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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des HW in S, vertreten durch Dr. Arthur Mikesi, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 12. Oktober 2004, GZ. RV/0626- W/03, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Familienbeihilfe ab 1. März 1997 für seinen am 20. März 1976 geborenen Sohn abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe für seinen Sohn die Familienbeihilfe für die Dauer des ersten Studienabschnittes der Studienrichtung Rechtswissenschaften, und zwar vom Wintersemester 1995/1996 bis einschließlich Februar 1997 bezogen. Da der Sohn des Beschwerdeführers den ersten Studienabschnitt nicht in der für die Familienbeihilfe maßgeblichen Studienzeit (vorgesehene Studiendauer von zwei Semestern und einem Toleranzsemester) abgeschlossen habe, sei die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt worden. Der Sohn des Beschwerdeführers habe das Studium der Rechtswissenschaften nicht weiter als Hauptstudium betrieben. Im Wintersemester 1997/98 habe er die Studienrichtung gewechselt und habe den Fachhochschul-Studiengang "Marketing und Verkauf" an der FHW-Fachhochschul-Studiengänge Betriebs- und Forschungseinrichtung der Wiener Wirtschaft GmbH belegt und am 20. Juni 2001 durch Ablegung der Diplomprüfung ordnungsgemäß abgeschlossen.
Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 21. Mai 2002 die Überprüfung des Beihilfenanspruches ab März 1997 bis zum Abschluss des Studiums an der Fachhochschule beantragt.
In § 3 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG 1992) seien sowohl ordentliche Studierende an österreichischen Universitäten als auch Studierende an Fachhochschul-Studiengängen genannt. Der Sohn des Beschwerdeführers habe unbestritten zumindest 3 Semester lang das Studium der Rechtswissenschaften betrieben und habe im Wintersemester 1997/98 das Studium an der Fachhochschule begonnen. Er habe somit als ordentlicher Studierender die in § 3 StudFG 1992 genannten Einrichtungen besucht. Es seien daher die bei einem Wechsel der Studienrichtung in § 17 leg. cit. angeführten Regelungen in der im strittigen Zeitraum jeweils geltenden Fassung für den Anspruch auf Familienbeihilfe maßgebend. Gemäß § 17 Abs. 1 StudFG 1992 liege ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt habe. Ein solcher Studienwechsel sei nach dem 4. Absatz des § 17 leg. cit. (in Kraft getreten am 1. September 1999, BGBl. I Nr. 23/1999) nicht zu beachten, wenn der Studierende den ersten Studienabschnitt jenes Studiums, das er nach dem Studienwechsel betrieben habe, innerhalb der Anspruchsdauer (§ 18) absolviert habe. § 17 Abs. 4 Studienförderungsgesetz 1992 sei mit dem Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 76/2000, ab 1. September 2001 neuerlich geändert worden.
Der Sohn des Beschwerdeführers habe den 1. Abschnitt der Studienrichtung Rechtswissenschaft in der maßgeblichen Studienzeit (vorgesehene Studienzeit von zwei Semestern und ein Toleranzsemester, sohin Oktober 1996 bis Februar 1997) nicht abgeschlossen. Ab März 1997 habe unabhängig vom nachfolgenden Wechsel der Studienrichtung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden. Mit der Aufnahme des Studiums an der Fachhochschule im Wintersemester 1997/98 habe der Sohn des Beschwerdeführers einen Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 (Wechsel nach dem dritten inskribierten Semester) vollzogen.
Zur Ansicht des Beschwerdeführers, es habe kein beihilfenschädlicher Studienwechsel stattgefunden, weil der Wechsel im zweiten Ausbildungsjahr erfolgt sei, sei auszuführen, dass nach den geltenden Studienvorschriften (BGBl. Nr. 148/1979 bzw. dem maßgeblichen Studienplan der Universität) die Studienzeit des vom Sohn des Beschwerdeführers zuerst betriebenen Studiums der Rechtswissenschaften in Semester und nicht in Ausbildungsjahre gegliedert sei. Der in Klammer gesetzte Ausdruck "im zweiten Ausbildungsjahr" im § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 sei daher nicht relevant.
Dem Argument des Beschwerdeführers, sein Sohn habe das neue Studium in der vorgesehenen Zeit abgeschlossen, sei Folgendes entgegenzuhalten:
Für den Streitzeitraum (März 1997 bis Juni 2001) sei die Regelung des § 17 Abs. 4 StudFG 1992 frühestens ab 1. September 1999 anwendbar. Bis zu diesem Zeitpunkt habe jedenfalls kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden. Erst ab 1. September 1999 sei ein Studienwechsel - wie im Beschwerdefall - im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 nicht zu beachten, wenn der Studierende den ersten Studienabschnitt jenes Studiums, das er nach dem Studienwechsel betrieben habe, innerhalb der Anspruchsdauer (§ 18) absolviert habe. Unter der vorgesehenen Studienzeit sei dabei jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder eines Studiums festgelegt sei. Diese Bestimmung habe ausdrücklich auf die Gliederung eines Studiums in Studienabschnitte abgestellt. Somit sei die Möglichkeit, bei einem Wechsel des Studiums nach dem jeweils dritten inskribierten Semester gemäß § 17 Abs. 4 Studienförderungsgesetz 1992 ab 1. September 1999 wieder einen Anspruch auf Familienbeihilfe zu erlangen, davon abhängig gewesen, dass das nunmehr aufgenommene Studium in Studienabschnitte gegliedert sei. Wenn das der Fall sei und der erste Studienabschnitt des neuen Studiums innerhalb der Anspruchsdauer absolviert werde, sei ab diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Studien- oder Familienbeihilfe wieder gegeben. Nach der Mitteilung des Fachhochschulrates sei der vom Sohn des Beschwerdeführers besuchte Studiengang nicht in Studienabschnitte gegliedert gewesen. Wenn aber das neue, nach dem Studienwechsel, betriebene Studium nicht in Abschnitte gegliedert sei, so stehe ein Anspruch auf Familienbeihilfe selbst dann nicht zu, wenn das Studium innerhalb der Anspruchsdauer absolviert werde. Damit bestehe im Beschwerdefall auch ab 1. September 1999 kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Die mit 1. September 2001 in Kraft getretene Neufassung des § 17 Abs. 4 Studienförderungsgesetz 1992 liege außerhalb des gegenständlichen Streitzeitraumes.
Der Verfassungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 26. Februar 2004, G 204, 205/03, die Verfassungswidrigkeit des § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996, bis zum Ablauf des 31. August 2001 sowie des § 17 Abs. 4 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 23/1999 festgestellt. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit habe nach den Ausführungen dieses Erkenntnisses nur für die Anlass- bzw. Quasi-Anlassfälle Auswirkungen. Im Beschwerdefall seien daher die Bestimmungen trotz ihrer festgestellten Verfassungswidrigkeit weiterhin anzuwenden.
Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom 26. September 2005, B 1503/04, deren Behandlung abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit seiner Rüge, die belangte Behörde habe sich mit dem Vorbringen, es habe kein beihilfenschädlicher Studienwechsel stattgefunden, nicht befasst, verkennt der Beschwerdeführer die Bescheidbegründung. Die belangte Behörde hat zu diesem Vorbringen ausgeführt, das Studium der Rechtswissenschaften sei nach den anzuwendenden Studienvorschriften und dem maßgeblichen Studienplan der Universität in Semester und nicht in Ausbildungsjahre gegliedert. Gegen diese - zutreffenden - Ausführungen bringt die Beschwerde inhaltlich nichts vor.
Die belangte Behörde ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass ein Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG 1992 - nach dem jeweils dritten inskribierten Semester - vorliegt. Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe dann wegfällt, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester wechselt, ist zutreffend. In diesen Fällen war es allerdings seit September 1999 durch Anfügung des Abs. 4 an § 17 StudFG 1992 durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 23/1999, unter bestimmten Voraussetzungen möglich, auch für das neue Studium wieder Familienbeihilfe zu erlangen. Allerdings war es ab diesem Zeitpunkt erforderlich, den ersten Studienabschnitt des nach dem Wechsel betriebenen Studiums in der für den Bezug der Familienbeihilfe höchst zulässigen Studienzeit zu absolvieren. Sodann konnte für einen zweiten (oder dritten) Studienabschnitt des neuen Studiums wieder Familienbeihilfe bezogen werden. Dies setzte allerdings eine Gliederung des neuen Studiums in Studienabschnitte voraus.
Es ist nicht strittig, dass das neue Studium des Sohnes des Beschwerdeführers nicht in Studienabschnitte gegliedert war. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn auf Grund seines Besuches des Fachhochschul-Studienganges versagt hat.
Die belangte Behörde hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2004, G 204,205/03, auf den Beschwerdefall keine Auswirkungen hat. Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ist auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Dass es sich bei der vorliegenden, am 3. Dezember 2004 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten, Beschwerde um keinen (Quasi-)Anlassfall des zum Erkenntnis vom 26. Februar 2004, G 204, 205/03, des Verfassungsgerichtshofes führenden Verfahrens handelt, hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Ablehnungsbeschluss vom 26. September 2005 ausgesprochen. Die belangte Behörde hatte daher die im Streitzeitraum geltenden, wenngleich nachträglich als verfassungswidrig aufgehobenen, Bestimmungen anzuwenden.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005150124.X00Im RIS seit
08.05.2007