Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl Heinz L*****, vertreten durch Krall & Kühnl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Univ. Prof. Dr. Walter L*****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 33.223,90 sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 28. Juni 2002, GZ 3 R 174/02p-10, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Kufstein vom 23. April 2002, GZ 4 C 116/02k-6, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Einreden der fehlenden inländischen Gerichtsbarkeit sowie der sachlichen und örtlichen Unzuständigkeit abgewiesen werden.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.449,60 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 241,60, keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Zwischenstreites zu ersetzen.
Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.716,38 (darin enthalten Ust von EUR 425,73) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Streitteile haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Der Kläger begehrt die Zahlung von EUR 33.223,90 mit der Begründung, mit dem Beklagten ein Erbübereinkommen geschlossen zu haben, wonach der Beklagte die in den Nachlass fallende, in Österreich gelegene Eigentumswohnung in sein Eigentum übernehme. Dies sei erforderlich gewesen, weil es nach dem WEG (damals) nicht möglich gewesen sei, beide Streitteile als Eigentümer ins Grundbuch eintragen zu lassen. Weiters sei vereinbart worden, die Eigentumswohnung zu verkaufen und anschließend den Verkaufserlös zu teilen. In der Folge habe der Beklagte die Wohnung verkauft, dem Kläger aber seinen Anteil nicht bezahlt. Das angerufene Gericht sei für die Klage zuständig, weil es sich um eine Erbteilungsklage handle. Das BG Kufstein habe das Verlassenschaftsverfahren abgeführt und sei demnach örtlich und sachlich für die Entscheidung zuständig. Die inländische Gerichtsbarkeit sei gemäß § 27a JN gegeben.Die Streitteile haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Der Kläger begehrt die Zahlung von EUR 33.223,90 mit der Begründung, mit dem Beklagten ein Erbübereinkommen geschlossen zu haben, wonach der Beklagte die in den Nachlass fallende, in Österreich gelegene Eigentumswohnung in sein Eigentum übernehme. Dies sei erforderlich gewesen, weil es nach dem WEG (damals) nicht möglich gewesen sei, beide Streitteile als Eigentümer ins Grundbuch eintragen zu lassen. Weiters sei vereinbart worden, die Eigentumswohnung zu verkaufen und anschließend den Verkaufserlös zu teilen. In der Folge habe der Beklagte die Wohnung verkauft, dem Kläger aber seinen Anteil nicht bezahlt. Das angerufene Gericht sei für die Klage zuständig, weil es sich um eine Erbteilungsklage handle. Das BG Kufstein habe das Verlassenschaftsverfahren abgeführt und sei demnach örtlich und sachlich für die Entscheidung zuständig. Die inländische Gerichtsbarkeit sei gemäß Paragraph 27 a, JN gegeben.
Der Beklagte erhob die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit sowie der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit und brachte vor, es liege keine Erbteilungsklage vor, weil die Erbteilung bereits abgeschlossen sei. Für die vorliegende Geldforderung sei lediglich der allgemeine Gerichtsstand gemäß § 65 JN gegeben.Der Beklagte erhob die Einreden der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit sowie der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit und brachte vor, es liege keine Erbteilungsklage vor, weil die Erbteilung bereits abgeschlossen sei. Für die vorliegende Geldforderung sei lediglich der allgemeine Gerichtsstand gemäß Paragraph 65, JN gegeben.
Das Erstgericht wies die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit zurück. Es stellte fest, dass die Streitteile in der Verlassenschaftssache nach dem am 5. 2. 1999 verstorbenen Univ. Doz. Dr. Karl L*****, AZ 9 A 46/99d des BG Kufstein, je zur Hälfte unbedingte Erbserklärungen abgaben und am 19. 9. 1999 ein Erbsübereinkommen schlossen, nach dem bestimmte Anteile an der Liegenschaft EZ *****, GB 83020 Wörgl-Kufstein, verbunden mit Wohnungseigentum, vom Beklagten in sein Eigentum übernommen werden. Mit Beschluss des BG Kufstein vom 6. 10. 1999 wurde der Nachlass den Streitteilen eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt. Aufgrund der Einantwortungsurkunde des BG Kufstein wurde das Eigentumsrecht für den Beklagten an der erwähnten Liegenschaft einverleibt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es handle sich bei der vorliegenden Klage nicht um eine solche auf Abtretung der Verlassenschaft oder eines Erbteiles. Die Erbrechte seien unter den Parteien nicht strittig. Die Erbteilung sei aufgrund der Einantwortung bereits durchgeführt. Nach den Behauptungen des Klägers hätten sich die Streitteile erst später dazu entschlossen, die Eigentumswohnung zu verkaufen und anschließend den Erlös zu teilen. Erst dadurch sei die vom Kläger begehrte Forderung entstanden. Der Rechtsgrund für das Begehren des Klägers wurzle daher nicht im Erbrecht, weshalb die Rechtssache der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen sei.
Das vom Kläger angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der Revisionsrekurs sei unzulässig. Das Rekursgericht führte aus, es ergebe sich bereits aus den Klagsbehauptungen, dass der Klagsgrund in einer Vereinbarung der Streitteile liege, eine - wenn auch im Erbweg erhaltene - Eigentumswohnung zu veräußern und den Verkauferlös zu teilen. Es könne daher nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die gegenständliche Klage im Erbrecht wurzle. Vielmehr ergebe sich die Klagsforderung nach den Behauptungen des Klägers aus einem Rechtsgeschäft unter Lebenden, weshalb das Erstgericht die Klage zu Recht wegen des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit zurückgewiesen habe.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Zuständigkeit des Erstgerichtes ausgesprochen und diesem die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet, die jedoch wegen Verspätung zurückzuweisen ist. Gemäß § 528 Abs 3 ZPO gelten für außerordentliche Revisionsrekurse die Bestimmungen über außerordentliche Revisionen sinngemäß. Die Frist zur Erstattung der Revisionsrekusbenatwortung hat gem § 507a Abs 2 Z 3 ZPO mit Zustellung der Mitteilung, dass die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde, begonnen, das war hier der 17. 10. 2002. Die innerhalb der Notfrist von 4 Wochen zu erstattende Revisionsrekursbeantwortung war gem. § 507a Abs 3 Z 2 ZPO beim Obersten Gerichtshof einzubringen. Die beklagte Partei brachte die am 14. 11. 2002 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung aber beim Erstgericht ein. Dieses leitete sie an den Obersten Gerichtshof weiter, wo sie erst am 19. 11. 2002, sohin verspätet, einlangte.Die beklagte Partei hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet, die jedoch wegen Verspätung zurückzuweisen ist. Gemäß Paragraph 528, Absatz 3, ZPO gelten für außerordentliche Revisionsrekurse die Bestimmungen über außerordentliche Revisionen sinngemäß. Die Frist zur Erstattung der Revisionsrekusbenatwortung hat gem Paragraph 507 a, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO mit Zustellung der Mitteilung, dass die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde, begonnen, das war hier der 17. 10. 2002. Die innerhalb der Notfrist von 4 Wochen zu erstattende Revisionsrekursbeantwortung war gem. Paragraph 507 a, Absatz 3, Ziffer 2, ZPO beim Obersten Gerichtshof einzubringen. Die beklagte Partei brachte die am 14. 11. 2002 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung aber beim Erstgericht ein. Dieses leitete sie an den Obersten Gerichtshof weiter, wo sie erst am 19. 11. 2002, sohin verspätet, einlangte.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgegangen ist, er ist auch berechtigt.
Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel geltend, die gegenständliche Forderung wurzle im Erbrecht. Da die Einverleibung des Miteigentums nach dem WEG nicht möglich gewesen sei, sei die Zivilteilung die einzig zulässige Erbteilung gewesen und stelle eben die klagsgegenständliche Zahlungsforderung das Resultat der Zivilteilung dar. Schon vor dem Tod der Eltern hätten sich die Streitteile darauf geeinigt, die Wohnung zu veräußern. Der Kläger habe für die Durchsetzung seiner Erbteilungsansprüche deshalb das erkennende Gericht angerufen, weil dieses aufgrund der Verlassenschaftsverfahren (hinsichtlich beider Elternteile) über die Vermögenswerte Bescheid wisse.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Wie das Erstgericht schon zutreffend ausgeführt hat, ist das EuGVÜ/LGVÜ gemäß Art 1 Abs 2 auf Verlassenschaftsangelegenheiten nicht anwendbar. § 77 JN enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, wann in Verlassenschaftsangelegenheiten die internationale Zuständigkeit gegeben ist. Nach § 27a JN ist daher die internationale Zuständigkeit für Verlassenschaftsangelegenheiten dann gegeben, wenn es für diese eine örtliche Zuständigkeit gibt (Simotta in Fasching², Kommentar, § 77 JN Rz 14). Nach § 77 Abs 2 JN gehören Klagen, welche die Teilung der Erbschaft zum Gegenstande haben, vor das Gericht, bei welchem die Nachlassabhandlung anhängig ist. Dieser Gerichtsstand bleibt auch nach rechtskräftiger Einantwortung bestehen. Die Individualzuständigkeit des § 77 Abs 2 JN ist eingeschränkt auf die eigentlichen Erbteilungsklagen, deren Rechtsgrund im Erbrecht liegt. Dazu zählen auch Klagen auf Durchsetzung einer bereits vereinbarten oder durch Richterspruch verfügten Erbteilung (Simotta, aaO, § 77 JN Rz 11; Mayr in Rechberger², ZPO, § 77 JN Rz 3; jeweils mwN; JBl 2001, 521). Die vorliegende Klage stellt - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - eine eigentliche Erbteilungsklage dar, liegt doch ihr Rechtsgrund im Erbrecht und ist sie auf Durchsetzung einer vereinbarten Erbteilung gerichtet. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien haben nämlich die Streitteile vereinbart, dass zum Nachlass zählende Liegenschaft dem Beklagten allein zufallen und von ihm veräußert werden solle. Die Klage auf Zahlung des nach Ansicht des Klägers ihm zustehenden Anteils am Verkaufserlös ist eine solche auf Durchsetzung der vereinbarten Erbteilung, weshalb die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes und gemäß § 27a JN auch die internationale Zuständigkeit gegeben ist.Wie das Erstgericht schon zutreffend ausgeführt hat, ist das EuGVÜ/LGVÜ gemäß Artikel eins, Absatz 2, auf Verlassenschaftsangelegenheiten nicht anwendbar. Paragraph 77, JN enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, wann in Verlassenschaftsangelegenheiten die internationale Zuständigkeit gegeben ist. Nach Paragraph 27 a, JN ist daher die internationale Zuständigkeit für Verlassenschaftsangelegenheiten dann gegeben, wenn es für diese eine örtliche Zuständigkeit gibt (Simotta in Fasching², Kommentar, Paragraph 77, JN Rz 14). Nach Paragraph 77, Absatz 2, JN gehören Klagen, welche die Teilung der Erbschaft zum Gegenstande haben, vor das Gericht, bei welchem die Nachlassabhandlung anhängig ist. Dieser Gerichtsstand bleibt auch nach rechtskräftiger Einantwortung bestehen. Die Individualzuständigkeit des Paragraph 77, Absatz 2, JN ist eingeschränkt auf die eigentlichen Erbteilungsklagen, deren Rechtsgrund im Erbrecht liegt. Dazu zählen auch Klagen auf Durchsetzung einer bereits vereinbarten oder durch Richterspruch verfügten Erbteilung (Simotta, aaO, Paragraph 77, JN Rz 11; Mayr in Rechberger², ZPO, Paragraph 77, JN Rz 3; jeweils mwN; JBl 2001, 521). Die vorliegende Klage stellt - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - eine eigentliche Erbteilungsklage dar, liegt doch ihr Rechtsgrund im Erbrecht und ist sie auf Durchsetzung einer vereinbarten Erbteilung gerichtet. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien haben nämlich die Streitteile vereinbart, dass zum Nachlass zählende Liegenschaft dem Beklagten allein zufallen und von ihm veräußert werden solle. Die Klage auf Zahlung des nach Ansicht des Klägers ihm zustehenden Anteils am Verkaufserlös ist eine solche auf Durchsetzung der vereinbarten Erbteilung, weshalb die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes und gemäß Paragraph 27 a, JN auch die internationale Zuständigkeit gegeben ist.
Da die beklagte Partei im Zwischenstreit über die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit und der Zuständigkeit unterlegen ist, hat sie dem Kläger dessen Kosten zu ersetzen.
Textnummer
E67626European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00236.02Y.1121.000Im RIS seit
21.12.2002Zuletzt aktualisiert am
17.05.2011