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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/16/0046Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde 1. des JP und
2. der AP, beide in M und vertreten durch Mag. Alois Pirkner, Rechtsanwalt in 5580 Tamsweg, Kuenburgstraße 6, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 27. April 2006, zu 1. Zl. RV/0361-S/05, und zu 2. Zl. RV/0360- S/05, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführenden Parteien sind die gesetzlichen Erben ihres am 2. August 2004 verstorbenen Sohnes. Mit Bescheiden vom 20. Juli 2005 schrieb das Finanzamt Salzburg-Land sowohl dem Erstbeschwerdeführer als auch der Zweitbeschwerdeführerin ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von EUR 36.258,-- Erbschaftssteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG jeweils in der Höhe von EUR 3.807,09 vor.
In der gemeinsam eingebrachten Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien dagegen vor, bei einem Verkehrsunfall im November 1992 habe der Erblasser den PKW der Erben stark beschädigt und der eingetretene, vom Erblasser anerkannte Schaden von S 100.000,-- sei bei der Bemessungsgrundlage der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen. Weiters hätten auch die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden müssen. Ferner habe der Erblasser einen Traktor beschädigt und zugesichert, den Schaden von EUR 20.349,-- zu ersetzen. Darüber hinaus seien die Lebensversicherungsbeträge nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil es sich dabei teilweise um Ersparnisse und somit um endbesteuertes Vermögen handle.
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden vom 27. April 2006 gab die belangte Behörde den Berufungen der beschwerdeführenden Parteien teilweise Folge und setzte die Erbschaftssteuer jeweils mit EUR 3.744,30 fest. Nach der Begründung der angefochtenen Bescheide berücksichtigte die belangte Behörde bei der Bemessung der Erbschaftssteuer zwar die Kosten der Nachlassregelung, verwarf aber das übrige Berufungsbegehren.
Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Nichtbesteuerung der von den Lebensversicherungsanstalten ausbezahlten Beträge und auf Anwendung der Steuerbefreiung für den Vermögensrückfall im Zusammenhang mit zwei Schadenersatzforderungen gegen den Erblasser verletzt.
Mit Beschluss vom 25. Jänner 2007, A 2007/0008,0009-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof in den Beschwerdefällen gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 1 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "1. der Erwerb von Todes wegen," als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 7. März 2007, G 54/06-15 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 1 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955 betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
Die Beschwerdefälle bilden Anlassfälle für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Dadurch, dass die belangte Behörde die angefochtenen Abgabenbescheide auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diese mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007160045.X00Im RIS seit
17.05.2007