TE OGH 2002/12/5 2Ob249/02k

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Veröffentlicht am 05.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann M*****, vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Erhard Mack, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen EUR 53.534,14 sA, Rentenzahlung und Feststellung über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. Juli 2002, GZ 4 R 169/02f-84, womit das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Handelsgericht vom 26. März 2001, GZ 4 Cg 88/00g-79, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

1.) Hinsichtlich der Begehren auf Zahlung von Schmerzengeld und Ersatz unfallskausaler Aufwendungen sowie hinsichtlich des Feststellungsbegehrens wird das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es als Teilurteil zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 20.253,50 samt 4 % Zinsen aus EUR 7.345,66 vom 3. 6. 2000 bis 25. 10. 2000, aus EUR 7.499,42 vom 26. 10. 2000 bis 24. 1. 2001, aus EUR 12.404,84 vom 25. 1. 2001 bis 19. 9. 2001 und aus EUR 20.253,50 seit 20. 9. 2001 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Festgestellt wird, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für sämtliche künftigen Schäden, die dieser aus dem Vorfall vom 22. 3. 2000 noch entstehen, zu 75 % haftet.

Das Zahlungsmehrbegehren von EUR 6.751,17 sA sowie das Feststellungsmehrbegehren (weitere 25 %) werden abgewiesen.

Die diesbezügliche Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

2.) Im Übrigen, dh hinsichtlich der Begehren auf Ersatz von Verdienstentgang und auf Rentenzahlung werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die diesbezüglichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erwarb am 19. 11. 1999 in Gerasdorf eine von der Beklagten hergestellte ausziehbare Aluminiumleiter. Am 22. 3. 2000 kam der Kläger auf dieser Leiter, die unter ihm zusammenbrach, zu Sturz, durch den er schwer verletzt wurde.

Der Kläger begehrt die Zahlung von EUR 53.534,14 sA als Schmerzengeld, Ersatz des Aufwandes für Therapien und Fahrten sowie Verdienstentgang, weiters eine monatliche Rente von EUR 1.000,-- ab 1. 4. 2002 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Unfallsfolgen. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, die Leiter sei fehlerhaft und nicht dem technischen Standard entsprechend produziert worden. Ebenso sei die beigelegte Bedienungsanleitung unzureichend und erwähne nicht die bei unsachgemäßer Verwendung möglichen Gefahren für ihn als Konsumenten.

Die Beklagte wendete dagegen im Wesentlichen ein, ihr Produkt sei dem Stand der Wissenschaft und Technik sowie den einschlägigen Vorschriften entsprechend angefertigt worden. Bei sachgerechter Verwendung sei der Eintritt von Schäden nicht erklärbar. Zu Letzteren sei es nur gekommen, weil der Kläger die in der Bedienungsanleitung enthaltene Warnung nicht beachtet und die Leiter mit nicht vollständig gespannten Haltegurten aufgestellt und verwendet habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging hiebei im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Es handelt sich um eine kombinierbare Steh- und Schiebeleiter mit zwei Perlongurten zur Spreizsicherung. Die Perlongurten sind mit je einer Blindniete an der Leiter befestigt, Durchmesser ca 5 mm, Wandstärke ca 1 mm. Der Perlongurt ist ca 17 mm breit, 1 mm dick und einmal umgeschlagen, jeweils an der Außenkante der Sprossen montiert.

Der Kläger verwendete diese Leiter am 22. 3. 2000, um beim Fenster seines Hauses eine Abdeckung zu entfernen. Der Kläger wog zu diesem Zeitpunkt ca 100 kg. Er stellte die Leiter parallel zur Hauswand auf, achtete aber nicht darauf, dass die zur Spreizsicherung vorhandenen Perlongurten vollständig gespannt waren. Während der Kläger auf der Leiter arbeitete, rutschte die Leiter auseinander, sodass es zu einer plötzlichen dynamischen Belastung der Gurte kam. Die Leiter brach zusammen, weil sie sich spreizte, also die Unterteile auseinander rutschten. Die beiden oberen Bügel des Unterteiles wurden dadurch zur Seite gedrückt und aus der Verankerung gerissen. Deren Bruch war Wirkung des primären Versagens und war nicht auslösend. In der weiteren Folge schlug der Oberteil auf dem Boden auf, sodass ein Holm knickte. Die Leiter brach deswegen zusammen, weil beide Gurten an der höher liegenden Sprosse ausrissen. Beide Nieten rissen ab. Konstruktiv sind die beiden Gurten und damit die belasteten Nieten parallel geschaltet. Allerdings erfolgt die Belastung naturgemäß nicht völlig gleich. Schon eine geringe Bodenunebenheit und auch produktionsbedingte geringfügige Unterschiede der beiden Seiten bewirken, dass im Versagensfall zunächst eine Seite reißt und danach notwendigerweise die zweite (Zippverschlusseffekt). Die Leiterkonstruktion selbst ist durchaus herkömmlich und daher konstruktiv unbedenklich. Allerdings gilt dies nur für eine ordnungsgemäße Verwendung, das heißt bei Aufstellen müssen beide Gurtenbänder gut gespannt sein. Die sonst möglicherweise auftretenden dynamischen Effekte des Auseinanderrutschens mit dem nachfolgenden Ausreißen der Gurtenbänder sind bei diesem Modell nicht optimal gelöst. Die Konstruktion der Sicherung (Perlongurte) stellt eine Minimalkonstruktion dar. Vergleichbare Produkte am Markt tragen diesen Umständen Rechnung und haben neben den Gurten, die vor allem die richtige Aufstellung gewährleisten sollen und nicht primär die Aufgabe der Sicherung erfüllen müssen, Metallschienen, die man einhängen kann und die nach der Aufstellung der Leiter die Sicherung gegen Versagen durch Spreizung übernehmen. Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens war nach dem Stand der Wissenschaft und Technik bekannt, dass eine dynamische Belastung eine wesentliche ungünstigere Belastung der Gurtenbänder darstellt als eine solche, bei der die Bänder von vornherein optimal gespannt sind. Die Nieten sind in der gegebenen Konstruktion der Festigkeit der Gurtenverbindung angepasst und in diesem Sinn nicht unterdimensioniert. Sie zeigten keine Auffälligkeiten. Das Versagen erfolgte durch Duktilbruch. Der Leiter war eine Bedienungsanleitung in Form von Piktogrammen beigefügt (siehe Beilage).

Der Kläger erlitt durch den Sturz eine Augenhöhlenfraktur links, einen Oberkieferbruch links, einen Nasenbeinbruch, einen Speichenbruch am knöchelfernen Ende mit Teilverrenkung im Bereich der körperfernen Handwurzelreihe, einen Wadenbeinbruch unterhalb des Wadenbeinköpfchens, eine perforierte Rissquetschwunde im Bereich der Unterlippe, eine Brustkorbprellung, eine Brustbeinprellung sowie eine Hautschürfung über dem rechten Unterschenkel. Unter Berücksichtigung aller Unbillen auch über zwei Jahre nach dem gegenständlichen Unfall ist gerafft und komprimiert bezogen auf den 24 Stundentag eine Gesamtschmerzperiode von 12 Tagen durchgehend starken, 28 Tage mittelstarken, davon 3 Tage durchgehend und 25 Tage gerafft und komprimiert bezogen auf den 24 Stundentag, und 24 Tage (richtig: 124 Tage; AS 301) leichten Schmerzen anzunehmen. Unfallkausale Folgebehandlungen können nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, insbesondere athroskopische Folgeoperationen am rechten Kniegelenk und physikalische Behandlungen sowie medikamentös analgetische Behandlungen.

Außer Streit gestellt wurden unfallkausale Aufwendungen des Kläger in Höhe von S 27.592,40.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Fehler eines Produktes könne auch in seiner Darbietung liegen, worunter die Art und Weise der Präsentation in der Öffentlichkeit zu verstehen sei. Zu den Instruktionspflichten des Herstellers gehöre es, einen Benutzer auf gefährliche Eigenschaften des Produktes hinzuweisen und unter Umständen vor widmungswidrigem Gebrauch zu warnen. Allerdings müsse der Gegenstand allgemeiner Erfahrungen nicht zusätzlich zum Inhalt einer Warnung gemacht werden. Entscheidend für deren Erfordernis seien die berechtigten Sicherheitserwartungen eines durchschnittlichen Produktbenützers. Im Hinblick auf die, wenn auch ohne Darstellung der Folgen, abgegebene Warnung vor einer nicht vollständigen Spannung der Sicherungsgurten sei von einem verständigen Konsumenten die Einhaltung dieser Sorgfalt zu fordern. Dies gelte umso mehr im Hinblick auf das hohe Gewicht des Klägers, der eine Leiter mit einer Maximalbelastung von 150 kg verwendet habe. Auch sei das Arbeiten auf Leitern allgemein als gefährliche Tätigkeit bekannt. Aus dem Drohen ruckartiger Bewegungen müsse ein Konsument daher mit einem Versagen der plötzlich stark angespannten Sicherungsgurten und deshalb auch mit einem Auseinanderrutschen der Leiter rechnen. Es liege somit bloß die unsachgemäße Verwendung eines nicht gefährlichen und ordnungsgemäß beschriebenen Produktes vor, sodass die Grundlagen für eine Haftung der Beklagten fehlten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte unter anderem folgendes aus:

Nach § 5 Abs 1 PHG sei ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit biete, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts der Darbietung des Produktes, des Gebrauches des Produktes, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunktes, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist. Ein Produkt könne jedoch gemäß § 5 Abs 2 PHG nicht allein deshalb als fehlerhaft angesehen werden, weil später verbesserte Produkte vertrieben wurden.Nach Paragraph 5, Absatz eins, PHG sei ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit biete, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts der Darbietung des Produktes, des Gebrauches des Produktes, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, sowie des Zeitpunktes, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist. Ein Produkt könne jedoch gemäß Paragraph 5, Absatz 2, PHG nicht allein deshalb als fehlerhaft angesehen werden, weil später verbesserte Produkte vertrieben wurden.

Der Begriff des Fehlers sei im PHG von zentraler Bedeutung, weil jede Ersatzpflicht ein fehlerhaftes Produkt voraussetze. Das Kernstück des PHG bilde daher die dargestellte Fehlerdefinition, die sich nahezu wörtlich an Art 6 der EG-Richtlinie anlehne. Das schutzauslösende Moment sei das sowohl den Körper- als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend hiefür seien die an einem verkehrstypischen Produktbenützer zu konkretisierenden berechtigten Sicherheitserwartungen, also ein objektiver Maßstab, dessen Anforderungen nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen seien. Demnach sei, neben den in § 5 Abs 1 PHG angeführten Kriterien, auch die Preisgestaltung ein für berechtigte Sicherheitserwartungen des Konsumenten bestimmender Faktor. Dies gelte vor allem für ansonsten vergleichbare Waren einer bestimmten Produktkategorie. Hiebei dürfe nämlich ein durchschnittlicher Verbraucher von einem teureren Produkt mehr an Sicherheit erwarten als von einem billigen Erzeugnis, wenn auch bei diesem ein Mindestsicherheitsstandard nicht unterschritten werden dürfe. Ein Produkt müsse gewöhnliche und übliche Beanspruchungen im Rahmen eines bestimmungsgemäßen Gebrauches aushalten. Ein gewisses Mindestmaß an Qualität dürfe nämlich auch bei Billigprodukten nicht unterschritten werden, sodass jedenfalls im Umfang eines Minderheitssicherheitsstandards die Gewährleistung der Betriebssicherheit im Rahmen eines gewöhnlichen Gebrauches zu fordern sei. Nach den den Ausführungen des Sachverständigen folgenden Feststellungen des Erstgerichtes sei dieser Mindeststandard jedenfalls eingehalten worden. So sei eine einwandfreie, bei bestimmungsgemäßer Verwendung ausreichende Konstruktion vorgelegen, sodass bei einem im unteren Qualitätsbereich angesiedelten Billigprodukt noch nicht von einer Fehlerhaftigkeit gesprochen werden könne. Das bloße Fehlen einer an sich möglichen besseren oder sichereren Ausführung - etwa durch Querverstrebungen aus Metall - reiche hiefür nämlich noch nicht aus. Die berechtigten Sicherheitserwartungen eines Käufers seien eben auch an der Stufe der gewählten, im Kaufpreis ihren Ausdruck findenden Produktqualität zu messen.Der Begriff des Fehlers sei im PHG von zentraler Bedeutung, weil jede Ersatzpflicht ein fehlerhaftes Produkt voraussetze. Das Kernstück des PHG bilde daher die dargestellte Fehlerdefinition, die sich nahezu wörtlich an Artikel 6, der EG-Richtlinie anlehne. Das schutzauslösende Moment sei das sowohl den Körper- als auch den Sachschaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Ausschlaggebend hiefür seien die an einem verkehrstypischen Produktbenützer zu konkretisierenden berechtigten Sicherheitserwartungen, also ein objektiver Maßstab, dessen Anforderungen nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen seien. Demnach sei, neben den in Paragraph 5, Absatz eins, PHG angeführten Kriterien, auch die Preisgestaltung ein für berechtigte Sicherheitserwartungen des Konsumenten bestimmender Faktor. Dies gelte vor allem für ansonsten vergleichbare Waren einer bestimmten Produktkategorie. Hiebei dürfe nämlich ein durchschnittlicher Verbraucher von einem teureren Produkt mehr an Sicherheit erwarten als von einem billigen Erzeugnis, wenn auch bei diesem ein Mindestsicherheitsstandard nicht unterschritten werden dürfe. Ein Produkt müsse gewöhnliche und übliche Beanspruchungen im Rahmen eines bestimmungsgemäßen Gebrauches aushalten. Ein gewisses Mindestmaß an Qualität dürfe nämlich auch bei Billigprodukten nicht unterschritten werden, sodass jedenfalls im Umfang eines Minderheitssicherheitsstandards die Gewährleistung der Betriebssicherheit im Rahmen eines gewöhnlichen Gebrauches zu fordern sei. Nach den den Ausführungen des Sachverständigen folgenden Feststellungen des Erstgerichtes sei dieser Mindeststandard jedenfalls eingehalten worden. So sei eine einwandfreie, bei bestimmungsgemäßer Verwendung ausreichende Konstruktion vorgelegen, sodass bei einem im unteren Qualitätsbereich angesiedelten Billigprodukt noch nicht von einer Fehlerhaftigkeit gesprochen werden könne. Das bloße Fehlen einer an sich möglichen besseren oder sichereren Ausführung - etwa durch Querverstrebungen aus Metall - reiche hiefür nämlich noch nicht aus. Die berechtigten Sicherheitserwartungen eines Käufers seien eben auch an der Stufe der gewählten, im Kaufpreis ihren Ausdruck findenden Produktqualität zu messen.

Die Fehlerhaftigkeit eines Produktes im Sinne des § 5 Abs 1 PHG könne auch durch Mängel seiner Darbietung begründet werden. Auch bei einem an sich fehlerfreien Produkt, dessen Verwendung unter bestimmten Umständen zu Schädigungen führen könne, bestehe die Nebenverpflichtung zur entsprechenden Anleitung und Aufklärung. Diese könne im Rahmen der gesamten Art und Weise der Darbietung des Produktes erfolgen. Sie müsse nicht außergewöhnlich umfangreich sein, vielmehr reichten Beipackzettel oder die von der Beklagten verwendeten Piktogramme aus. Zu den Instruktionspflichten auch eines Herstellers gehöre es, den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produktes hinzuweisen, ja ihn unter Umständen selbst vor einem widmungswidrigen Gebrauch zu warnen. Dem Inhalt nach müssten solche Warnhinweise bloß klar und allgemein verständlich gehalten sein. Das spezielle Risiko sei in seiner ganzen Tragweite eindrucksvoll darzulegen. Grundsätzlich müsse die Instruktion somit geeignet sein, das Risiko einer Rechtsgutverletzung zu beseitigen. Für die Verpflichtung vor Folgen zu warnen sei entscheidend, ob ein Schutzbedürfnis des Verbrauchers vorliege. Ein solches sei nur dann gegeben, wenn der Hersteller damit rechnen müsse, dass sein Produkt in die Hände von Personen gerät, die mit den Produktgefahren nicht vertraut sind. Was im Bereich allgemeiner Erfahrung der in Betracht kommenden Abnehmer und Benützer liege, brauche nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht zu werden. Entscheidend seien somit die berechtigten Sicherheitserwartungen eines idealtypischen durchschnittlichen Produktbenützers.Die Fehlerhaftigkeit eines Produktes im Sinne des Paragraph 5, Absatz eins, PHG könne auch durch Mängel seiner Darbietung begründet werden. Auch bei einem an sich fehlerfreien Produkt, dessen Verwendung unter bestimmten Umständen zu Schädigungen führen könne, bestehe die Nebenverpflichtung zur entsprechenden Anleitung und Aufklärung. Diese könne im Rahmen der gesamten Art und Weise der Darbietung des Produktes erfolgen. Sie müsse nicht außergewöhnlich umfangreich sein, vielmehr reichten Beipackzettel oder die von der Beklagten verwendeten Piktogramme aus. Zu den Instruktionspflichten auch eines Herstellers gehöre es, den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produktes hinzuweisen, ja ihn unter Umständen selbst vor einem widmungswidrigen Gebrauch zu warnen. Dem Inhalt nach müssten solche Warnhinweise bloß klar und allgemein verständlich gehalten sein. Das spezielle Risiko sei in seiner ganzen Tragweite eindrucksvoll darzulegen. Grundsätzlich müsse die Instruktion somit geeignet sein, das Risiko einer Rechtsgutverletzung zu beseitigen. Für die Verpflichtung vor Folgen zu warnen sei entscheidend, ob ein Schutzbedürfnis des Verbrauchers vorliege. Ein solches sei nur dann gegeben, wenn der Hersteller damit rechnen müsse, dass sein Produkt in die Hände von Personen gerät, die mit den Produktgefahren nicht vertraut sind. Was im Bereich allgemeiner Erfahrung der in Betracht kommenden Abnehmer und Benützer liege, brauche nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht zu werden. Entscheidend seien somit die berechtigten Sicherheitserwartungen eines idealtypischen durchschnittlichen Produktbenützers.

Der Kläger habe hier eine zureichende Bedienungsanleitung erhalten, die ausreichend deutlich und bestimmt erfolgt sei und auch einen Gefahrenhinweis mit einer Warnung vor widmungswidrigem Gebrauch enthalten habe. Das Aufzeigen aller möglichen Einzelheiten bloß denkbarer Gefahrensituationen sei gerade bei einem Standardprodukt nicht zu fordern. Das Erfordernis einer ausreichenden Spannung der die Stehleiter sichernden Spanngurte sei in der Betriebsanleitung jedoch deutlich hervorgehoben worden. Ein grundlegender Konstruktions- oder Produktionsfehler der Leiter sei nach den Feststellungen nicht vorgelegen. Ebensowenig sei es zu einem billigerweise vorhersehbaren untypischen Gebrauch der Leiter gekommen. Vielmehr sei der Unfall gerade bei ihrer widmungsgemäßen Benützung erfolgt. Die vom Berufungswerber geforderten weitergehenden Belehrungen würden die schon in der Vorbereitungsphase des Gesetzes geäußerten Befürchtungen bestätigen, man werde wegen der Unbestimmtheit der aus der EG-Produkthaftungsrichtlinie übernommenen Fehlerdefinition mit zahlreichen Klagen unvorsichtiger Konsumenten rechnen müssen, die ihre eigenen, für die Schadensentstehung kausalen Fehlhandlungen im Umgang mit einem Produkt mit der Behauptung seiner Fehlerhaftigkeit zu immunisieren versuchten.

Das Erstgericht habe somit die Voraussetzungen einer Produkthaftung zutreffend verneint.

Die ordentliche Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil das Berufungsgericht, soweit die Bedeutung des Einzelfalles übersteigende erhebliche Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, im Einklang mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes entschieden habe.Die ordentliche Revision sei gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig, weil das Berufungsgericht, soweit die Bedeutung des Einzelfalles übersteigende erhebliche Rechtsfragen zu lösen gewesen seien, im Einklang mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes entschieden habe.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer ihr frei gestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben; hilfsweise wird ebenfalls ein Aufhebungsantrag gestellt.

Aktenwidrig ist die in der Revisionsbeantwortung enthaltene Behauptung, das Berufungsgericht habe sich mit der in der Berufungsbeantwortung enthaltenen Beweisrüge nicht auseinandergesetzt; diese Auseinandersetzung findet sich vielmehr auf S 10 der Berufungsentscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zwar zutreffend wiedergegeben, im Ergebnis aber unrichtig angewendet hat. Sie ist teilweise auch berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht zusammengefasst geltend, es liege ein Konstruktions- und ein Instruktionsfehler vor.

Hiezu wurde erwogen:

Bei den Produktfehlern ist nach der Rechtsprechung zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden. Beim Konstruktionsfehler ist die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept begründet. Beim Instruktionsfehler macht nur die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft (RIS-Justiz RS0107606).

Im vorliegenden Fall mag es sein, dass ein Konstruktionsfehler zu verneinen ist, weil die Leiterkonstruktion durchaus herkömmlich und konstruktiv unbedenklich ist und weil eine über eine Minimalkonstruktion (Perlongurte) hinausgehende, technisch allerdings mögliche Sicherung (Metallschienen) bei einem Billigprodukt (vgl 6 Ob 157/98a = ecolex 1998, 914) nicht erwartet werden kann. Zur Preisgestaltung bei vergleichbaren Produkten wurden freilich keine Feststellungen getroffen (hier betrug der Kaufpreis laut Beilage E S 1.190,--).Im vorliegenden Fall mag es sein, dass ein Konstruktionsfehler zu verneinen ist, weil die Leiterkonstruktion durchaus herkömmlich und konstruktiv unbedenklich ist und weil eine über eine Minimalkonstruktion (Perlongurte) hinausgehende, technisch allerdings mögliche Sicherung (Metallschienen) bei einem Billigprodukt vergleiche 6 Ob 157/98a = ecolex 1998, 914) nicht erwartet werden kann. Zur Preisgestaltung bei vergleichbaren Produkten wurden freilich keine Feststellungen getroffen (hier betrug der Kaufpreis laut Beilage E S 1.190,--).

Konnte der Kläger aber schon keine bessere Konstruktion erwarten, so hätte er zumindest vor der bekannten Gefahr aus der dynamischen Belastung bei nicht optimaler Spannung der Gurtenbänder, wie sie vom Produzenten vorhersehbar bei der Produktbenützung durchaus gelegentlich vorkommen kann (vgl RIS-Justiz RS0107610), ausreichend gewarnt werden müssen. Das der Leiter beigefügte Piktogramm (in der Beilage rechts oben) reichte hier aber keinesfalls aus, das spezielle Risiko in seiner ganzen Tragweite möglichst eindrucksvoll zu schildern (RIS-Justiz RS0071554). Der durchschnittliche Produktbenützer (RIS-Justiz RS0071543) hat vielmehr beim Betrachten des Piktogrammes den Eindruck, dass er eher vor einer möglichen Instabilität der Leiter als vor einem Abreißen der Nieten und einem Zusammenbrechen der Leiter bei nicht ausreichender Spannung der Gurtenbänder gewarnt wird. Angesichts der im Piktogramm mit 150 kg angegebenen maximalen Gewichtsbelastung musste der Kläger auch wegen seines Körpergewichtes von 100 kg keine Bedenken haben.Konnte der Kläger aber schon keine bessere Konstruktion erwarten, so hätte er zumindest vor der bekannten Gefahr aus der dynamischen Belastung bei nicht optimaler Spannung der Gurtenbänder, wie sie vom Produzenten vorhersehbar bei der Produktbenützung durchaus gelegentlich vorkommen kann vergleiche RIS-Justiz RS0107610), ausreichend gewarnt werden müssen. Das der Leiter beigefügte Piktogramm (in der Beilage rechts oben) reichte hier aber keinesfalls aus, das spezielle Risiko in seiner ganzen Tragweite möglichst eindrucksvoll zu schildern (RIS-Justiz RS0071554). Der durchschnittliche Produktbenützer (RIS-Justiz RS0071543) hat vielmehr beim Betrachten des Piktogrammes den Eindruck, dass er eher vor einer möglichen Instabilität der Leiter als vor einem Abreißen der Nieten und einem Zusammenbrechen der Leiter bei nicht ausreichender Spannung der Gurtenbänder gewarnt wird. Angesichts der im Piktogramm mit 150 kg angegebenen maximalen Gewichtsbelastung musste der Kläger auch wegen seines Körpergewichtes von 100 kg keine Bedenken haben.

Somit ist eine Produkthaftung der beklagten Partei wegen eines Instruktionsfehlers zu bejahen. Allerdings trifft den Kläger, der bei der Aufstellung der Leiter nicht auf die vollständige Spannung der Perlongurten geachtet hat, ein Mitverschulden (§ 11 PHG), dem hier aber ein geringeres Gewicht als dem Produktfehler zukommt. Der erkennende Senat gewichtet dieses Mitverschulden mit einem Viertel.Somit ist eine Produkthaftung der beklagten Partei wegen eines Instruktionsfehlers zu bejahen. Allerdings trifft den Kläger, der bei der Aufstellung der Leiter nicht auf die vollständige Spannung der Perlongurten geachtet hat, ein Mitverschulden (Paragraph 11, PHG), dem hier aber ein geringeres Gewicht als dem Produktfehler zukommt. Der erkennende Senat gewichtet dieses Mitverschulden mit einem Viertel.

Damit ist die Rechtssache hinsichtlich des Feststellungsbegehrens sowie des Zahlungsbegehrens auf Schmerzengeld und Aufwandersatz spruchreif. Das verlangte Schmerzengeld von S 344.000,-- (= ca EUR 25.000,--) ist in Anbetracht der festgestellten schweren Verletzungen des Klägers angemessen. Zuzüglich der außer Streit gestellten unfallskausalen Aufwendungen von S 27.592,40 ergibt sich ein Betrag von S 371.592,40, wovon dem Kläger drei Viertel, das sind S 278.694,30 = EUR 20.253,50 mit Teilurteil zuzusprechen waren.

Hingegen fehlen zum Begehren auf Ersatz von Verdienstentgang und auf Rentenzahlung Feststellungen, weshalb die Rechtssache insoweit unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, ZPO.

Textnummer

E67730

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00249.02K.1205.000

Im RIS seit

04.01.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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