Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Paul Christoffer Theodor W*****, geboren am 6. September 1991, und Max Christian Johannes W*****, geboren am 21. April 1995, beide in vorläufiger Obsorge des Vaters Ulf W*****, vertreten durch Dr. Günter Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Wien, sowie des mj. David Alexander Ferdinand W*****, geboren am 25. November 1992, in vorläufiger Obsorge der Mutter Elisabeth R*****, vertreten durch Dr. Karl Wampl und Dr. Elisabeth Mühlberger, Rechtsanwälte in Salzburg, über den Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 12. September 2002, GZ 21 R 330/02d-255, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 26. Juli 2002, GZ 4 P 259/98x-234, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 26. 7. 2002 entzog das Erstgericht die vorläufige Obsorge für die beiden Kinder Paul Christoffer Theodor (im Folgenden kurz Paul) und Max Christian Johannes (im Folgenden kurz Max) dem Vater und übertrug sie bis zur endgültigen Obsorgeentscheidung der Mutter. Dem Vater wurde aufgetragen, die beiden Kinder (die sich mit ihm in Schweden befanden) entweder unverzüglich der Mutter, die sich mit dem dritten ehelichen Sohn David Alexander Ferdinand (im Folgenden kurz David), hinsichtlich dessen der Mutter die vorläufige Obsorge bereits früher (wieder) übertragen worden war, ebenfalls in Schweden aufhielt, zu übergeben oder an die Adresse der Mutter in Österreich zurückzubringen.
Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs, mit dem er eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichtes dahin anstrebt, dass der Antrag der Mutter, ihm die vorläufige Obsorge für Paul und Max zu entziehen und ihr zu übertragen, abgewiesen werde, machte der Vater ua das Fehlen einer Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, Jugendwohlfahrt (im Folgenden kurz Jugendamt genannt) als Verfahrensmangel geltend. Der Revisionsrekurs wurde dem Obersten Gerichtshof am 24. 9. 2002 vorgelegt. In der Folge hat das Erstgericht in einer Verhandlung am 30. 9. 2002 die Parteien mit einer inzwischen erfolgten schriftlichen Stellungnahme des Jugendamtes und dessen Antrag konfrontiert, ihm die vorläufige Obsorge für die beiden Kinder Paul und Max zu übertragen. Nach Ansicht des Jugendamtes wäre das Wohl der beiden Kinder durch eine Übersiedlung zur Mutter "auf das Äußerste" gefährdet. Das Erstgericht gab dem Antrag des Jugendamtes noch in der Verhandlung am 30. 9. 2002 insofern statt, als es der Mutter die vorläufige Obsorge für Paul und Max entzog und bis zum 4. 11. 2002 an das Jugendamt übertrug. Zugleich wurde der noch in Schweden aufhältigen Mutter aufgetragen, bis zum 15. 10. 2002 in Österreich Aufenthalt zu nehmen und alles weitere zu veranlassen, damit hinsichtlich des mj. Alexander in den schwedischen Ferien vom 26. 10. bis 4. 11. 2002 die Begutachtung durch die beauftragte Sachverständige Dr. H***** gemeinsam mit den beiden Geschwistern erfolgen könne. Von den Parteien wurde auf ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss verzichtet.
Mit Beschluss vom 4. 11. 2002 übertrug das Erstgericht sodann die vorläufige Obsorge für Paul und Max bis zu einer mündlichen Verhandlung und Erörterung des schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen (voraussichtlich im Jänner 2003) an das Jugendamt. Gleichzeitig wurde der Mutter aufgetragen, sich sowie den mj. David der Befundaufnahme und Begutachtung durch die Sachverständige nach Festlegung des Termines durch diese zu unterziehen. Der am 30. 9. 2002 der Mutter erteilte Auftrag, zusammen mit dem mj. David Aufenthalt in Österreich zu nehmen, bleibe aufrecht. Das Erstgericht führte dazu aus, die Sachverständige habe mitgeteilt, dass es nicht möglich wäre, Befund und Gutachten zur Frage, ob der Vollzug bzw die Vollstreckung des Beschlusses vom 26. 7. 2002 und die damit verbundene Übergabe der beiden Minderjährigen Paul und Max an die Mutter dem Wohl der Kinder entspreche oder nicht, bis zum 4. 11. 2002 zu erstatten. Die Erstellung des Gutachtens wäre jedoch bis Jänner 2003 durchführbar. Es bestehe Einvernehmen der Verfahrensbeteiligten dahingehend, dass auf Grund dieser veränderten Situation die vorläufig bis 4. 11. 2002 an das Jugendamt übertragene Obsorge hinsichtlich Paul und Max weiterhin beim Jugendamt bis zur nächsten mündlichen Verhandlung und Erörterung des Gutachtens der Sachverständigen voraussichtlich im Jänner 2003 verbleiben solle, sodass die vorläufige Obsorgeübertragung dementsprechend zu verlängern gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Im Hinblick auf diese Entscheidung des Erstgerichtes ist der Revisionsrekurs nicht (mehr) zulässig.
Nach stRsp und hL (Fasching LB2 Rz 1709 ff; Kodek in Rechberger2 Rz 9 vor § 461 ZPO) setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (RIS-Justiz RS0002495). Die Beschwer muss als Voraussetzung für eine meritorische Entscheidung zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen. Kommt es noch vor der Rechtsmittelentscheidung zu einem Wegfall der Beschwer, ist auch ein (allenfalls) ursprünglich zulässig erhobenes Rechtsmittel zurückzuweisen (Kodek aaO mwN; RIS-Justiz RS0041770). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (RIS-Justiz RS0006598; 7 Ob 239/00y; 7 Ob 31/01m mwN). Angesichts der Beschlüsse des Erstgerichtes vom 30. 9. und 4. 11. 2002 ist die gegenständlich angefochtene Entscheidung obsolet. Der Revisionsrekurswerber ist dadurch nur mehr formell beschwert, in seiner Rechtsstellung aber nicht mehr beeinträchtigt, weil derzeit (einvernehmlich) die vorläufige Obsorge dem Jugendamt übertragen ist und danach eine Entscheidung über die (vorläufige oder - so rasch wie möglich - endgültige) Übertragung der Obsorge entsprechend den aktuellen Kindesinteressen zu treffen sein wird (vgl 7 Ob 253/01h ua).Nach stRsp und hL (Fasching LB2 Rz 1709 ff; Kodek in Rechberger2 Rz 9 vor Paragraph 461, ZPO) setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (RIS-Justiz RS0002495). Die Beschwer muss als Voraussetzung für eine meritorische Entscheidung zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen. Kommt es noch vor der Rechtsmittelentscheidung zu einem Wegfall der Beschwer, ist auch ein (allenfalls) ursprünglich zulässig erhobenes Rechtsmittel zurückzuweisen (Kodek aaO mwN; RIS-Justiz RS0041770). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (RIS-Justiz RS0006598; 7 Ob 239/00y; 7 Ob 31/01m mwN). Angesichts der Beschlüsse des Erstgerichtes vom 30. 9. und 4. 11. 2002 ist die gegenständlich angefochtene Entscheidung obsolet. Der Revisionsrekurswerber ist dadurch nur mehr formell beschwert, in seiner Rechtsstellung aber nicht mehr beeinträchtigt, weil derzeit (einvernehmlich) die vorläufige Obsorge dem Jugendamt übertragen ist und danach eine Entscheidung über die (vorläufige oder - so rasch wie möglich - endgültige) Übertragung der Obsorge entsprechend den aktuellen Kindesinteressen zu treffen sein wird vergleiche 7 Ob 253/01h ua).
Der Revisionsrekurs war daher mangels Beschwer zurückzuweisen.
Anmerkung
E67836 7Ob240.02yEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0070OB00240.02Y.1211.000Dokumentnummer
JJT_20021211_OGH0002_0070OB00240_02Y0000_000