TE OGH 2002/12/4 9ObA237/02x

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.12.2002
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und DDr. Wolfgang Massl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** AG, ***** vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Erich Hermann und Dr. Markus Ludvik, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 3.633,64 (= ATS 50.000) sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. August 2002, GZ 10 Ra 191/02k-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11. April 2002, GZ 9 Cga 222/00g-27, als nichtig aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von S 50.000 sA mit dem wesentlichen Vorbringen, dass sie gegenüber einer Arbeitnehmerin der beklagten Partei, Ingeborg B***** auf Grund rechtskräftiger Titel eine Forderung in zumindest dieser Höhe habe. Zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Forderung sei der klagenden Partei die Gehaltsexekution durch Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei Ingeborg B***** als Anspruchsberechtigter gegen die beklagte Partei als Drittschuldnerin zustehenden Bezüge gemäß § 290a EO bewilligt worden. Die beklagte Partei habe keine formelle Drittschuldnererklärung abgegeben, sondern der klagenden Partei lediglich mitgeteilt, dass die Verpflichtete nicht bei ihr angestellt sei. Dies werde von der klagenden Partei aber bestritten. Durch die nicht rechtzeitige Abführung der gepfändeten Beträge sei der klagenden Partei ein Schaden zumindest in Höhe des Klagebetrags entstanden.Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von S 50.000 sA mit dem wesentlichen Vorbringen, dass sie gegenüber einer Arbeitnehmerin der beklagten Partei, Ingeborg B***** auf Grund rechtskräftiger Titel eine Forderung in zumindest dieser Höhe habe. Zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Forderung sei der klagenden Partei die Gehaltsexekution durch Pfändung und Überweisung der der verpflichteten Partei Ingeborg B***** als Anspruchsberechtigter gegen die beklagte Partei als Drittschuldnerin zustehenden Bezüge gemäß Paragraph 290 a, EO bewilligt worden. Die beklagte Partei habe keine formelle Drittschuldnererklärung abgegeben, sondern der klagenden Partei lediglich mitgeteilt, dass die Verpflichtete nicht bei ihr angestellt sei. Dies werde von der klagenden Partei aber bestritten. Durch die nicht rechtzeitige Abführung der gepfändeten Beträge sei der klagenden Partei ein Schaden zumindest in Höhe des Klagebetrags entstanden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass die von der klagenden Partei in Anspruch genommene Verpflichtete zu keinem Zeitpunkt Arbeitnehmerin der beklagten Partei, sondern bei einem Verein ***** beschäftigt gewesen sei. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19. 2. 2002 (ON 23) beantragte die klagende Partei - im Hinblick auf die nunmehr von der Verpflichteten erteilte Ermächtigung - eine amtliche Anfrage an die Wiener Gebietskrankenkasse hinsichtlich Beschäftiger und Beschäftigungszeiten der Verpflichteten. Die Parteienvertreter erklärten, "mit einem Schluss des Verfahrens gemäß § 193 Abs 3 ZPO unter der Bedingung einverstanden zu sein, dass ihnen nach Zustellung der Auskunft eine vierzehntägige Frist eingeräumt werde, in welcher sie bekanntgeben würden, ob sie auf die Erörterung dieser Auskunft verzichten oder nicht" (AS 70). Danach legten die Parteienvertreter Kostennoten und das Erstgericht verkündete nach Umfrage den Beschluss, dass das Verfahren gemäß § 193 Abs 3 ZPO zur Einholung einer Anfrage an die Wiener Gebietskrankenkasse bezüglich der Verpflichteten und Einräumung einer vierzehntägigen Frist an die beiden Parteien zur allfälligen Stellungnahme und Bekanntgabe, ob Erörterung verlangt werde oder nicht, geschlossen wird. Die Auskunft der Wiener Gebietskrankenkasse langte am 22. 3. 2002 beim Erstgericht ein. Kopien dieser Auskunft wurden beiden Streitteilen am 9. April 2002 zugestellt. Ohne die ab der Zustellung laufende vierzehntägige Äußerungsfrist abzuwarten, fällte das Erstgericht - auch unter Verwertung der vorgenannten Auskunft - ein Urteil, mit welchem es das Klagebegehren abwies. Dieses Urteil wurde den Streitteilen am 23. April 2002 zugestellt. Noch am 23. 4. 2002 (- entgegen dem Kanzleivermerk des Erstgerichtes ist das Aufgabedatum mit 23. 4. 2002 entzifferbar -), somit innerhalb der vierzehntägigen Frist, gab die klagende Partei einen Schriftsatz mit dem Antrag auf Erörterung der Auskunft zur Post.Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass die von der klagenden Partei in Anspruch genommene Verpflichtete zu keinem Zeitpunkt Arbeitnehmerin der beklagten Partei, sondern bei einem Verein ***** beschäftigt gewesen sei. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19. 2. 2002 (ON 23) beantragte die klagende Partei - im Hinblick auf die nunmehr von der Verpflichteten erteilte Ermächtigung - eine amtliche Anfrage an die Wiener Gebietskrankenkasse hinsichtlich Beschäftiger und Beschäftigungszeiten der Verpflichteten. Die Parteienvertreter erklärten, "mit einem Schluss des Verfahrens gemäß Paragraph 193, Absatz 3, ZPO unter der Bedingung einverstanden zu sein, dass ihnen nach Zustellung der Auskunft eine vierzehntägige Frist eingeräumt werde, in welcher sie bekanntgeben würden, ob sie auf die Erörterung dieser Auskunft verzichten oder nicht" (AS 70). Danach legten die Parteienvertreter Kostennoten und das Erstgericht verkündete nach Umfrage den Beschluss, dass das Verfahren gemäß Paragraph 193, Absatz 3, ZPO zur Einholung einer Anfrage an die Wiener Gebietskrankenkasse bezüglich der Verpflichteten und Einräumung einer vierzehntägigen Frist an die beiden Parteien zur allfälligen Stellungnahme und Bekanntgabe, ob Erörterung verlangt werde oder nicht, geschlossen wird. Die Auskunft der Wiener Gebietskrankenkasse langte am 22. 3. 2002 beim Erstgericht ein. Kopien dieser Auskunft wurden beiden Streitteilen am 9. April 2002 zugestellt. Ohne die ab der Zustellung laufende vierzehntägige Äußerungsfrist abzuwarten, fällte das Erstgericht - auch unter Verwertung der vorgenannten Auskunft - ein Urteil, mit welchem es das Klagebegehren abwies. Dieses Urteil wurde den Streitteilen am 23. April 2002 zugestellt. Noch am 23. 4. 2002 (- entgegen dem Kanzleivermerk des Erstgerichtes ist das Aufgabedatum mit 23. 4. 2002 entzifferbar -), somit innerhalb der vierzehntägigen Frist, gab die klagende Partei einen Schriftsatz mit dem Antrag auf Erörterung der Auskunft zur Post.

Das Erstgericht stellte im Wesentlichen fest, dass die verpflichtete Partei nie bei der beklagten Partei beschäftigt gewesen sei, sodass keine Beträge hätten überwiesen werden können. Durch rechtzeitige Information habe die beklagte Partei auch keinen Anlass zur Klageführung gegeben.

Das Berufungsgericht hob in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei das Ersturteil als nichtig auf und verwies die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass dem angefochtenen Urteil des Erstgerichtes Nichtigkeit anhafte, weil den Parteien die Möglichkeit genommen worden sei, sich zu der amtswegig eingeholten Urkunde der Wiener Gebietskrankenkasse zu äußern. Es komme nicht darauf an, wogegen sich allfällige Bedenken der Berufungswerberin richten könnten. Die Situation sei derjenigen vergleichbar, welche der Entscheidung 3 Ob 111/01x (= RdW 2002/288 ua) zugrunde gelegen sei. In dem dort beurteilten Fall habe das Erstgericht die Verhandlung nach § 193 Abs 3 ZPO geschlossen, nachdem es einem Sachverständigen, der schon ein schriftliches Gutachten erstattet habe, welches auch erörtert worden sei, nochmals aufgetragen hatte, ein ergänzendes schriftliches Gutachten zu erstellen und es sich die Parteien vorbehalten hatten, einen Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens zu stellen. Das Erstgericht habe jedoch das ergänzende Gutachten den Parteien weder vor der Zustellung des Urteils noch gemeinsam mit diesem zugestellt. Soweit der Oberste Gerichtshof dort unter Bezugnahme auf Art 6 Abs 1 MRK ausgesprochen habe, dass die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht nur dort gegeben sei, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich zum Verfahren zu äußern, überhaupt genommen werde, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt würden, zu denen sich die Beteiligten nicht hätten äußern können, sei dieser Umstand auch hier zu beachten und die mangelnde Urkundenerörterung als Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO zu beurteilen.Das Berufungsgericht hob in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei das Ersturteil als nichtig auf und verwies die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass dem angefochtenen Urteil des Erstgerichtes Nichtigkeit anhafte, weil den Parteien die Möglichkeit genommen worden sei, sich zu der amtswegig eingeholten Urkunde der Wiener Gebietskrankenkasse zu äußern. Es komme nicht darauf an, wogegen sich allfällige Bedenken der Berufungswerberin richten könnten. Die Situation sei derjenigen vergleichbar, welche der Entscheidung 3 Ob 111/01x (= RdW 2002/288 ua) zugrunde gelegen sei. In dem dort beurteilten Fall habe das Erstgericht die Verhandlung nach Paragraph 193, Absatz 3, ZPO geschlossen, nachdem es einem Sachverständigen, der schon ein schriftliches Gutachten erstattet habe, welches auch erörtert worden sei, nochmals aufgetragen hatte, ein ergänzendes schriftliches Gutachten zu erstellen und es sich die Parteien vorbehalten hatten, einen Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens zu stellen. Das Erstgericht habe jedoch das ergänzende Gutachten den Parteien weder vor der Zustellung des Urteils noch gemeinsam mit diesem zugestellt. Soweit der Oberste Gerichtshof dort unter Bezugnahme auf Artikel 6, Absatz eins, MRK ausgesprochen habe, dass die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht nur dort gegeben sei, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich zum Verfahren zu äußern, überhaupt genommen werde, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt würden, zu denen sich die Beteiligten nicht hätten äußern können, sei dieser Umstand auch hier zu beachten und die mangelnde Urkundenerörterung als Nichtigkeit im Sinn des Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO zu beurteilen.

Die Revision sei zulässig, weil es noch keine Judikatur zur vorliegenden Konstellation gebe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise, dem Berufungsgericht eine Entscheidung unter Abstandnahme vom herangezogenen Nichtigkeitsgrund aufzutragen bzw in der Sache selbst zu entscheiden.

Die klagende Partei beantragte, den Rekurs zurückzuweisen; hilfsweise, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Chancengleichheit und damit zu den Garantien des Art 6 Abs 1 MRK gehört die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Das rechtliche Gehör im Sinne dieser Bestimmung wird nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich im Verfahren zu äußern, überhaupt genommen wird, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrundegelegt werden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (stRSpr RIS-Justiz RS0005915). Das Gericht hat daher den Parteien Verfahrensvorgänge, die erkennbar für sie wesentliche Tatsachen betreffen, bekannt zu geben und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, dazu Stellung zu nehmen. Eine Beweisaufnahme ohne Zuziehung der Parteien führt zwar noch nicht zur Verletzung des rechtlichen Gehörs. In einem solchen Fall bedarf es allerdings der Möglichkeit, dass sich eine Partei zu den Tatsachen und Beweisergebnissen vor der Entscheidung äußern kann (RIS-Justiz RS0074920). Ausgehend von diesem Grundsatz sprach der Oberste Gerichtshof zu 3 Ob 111/01x aus, dass den Parteien durch die Verletzung der Bestimmung des § 360 Abs 2 ZPO die Möglichkeit genommen worden sei, zu dem schriftlich ergänzten Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen und dass darin - entgegen früherer, nicht mehr aufrecht erhaltener Rechtsprechung - der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs der Parteien gelegen sei. Die ältere Rechtsprechung ist insbesondere im Hinblick auf die angeführte jüngere, Art 6 Abs 1 MRK berücksichtigende Rechtsprechung überholt (vgl EGMR/MRK 2002/27 ua). Liegt aber Nichtigkeit vor, ist nicht zu prüfen, ob ernstliche Bedenken gegen das Gutachten bestehen, weil Nichtigkeitsgründe ohne Rücksicht auf ihre Auswirkung im Einzelfall auch von Amts wegen aufgegriffen werden müssen.Zur Chancengleichheit und damit zu den Garantien des Artikel 6, Absatz eins, MRK gehört die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Das rechtliche Gehör im Sinne dieser Bestimmung wird nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich im Verfahren zu äußern, überhaupt genommen wird, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrundegelegt werden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (stRSpr RIS-Justiz RS0005915). Das Gericht hat daher den Parteien Verfahrensvorgänge, die erkennbar für sie wesentliche Tatsachen betreffen, bekannt zu geben und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, dazu Stellung zu nehmen. Eine Beweisaufnahme ohne Zuziehung der Parteien führt zwar noch nicht zur Verletzung des rechtlichen Gehörs. In einem solchen Fall bedarf es allerdings der Möglichkeit, dass sich eine Partei zu den Tatsachen und Beweisergebnissen vor der Entscheidung äußern kann (RIS-Justiz RS0074920). Ausgehend von diesem Grundsatz sprach der Oberste Gerichtshof zu 3 Ob 111/01x aus, dass den Parteien durch die Verletzung der Bestimmung des Paragraph 360, Absatz 2, ZPO die Möglichkeit genommen worden sei, zu dem schriftlich ergänzten Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen und dass darin - entgegen früherer, nicht mehr aufrecht erhaltener Rechtsprechung - der Nichtigkeitsgrund des Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs der Parteien gelegen sei. Die ältere Rechtsprechung ist insbesondere im Hinblick auf die angeführte jüngere, Artikel 6, Absatz eins, MRK berücksichtigende Rechtsprechung überholt vergleiche EGMR/MRK 2002/27 ua). Liegt aber Nichtigkeit vor, ist nicht zu prüfen, ob ernstliche Bedenken gegen das Gutachten bestehen, weil Nichtigkeitsgründe ohne Rücksicht auf ihre Auswirkung im Einzelfall auch von Amts wegen aufgegriffen werden müssen.

Diese Erwägungen sind auch auf den gegenständlichen Fall anwendbar. Abgesehen von der schon erwähnten allgemeinen Verpflichtung des Gerichtes im Zivilverfahren, den Parteien unbekannte Beweisergebnisse vor der Entscheidung bekanntzugeben und ihnen überdies die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben (RIS-Justiz RS0005915; RS0074920), legt § 298 Abs 3 ZPO sogar ausdrücklich fest, dass der Gegner des Beweisführers zur Erklärung über die vorgelegte Urkunde aufzufordern ist. Wenngleich im vorliegenden Fall die klagende Partei Beweisführerin war, muss dieser Grundsatz bei der Beischaffung einer Urkunde durch das Gericht von dritter Seite beiden Streitteilen zugute kommen. Im vorliegenden Fall waren die Parteien, welche auf die Urkundenerörterung ausdrücklich nicht verzichtet hatten, in ihrem Recht, eine Erörterung vor der Entscheidung zu beantragen, beschnitten worden. Sie durften ja davon ausgehen, dass das Gericht nach Einlangen der amtswegig beigeschafften Urkunde diese den Parteien bekanntmachen und damit Gelegenheit geben werde, hiezu binnen der eingeräumten Frist von 14 Tagen Stellung zu nehmen. Anders als im Verfahren außer Streitsachen, wo durch § 10 AußStrG Neuerungen ermöglicht werden, stünde einem Nachtrag einer Stellungnahme im Rechtsmittelverfahren nach der ZPO wiederum das dort herrschende Neuerungsverbot entgegen.Diese Erwägungen sind auch auf den gegenständlichen Fall anwendbar. Abgesehen von der schon erwähnten allgemeinen Verpflichtung des Gerichtes im Zivilverfahren, den Parteien unbekannte Beweisergebnisse vor der Entscheidung bekanntzugeben und ihnen überdies die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben (RIS-Justiz RS0005915; RS0074920), legt Paragraph 298, Absatz 3, ZPO sogar ausdrücklich fest, dass der Gegner des Beweisführers zur Erklärung über die vorgelegte Urkunde aufzufordern ist. Wenngleich im vorliegenden Fall die klagende Partei Beweisführerin war, muss dieser Grundsatz bei der Beischaffung einer Urkunde durch das Gericht von dritter Seite beiden Streitteilen zugute kommen. Im vorliegenden Fall waren die Parteien, welche auf die Urkundenerörterung ausdrücklich nicht verzichtet hatten, in ihrem Recht, eine Erörterung vor der Entscheidung zu beantragen, beschnitten worden. Sie durften ja davon ausgehen, dass das Gericht nach Einlangen der amtswegig beigeschafften Urkunde diese den Parteien bekanntmachen und damit Gelegenheit geben werde, hiezu binnen der eingeräumten Frist von 14 Tagen Stellung zu nehmen. Anders als im Verfahren außer Streitsachen, wo durch Paragraph 10, AußStrG Neuerungen ermöglicht werden, stünde einem Nachtrag einer Stellungnahme im Rechtsmittelverfahren nach der ZPO wiederum das dort herrschende Neuerungsverbot entgegen.

Zusammenfassend stellt daher auch die Entziehung der Möglichkeit, zu einer den Parteien nicht bekannten, vom Gericht jedoch in seiner Entscheidung verwerteten Urkunde Stellung zu nehmen, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Art 6 Abs 1 EMRK dar, welche Nichtigkeit iSd § 477 Abs 1 Z 4 ZPO nach sich zieht.Zusammenfassend stellt daher auch die Entziehung der Möglichkeit, zu einer den Parteien nicht bekannten, vom Gericht jedoch in seiner Entscheidung verwerteten Urkunde Stellung zu nehmen, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Artikel 6, Absatz eins, EMRK dar, welche Nichtigkeit iSd Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO nach sich zieht.

Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, ob allfällige Einwände, insbesondere eine Beweisführung im Sinn des § 292 Abs 2 ZPO, Erfolgsaussichten gehabt hätten, weil die Nichtigkeitsgründe (hier: derjenige der Verletzung des rechtlichen Gehörs) ohne Rücksicht auf ihre Auswirkung im Einzelfall aufgegriffen werden müssen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, ob allfällige Einwände, insbesondere eine Beweisführung im Sinn des Paragraph 292, Absatz 2, ZPO, Erfolgsaussichten gehabt hätten, weil die Nichtigkeitsgründe (hier: derjenige der Verletzung des rechtlichen Gehörs) ohne Rücksicht auf ihre Auswirkung im Einzelfall aufgegriffen werden müssen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E67684 9ObA237.02x

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:009OBA00237.02X.1204.000

Dokumentnummer

JJT_20021204_OGH0002_009OBA00237_02X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten