TE OGH 2002/12/5 2Ob201/02a

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Veröffentlicht am 05.12.2002
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 4. Dezember 1992 geborenen mj Andreas D*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Kornelius B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Februar 2002, GZ 45 R 83/02t-138, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 10. Jänner 2002, GZ 7 C 1727/95w-130, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der Vater des minderjährigen Andreas ist aufgrund des Beschlusses vom 17. 1. 2000 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 6.500 S ab 1. 9. 1999 verpflichtet.

Mit dem am 20. 8. 2001 beim Erstgericht eingelangten Antrag beantragte er, seine Unterhaltsverpflichtung neu zu berechnen; gemäß der neuen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Familienbesteuerung müssten 50 % der Unterhaltspflichten von der Einkommenssteuer freigestellt werden.

Das Erstgericht wies den Unterhaltsherabsetzungsantrag ab und stellte fest, das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters habe im Jahr 2000 S 41.863,07 betragen. Der Minderjährige habe einen Anspruch auf 18 % des Durchschnittsnettoeinkommens. Das bedeute, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vaters aufgrund der Prozentkomponente noch nicht ausgeschöpft sei. Schon allein deswegen seien die Voraussetzungen für eine Kürzung der Unterhaltspflicht wegen teilweiser Anrechnung von Transferleistungen nicht gegeben. Im Übrigen könne die Familienbeihilfe den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht mindern.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Auch das Rekursgericht vertrat die Ansicht, der allenfalls erforderliche Ausgleich zwischen den Eltern hinsichtlich der ihnen gewährten Familienförderung könne nicht im Wege der Unterhaltsbemessung erfolgen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil zur Berücksichtigung der steuerlichen Belastung bei der Unterhaltsbemessung noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die steuerliche Belastung bei der Unterhaltsbemessung und auch sein stark vermindertes Durchschnittseinkommen zu berücksichtigen.

Der Pflegebefohlene hat zum Revisionsrekurs Stellungnahme erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Vaters nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Was die Frage des verminderten Einkommens des Vaters betrifft, so ist diese Gegenstand seines Herabsetzungsantrages über den noch nicht entschieden wurde.

Im Übrigen hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach der Aufhebung der in § 12a FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02) zu erfolgen hat, nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d ua).Im Übrigen hat sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach der Aufhebung der in Paragraph 12 a, FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02) zu erfolgen hat, nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d ua).

Auf eine einfache Formel gebracht lässt sich diese Berechnung wie folgt darstellen:

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (es macht dabei keinen Unterschied, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird).

Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jeweils um ca 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem solchen von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d).

Im vorliegenden Fall erzielte der Vater ein Nettoeinkommen von S 41.863,07, sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14. Gehalt; siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 1289 [1294]) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn, aaO, 1294), muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächste niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (4 Ob 46/02x).Im vorliegenden Fall erzielte der Vater ein Nettoeinkommen von S 41.863,07, sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14. Gehalt; siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 1289 [1294]) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn, aaO, 1294), muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächste niedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (4 Ob 46/02x).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Festsetzung des Unterhaltes im Wege einer (teilweisen) Anrechnung der Familienbeihilfe zu erfolgen. In welchem Ausmaß dies zu geschehen hat, kann aufgrund der Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, weil lediglich das monatliche Nettoeinkommen festgestellt wurde. Nur in den Fällen, in denen schon aufgrund der bekannten Höhe des Nettoeinkommens die Höhe des Grenzsteuersatzes des Unterhaltspflichtigen und der Umstand, dass der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet, evident sind, kann eine ausdrückliche Feststellung betreffend die Tatsache des anzuwendenden Grenzsteuersatzes entbehrlich sein; ansonsten ist es dem Obersten Gerichtshof aber verwehrt, diesen Umstand zu erforschen und dementsprechende Feststellungen zu treffen. Dies ist dem Erstgericht aufzutragen. Dieses wird das Verfahren durch Feststellung des Jahresbruttoeinkommens des Vaters ohne 13. und 14. Gehalt zu ergänzen haben. Erst dann wird die Beurteilung der Frage, ob die notwendige steuerliche Entlastung unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Prozentkomponente nicht voll ausgeschöpft wurde, zu einer Herabsetzung des Unterhaltes führt, möglich sein.

Textnummer

E67728

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00201.02A.1205.000

Im RIS seit

04.01.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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