Berufung auf diese Frist rechtsmissbräuchlich sei. Der Pflichtteilsverzicht habe dazu gedient, die Anrechnung früher erhaltener Schenkungen zu vermeiden und den Pflichtteilsanspruch des übergangenen Klägers zu verkürzen. Das Verlassenschaftsverfahren nach dem Erblasser weise eine Überschuldung des Nachlasses aus, dessen einziges Aktivum ein Guthaben aus einem Bausparvertrag sei. Der Erblasser habe sein gesamtes, durchaus beträchtliches Vermögen zu Lebzeiten der Beklagten geschenkt und durch den Abschluss des Pflichtteilsverzichtsvertrages auch sichergestellt, dass der Kläger seine Ansprüche nicht werde geltend machen können. Er habe die Beklagte nicht nur zur Pflichtteilsverzichtserklärung bestimmt, sondern auch seine letztwillige Verfügung entsprechend korrigiert. Mit ihrem Pflichtteilsverzicht habe die Beklagte offenkundig bezweckt, die Ansprüche des Klägers unter Berufung auf die Zweijahresfrist zu vereiteln. Dieses unlautere, auf eine Verkürzung des klägerischen Pflichtteilsanspruchs abzielende Motiv stehe so klar im Vordergrund, dass andere Beweggründe wie etwa die Absicherung der Ehegattin des Erblassers völlig in den Hintergrund treten. Selbst wenn die Beklagte anlässlich des Abschlusses der Übergabsverträge von der Existenz ihres Halbbruders nichts gewusst hätte, liege Rechtsmissbrauch vor, weil der Erblasser der Beklagten diesen Umstand offenbar absichtlich verschwiegen habe, um die Erbansprüche des Klägers zu reduzieren. Der Erbe hafte auch für allfällige rechtsmissbräuchliche Handlungen des Erblassers im Zusammenhang mit der Übergabe des Vermögens.Mit der am 20. 3. 2001 bei Gericht eingebrachten Klage macht der Kläger einen Anspruch auf Schenkungspflichtteil geltend. Die Zweijahresfrist des Paragraph 785, Absatz 3, komme nicht zur Anwendung, weil die Berufung auf diese Frist rechtsmissbräuchlich sei. Der Pflichtteilsverzicht habe dazu gedient, die Anrechnung früher erhaltener Schenkungen zu vermeiden und den Pflichtteilsanspruch des übergangenen Klägers zu verkürzen. Das Verlassenschaftsverfahren nach dem Erblasser weise eine Überschuldung des Nachlasses aus, dessen einziges Aktivum ein Guthaben aus einem Bausparvertrag sei. Der Erblasser habe sein gesamtes, durchaus beträchtliches Vermögen zu Lebzeiten der Beklagten geschenkt und durch den Abschluss des Pflichtteilsverzichtsvertrages auch sichergestellt, dass der Kläger seine Ansprüche nicht werde geltend machen können. Er habe die Beklagte nicht nur zur Pflichtteilsverzichtserklärung bestimmt, sondern auch seine letztwillige Verfügung entsprechend korrigiert. Mit ihrem Pflichtteilsverzicht habe die Beklagte offenkundig bezweckt, die Ansprüche des Klägers unter Berufung auf die Zweijahresfrist zu vereiteln. Dieses unlautere, auf eine Verkürzung des klägerischen Pflichtteilsanspruchs abzielende Motiv stehe so klar im Vordergrund, dass andere Beweggründe wie etwa die Absicherung der Ehegattin des Erblassers völlig in den Hintergrund treten. Selbst wenn die Beklagte anlässlich des Abschlusses der Übergabsverträge von der Existenz ihres Halbbruders nichts gewusst hätte, liege Rechtsmissbrauch vor, weil der Erblasser der Beklagten diesen Umstand offenbar absichtlich verschwiegen habe, um die Erbansprüche des Klägers zu reduzieren. Der Erbe hafte auch für allfällige rechtsmissbräuchliche Handlungen des Erblassers im Zusammenhang mit der Übergabe des Vermögens.

Die Beklagte wendete ein, der Erblasser habe bei Abschluss des Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages beabsichtigt, seine signifikant jüngere Gattin gegen jedwede Ansprüche, auch gegen jene der Beklagten abzusichern. Der nach § 785 Abs 3 ABGB erhobene Einwand der Verjährung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Der Pflichtteilsverzichtsvertrag sei anlässlich der Übereignung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft R***** abgeschlossen worden, es sei daher nicht richtig, dass der Erblasser zu diesem Zeitpunkt nahezu sein gesamtes Vermögen an die Beklagte übertragen hätte. schon der große Zeitabstand zwischen den beiden Notariatsakten mache deutlich, dass der Pflichtteilsverzicht nicht in Schädigungsabsicht erfolgt sei. Überdies habe die Beklagte anlässlich des Übergabsvertrages 1996 ein Darlehen des Landes Oberösterreich übernehmen müssen, wodurch sich der Wert der Liegenschaft vermindert habe. Wertminderungen ergeben sich auch aus dem lebenslang eingeräumten Fruchtgenussrecht zugunsten des Erblassers und seiner Ehegattin sowie aus dem vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbot. Der Anspruch des Klägers sei daher auch der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Im Übrigen habe die Beklagte die Pflichtteilsverzichtserklärung ohne Kenntnis der Existenz des Klägers abgegeben, wodurch ausgeschlossen sei, dass sie dadurch jemanden habe benachteiligen wollen. Eine allfällige diesbezügliche Absicht des Erblassers - wofür keine Anhaltspunkte bestünden - könnte nicht zu Lasten der Beklagten gehen.Die Beklagte wendete ein, der Erblasser habe bei Abschluss des Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages beabsichtigt, seine signifikant jüngere Gattin gegen jedwede Ansprüche, auch gegen jene der Beklagten abzusichern. Der nach Paragraph 785, Absatz 3, ABGB erhobene Einwand der Verjährung sei nicht rechtsmissbräuchlich. Der Pflichtteilsverzichtsvertrag sei anlässlich der Übereignung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft R***** abgeschlossen worden, es sei daher nicht richtig, dass der Erblasser zu diesem Zeitpunkt nahezu sein gesamtes Vermögen an die Beklagte übertragen hätte. schon der große Zeitabstand zwischen den beiden Notariatsakten mache deutlich, dass der Pflichtteilsverzicht nicht in Schädigungsabsicht erfolgt sei. Überdies habe die Beklagte anlässlich des Übergabsvertrages 1996 ein Darlehen des Landes Oberösterreich übernehmen müssen, wodurch sich der Wert der Liegenschaft vermindert habe. Wertminderungen ergeben sich auch aus dem lebenslang eingeräumten Fruchtgenussrecht zugunsten des Erblassers und seiner Ehegattin sowie aus dem vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbot. Der Anspruch des Klägers sei daher auch der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Im Übrigen habe die Beklagte die Pflichtteilsverzichtserklärung ohne Kenntnis der Existenz des Klägers abgegeben, wodurch ausgeschlossen sei, dass sie dadurch jemanden habe benachteiligen wollen. Eine allfällige diesbezügliche Absicht des Erblassers - wofür keine Anhaltspunkte bestünden - könnte nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass die Beklagte im Notariatsakt vom 20. 5. 1996 eine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich des auf der Liegenschaft K***** sichergestellten Darlehens des Landes Oberösterreich im damals aushaftenden Betrag von 800.931,10 S übernommen und sich verpflichtet habe, die Übergeber diesbezüglich klag- und schadlos zu halten. Der vertragserrichtende Notar habe im Entwurf dieses Übergabsvertrags auch einen Pflichtteilsverzicht der Beklagten gegenüber ihrer Mutter vorgesehen. Die Beklagte habe aber zum damaligen Zeitpunkt angesichts der übernommenen Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung noch nicht auf Pflichtteilsansprüche gegenüber ihrer Mutter verzichten wollen. Sie habe einen Pflichtteilsverzicht gegenüber ihrer Mutter erst anlässlich eines weiteren Notariatsakts vom 28. 6. 1999 abgegeben, in welchem die Mutter ihr das Hälfteeigentum an der Liegenschaft R***** gegen Einräumung eines unentgeltlichen Fruchtgenussrechts auf Lebensdauer übergeben hat. Auch hier habe sich die Beklagte das gesetzliche Erbrecht vorbehalten. Über den Sinn der vermögensrechtlichen Verschiebungen in den Jahren 1990 und 1996 sei zwischen den Vertragspartnern nicht viel gesprochen worden. Die Initiative für diese Verträge sei vom Erblasser ausgegangen. An der Nutzung dieser Liegenschaften und der Tragung der Kosten habe sich durch die Übergabsverträge nichts geändert. Das Erstgericht stellte auch fest, dass die Beklagte von der Existenz des Klägers bis zum August des Jahres 2000 nichts gewusst habe. Sie habe daher zum Zeitpunkt der Errichtung der angeführten Notariatsakte nichts davon gewusst, dass neben ihr selbst und ihrer Mutter eine weitere erbberechtigte Person vorhanden sei. Rechtlich ging das Erstgericht von der Anwendbarkeit des § 785 Abs 3 ABGB aus, wonach Schenkungen unberücksichtigt bleiben, die der Erblasser früher als zwei Jahre vor seinem Tod an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht habe. Die Beklagte sei nicht Pflichtteilsberechtigte im Sinn dieser Bestimmung, weil sie auf ihren Pflichtteil verzichtet habe. Ihre Berufung auf die Zweijahresfrist sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie bei Abschluss des Pflichtteilsverzichtsvertrages nichts von der Existenz des Klägers gewusst habe.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass die Beklagte im Notariatsakt vom 20. 5. 1996 eine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich des auf der Liegenschaft K***** sichergestellten Darlehens des Landes Oberösterreich im damals aushaftenden Betrag von 800.931,10 S übernommen und sich verpflichtet habe, die Übergeber diesbezüglich klag- und schadlos zu halten. Der vertragserrichtende Notar habe im Entwurf dieses Übergabsvertrags auch einen Pflichtteilsverzicht der Beklagten gegenüber ihrer Mutter vorgesehen. Die Beklagte habe aber zum damaligen Zeitpunkt angesichts der übernommenen Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung noch nicht auf Pflichtteilsansprüche gegenüber ihrer Mutter verzichten wollen. Sie habe einen Pflichtteilsverzicht gegenüber ihrer Mutter erst anlässlich eines weiteren Notariatsakts vom 28. 6. 1999 abgegeben, in welchem die Mutter ihr das Hälfteeigentum an der Liegenschaft R***** gegen Einräumung eines unentgeltlichen Fruchtgenussrechts auf Lebensdauer übergeben hat. Auch hier habe sich die Beklagte das gesetzliche Erbrecht vorbehalten. Über den Sinn der vermögensrechtlichen Verschiebungen in den Jahren 1990 und 1996 sei zwischen den Vertragspartnern nicht viel gesprochen worden. Die Initiative für diese Verträge sei vom Erblasser ausgegangen. An der Nutzung dieser Liegenschaften und der Tragung der Kosten habe sich durch die Übergabsverträge nichts geändert. Das Erstgericht stellte auch fest, dass die Beklagte von der Existenz des Klägers bis zum August des Jahres 2000 nichts gewusst habe. Sie habe daher zum Zeitpunkt der Errichtung der angeführten Notariatsakte nichts davon gewusst, dass neben ihr selbst und ihrer Mutter eine weitere erbberechtigte Person vorhanden sei. Rechtlich ging das Erstgericht von der Anwendbarkeit des Paragraph 785, Absatz 3, ABGB aus, wonach Schenkungen unberücksichtigt bleiben, die der Erblasser früher als zwei Jahre vor seinem Tod an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht habe. Die Beklagte sei nicht Pflichtteilsberechtigte im Sinn dieser Bestimmung, weil sie auf ihren Pflichtteil verzichtet habe. Ihre Berufung auf die Zweijahresfrist sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil sie bei Abschluss des Pflichtteilsverzichtsvertrages nichts von der Existenz des Klägers gewusst habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle. Von den Feststellungen des Erstgerichts ausgehend vertrat auch das Berufungsgericht die Auffassung, die im § 785 Abs 3 ABGB vorgesehene zeitlich unbeschränkte Anrechnung von Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen setze voraus, dass der Geschenknehmer zum Zeitpunkt des Erbanfalls pflichtteilsberechtigt gewesen sei. Dies sei hier angesichts des Pflichtteilsverzichts der Beklagten nicht der Fall. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs setze voraus, dass unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund stünden und andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten. Der Kläger sei seiner diesbezüglichen Beweispflicht nicht nachgekommen. Aus den unbekämpft gebliebenen Feststellungen gehe hervor, dass die Beklagte bis zum August des Jahres 2000 nichts von der Existenz des Klägers gewusst habe, an einer vorsätzlichen Schädigungshandlung fehle es daher von vornherein. Abgesehen davon, dass grobe Fahrlässigkeit nicht ausreicht, um Rechtsmissbrauch zu begründen, sei die Beklagte angesichts ihres Wissensstandes auch nicht verpflichtet gewesen, Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag zu hinterfragen.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle. Von den Feststellungen des Erstgerichts ausgehend vertrat auch das Berufungsgericht die Auffassung, die im Paragraph 785, Absatz 3, ABGB vorgesehene zeitlich unbeschränkte Anrechnung von Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Personen setze voraus, dass der Geschenknehmer zum Zeitpunkt des Erbanfalls pflichtteilsberechtigt gewesen sei. Dies sei hier angesichts des Pflichtteilsverzichts der Beklagten nicht der Fall. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs setze voraus, dass unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund stünden und andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten. Der Kläger sei seiner diesbezüglichen Beweispflicht nicht nachgekommen. Aus den unbekämpft gebliebenen Feststellungen gehe hervor, dass die Beklagte bis zum August des Jahres 2000 nichts von der Existenz des Klägers gewusst habe, an einer vorsätzlichen Schädigungshandlung fehle es daher von vornherein. Abgesehen davon, dass grobe Fahrlässigkeit nicht ausreicht, um Rechtsmissbrauch zu begründen, sei die Beklagte angesichts ihres Wissensstandes auch nicht verpflichtet gewesen, Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag zu hinterfragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist - entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung, deren Richtigkeit der Kläger nicht in Zweifel zieht, sind unter pflichtteilsberechtigten Personen im Sinn des § 785 ABGB, die zur unbefristeten Schenkungsanrechnung verpflichtet sind, nur jene zu verstehen, die im konkreten Fall im Zeitpunkt des Erbanfalls tatsächlich pflichtteilsberechtigt sind (JBl 1998, 646; JBl 1991, 312; SZ 68/47; 5 Ob 1565/94; 6 Ob 555/95; 1 Ob 2281/96i; 1 Ob 371/97h; RIS-Justiz RS0012855). Der Übergabsvertrag an die Beklagte und deren gleichzeitiger Pflichtteilsverzicht erfolgte 1990, somit zehn Jahre vor dem Erbanfall, sodass die Auffassung der Vorinstanzen, die Schenkung müsse gegenüber dem seinen Pflichtteil ansprechenden Kläger unberücksichtigt bleiben, nicht zu beanstanden ist.Nach ständiger Rechtsprechung, deren Richtigkeit der Kläger nicht in Zweifel zieht, sind unter pflichtteilsberechtigten Personen im Sinn des Paragraph 785, ABGB, die zur unbefristeten Schenkungsanrechnung verpflichtet sind, nur jene zu verstehen, die im konkreten Fall im Zeitpunkt des Erbanfalls tatsächlich pflichtteilsberechtigt sind (JBl 1998, 646; JBl 1991, 312; SZ 68/47; 5 Ob 1565/94; 6 Ob 555/95; 1 Ob 2281/96i; 1 Ob 371/97h; RIS-Justiz RS0012855). Der Übergabsvertrag an die Beklagte und deren gleichzeitiger Pflichtteilsverzicht erfolgte 1990, somit zehn Jahre vor dem Erbanfall, sodass die Auffassung der Vorinstanzen, die Schenkung müsse gegenüber dem seinen Pflichtteil ansprechenden Kläger unberücksichtigt bleiben, nicht zu beanstanden ist.

Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt. Der Schädigungszweck muss so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (SZ 63/49, SZ 68/47 uva; Reischauer in Rummel ABGB² § 1295 Rz 59 mwN). Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf Rechtsmissbrauch beruft, wobei selbst relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag geben, weil demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt (Reischauer aaO Rz 59). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Rechtsprechung bisher eine Berufung auf § 785 Abs 3 ABGB dann als missbräuchlich beurteilt, wenn der Pflichtteilsverzicht des Beschenkten offenkundig bezweckte, die Anrechnung der geschenkten Liegenschaften zu verhindern und den Geschenknehmer gegen Pflichtteilsergänzungsansprüche anderer Noterben abzusichern (SZ 68/47; 6 Ob 555/95; 1 Ob 371/97h).Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt. Der Schädigungszweck muss so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (SZ 63/49, SZ 68/47 uva; Reischauer in Rummel ABGB² Paragraph 1295, Rz 59 mwN). Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf Rechtsmissbrauch beruft, wobei selbst relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag geben, weil demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt (Reischauer aaO Rz 59). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Rechtsprechung bisher eine Berufung auf Paragraph 785, Absatz 3, ABGB dann als missbräuchlich beurteilt, wenn der Pflichtteilsverzicht des Beschenkten offenkundig bezweckte, die Anrechnung der geschenkten Liegenschaften zu verhindern und den Geschenknehmer gegen Pflichtteilsergänzungsansprüche anderer Noterben abzusichern (SZ 68/47; 6 Ob 555/95; 1 Ob 371/97h).

Die Auffassung der Vorinstanzen, die eine unlautere Vorgangsweise der Beklagten schon deshalb verneinten, weil sie im Zeitpunkt des Pflichtteilsverzichts keine Kenntnis von weiteren allenfalls in Frage kommenden Noterben hatte, ist nicht zu beanstanden. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass ihre fehlende Kenntnis von vornherein die für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erforderliche Absicht, eine Anrechnung der Schenkung durch Pflichtteilsverzicht zu verhindern, entgegensteht. Dass die Beklagte den Regelungszweck des vorgesehenen Pflichtteilsverzichts nicht weiter hinterfragte, kann ihr angesichts der fehlenden Kenntnis von weiteren Noterben nicht angelastet werden. Für die Beurteilung, ob ein nach der Rechtsordnung zustehendes Recht missbräuchlich in Anspruch genommen wird, kommt es auf die mit der Rechtsausübung verfolgten Ziele des Berechtigten an. Allfällige - der Beklagten wie hier unbekannten - Beweggründe des Erblassers für Schenkung und Pflichtteilsverzicht sind daher ohne Bedeutung. Überdies ist den Feststellungen nicht mit der dafür ausreichenden Sicherheit zu entnehmen, dass der vom Vater anlässlich der Schenkung geforderte Pflichtteilsverzicht allein den Zweck hatte, eine spätere Anrechnung zugunsten des Klägers zu verhindern, zumal er mit dem 1990 abgeschlossenen Übergabsvertrag nur über einen Teil seines Liegenschaftseigentums verfügte und er daher durchaus auch eine Absicherung seiner wesentlich jüngeren Ehegattin im Auge gehabt haben könnte. Überdies kann in keiner Weise angenommen werden, dass der Beklagten 1990 das Problem einer späteren Schenkungsanrechnung zugunsten des Klägers bewusst war, geschweige denn, dass sie den Pflichtteilsverzicht "offensichtlich" zu dem Zweck abgegeben hätte, eine spätere Schenkungsanrechnung zugunsten des Klägers zu verhindern. Von der Existenz des Klägers als eines weiteren Pflichtteilsberechtigten hat sie nämlich erst nach dem Tod ihres Vaters erfahren.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht somit in Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 (1) ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihre Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41,, 50 (1) ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihre Revisionsbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

Textnummer

E67645

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0040OB00233.02X.1119.000

Im RIS seit

19.12.2002

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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