TE OGH 2002/12/12 6Ob285/02h

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Veröffentlicht am 12.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Mag. Dr. Wilhelm R*****, und 2. I*****, beide vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Paul Doralt ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Überprüfung der angebotenen Barabfindung für gemäß § 102a BWG eingezogene Partizipationsscheine, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. Februar 2001, GZ 28 R 1/01z-9, womit über den Rekurs der Antragsteller der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 28. November 2000, GZ 74 Fr 9689/00p-5, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Mag. Dr. Wilhelm R*****, und 2. I*****, beide vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Paul Doralt ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Überprüfung der angebotenen Barabfindung für gemäß Paragraph 102 a, BWG eingezogene Partizipationsscheine, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. Februar 2001, GZ 28 R 1/01z-9, womit über den Rekurs der Antragsteller der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 28. November 2000, GZ 74 Fr 9689/00p-5, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht aufgehoben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller behaupten, Eigentümer von Partizipationsscheinen bzw Anspruchsberechtigte aus Partizipationsscheinen der Antragsgegnerin zu sein. Diese hatte in ihrer ordentlichen Hauptversammlung vom 16. Mai 2000 beschlossen, das gesamte Partizipationskapital gemäß § 102a Bankwesengesetz (BWG) einzuziehen und den Inhabern der Partizipationsscheine gemäß §§ 4 ff ÜbG das Kaufanbot zum Erwerb der Partizipationsscheine um 190 EUR (2.614,46 S) je Stück gemacht, wovon die Antragsteller keinen Gebrauch machten. Die Bekanntmachung des Kaufanbotes erfolgte am 14./15. Juli 2000 im Amtsblatt der Wiener Zeitung.Die Antragsteller behaupten, Eigentümer von Partizipationsscheinen bzw Anspruchsberechtigte aus Partizipationsscheinen der Antragsgegnerin zu sein. Diese hatte in ihrer ordentlichen Hauptversammlung vom 16. Mai 2000 beschlossen, das gesamte Partizipationskapital gemäß Paragraph 102 a, Bankwesengesetz (BWG) einzuziehen und den Inhabern der Partizipationsscheine gemäß Paragraphen 4, ff ÜbG das Kaufanbot zum Erwerb der Partizipationsscheine um 190 EUR (2.614,46 S) je Stück gemacht, wovon die Antragsteller keinen Gebrauch machten. Die Bekanntmachung des Kaufanbotes erfolgte am 14./15. Juli 2000 im Amtsblatt der Wiener Zeitung.

Die Antragsteller stellten den Antrag auf gerichtliche Überprüfung des Abfindungsbetrages iSd § 225c AktG. Der Antragsgegnerin möge die Zuzahlung eines Ausgleichs von zumindest 2.500 S je Partizipationsschein im Nominale von 500 S an die Antragsteller aufgetragen werden. Die angebotene, nach dem Börsekurs ermittelte Barabfindung sei nicht angemessen. Wenn eine verfassungskonforme Auslegung nicht zur Anwendbarkeit des § 2 Abs 2 UmwG und die dort normierte gerichtliche Überprüfung der Abfindung führe, sei § 102a Abs 4 BWG verfassungsrechtlich bedenklich, weil die Abfindung nach dem Durchschnittskurs der letzten 20 Börsetage nicht den wahren Wert der Unternehmensbeteiligung berücksichtige und deshalb keine volle Entschädigung biete.Die Antragsteller stellten den Antrag auf gerichtliche Überprüfung des Abfindungsbetrages iSd Paragraph 225 c, AktG. Der Antragsgegnerin möge die Zuzahlung eines Ausgleichs von zumindest 2.500 S je Partizipationsschein im Nominale von 500 S an die Antragsteller aufgetragen werden. Die angebotene, nach dem Börsekurs ermittelte Barabfindung sei nicht angemessen. Wenn eine verfassungskonforme Auslegung nicht zur Anwendbarkeit des Paragraph 2, Absatz 2, UmwG und die dort normierte gerichtliche Überprüfung der Abfindung führe, sei Paragraph 102 a, Absatz 4, BWG verfassungsrechtlich bedenklich, weil die Abfindung nach dem Durchschnittskurs der letzten 20 Börsetage nicht den wahren Wert der Unternehmensbeteiligung berücksichtige und deshalb keine volle Entschädigung biete.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Überprüfungsantrages. Sie bestritt, dass die Antragsteller Inhaber von Partizipationsscheinen seien. Im Übrigen stehe im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut des § 102a Abs 4 BWG für börsenotierte Partizipationsscheine keine nachprüfende Kontrolle durch das Gericht zu.Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Überprüfungsantrages. Sie bestritt, dass die Antragsteller Inhaber von Partizipationsscheinen seien. Im Übrigen stehe im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut des Paragraph 102 a, Absatz 4, BWG für börsenotierte Partizipationsscheine keine nachprüfende Kontrolle durch das Gericht zu.

Das Erstgericht teilte die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin und wies die Anträge der Antragsteller ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Antrag nicht ab-, sondern zurückgewiesen werde. Es schloss sich den von den Rekurswerbern geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht an. Die am 1. 7. 1999 in Kraft getretene gesetzliche Regelung über die Einziehung von Partizipationskapital sei unbedenklich. Partiziptanten seien - anders als Aktionäre - Gläubiger ohne Herrschaftsrechte. Ihre Abfindungsansprüche könnten daher vom Gesetzgeber anders geregelt werden als diejenigen von ausscheidenden Minderheitsaktionären. Die auf den Börsekurs abstellende Bewertungsmethode verletze weder das Recht auf Eigentum noch den Gleichheitssatz oder den Grundsatz des "fair trial". Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Antragsteller die Aufhebung zur Verfahrensergänzung durch das Erstgericht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der Senat teilte die im Revisionsrekurs gegen die gesetzliche Abfindungsregelung vorgetragenen Bedenken und stellte mit seinem Beschluss vom 5. 7. 2001, 6 Ob 99/01d, veröff. ÖBA 2002, 135, aus den dort ersichtlichen Gründen beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 102a Abs 4 zweiter Satz und dritter Satz, erster Halbsatz BWG idF des BGBl I 1999/123 als verfassungswidrig aufzuheben.Der Senat teilte die im Revisionsrekurs gegen die gesetzliche Abfindungsregelung vorgetragenen Bedenken und stellte mit seinem Beschluss vom 5. 7. 2001, 6 Ob 99/01d, veröff. ÖBA 2002, 135, aus den dort ersichtlichen Gründen beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, Paragraph 102 a, Absatz 4, zweiter Satz und dritter Satz, erster Halbsatz BWG in der Fassung des BGBl römisch eins 1999/123 als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof gab mit seinem Erkenntnis vom 28. 9. 2002, G 286/01-11, dem Antrag des Obersten Gerichtshofes statt und hob ohne Fristsetzung den zweiten Satz und die Wortfolge "Ist das Partizipationskapital nicht börsenotiert," im dritten Satz des § 102a Abs 4 BWG als verfassungswidrig auf. Bedenken erwecke in dem hier zu beurteilenden Fall der Umstand, dass die Entscheidung über den Zeitpunkt der Einziehung des Partizipationskapitals von den Organen des betreffenden Kreditinstituts getroffen werde, von den Partizipanten nicht beeinflussbar sei und dass vor diesem Hintergrund die Berücksichtigung des Börsekurses bloß der letzten 20 Tage vor der Beschlussfassung zur Folge haben könne, dass eine Abfindung gewährt werde, die deutlich unter jenem Wert liege, der auf der Basis einer Unternehmensbewertung als angemessen anzusehen wäre. Eine solche Situation sei bei den Inhabern nicht börsenotierter Scheine durch das Gesetz ausgeschlossen, weil diese die Angemessenheit der angebotenen Abfindung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 2 Abs 3 UmwG und § 225c Abs 1 und 2 AktG gerichtlich überprüfen lassen könnten. Sei aber die realistische Möglichkeit gegeben, dass der durchschnittliche Börsekurs der letzten 20 Tage zu einer unangemessenen niedrigen Abfindung führe, so müsste der Gesetzgeber, auch um eine unsachliche Schlechterstellung gegenüber den Inhabern nicht börsenotierter Partizipationsscheine zu vermeiden, den Inhabern börsenotierter Scheine ebenfalls das Recht einräumten, die Angemessenheit ihrer Abfindung überprüfen zu lassen. Diese Möglichkeit bestehe nach der geltenden Rechtslage aber nicht. Mit diesem Erkenntnis des VfGH ist klargestellt, dass die Inhaber von börsenotierten Partizipationsscheinen ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der angebotenen Abfindung in Anwendung des § 2 Abs 3 UmwG haben. Damit ist der allein auf die aufgehobenen Teile des § 102a BWG gestützten Abweisung des Überprüfungsantrags der Boden entzogen. Im fortzusetzenden Verfahren werden die Einwendungen der Antragsgegnerin, insbesondere auch gegen die Antragslegitimation der Antragsteller, zu prüfen sein.Der Verfassungsgerichtshof gab mit seinem Erkenntnis vom 28. 9. 2002, G 286/01-11, dem Antrag des Obersten Gerichtshofes statt und hob ohne Fristsetzung den zweiten Satz und die Wortfolge "Ist das Partizipationskapital nicht börsenotiert," im dritten Satz des Paragraph 102 a, Absatz 4, BWG als verfassungswidrig auf. Bedenken erwecke in dem hier zu beurteilenden Fall der Umstand, dass die Entscheidung über den Zeitpunkt der Einziehung des Partizipationskapitals von den Organen des betreffenden Kreditinstituts getroffen werde, von den Partizipanten nicht beeinflussbar sei und dass vor diesem Hintergrund die Berücksichtigung des Börsekurses bloß der letzten 20 Tage vor der Beschlussfassung zur Folge haben könne, dass eine Abfindung gewährt werde, die deutlich unter jenem Wert liege, der auf der Basis einer Unternehmensbewertung als angemessen anzusehen wäre. Eine solche Situation sei bei den Inhabern nicht börsenotierter Scheine durch das Gesetz ausgeschlossen, weil diese die Angemessenheit der angebotenen Abfindung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des Paragraph 2, Absatz 3, UmwG und Paragraph 225 c, Absatz eins und 2 AktG gerichtlich überprüfen lassen könnten. Sei aber die realistische Möglichkeit gegeben, dass der durchschnittliche Börsekurs der letzten 20 Tage zu einer unangemessenen niedrigen Abfindung führe, so müsste der Gesetzgeber, auch um eine unsachliche Schlechterstellung gegenüber den Inhabern nicht börsenotierter Partizipationsscheine zu vermeiden, den Inhabern börsenotierter Scheine ebenfalls das Recht einräumten, die Angemessenheit ihrer Abfindung überprüfen zu lassen. Diese Möglichkeit bestehe nach der geltenden Rechtslage aber nicht. Mit diesem Erkenntnis des VfGH ist klargestellt, dass die Inhaber von börsenotierten Partizipationsscheinen ein Recht auf gerichtliche Überprüfung der angebotenen Abfindung in Anwendung des Paragraph 2, Absatz 3, UmwG haben. Damit ist der allein auf die aufgehobenen Teile des Paragraph 102 a, BWG gestützten Abweisung des Überprüfungsantrags der Boden entzogen. Im fortzusetzenden Verfahren werden die Einwendungen der Antragsgegnerin, insbesondere auch gegen die Antragslegitimation der Antragsteller, zu prüfen sein.

Anmerkung

E68100 6Ob285.02h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00285.02H.1212.000

Dokumentnummer

JJT_20021212_OGH0002_0060OB00285_02H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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