Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Dezember 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Habl, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weiser als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut F***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Jänner 2000, GZ 14 Vr 1740/98-188, und des Oberlandesgerichts Graz vom 2. März 2000, AZ 10 Bs 60/00 (ON 191 des Vr-Aktes) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten Helmut F***** und seines Verteidigers zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Dezember 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Habl, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weiser als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Helmut F***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach Paragraphen 142, Absatz eins,, 143 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Jänner 2000, GZ 14 römisch fünf r 1740/98-188, und des Oberlandesgerichts Graz vom 2. März 2000, AZ 10 Bs 60/00 (ON 191 des Vr-Aktes) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten Helmut F***** und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Im Verfahren über die Ersatzansprüche des Helmut F***** nach § 2 Abs.1 lit b StEG, AZ 14 Vr 1740/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, wurdeIm Verfahren über die Ersatzansprüche des Helmut F***** nach Paragraph 2, Absatz , Litera b, StEG, AZ 14 römisch fünf r 1740/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, wurde
1./ durch die Unterlassungen der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung über die von dem Genannten nach § 2 Abs 1 lit b StEG geltend gemachten Ersatzansprüche sowie der öffentlichen Verkündung des Beschlusses dieses Gerichtes vom 25. Jänner 2000 und 2./ dadurch, dass die Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vom Oberlandesgericht Graz anlässlich der Beschlussfassung vom 2. März 2000, AZ 10 Bs 60/00, über die Beschwerde des Helmut F***** nicht wahrgenommen wurde, das Gesetz in den Bestimmungen des § 6 Abs 3 und 4 StEG iVm Art 6 Abs.1 EMRK verletzt. Die genannten Beschlüsse werden aufgehoben und es wird dem Landesgericht für Strafsachen Graz aufgetragen, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung erneut zu entscheiden.1./ durch die Unterlassungen der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung über die von dem Genannten nach Paragraph 2, Absatz eins, Litera b, StEG geltend gemachten Ersatzansprüche sowie der öffentlichen Verkündung des Beschlusses dieses Gerichtes vom 25. Jänner 2000 und 2./ dadurch, dass die Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vom Oberlandesgericht Graz anlässlich der Beschlussfassung vom 2. März 2000, AZ 10 Bs 60/00, über die Beschwerde des Helmut F***** nicht wahrgenommen wurde, das Gesetz in den Bestimmungen des Paragraph 6, Absatz 3 und 4 StEG in Verbindung mit Artikel 6, Absatz , EMRK verletzt. Die genannten Beschlüsse werden aufgehoben und es wird dem Landesgericht für Strafsachen Graz aufgetragen, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung erneut zu entscheiden.
Text
Gründe:
Helmut F*****, der sich im Verfahren zu AZ 14 Vr 1740/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wegen des Verdachtes des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs l, 143 erster und zweiter Fall StGB vom 19. November 1998 bis zum 14. Jänner 1999 in Untersuchungshaft befunden hatte, wurde über Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss des Untersuchungsrichters vom 25. November 1999 gemäß § 109 Abs 1 StPO außer Verfolgung gesetzt. Mit Beschluss vom 25. Jänner 2000 (ON 188) stellte die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Graz fest, dass die im § 2 Abs 1 lit b StEG bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Helmut F*****, in der dieser auch ausdrücklich die Anberaumung einer Verhandlung begehrte, wurde vom Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 2. März 2000, AZ 10 Bs 60/00 (ON 191) nicht Folge gegeben.Helmut F*****, der sich im Verfahren zu AZ 14 römisch fünf r 1740/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wegen des Verdachtes des Verbrechens des schweren Raubes nach Paragraphen 142, Abs l, 143 erster und zweiter Fall StGB vom 19. November 1998 bis zum 14. Jänner 1999 in Untersuchungshaft befunden hatte, wurde über Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss des Untersuchungsrichters vom 25. November 1999 gemäß Paragraph 109, Absatz eins, StPO außer Verfolgung gesetzt. Mit Beschluss vom 25. Jänner 2000 (ON 188) stellte die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Graz fest, dass die im Paragraph 2, Absatz eins, Litera b, StEG bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Helmut F*****, in der dieser auch ausdrücklich die Anberaumung einer Verhandlung begehrte, wurde vom Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 2. März 2000, AZ 10 Bs 60/00 (ON 191) nicht Folge gegeben.
Beiden Entscheidungen ging keine öffentliche Verhandlung voraus. Die Entscheidung des Landesgerichtes wurde auch weder öffentlich verkündet noch auf andere Weise allgemein zugänglich gemacht. In der Entscheidung des Oberlandesgerichts wurden diese Rechtsfehler nicht aufgezeigt, jedoch in Zusammenhang mit § 48a GOG und § 15a Abs 1 OGHG "von einer Anonymisierung der Entscheidung" (des Gerichtshofs zweiter Instanz) "zwecks Sicherstellung der erforderlichen Publizität Abstand genommen".Beiden Entscheidungen ging keine öffentliche Verhandlung voraus. Die Entscheidung des Landesgerichtes wurde auch weder öffentlich verkündet noch auf andere Weise allgemein zugänglich gemacht. In der Entscheidung des Oberlandesgerichts wurden diese Rechtsfehler nicht aufgezeigt, jedoch in Zusammenhang mit Paragraph 48 a, GOG und Paragraph 15 a, Absatz eins, OGHG "von einer Anonymisierung der Entscheidung" (des Gerichtshofs zweiter Instanz) "zwecks Sicherstellung der erforderlichen Publizität Abstand genommen".
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde im Wesentlichen zu Recht aufzeigt, stehen die Vorgänge mit dem Gesetz nicht im Einklang. Eine an den Verfassungsgarantien des § 6 Abs 1 EMRK orientierte Interpretation des § 6 Abs 3 StEG und die sich hieraus ergebende teleologische Reduktion des § 6 Abs 4 StEG (um die Worte "nicht kundzumachende") erfordern nach gefestigter Rechtsprechung die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und die öffentliche Verkündung der Entscheidung (vgl ÖJZ-MRK 1998/12 und 2001/5; EvBl 1999/217 und 2001/36; RZ 2002/6; 13 Os 54, 55/00, 13 Os 113/02). Beides ist hier in erster Instanz rechtsfehlerhaft nicht erfolgt. Die Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung wäre vom Rechtsmittelgericht aufzuzeigen gewesen und hätte durch eine eigene öffentliche Verhandlung desselben saniert werden können. Die erstinstanzliche Unterlassung der öffentlichen Verkündung der Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht jedoch im Ergebnis dadurch geheilt, dass es seine Entscheidung, in der auch der Inhalt des Beschlusses des Landesgerichts beschrieben ist, in nicht anonymisierter Form jedermann öffentlich zugänglich machte. Die Unterlassung der öffentlichen Verhandlung in beiden Instanzen gibt über ihre Feststellung hinaus Anlass zu einem Vorgehen nach § 292 letzter Satz StPO. Das Landesgericht für Strafsachen Graz hat somit nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung erneut zu entscheiden und diese Entscheidung öffentlich zu verkünden. Zur in beiden Entscheidungen zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, ein Ersatzanspruch nach § 2 Abs 1 lit b StEG setze bei Verfahrenseinstellung zufolge Entkräftung des Tatverdachts den Erweis der Unschuld oder die Widerlegung aller Verdachtsgründe voraus, wird vollständigkeitshalber auf die herrschende Rechtsprechung hingewiesen (RZ 2002/25; vgl ÖJZ-MRK 2001/5).Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde im Wesentlichen zu Recht aufzeigt, stehen die Vorgänge mit dem Gesetz nicht im Einklang. Eine an den Verfassungsgarantien des Paragraph 6, Absatz eins, EMRK orientierte Interpretation des Paragraph 6, Absatz 3, StEG und die sich hieraus ergebende teleologische Reduktion des Paragraph 6, Absatz 4, StEG (um die Worte "nicht kundzumachende") erfordern nach gefestigter Rechtsprechung die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und die öffentliche Verkündung der Entscheidung vergleiche ÖJZ-MRK 1998/12 und 2001/5; EvBl 1999/217 und 2001/36; RZ 2002/6; 13 Os 54, 55/00, 13 Os 113/02). Beides ist hier in erster Instanz rechtsfehlerhaft nicht erfolgt. Die Unterlassung der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung wäre vom Rechtsmittelgericht aufzuzeigen gewesen und hätte durch eine eigene öffentliche Verhandlung desselben saniert werden können. Die erstinstanzliche Unterlassung der öffentlichen Verkündung der Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht jedoch im Ergebnis dadurch geheilt, dass es seine Entscheidung, in der auch der Inhalt des Beschlusses des Landesgerichts beschrieben ist, in nicht anonymisierter Form jedermann öffentlich zugänglich machte. Die Unterlassung der öffentlichen Verhandlung in beiden Instanzen gibt über ihre Feststellung hinaus Anlass zu einem Vorgehen nach Paragraph 292, letzter Satz StPO. Das Landesgericht für Strafsachen Graz hat somit nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung erneut zu entscheiden und diese Entscheidung öffentlich zu verkünden. Zur in beiden Entscheidungen zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, ein Ersatzanspruch nach Paragraph 2, Absatz eins, Litera b, StEG setze bei Verfahrenseinstellung zufolge Entkräftung des Tatverdachts den Erweis der Unschuld oder die Widerlegung aller Verdachtsgründe voraus, wird vollständigkeitshalber auf die herrschende Rechtsprechung hingewiesen (RZ 2002/25; vergleiche ÖJZ-MRK 2001/5).
Anmerkung
E67847 11Os157.02European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0110OS00157.02.1210.000Dokumentnummer
JJT_20021210_OGH0002_0110OS00157_0200000_000