TE OGH 2002/12/18 15R174/02x

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Veröffentlicht am 18.12.2002
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr.Ertl als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Rechberger und Dr.Pfiel in der Rechtssache der klagenden Partei W***** G*****, W*****, 1101 Wien, vertreten durch Dr. Amhof & Dr. Damian, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wider die beklagte Partei Dr. M***** S*****, R*****, R*****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des D*****.M***** N***** (1***** des Bezirksgerichtes L*****) wegen Feststellung (Streitwert: €30.451,09) über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.5.2002, 3Cg82/01b-17, gemäß §473 Abs.1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDas Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr.Ertl als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Rechberger und Dr.Pfiel in der Rechtssache der klagenden Partei W***** G*****, W*****, 1101 Wien, vertreten durch Dr. Amhof & Dr. Damian, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wider die beklagte Partei Dr. M***** S*****, R*****, R*****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des D*****.M***** N***** (1***** des Bezirksgerichtes L*****) wegen Feststellung (Streitwert: €30.451,09) über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 29.5.2002, 3Cg82/01b-17, gemäß §473 Absatz , ZPO in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Berufung wirdFolgegegeben. Das angefochtene Urteil wird einschließlich des seit dem 28.6.2001 in der Sache selbst durchgeführten Verfahrens alsnichtigaufgehoben und dem Erstgericht eine formelle Entscheidung über den Antrag der klagenden Partei auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens aufgetragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Über das Vermögen des ursprünglichen Beklagten D*****.M***** N***** wurde mit Beschluss vom 28.6.2001 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und Dr. M***** S***** zur Masseverwalterin bestellt. Mit ihrem am 6.11.2001 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz (ON 11) beantragte die Klägerin, "das Verfahren als Feststellungsbegehren gegen die nunmehr beklagte Partei (Masseverwalterin) fortzusetzen". Hingegen wurden die beklagten Parteien im Rubrum des Schriftsatzes wie folgt bezeichnet: 1.) Dr. M***** S***** als Masseverwalterin und

2.) G***** O*****, K*****. Hiezu führte die Klägerin aus, dass die im Konkurs angemeldete Forderung nicht nur von der Masseverwalterin, sondern überdies vom Konkursgläubiger G***** O***** bestritten worden sei (AS 22).

Am 18.12.2001 langte ein weiterer Schriftsatz der Klägerin mit dem Antrag, "den Fortsetzungsantrag dahingehend zu berichtigen, dass der Zweitbeklagte G***** O***** in diesem Verfahren gestrichen wird", ein. Der Genannte habe "mit diesem Verfahren nichts zu tun" (ON 12). Hierauf beraumte das Erstgericht eine Streitverhandlung für den 13.2.2002 an, zu der es die Klägerin sowie die Masseverwalterin lud. In dieser Tagsatzung, in der die Verhandlung geschlossen wurde, wendete die Masseverwalterin unter anderem ein, das Verfahren wäre gegen alle Bestreitende fortzusetzen gewesen, weil diese eine notwendige einheitliche Streitpartei bildeten.

Nach Schluss der Verhandlung stellte die Klägerin den Antrag auf Wiedereröffnung der Verhandlung. Sie führte darin aus, nach Einlangen ihres Fortsetzungsantrages sei der Klagevertreter vom Verhandlungsrichter angerufen und zur Berichtigung des Klagebegehrens dahingehend aufgefordert worden, dass nur die Masseverwalterin Beklagte sein könne. Aus diesem Grund sei der Berichtigungsantrag, wonach der Zweitbeklagte G***** O***** "in diesem Verfahren gestrichen" werden solle, gestellt worden. Richtigerweise sei das Verfahren tatsächlich, wie von der Masseverwalterin eingewendet, sowohl gegen diese als auch gegen den bestreitenden Gläubiger weiterzuführen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, gemäß §110 KO könnten Gläubiger, deren Forderungen in Ansehung der Richtigkeit oder Rangordnung streitig geblieben seien, deren Feststellung, sofern der Rechtsweg zulässig sei, mittels Klage geltend machen, die gegen alle Bestreitenden zu richten sei (§14 ZPO). Dies gelte gemäß §113 KO auch für die Fortsetzung und Entscheidung der gegen den Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung anhängig gewesenen und unterbrochenen Rechtsstreitigkeiten. Im Konkursverfahren sei die Forderung der Klägerin von der Masseverwalterin und vom Konkursgläubiger G***** O***** bestritten worden. Das Verfahren könne daher nur gegen beide fortgesetzt werden, welche eine einheitliche Streitpartei bildeten. Das Klagebegehren sei daher wegen fehlender Passivlegitimation abzuweisen. Das Erstgericht verneinte auch die Voraussetzungen zur Wiedereröffnung der Verhandlung nach §194 ZPO und merkte an, dass es sich bei einem allfälligen Anruf des Richters in der Kanzlei des Klagevertreters keineswegs um einen bindenden gerichtlichen Beschluss oder Auftrag gehandelt habe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin mit dem Antrag, es im stattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Masseverwalterin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Zur Zulässigkeit der Berufung:

Wie noch auszuführen ist, ist die infolge Konkurseröffnung eingetretene Unterbrechungswirkung mangels Wiederaufnahmebeschlusses bislang nicht weggefallen. Trotz der Unterbrechung sind jedoch Rechtsmittel, mit denen Verstöße gegen die Unterbrechungstatbestände geltend gemacht werden, zulässig (Gitschthaler/Rechberger ZPO² Rz5 zu §163; EvBl 1999/130). Da die Berufung im Ergebnis eine solche Frage releviert, liegt ein zulässiges Rechtsmittel vor. Es ist auch berechtigt.

Zur Aufnahme eines nach § 7 Abs.1 KO unterbrochenen Verfahrens bedarf es grundsätzlich eines ausdrücklichen Gerichtsbeschlusses, welchem eine Prüfung der Voraussetzungen der Wiederaufnahme aufgrund des - hier von der Klägerin gestellten - schriftlichen Antrags vorauszugehen hat (Gitschthaler aa0, Rz 7 zu §166, MietSlg. 48.732, RIS-Justiz RS0037128). Zwar sind Konstellationen denkbar, bei denen ein förmlicher Wiederaufnahme (Fortsetzungs-)Beschluss einen bloßen Formalismus darstellen würde und aus diesem Grund entbehrlich erscheint (vgl 6Ob79/99g = JBl 1999, 818), ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.Zur Aufnahme eines nach Paragraph 7, Absatz , KO unterbrochenen Verfahrens bedarf es grundsätzlich eines ausdrücklichen Gerichtsbeschlusses, welchem eine Prüfung der Voraussetzungen der Wiederaufnahme aufgrund des - hier von der Klägerin gestellten - schriftlichen Antrags vorauszugehen hat (Gitschthaler aa0, Rz 7 zu §166, MietSlg. 48.732, RIS-Justiz RS0037128). Zwar sind Konstellationen denkbar, bei denen ein förmlicher Wiederaufnahme (Fortsetzungs-)Beschluss einen bloßen Formalismus darstellen würde und aus diesem Grund entbehrlich erscheint vergleiche 6Ob79/99g = JBl 1999, 818), ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Die Klägerin hat in ihrem Fortsetzungsantrag ON 11 darauf hingewiesen, dass die im Konkurs angemeldete Forderung nicht nur vom Masseverwalter, sondern überdies vom Konkursgläubiger G***** O***** bestritten worden sei. Dieser wurde im Rubrum des Schriftsatzes als Zweitbeklagter angeführt. In der Folge hat die Klägerin ihren Fortsetzungsantrag, aus welchem Grund auch immer, dahingehend berichtigt, dass der Konkursgläubiger zu "streichen" sei. Damit waren die Parteirollen in dem als Prüfungsprozess gegen alle Bestreitenden fortzusetzenden Rechtsstreit (§§ 113, 110 Abs.1 KO) zumindest zweifelhaft. Bei der Prüfung der Voraussetzungen der Wiederaufnahme war daher nicht nur zu erheben, ob die Klageforderung im Konkurs angemeldet, sondern auch, von wem sie (neben dem Masseverwalter) bestritten wurde. Erst danach kam eine Bewilligung des Antrages auf Wiederaufnahme in Betracht. Im Fall eines solcherart bestehenden Bedürfnisses nach Rechtsklarheit bedeutet ein formeller Fortsetzungsbeschluss auch keinen unnötigen Formalismus, weil damit die Parteien des Prüfungsprozesses bindend festgelegt werden (vgl Gitschthaler aa0, Rz 9 zu §166; dazu auch §477 Abs.1 Z 4 ZPO). Damit erweist sich die Berufung, welche im Ergebnis zutreffend die gesetzwidrige Behandlung des Fortsetzungsantrages durch das Erstgericht aufzeigt, als berechtigt. Die trotz aufrechter Unterbrechungswirkung ergangene Entscheidung des Erstgerichtes war als nichtig aufzuheben (Gitschthaler aa0, Rz 11 zu §163); dasselbe gilt gemäß §477 Abs.1 ZPO für das vor der Wiederaufnahme in der Hauptsache durchgeführte Verfahren. Gemäß §473 Abs.1 ZPO hatte die Entscheidung - ungeachtet des von der Klägerin gestellten Antrages auf Anberaumung einer Berufungsverhandlung - in nichtöffentlicher Sitzung zu ergehen.Die Klägerin hat in ihrem Fortsetzungsantrag ON 11 darauf hingewiesen, dass die im Konkurs angemeldete Forderung nicht nur vom Masseverwalter, sondern überdies vom Konkursgläubiger G***** O***** bestritten worden sei. Dieser wurde im Rubrum des Schriftsatzes als Zweitbeklagter angeführt. In der Folge hat die Klägerin ihren Fortsetzungsantrag, aus welchem Grund auch immer, dahingehend berichtigt, dass der Konkursgläubiger zu "streichen" sei. Damit waren die Parteirollen in dem als Prüfungsprozess gegen alle Bestreitenden fortzusetzenden Rechtsstreit (Paragraphen 113,, 110 Absatz , KO) zumindest zweifelhaft. Bei der Prüfung der Voraussetzungen der Wiederaufnahme war daher nicht nur zu erheben, ob die Klageforderung im Konkurs angemeldet, sondern auch, von wem sie (neben dem Masseverwalter) bestritten wurde. Erst danach kam eine Bewilligung des Antrages auf Wiederaufnahme in Betracht. Im Fall eines solcherart bestehenden Bedürfnisses nach Rechtsklarheit bedeutet ein formeller Fortsetzungsbeschluss auch keinen unnötigen Formalismus, weil damit die Parteien des Prüfungsprozesses bindend festgelegt werden vergleiche Gitschthaler aa0, Rz 9 zu §166; dazu auch §477 Absatz , Ziffer 4, ZPO). Damit erweist sich die Berufung, welche im Ergebnis zutreffend die gesetzwidrige Behandlung des Fortsetzungsantrages durch das Erstgericht aufzeigt, als berechtigt. Die trotz aufrechter Unterbrechungswirkung ergangene Entscheidung des Erstgerichtes war als nichtig aufzuheben (Gitschthaler aa0, Rz 11 zu §163); dasselbe gilt gemäß §477 Absatz , ZPO für das vor der Wiederaufnahme in der Hauptsache durchgeführte Verfahren. Gemäß §473 Absatz , ZPO hatte die Entscheidung - ungeachtet des von der Klägerin gestellten Antrages auf Anberaumung einer Berufungsverhandlung - in nichtöffentlicher Sitzung zu ergehen.

Das Erstgericht wird daher nach Prüfung der Voraussetzungen der beantragten Wiederaufnahme darüber einen formellen Beschluss zu fassen haben, aus dem sich auch die Parteien des als Prüfungsprozess fortzuführenden Verfahrens ergeben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf §52 ZPO.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00438 15R174.02x

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2002:01500R00174.02X.1218.000

Dokumentnummer

JJT_20021218_OLG0009_01500R00174_02X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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