Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1) Adam S*****, geboren am *****, und 2) Jakob S*****, geboren am *****, infolge ordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Dr. Said Mohamad Kanaan E*****, derzeit unbekannten Aufenthalts, vertreten durch Dr. Franz Hufnagl, Rechtsanwalt in Gmunden, als Abwesenheitskurator, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 18. Juli 2002, GZ 21 R 197/02y-65, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 21. Mai 2002, GZ 1 P 150/98x-61, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden - abgesehen von den bereits in Rechtskraft erwachsenen Zusprüchen von 237,64 EUR monatlich ab dem 1. 3. 2000 für den mj. Adam und 145,35 EUR vom 1. 3. bis 30. 6. 2000 und 147,53 EUR ab 1. 7. 2000 jeweils monatlich für den mj. Jakob sowie der bereits in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des 295 EUR übersteigenden monatlichen Unterhaltsbegehrens des mj. Jakob vom 1. 3. 2000 bis 31. 1. 2001 von insgesamt 68,36 EUR - aufgehoben.
Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Der Revisionsrekurswerber hat die für den Revisionsrekurs verzeichneten Kosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Revisionsrekurswerber ist der uneheliche Vater des am 9. 1. 1993 geborenen Adam und des am 3. 2. 1998 geborenen Jakob. Die Eltern der Kinder, die in Lebensgemeinschaft gelebt hatten, trennten sich am 1. 3. 2000. Die Kinder werden in Gmunden im Haushalt der Mutter betreut. Der Vater war seit 1. 7. 1992 bei der oö. Gebietskrankenkasse als Zahnarzt beschäftigt und bezog 1999 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 40.163 S (= 2.918,76 EUR) monatlich; vom 1. 1. bis 30. 8. 2000 betrug sein durchschnittliches Nettoeinkommen 42.406 S (3.081,76 EUR) monatlich. Vom 1. 9. 2000 bis 2. 9. 2001 gewährte ihm der Dienstgeber Sonderurlaub. Danach meldete er sich beim Dienstgeber nicht mehr. Das Dienstverhältnis wurde sodann wegen eines unbegründeten vorzeitigen Austritts des Vaters aufgelöst. Seine derzeitigen Lebensumstände sind nicht bekannt. Unbekannt ist auch, ob der Vater weitere gesetzliche Sorgepflichten hat.
Am 19. 10. 2000 beantragten die Minderjährigen, ihrem Vater ab 1. 3. 2000 einen monatlichen Geldunterhalt von 6.500 S (= 472,37 EUR) für Adam und 5.000 S (= 363,36 EUR) für Jakob aufzuerlegen. Er halte sich möglicherweise in Ghana auf, um "sich dort eine eigene Praxis" als Zahnarzt aufzubauen. Es sei nicht auszuschließen, dass er nach seiner beruflichen Qualifikation ein hohes Einkommen auch in Ghana erzielen könne.
Mit Beschluss vom 14. 3. 2002 bestellte das Erstgericht wegen des unbekannten Aufenthalts des Vaters einen Rechtsanwalt zum Abwesenheitskurator. Dieser wendete ein, der Vater wäre auch bei größter Anstrengung nicht in der Lage, in Ghana das gleiche Einkommen als Zahnarzt wie in Österreich zu erzielen. Da der Unterhalt erstmals festzusetzen und dessen Aufenthalt schon seit längerer Zeit unbekannt sei, dürfe er nicht auf die Erzielung seines letzten Einkommens in Österreich als Unterhaltsbemessungsgrundlage angespannt werden. Es stehe nicht einmal fest, ob der Vater noch lebe. Jedenfalls dürfe kein Geldunterhalt festgesetzt werden, der den Regelbedarf gleichaltriger Kinder übersteige.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater, für Adam ab dem 1. 3. 2000 472,37 EUR und für Jakob 295 EUR vom 1. 3. 2000 bis 31. 1. 2001 und 363,36 EUR ab dem 1. 2. 2001 an monatlichem Unterhalt zu zahlen. Das Mehrbegehren von Jakob von 68,36 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. 3. 2000 bis 31. 1. 2001 wies es ab. Nach dessen Ansicht kann ein Unterhaltspflichtiger auch bei der erstmaligen Unterhaltsfestsetzung auf sein letztes Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage angespannt werden. Auf dieser Grundlage sei ein väterliches Nettoeinkommen von rund 42.400 S (= 3.081,33 EUR) monatlich maßgebend. Adam habe einen Unterhaltsanspruch von 17 %, Jakob einen solchen von 15 % dieses Einkommens. Der Geldunterhalt sei jedoch mit dem zweifachen Regelbedarf gleichaltriger Kinder zu begrenzen, was bei Jakob zur Abweisung eines Teils des Unterhaltsbegehrens führe.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Unterhaltspflichtige habe auch im Fall einer Erstbemessung die "Verschlechterung seiner zuletzt bestehenden Lebensverhältnisse" zu behaupten und zu beweisen. Der dieser Leitlinie widersprechenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 94/98z sei nicht beizutreten. Es sei zwar auch in der Entscheidung 7 Ob 578/90 (= SZ 63/95) ausgesprochen worden, die Anspannungstheorie sei gegen einen abwesenden Unterhaltspflichtigen bei der Erstbemessung nicht anwendbar, nach deren Sachverhalt sei jedoch "ein Zeitraum von 15 Jahren zwischen den Bemessungen" verflossen. Hier sei der Geldunterhalt der Kinder bis zum 30. 8. 2000 ohnehin noch nach dem realen Einkommen des Vaters zu bemessen. Für den Zeitraum des Sonderurlaubs vom 1. 9. 2000 bis 2. 9. 2001 hätte sich der Vater "auf den Entfall jeglicher Bezüge gleichfalls nur dann berufen können, wenn hiefür ein gerechtfertigter Grund hervorgekommen wäre". Angesichts des unbekannten Aufenthalts eines Unterhaltspflichtigen liege es nahe, dass er sich einer ihm bekannten Unterhaltspflicht entziehen wolle. Einem Ausländer sei zwar die Rückkehr in seine Heimat zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht verwehrt, bei einem "Wohnsitzwechsel (auch) zur Umgehung der Unterhaltspflicht" seien jedoch Unterhaltsansprüche nach dem "in Österreich erzielbaren Einkommen" zu bemessen. Lediglich dann, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Verlegung seines Wohnsitzes nicht als Umgehung der Unterhaltspflicht vorwerfbar sei, diene das Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage, das er im Ausland erzielen könne. Im Anlassfall sei aus dem Verhalten des Vaters eine "Unterhaltsverkürzungsabsicht" ablesbar. Es sei daher gerechtfertigt, das von ihm im Inland zuletzt erzielte Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage heranzuziehen. Soweit sich der Rekurswerber auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001 B 1285/00 als Grundlage für eine Minderung seiner Geldunterhaltspflicht berufe, sei dieser Ansicht über die Kürzung von Unterhaltsansprüchen nicht beizutreten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei schon wegen der unterschiedlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs zur Auslegung des § 12a FLAG zulässig. Es bedürfe jedoch auch einer "Klarstellung der Divergenz zwischen den Entscheidungen 9 Ob 364/97p und den im Unterhaltsvorschussverfahren ... ergangenen Judikaten 1 Ob 94/98z und SZ 63/95".
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist im Rahmen des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Anspannung
1. 1. Der Oberste Gerichtshof erläuterte in der Entscheidung 9 Ob 364/97p auf der Grundlage seiner ständigen Rechtsprechung, ein Unterhaltspflichtiger, dem die Unterhaltsverpflichtung bekannt sei, sei gemäß § 140 Abs 1 ABGB - ungeachtet seines unbekannten Aufenthaltsorts im Ausland - nach den Grundsätzen der Anspannungstheorie zu einer Unterhaltsleistung zu verhalten. Diese Leitlinie beziehe sich in der Entscheidung 1 Ob 556/80 (= SZ 53/54) auf die Erledigung eines Antrags auf Erhöhung eines schon früher vertraglich festgelegten Geldunterhalts. Danach sei bis zum Beweis des Gegenteils von jenen Verhältnissen auszugehen, die die erstmalige Festsetzung des Geldunterhalts getragen hätten. Der Unterhaltspflichtige habe nach den allgemeinen Beweislastregeln eine ihn entlastende Änderung der Verhältnisse durch die Verminderung seiner Leistungsfähigkeit zu beweisen. Seit der Entscheidung 8 Ob 543/90 (= SZ 63/40) sei diese Beweislastregel auch dann anzuwenden, wenn ein Unterhaltstitel noch nicht bestehe, jedoch die für die Schaffung eines solchen Titels maßgebenden Tatsachen zur Zeit des letzten bekannten Aufenthalts des Unterhaltspflichtigen noch feststellbar seien. Auf dieser Grundlage sei der vom Unterhaltspflichtigen zu leistende Unterhalt unter Heranziehung der Anspannungstheorie zu bemessen, wenn der Leistungspflichtige eine ihn entlastende Veränderung der Verhältnisse nicht bewiesen habe. Die allgemeinen Beweislastregeln seien auch in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Außerstreitverfahren maßgebend, wenngleich zur subjektiven Beweislast die Verpflichtung des Gerichts hinzutrete, die entscheidungswesentlichen Tatsachen auch ohne Parteibehauptungen zu erheben. Sei indes der Beweis für erhebliche Tatsachen trotz Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes nicht erbracht worden, so sei nach den allgemeinen Beweislastregeln zu beurteilen, wen die Unmöglichkeit der Beweisführung belaste. Im Unterhaltsverfahren habe daher der Unterhaltspflichtige seine Unfähigkeit zur Leistung des seiner gesetzlichen Verpflichtung unter Anspannung seiner Kräfte entsprechenden Geldunterhalts zu beweisen.1. 1. Der Oberste Gerichtshof erläuterte in der Entscheidung 9 Ob 364/97p auf der Grundlage seiner ständigen Rechtsprechung, ein Unterhaltspflichtiger, dem die Unterhaltsverpflichtung bekannt sei, sei gemäß § 140 Absatz eins, ABGB - ungeachtet seines unbekannten Aufenthaltsorts im Ausland - nach den Grundsätzen der Anspannungstheorie zu einer Unterhaltsleistung zu verhalten. Diese Leitlinie beziehe sich in der Entscheidung 1 Ob 556/80 (= SZ 53/54) auf die Erledigung eines Antrags auf Erhöhung eines schon früher vertraglich festgelegten Geldunterhalts. Danach sei bis zum Beweis des Gegenteils von jenen Verhältnissen auszugehen, die die erstmalige Festsetzung des Geldunterhalts getragen hätten. Der Unterhaltspflichtige habe nach den allgemeinen Beweislastregeln eine ihn entlastende Änderung der Verhältnisse durch die Verminderung seiner Leistungsfähigkeit zu beweisen. Seit der Entscheidung 8 Ob 543/90 (= SZ 63/40) sei diese Beweislastregel auch dann anzuwenden, wenn ein Unterhaltstitel noch nicht bestehe, jedoch die für die Schaffung eines solchen Titels maßgebenden Tatsachen zur Zeit des letzten bekannten Aufenthalts des Unterhaltspflichtigen noch feststellbar seien. Auf dieser Grundlage sei der vom Unterhaltspflichtigen zu leistende Unterhalt unter Heranziehung der Anspannungstheorie zu bemessen, wenn der Leistungspflichtige eine ihn entlastende Veränderung der Verhältnisse nicht bewiesen habe. Die allgemeinen Beweislastregeln seien auch in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Außerstreitverfahren maßgebend, wenngleich zur subjektiven Beweislast die Verpflichtung des Gerichts hinzutrete, die entscheidungswesentlichen Tatsachen auch ohne Parteibehauptungen zu erheben. Sei indes der Beweis für erhebliche Tatsachen trotz Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes nicht erbracht worden, so sei nach den allgemeinen Beweislastregeln zu beurteilen, wen die Unmöglichkeit der Beweisführung belaste. Im Unterhaltsverfahren habe daher der Unterhaltspflichtige seine Unfähigkeit zur Leistung des seiner gesetzlichen Verpflichtung unter Anspannung seiner Kräfte entsprechenden Geldunterhalts zu beweisen.
1. 2. Die Erstbemessung beruht - wie in dem der Entscheidung 9 Ob 364/97p zugrunde liegenden Fall - für einen Teil des Bemessungszeitraums, der im nunmehrigen Anlassfall mit dem 1. 3. 2000 beginnt, nicht auf einem fiktiven, sondern auf einem realen Einkommen des Vaters, erzielte doch der Vater noch bis zum 30. 8. 2000 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 42.406 S (3.081,76 EUR) monatlich. Angesichts dessen kommen die unter 1. 1. referierten Grundsätze zur Beweislast des Unterhaltspflichtigen, an denen der erkennende Senat festhält, zum Tragen. Danach hätte der Vater zu beweisen gehabt, dass sich seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach Beendigung seiner Berufstätigkeit in Österreich verschlechtert habe und daher die bisherige Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht mehr unverändert fortgeschrieben werden könne. Dieser Beweis ist dem Vater nicht gelungen. Gegen die soeben erläuterte Rechtslage lässt sich - entgegen der Ansicht des Rekursgerichts - auch nicht die Entscheidung 1 Ob 94/98z ins Treffen führen. Nach deren Sachverhalt sollte die Erstbemessung des Unterhaltsanspruchs nach dem Antrag im Titelverfahren auf der Grundlage eines Einkommens erfolgen, das der Unterhaltspflichtige mehr als drei Jahre vor seinem Untertauchen erzielt haben soll. Dort war der Unterhaltspflichtige schon seit dem 17. 6. 1992 unbekannten Aufenthalts, die Unterhaltsfestsetzung wurde im Antrag vom 17. 10. 1995 dagegen erst ab dem 1. 11. 1992 begehrt. Demnach ist eine Divergenz der Entscheidung 1 Ob 94/98z von der zuvor erläuterten Rechtslage nicht erkennbar, war doch nach deren Sachverhalt nicht ein erst während des Bemessungszeitraums weggefallenes Realeinkommen - und somit auch nicht das hier bedeutsame Beweislastproblem - Gegenstand der rechtlichen Erwägungen. Soweit der Revisionsrekurswerber den Standpunkt verficht, bei der Erstbemessung sei die "Anspannungstheorie zur Festsetzung des Unterhalts ... gegen den abwesenden Unterhaltsverpflichteten überhaupt nicht anwendbar", missachtet er, dass es - nach allen bisherigen Gründen - an ihm gelegen wäre, die behauptete Verringerung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beweisen.
2. Familienbeihilfe und Steuerentlastung
2. 1. Der Oberste Gerichtshof beantragte gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass mehrerer Rechtsmittel, den § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002 hob der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLAG die Wortfolge „und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach ferner aus, diese Wortfolge sei nicht mehr anzuwenden und es träten frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit. Der Verfassungsgerichtshof schrieb seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001 erläuterte Ansicht fort, es hätten nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen.2. 1. Der Oberste Gerichtshof beantragte gemäß Art 89 Absatz 2, B-VG (Art 140 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass mehrerer Rechtsmittel, den § 12a FLAG 1967 in der Fassung BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002 hob der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLAG die Wortfolge „und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach ferner aus, diese Wortfolge sei nicht mehr anzuwenden und es träten frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit. Der Verfassungsgerichtshof schrieb seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001 erläuterte Ansicht fort, es hätten nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen.
2. 2. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 19. Juni 2002 wurde am 13. 9. 2002 kundgemacht (BGBl I 2002/152). In diesem Zeitpunkt war das Unterhaltsbemessungsverfahren schon gerichtshängig. Das Rekursgericht erkannte am 18. 7. 2002. Es konnte daher auf das erörterte Erkenntnis noch nicht Bedacht nehmen. Der Entscheidung über den Revisionsrekurs des Vaters ist indes bereits der § 12a FLAG in der ab 13. 9. 2002 geltenden Fassung zugrunde zu legen, ist doch seither die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" nicht mehr anzuwenden.
3. Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs
Nach Aufhebung der erwähnten Wortfolge in § 12a FLAG ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung - in verfassungskonformer Auslegung des § 140 ABGB um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (so schon 1 Ob 183/02x; 1 Ob 182/02z; 1 Ob 79/02b; 3 Ob 141/02k; 3 Ob 8/02a; 4 Ob 52/02d; 4 Ob 46/02x ua).
Da die Kürzung des nach rein unterhaltsrechtlichen Kriterien bemessenen Geldunterhalts zur steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen vorzunehmen ist, wird dessen belastbares Einkommen in steuerrechtlicher Betrachtungsweise um die Unterhaltszahlungen - vergleichbar Steuerfreibeträgen - verringert, sodass sich diese Leistungen zunächst so auswirken, wie wenn die Unterhaltsbeträge aus dem der jeweils höchsten in Betracht kommenden Steuerprogressionsstufe unterworfenen Teil des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zu bestreiten wären. Die teilweise Anrechnung staatlicher Transferleistungen auf den Geldunterhaltsanspruch von Kindern erfüllt sodann gleichsam die Funktion des im Einzelfall real zu gewährenden Rückflusses an Steuern in das Vermögen des Unterhaltsschuldners zu Lasten der Kinder. Sollte daher der Geldunterhalt nicht zur Gänze aus jenem Teil des Einkommens, der nach den tieferstehenden Erwägungen dem höchsten jeweils in Betracht kommenden (reduzierten) Steuersatz unterliegt, finanzierbar sein, sodass ein Teil des Geldunterhalts aus einem Teil des Einkommens zu decken ist, der mit einem geringeren (reduzierten) Steuersatz belastet ist, so ergibt sich die Kürzung des Unterhaltsanspruchs aus den summierten Ergebnissen zweier Prozentrechnungen. Dann sind auf die in unterschiedliche Progressionsstufen fallenden Einkommensteile zur Deckung des gesamten Geldunterhalts die jeweils bedeutsamen (reduzierten) Steuersätze als Berechnungsgrundlage anzuwenden. Die erörterten Steuersätze sind nach dem für deren Bestimmung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen - des 13. und des 14. Monatsbezugs - zu ermitteln. Nach § 33 Abs 1 EStG beträgt die Einkommensteuer für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Nach dem Berechnungsmodell des Verfassungsgerichtshofs erfasst die gebotene steuerliche Entlastung die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts. Insofern ist der jeweilige Steuersatz maßgebend. Dieser ist jedoch jeweils um etwa 20 % zu reduzieren. Daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % linear auf 33 % und der von 31 % linear auf 25 % zu kürzen. Dann ist vom halben Unterhaltsbetrag jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Als Ergebnis dessen erhält man den Betrag, von dem vorweg der Unterhaltsabsetzbetrag als Transferleistung an den Geldunterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Der Rest ist die Grundlage für die weitere Berechnung zur Ermittlung des für den bemessenen Geldunterhalt maßgebenden Kürzungsfaktors.Da die Kürzung des nach rein unterhaltsrechtlichen Kriterien bemessenen Geldunterhalts zur steuerlichen Entlastung des Unterhaltspflichtigen vorzunehmen ist, wird dessen belastbares Einkommen in steuerrechtlicher Betrachtungsweise um die Unterhaltszahlungen - vergleichbar Steuerfreibeträgen - verringert, sodass sich diese Leistungen zunächst so auswirken, wie wenn die Unterhaltsbeträge aus dem der jeweils höchsten in Betracht kommenden Steuerprogressionsstufe unterworfenen Teil des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zu bestreiten wären. Die teilweise Anrechnung staatlicher Transferleistungen auf den Geldunterhaltsanspruch von Kindern erfüllt sodann gleichsam die Funktion des im Einzelfall real zu gewährenden Rückflusses an Steuern in das Vermögen des Unterhaltsschuldners zu Lasten der Kinder. Sollte daher der Geldunterhalt nicht zur Gänze aus jenem Teil des Einkommens, der nach den tieferstehenden Erwägungen dem höchsten jeweils in Betracht kommenden (reduzierten) Steuersatz unterliegt, finanzierbar sein, sodass ein Teil des Geldunterhalts aus einem Teil des Einkommens zu decken ist, der mit einem geringeren (reduzierten) Steuersatz belastet ist, so ergibt sich die Kürzung des Unterhaltsanspruchs aus den summierten Ergebnissen zweier Prozentrechnungen. Dann sind auf die in unterschiedliche Progressionsstufen fallenden Einkommensteile zur Deckung des gesamten Geldunterhalts die jeweils bedeutsamen (reduzierten) Steuersätze als Berechnungsgrundlage anzuwenden. Die erörterten Steuersätze sind nach dem für deren Bestimmung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen - des 13. und des 14. Monatsbezugs - zu ermitteln. Nach § 33 Absatz eins, EStG beträgt die Einkommensteuer für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Nach dem Berechnungsmodell des Verfassungsgerichtshofs erfasst die gebotene steuerliche Entlastung die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts. Insofern ist der jeweilige Steuersatz maßgebend. Dieser ist jedoch jeweils um etwa 20 % zu reduzieren. Daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % linear auf 33 % und der von 31 % linear auf 25 % zu kürzen. Dann ist vom halben Unterhaltsbetrag jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Als Ergebnis dessen erhält man den Betrag, von dem vorweg der Unterhaltsabsetzbetrag als Transferleistung an den Geldunterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Der Rest ist die Grundlage für die weitere Berechnung zur Ermittlung des für den bemessenen Geldunterhalt maßgebenden Kürzungsfaktors.
4. Ergebnis im Anlassfall
4. 1. Nach allen bisherigen Gründen beruft sich der Vater zu Recht auf eine durch die Kürzung der Geldunterhaltsansprüche seiner Kinder zu gewährende steuerliche Entlastung. Es mangelt allerdings an Feststellungen, die nach den Erwägungen unter 3. die Grundlage für die Berechnung des Kürzungsfaktors bilden. Das Erstgericht wird daher das für die Ermittlung der Steuersätze im Anlassfall maßgebende Jahreseinkommen des Vaters unter Ausklammerung der Sonderzahlungen festzustellen haben. Das betrifft auch Zeiträume, in denen der Vater auf die Erzielung eines bestimmten Einkommens angespannt wird. Erst dann wird die Berechnung des erörterten Kürzungsfaktors möglich sein (siehe zu Berechnungsmodellen etwa 1 Ob 183/02x; 3 Ob 141/02k).
4. 2. Der Vater beantragte, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass den Kindern "der Regelbedarf zugesprochen wird". Nach diesem - inhaltlich noch bestimmbaren - Rechtsmittelantrag blieb die Entscheidung des Rekursgerichts soweit unangefochten, als die Zuerkennung eines Geldunterhalts in der Höhe des Regelbedarfs gleichaltriger Kinder bestätigt wurde. In diesem Umfang ist die vom Erstgericht vorgenommene Unterhaltsfestsetzung rechtskräftig. Die maßgebenden Beträge ergeben sich aus dem Spruch dieser Entscheidung.
4. 3. Im Außerstreitverfahren zur Bestimmung des Geldunterhalts für Kinder findet ein Kostenersatz nicht statt. Der Vater hat daher die für den Revisionsrekurs verzeichneten Kosten selbst zu tragen (1 Ob 27/02f; EvBl 1995/126).
Textnummer
E67773European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00262.02I.1213.000Im RIS seit
12.01.2003Zuletzt aktualisiert am
17.02.2011