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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des "Hotel W" in Salzburg, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Salzburg (Fachgruppe der Hotellerie) vom 23. November 2005 (ohne Geschäftszahl), betreffend Verweigerung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Wirtschaftskammer Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft, betreibt ein Hotel in Salzburg und ist Mitglied der Salzburger Wirtschaftskammer. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Wirtschaftskammer Salzburg (Fachgruppe der Hotellerie) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Auskunft über eine betragsmäßige Aufgliederung des Kontos "Repräsentationen" des Rechnungsabschlusses 2004 ab. Als Rechtsgrundlage sind im angefochtenen Bescheid die §§ 1 und 4 Auskunftspflichtgesetz, die §§ 70 und 132 Abs. 3 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG) und § 16 Abs. 4 der Haushaltsordnung zitiert.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides lautet:
"Gemäß § 16 Abs. 4 Haushaltsordnung umfasst das Recht der einfachen Mitglieder nur die Einsicht in die Rechenwerke gemäß § 132 Abs. 9 WKG, worunter nicht Belege, Unterkonten und sonstige Aufzeichnungen fallen.
In Anwendung von § 70 WKG i.V.m. § 4 Auskunftspflichtgesetz war somit spruchgemäß zu entscheiden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Verwaltungsgerichtshof den Verwaltungsakt (nur) teilweise vorgelegt, die im Schreiben der belangten Behörde vom 2. November 2005 genannte "Vorkorrespondenz" und das Auskunftsersuchen der Beschwerdeführerin sind darin nicht enthalten. Insoweit ist daher gemäß § 38 Abs. 2 VwGG von der Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde auszugehen.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem Beschwerdevorbringen im Recht auf Erteilung der Auskunft darüber, wie sich der im Rechnungsabschluss der Salzburger Wirtschaftskammer, Fachgruppe der Hotellerie, unter der Position "Repräsentationen der Fachgruppe Hotellerie" angeführte Betrag von EUR 141.691,75 zusammensetzt, verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie vor, sie habe nach Einsicht in den Rechnungsabschluss 2004 und in die dort nicht weiter aufgegliederte Position "Repräsentationsaufwendungen" die Aufschlüsselung dieser Ausgabenposition beantragt. Mit Schreiben vom 29. September 2005 sei ihr lediglich mitgeteilt worden, aus welchen Arten von Aufwendungen sich die genannte Ausgabenposition zusammensetze, unbeantwortet seien aber die einzelnen Beträge der jeweiligen Aufwandsart geblieben. Eine weitere Auskunft sei ihr zuerst mündlich und im Hinblick auf ihren Antrag sodann mit dem angefochtenen Bescheid verweigert worden.
Rechtlich vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass es keine gesetzliche Vorschrift gebe, auf Grund der die belangte Behörde ihren Pflichtmitgliedern tatsächliche Ausgaben verheimlichen dürfe. Jedes Kammermitglied sei berechtigt, eine den Geboten von Transparenz und Nachvollziehbarkeit entsprechende Rechnungslegung hinsichtlich der aus den Mitgliedsbeiträgen getätigten Ausgaben zu verlangen. Weder eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht noch die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Wirtschaftskammer Salzburg stünden der gegenständlichen Auskunftserteilung entgegen.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes, BGBl. Nr. 287/1987 in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 lauten:
"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden."
§ 70 Abs. 1 WKG lautet:
"Auskunftspflicht
§ 70. (1) Die nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft haben ihren Mitgliedern über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht und dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Bei der Auskunftserteilung ist nach dem Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987, vorzugehen."
Die Beschwerdeführerin ist unstrittig Mitglied der Wirtschaftskammer Salzburg und gehört organisatorisch der Fachgruppe der Hotellerie an. Die Fachgruppe der Hotellerie ist gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 WKG eine Organisation der gewerblichen Wirtschaft und hat daher ihren Mitgliedern über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches - gemäß § 132 Abs. 6 leg. cit. zählt dazu die Erstellung des Rechnungsabschlusses - Auskünfte unter den in § 70 Abs. 1 WKG genannten Voraussetzungen zu erteilen. Nach diesen - mit § 1 Abs. 1 und 2 Auskunftspflichtgesetz übereinstimmenden - Voraussetzungen ist die Auskunft zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht und dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.
Die belangte Behörde hat die von der Beschwerdeführerin begehrte Auskunft unstrittig nicht erteilt, sie war daher gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz zur Erlassung eines Bescheides hierüber verpflichtet. In der Begründung dieses Bescheides vertrat die belangte Behörde unter Berufung auf § 16 Abs. 4 der Haushaltsordnung die Rechtsauffassung, dass das Recht der Mitglieder "nur die Einsicht" in die "Rechenwerke gemäß §§ 132 Abs. 9 WKG" - die letztgenannte Bestimmung sieht u.a. für Rechnungsabschlüsse die Auflage zur Einsicht zu Gunsten der Mitglieder vor - umfasse, nicht aber die Einsicht in Belege, Unterkonten und sonstige Aufzeichnungen.
Die Haushaltsordnung, auf die sich die belangte Behörde bezieht, ist gemäß § 133 Abs. 1 WKG vom erweiterten Präsidium der Bundeskammer für die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft zu beschließen und hat u.a. die Erstellung der Rechnungsabschlüsse zu regeln. Daraus ergibt sich, dass die Haushaltsordnung schon von vornherein keine "gesetzliche" Verschwiegenheitspflicht im Sinne des § 1 Auskunftspflichtgesetz und des § 70 Abs. 1 WKG begründen kann, sodass die Bestimmungen der Haushaltsordnung der Erteilung der verlangten Auskunft über den Rechnungsabschluss nicht entgegenstehen konnten (vgl. zu Auskünften über die Gebarung der Kammerorganisation auch das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, Zl. 97/04/0239).
Dass der Auskunftserteilung an die Beschwerdeführerin das weitere in § 70 Abs. 1 WKG und § 1 Auskunftspflichtgesetz genannte Hindernis, konkret die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben, entgegengestanden wäre, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht dargetan.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid somit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. März 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006040004.X00Im RIS seit
26.04.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011