Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Verena A*****, geboren am *****, und der mj. Kirstin A*****, geboren am *****, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Weiz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 22. Jänner 2002, GZ 2 R 31/02x-40, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gleisdorf vom 4. Dezember 2001, GZ 1 P 1874/95m-36, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Verfahren über den Revisionsrekurs wird wieder aufgenommen. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Das Erstgericht kürzte den Unterhalt der beiden Kinder aufgrund eines Herabsetzungsantrags des Vaters von je 6.800 S (= 494,18 EUR) monatlich auf je 6.000 S (= 436,04 EUR) monatlich ab 1. 7. 2001. Das Mehrbegehren, den Unterhalt um weitere 200 S (= 14,53 EUR) monatlich ab 1. 7. 2001 je Kind herabzusetzen, wies es rechtskräftig ab. Es stützte diese Entscheidung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001 B 1285/00 über die Kürzung des Geldunterhalts durch Anrechnung eines Teils der Familienbeihilfe gemäß § 12a FLAG.Das Erstgericht kürzte den Unterhalt der beiden Kinder aufgrund eines Herabsetzungsantrags des Vaters von je 6.800 S (= 494,18 EUR) monatlich auf je 6.000 S (= 436,04 EUR) monatlich ab 1. 7. 2001. Das Mehrbegehren, den Unterhalt um weitere 200 S (= 14,53 EUR) monatlich ab 1. 7. 2001 je Kind herabzusetzen, wies es rechtskräftig ab. Es stützte diese Entscheidung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001 B 1285/00 über die Kürzung des Geldunterhalts durch Anrechnung eines Teils der Familienbeihilfe gemäß Paragraph 12 a, FLAG.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs "über die Anrechenbarkeit von Transferleistungen auf die Unterhaltsverpflichtung" mangle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Minderjährigen ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
1. Vorgeschichte
Der Oberste Gerichtshof unterbrach das Verfahren mit Beschluss vom 30. 4. 2002 bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, § 12a des Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF BGBl 1977/646, (seinem ganzen Inhalt nach) als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002 hob der VfGH in § 12a FLAG die Wortfolge „und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach ferner aus, diese Wortfolge sei nicht mehr anzuwenden und es träten frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit. Der VfGH schrieb seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001 erläuterte Ansicht fort, es hätten nicht nur die Absetzbeträge (Unterhalts- und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen.Der Oberste Gerichtshof unterbrach das Verfahren mit Beschluss vom 30. 4. 2002 bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, Paragraph 12 a, des Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der Fassung BGBl 1977/646, (seinem ganzen Inhalt nach) als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002 hob der VfGH in Paragraph 12 a, FLAG die Wortfolge „und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach ferner aus, diese Wortfolge sei nicht mehr anzuwenden und es träten frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit. Der VfGH schrieb seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001 erläuterte Ansicht fort, es hätten nicht nur die Absetzbeträge (Unterhalts- und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen.
2. Kürzung des festgestellten Geldunterhaltsanspruchs zufolge der steuerlichen Entlastung
Nach Aufhebung der erwähnten Wortfolge in § 12a FLAG ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung - in verfassungskonformer Auslegung des § 140 ABGB um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (so schon 1 Ob 79/02b; 1 Ob 27/02f; 3 Ob 141/02k; 3 Ob 8/02a; 4 Ob 52/02d; 4 Ob 46/02x ua).Nach Aufhebung der erwähnten Wortfolge in Paragraph 12 a, FLAG ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung - in verfassungskonformer Auslegung des Paragraph 140, ABGB um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (so schon 1 Ob 79/02b; 1 Ob 27/02f; 3 Ob 141/02k; 3 Ob 8/02a; 4 Ob 52/02d; 4 Ob 46/02x ua).
3. Ergebnis für den Anlassfall
Die Revisionsrekurswerber wenden sich nicht gegen das von den Vorinstanzen auf der Grundlage des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001 B 1285/00 erzielte rechnerische Ergebnis der Kürzung ihres Geldunterhaltsanspruchs. Sie wenden sich bloß im Grundsätzlichen gegen das zitierte Erkenntnis und verfechten den Standpunkt, "die Anrechnung von Transferleistungen würde eine Ungleichbehandlung nicht nur von unterhaltsberechtigten Kindern, sondern auch von geldunterhaltspflichtigen und betreuenden Elternteile(n) bedeuten, da nur gutverdienende unterhaltspflichtige Elternteile besonders von dieser Unterhaltsbemessung profitieren würden". Dieser Ansicht ist nach dem unter 1. bezeichneten Aufhebungserkenntnis des Verfassungsgerichtshofs und den Erwägungen unter 2. der Boden entzogen.
Dem Revisionsrekurs ist somit nicht Folge zu geben.
Anmerkung
E67778 1Ob72.02y-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00072.02Y.1213.000Dokumentnummer
JJT_20021213_OGH0002_0010OB00072_02Y0000_000