TE OGH 2002/12/5 2Ob63/02g

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Veröffentlicht am 05.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Monika S*****, geboren am 11. April 1983, des Stefan S*****, geboren am 17. Juli 1984, und des mj Christoph S*****, geboren am 4. September 1985, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, über die Revisionsrekurse der Pflegebefohlenen und des Vaters Martin S*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. Dezember 2002, GZ 14 R 403/01k-36, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Rohrbach vom 27. Juli 2001, GZ P 3/98z-30, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs des Vaters wird zurückgewiesen. Dem Revisionsrekurs der Pflegebefohlenen wird teilweise Folge gegeben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Der Vater Martin S***** ist schuldig, ab 1. 9. 2000 bis auf Weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder Monika, Stefan und Christoph S***** einen monatlichen Unterhalt von je EUR 345 jeweils am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein und die bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge (abzüglich der bereits geleisteten Unterhaltsbeträge) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Im Scheidungsfolgenvergleich vom 17. 12. 1987 verpflichtete sich der Vater zur Leistung eines monatlichen Unterhaltes von je 3.700 S für seine drei Kinder. Diesem Vergleich lag eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 20.000 S monatlich 14 x/Jahr zugrunde.

Mit dem am 24. 10. 2000 beim Erstgericht zu Protokoll gegebenen Antrag beantragten die Pflegebefohlenen eine Unterhaltserhöhung ab 1. 9. 2000 auf je 22 % des sich aus dem beizuschaffenden Jahreslohnzettel ergebenden Einkommens. Außerdem habe der Vater Einkünfte aus Nebentätigkeiten und erhalte auch Extrabezüge. Der Vater beantragte die Abweisung des über je 3.800 S monatlich hinausgehenden Unterhaltserhöhungsbegehrens.

Das Erstgericht erhöhte den vom Vater zu leistenden Unterhalt auf monatlich 5.056 S je Kind ab 1. 9. 2000.

Es stellte dabei fest, der Vater würde bei Vollbeschäftigung 23.870,30 S netto pro Monat bekommen, weiters beziehe er von einer GmbH ein Entgelt in Naturalien im Wert von 600 S (10 x im Jahr). Abzüglich der Fahrtkosten errechne sich eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 28.090 S. Davon stünden jedem Kind 18 %, sohin je S 5.056, zu.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass es den Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 4.550 S pro Kind verpflichtete; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Zur Frage der Unterhaltserhöhung trotz abgeschlossenen Unterhaltsvergleiches vertrat das Rekursgericht die Ansicht, eine solche sei gerechtfertigt, weil sich gegenüber dem Einkommen, das Basis des Vergleiches gewesen sei, eine Änderung von rund 29 % ergeben habe. Dazu komme, dass zwischen Vergleichsabschluss und Unterhaltserhöhungsbegehren drei Jahre verstrichen seien, weshalb auch eine Veränderung der Verhältnisse wegen der Bedürfnissteigerung der Kinder anzunehmen sei.

Zur Frage einer Einkommensreduktion auf 75 % wegen eines zwischendurch genommenen Freijahres des Vaters verwies das Rekursgericht auf seinen im ersten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschluss, wonach der Vater auf eine Vollbeschäftigung anzuspannen sei. In dieser Entscheidung hatte das Rekursgericht ausgeführt, es gehe nicht an, dass der Vater, der mit seinem verbleibenden Einkommen nicht in der Lage sei, den Durchschnittsbedarf für seine drei Kinder zu decken, auf Teile seines Einkommens verzichte. Ein pflichtbewusster Familienvater würde nicht unter Berufung auf sein Recht auf freie Berufswahl seine nebenberufliche Tätigkeit zur Haupttätigkeit machen, noch dazu im schriftstellerischen Bereich, der im Normalfall keine längerfristige gesicherte Einkommensgrundlage biete. Umso weniger gerechtfertigt sei eine Einkommensreduzierung zur bloßen Selbstverwirklichung während eines Jahres, mit der Absicht, ohnehin später im Lehrberuf zu bleiben.

Zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 1285/00 führte das Berufungsgericht aus, es sei zunächst zu ermitteln, welcher Unterhalt für die Kinder angemessen sei. Unterhaltsbemessungsgrundlage sei ein Betrag von S 27.590,35 bzw für die Monate September bis November 2000 ein solcher von S 28.190,35. Gehe man von einem Unterhaltsanspruch von 18 % aus, resultiere daraus ein Unterhaltsanspruch von rund 5.050 S pro Kind. Aus verfassungsrechtlichen Gründen habe der Vater nunmehr Anspruch auf Kürzung dieser Beträge. Angesichts des Einkommens des Vaters von monatlich fast 24.000 S netto sei davon auszugehen, dass ihn ein Grenzsteuersatz von 41 % treffe. Anzunehmen sei auch, dass die Mutter die Familienbeihilfe beziehe. Damit ergebe sich folgende Ermittlung des tatsächlich geschuldeten Unterhaltsbetrages:

Auszugehen sei von dem nach der Prozentmethode ermittelten Unterhalt von 5.000 S monatlich, was jährlich S 60.000 ergebe. Davon müsse die Hälfte steuerlich berücksichtigt werden, das seien S 30.000. Von diesem Hälftebetrag seien 40 % zu berücksichtigen, das seien 12.000 S. Abzuziehen sei davon der Unterhaltsabsetzbetrag. Dieser betrage für das erste Kind 4.200 S, für das zweite 6.300 S und für das dritte

8.400 S. Eine Durchschnittsberechnung ergebe pro Kind einen abzuziehenden Betrag von 6.300 S. Aus der Differenz von 5.700 S errechne sich ein je Kind monatlich anzurechnender Betrag von 475 S. Gehe man für die Monate September bis November 2000 von dem etwas höheren Unterhalt von 5.050 S aus, ergebe sich ein anzurechnender Betrag von 485 S monatlich je Kind. Auch für diese Monate sei ein Unterhalt von 4.550 S angemessen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, wie die verfassungsrechtlichen Vorgaben bei der zivilrechtlichen Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen seien. Eine ebenfalls nicht unerhebliche Rechtsfrage liege darin, ob ein Lehrer, der die gesetzliche Möglichkeit einer Teilbeschäftigung mit geblockter Dienstleistung beanspruche, auf eine Vollbeschäftigung anzuspannen sei, oder ob die unterhaltsberechtigten Kinder eine solche Einkommensreduktion während des Durchrechnungszeitraumes hinnehmen müssten.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes erhoben sowohl die Pflegebefohlenen als auch der Vater Rekurs bzw erstatteten sie Äußerungen zum gegnerischen Rechtsmittel.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig und zurückzuweisen.

Die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage der Anspannung ist nämlich eine solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0007096), sie erfüllt deshalb grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG. Dass der Vater, der als Lehrer die gesetzliche Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nimmt, auf das fiktive Einkommen bei Vollbeschäftigung angespannt wurde, entspricht auch dem in der Rechtsprechung entwickelten Anspannungsgrundsatz, weshalb auch hier nicht eine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes wahrzunehmen ist. Es werden aber auch sonst im Rechtsmittel des Vaters keine erheb lichen Rechtsfragen dargetan. Was die von ihm weiters noch relevierte Rechtsfrage des Unterhaltsvergleiches betrifft, liegt die Ansicht des Rekursgerichtes, schon allein wegen der gesteigerten Bedürfnisse der Pflegebefohlenen sei eine Unterhaltserhöhung gerechtfertigt, durchaus im Beurteilungsspielraum (vgl 5 Ob 1580/90).Die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage der Anspannung ist nämlich eine solche des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0007096), sie erfüllt deshalb grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG. Dass der Vater, der als Lehrer die gesetzliche Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nimmt, auf das fiktive Einkommen bei Vollbeschäftigung angespannt wurde, entspricht auch dem in der Rechtsprechung entwickelten Anspannungsgrundsatz, weshalb auch hier nicht eine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes wahrzunehmen ist. Es werden aber auch sonst im Rechtsmittel des Vaters keine erheb lichen Rechtsfragen dargetan. Was die von ihm weiters noch relevierte Rechtsfrage des Unterhaltsvergleiches betrifft, liegt die Ansicht des Rekursgerichtes, schon allein wegen der gesteigerten Bedürfnisse der Pflegebefohlenen sei eine Unterhaltserhöhung gerechtfertigt, durchaus im Beurteilungsspielraum vergleiche 5 Ob 1580/90).

Der Revisionsrekurs der Pflegebefohlenen ist hingegen zulässig und zum Teil auch berechtigt.

Nach der Aufhebung der Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" in § 12a FLAG mit Erkenntnis des VfGH vom 19. 6. 2002 hat die Berechnung des Unterhaltes nunmehr wie folgt zu geschehen:Nach der Aufhebung der Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" in Paragraph 12 a, FLAG mit Erkenntnis des VfGH vom 19. 6. 2002 hat die Berechnung des Unterhaltes nunmehr wie folgt zu geschehen:

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei mal verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltsabsetzbetrag ergibt jenen (Teil)betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (dabei macht es aber keinen Unterschied, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen wird, also zunächst der (ganze) Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz multipliziert wird (1 Ob 79/02b; 4 Ob 52/02d ua).

Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem solchen von 41 % zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 % (4 Ob 52/02d).

Dies führt im vorliegenden Fall zu folgender Berechnung:

Die Hälfte des gesetzlichen Unterhaltes beträgt - geht man von dem nach der Prozentmethode ermittelten Unterhalt von 5.000 S monatlich aus - 30.000 S pro Jahr. 33 % hievon sind 9.900 S. Von diesem Betrag ist der anteilige Unterhaltsabsetzbetrag (Durchschnittsbetrag pro Kind, s 7 Ob 167/02p) von 6.300 S abzuziehen; es verbleibt sohin ein (Entlastungs-)Betrag von 3.600 S oder ein solcher von 300 S pro Monat/Kind. Geht man für die Monate September bis November 2000 von dem etwas höheren Prozentunterhalt von 5.050 S aus, ergibt sich ein Entlastungsbetrag von 308 S pro Monat.

Insgesamt folgt daraus eine monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters von EUR 345 pro Kind, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Anmerkung

E67734 2Ob63.02g-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00063.02G.1205.000

Dokumentnummer

JJT_20021205_OGH0002_0020OB00063_02G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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