TE OGH 2002/12/5 2Ob37/02h

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Veröffentlicht am 05.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 11. März 1988 geborenen Markus P*****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, über den Revisionsrekurs des Vaters Ing. Alexander P*****, vertreten durch Dr. Günther Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. November 2001, GZ 45 R 656/01f-73, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 18. Oktober 2001, GZ 14 P 107/98p-69, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen den aufhebenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes richtet, zurückgewiesen. Im Übrigen - soweit er sich also gegen die Bestätigung der Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung und des Leistungsbefehles mit Ausnahme eines Betrages von 2.000 S richtet - wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in diesem Umfang aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Aufgrund des Scheidungsvergleiches vom 16. 4. 1999 ist der Vater des Pflegebefohlenen zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 7.500 S ab 1. 5. 1999 verpflichtet. Diesem Vergleich wurde ein Nettoeinkommen des Vaters von durchschnittlich 40.000 S pro Monat zugrundegelegt. Mit dem am 29. 6. 2001 beim Erstgericht zu Protokoll gegebenen Antrag wurde eine Unterhaltserhöhung auf 9.600 S pro Monat ab 1. 1. 2000 begehrt.

Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters in diesem Umfang und sprach aus, der Vater habe die bis zur Rechtskraft des Beschlusses fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen, die künftig werdenden Beträge jeweils am 1. eines jeden Monats im Vorhinein bei sonstiger Exekution zu entrichten. Das Erstgericht stellte fest, dass der Vater im Jahre 2000 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 51.809 S und im Jahre 2001 ein solches von monatlich 49.422 S, zuzüglich aliquoter Anteil der Sonderzahlungen, abzüglich Eigenvorsorgeprämie, Einmalprämie, IEP" erzielte; weitere Sorgepflichten treffen ihn nicht. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, der Minderjährige habe an sich einen Unterhaltsanspruch auf 20 % des monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens, dies ergebe für 2000 einen Anspruch auf monatlich 10.360 S und für 2001 einen solchen auf monatlich 9.900 S. Der Durchschnittsbedarf betrage monatlich 3.830 S. Dieser Betrag könne, wenn dies dem Vater aufgrund der Höhe seines Einkommens zumutbar sei, bis zum 2,5-fachen erhöht werden. Da mit dem von der Mutter geforderten Betrag die Höchstgrenze erreicht sei, könne dem Vater der geforderte Betrag zugemutet werden.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung zur Gänze und hinsichtlich des Leistungsbefehls mit Ausnahme eines Betrages von 2.000 S; im Leistungsbefehl über diesen Betrag wurde der Beschluss des Erstgerichtes aufgehoben und ihm in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses für zulässig. Das Rekursgericht führte aus, das Erstgericht habe zutreffend die Familienbeihilfe für den Minderjährigen nicht mindernd bei der Ausmessung der Unterhaltsverpflichtung berücksichtigt. Es habe sich auch im Wesentlichen am 2,5-fachen Regelbedarfssatz orientiert. Eine Neubemessung des Unterhaltes sei auch möglich, weil eine wesentlich erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters gegeben sei. Das Rekursgericht ließ gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Berücksichtigung der steuerlichen Belastung bei der Unterhaltsbemessung noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Diesen Beschluss ficht der Vater zur Gänze an und beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zu neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, die angefochtenen Beschlüsse dahin abzuändern, dass der Unterhaltserhöhungsantrag abgewiesen werde.

Der Pflegebefohlene hat sich zum Revisionsrekurs des Vaters geäußert und beantragt, diesem nicht Folge zu geben.

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den aufhebenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes richtet, ist er gemäß § 14b Abs 1 AußStrG unzulässig, weil das Rekursgericht nicht ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof insoweit zulässig sei. Im Übrigen ist der Revisionsrekurs aber zulässig und im Sinne seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den aufhebenden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes richtet, ist er gemäß Paragraph 14 b, Absatz eins, AußStrG unzulässig, weil das Rekursgericht nicht ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof insoweit zulässig sei. Im Übrigen ist der Revisionsrekurs aber zulässig und im Sinne seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Der Vater macht in seinem Rechtsmittel geltend, die Familienbeihilfe müsse bei der Berechnung des Unterhaltsanspruches angerechnet werden. Weiters hätten die Vorinstanzen ohne jede Begründung den Unterhalt mit einem Betrag bemessen, der deutlich über der sogenannten Luxusgrenze (dem 2,5-fachen Regelbedarf) liege. Schließlich reiche das Verstreichen von sieben Monaten für eine Neubemessung nicht aus.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Zur Frage der Neubemessung nach sieben Monaten, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände auch bei rechtskräftig entschiedenen oder verglichenen Unterhaltsansprüchen eine Neufestsetzung des gesetzlichen Unterhaltes im Wege einer Änderung der bestehenden Entscheidung bzw des gerichtlichen Vergleiches erlaubt (Schwimann, Unterhaltsrecht2, 73 f mwN). Vorliegendenfalls lag dem Vergleich ein Durchschnittsnettoeinkommen von 40.000 S zugrunde, nunmehr erzielt der Vater aber ein solches von 51.809 S bzw 49.422 S. Darin liegt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die auch eine Neufestsetzung des Unterhaltes rechtfertigt (vgl EFSlg 92.768). Mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach Aufhebung der im § 12a FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02) zu erfolgen hat, hat sich der Oberste Gerichtshof nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d ua). Auf eine einfache Formel gebracht lässt sich diese Berechnung wie folgt darstellen:Zur Frage der Neubemessung nach sieben Monaten, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände auch bei rechtskräftig entschiedenen oder verglichenen Unterhaltsansprüchen eine Neufestsetzung des gesetzlichen Unterhaltes im Wege einer Änderung der bestehenden Entscheidung bzw des gerichtlichen Vergleiches erlaubt (Schwimann, Unterhaltsrecht2, 73 f mwN). Vorliegendenfalls lag dem Vergleich ein Durchschnittsnettoeinkommen von 40.000 S zugrunde, nunmehr erzielt der Vater aber ein solches von 51.809 S bzw 49.422 S. Darin liegt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die auch eine Neufestsetzung des Unterhaltes rechtfertigt vergleiche EFSlg 92.768). Mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach Aufhebung der im Paragraph 12 a, FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02) zu erfolgen hat, hat sich der Oberste Gerichtshof nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d ua). Auf eine einfache Formel gebracht lässt sich diese Berechnung wie folgt darstellen:

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (es macht dabei keinen Unterschied, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird). Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jeweils um etwa 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem solchen von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d).

Im vorliegenden Fall erzielte der Vater ein monatliches Nettoeinkommen von 51.809 S bzw 49.422 S; sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14.) Gehalt (siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 1289 [1294]) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn aaO, 1294), muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächst niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (4 Ob 46/02x).Im vorliegenden Fall erzielte der Vater ein monatliches Nettoeinkommen von 51.809 S bzw 49.422 S; sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14.) Gehalt (siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 1289 [1294]) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn aaO, 1294), muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächst niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (4 Ob 46/02x).

Zu beachten ist im vorliegenden Fall, dass der Vater ein überdurchschnittlich hohes Einkommen erzielt. In einem solchen Fall ist zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung eine Angemessenheitsgrenze als Unterhaltsstopp zu setzen (Schwimann, Unterhaltsrecht2, 32; Gitschthaler, Unterhaltsrecht, Rz 252 ff; RIS-Justiz RS0047447). Diese "Luxusgrenze" wird im Allgemeinen im Bereich des 2 bis 2,5-fachen des Regelbedarfs liegend angenommen, dies stellt aber keine absolute Obergrenze dar. Im vorliegenden Fall wurde dieser Unterhaltsstopp von den Vorinstanzen grundsätzlich beachtet. Die gebotene Anrechnung der Transferleistungen muss auch jenen Unterhaltspflichtigen zugute kommen, deren Leistungsfähigkeit zufolge der Luxusgrenze nicht ganz ausgeschöpft wird. Der Geldunterhaltspflichtige hat auch in diesem Fall Anspruch darauf, durch entsprechende Berücksichtigung der Transferzahlungen steuerlich entlastet zu werden (4 Ob 52/02d).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat auch im vorliegenden Fall die Festsetzung des Unterhalts im Wege einer (teilweisen) Anrechnung der Familienbeihilfe zu erfolgen. In welchem Ausmaße dies zu geschehen hat, kann aber aufgrund der Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, weil lediglich das monatliche Nettoeinkommen festgestellt wurde. Nur in den Fällen, in denen schon aufgrund der bekannten Höhe des Nettoeinkommens die Höhe des Grenzsteuersatzes des Unterhaltspflichtigen und der Umstand, dass der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet, evident sind, kann eine ausdrückliche Feststellung betreffend die Tatsache des anzuwendenden Grenzsteuersatzes entbehrlich sein; ansonsten ist es dem Obersten Gerichtshof aber verwehrt, diesen Umstand zu erforschen und dementsprechende Feststellungen zu treffen. Dies ist dem Erstgericht aufzutragen. Dieses wird das Verfahren durch Feststellung des Jahresbruttoeinkommens des Vaters ohne 13. und 14. Gehalt zu ergänzen haben, um die notwendige steuerliche Entlastung nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen berechnen zu können. Dem Revisionsrekurs war daher insoweit Folge zu geben.

Anmerkung

E67733 2Ob37.02h-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00037.02H.1205.000

Dokumentnummer

JJT_20021205_OGH0002_0020OB00037_02H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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