TE OGH 2002/12/18 9Ob4/02g

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Veröffentlicht am 18.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache mj. Carmen G*****, und mj. Martin G*****, aus Anlass des Revisionsrekurses des Vaters Helmut G*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 12. November 2001, GZ 51 R 142/01k-53, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 5. Oktober 2001, GZ 2 P 77/96k-49, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen über die Erhöhungsanträge der Kinder werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Der Vater Helmut G***** ist schuldig, über die mit Beschluss vom 15. 5. 2001 bereits auferlegten Unterhaltsbeiträge von S 5.500 bzw S

4.500 hinaus zum Unterhalt der mj Carmen rückwirkend ab 1. 10. 2000 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 114 (EUR 8,28), insgesamt daher von S 5.614 (= EUR 408) und für den mj Martin ab 1. 3. 2000 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbeitrag von S 613 (EUR 44,55), insgesamt daher von S 5.113 (= EUR 371,60), zu Handen der Mutter Karin G***** zu zahlen."

Text

Begründung:

Die vom Vater zu zahlenden monatlichen Unterhaltsbeiträge waren zuletzt mit S 5.500 für Carmen und S 4.500 für Martin festgesetzt. Die Mutter beantragte namens der Kinder unter Hinweis auf ein gestiegenes Einkommen des Vaters sowie das erhöhte Lebensalter der Kinder monatliche Unterhaltsbeiträge von S 6.000 ab 1. 10. 2000 für Carmen und von S 5.400 ab 1. 3. 2000 für Martin. Der Vater sprach sich dagegen aus und beantragte die Herabsetzung auf S 4.750 für Carmen und auf S 4.125 für Martin, wobei er sich unter anderem auf eine bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigende steuerliche Entlastung seiner Unterhaltsleistungen berief.

Das Erstgericht gab dem Erhöhungsantrag der Mutter statt und wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab. Es stellte fest, dass der Vater im Jahr 2000 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von S 30.470 monatlich, im Zeitraum August 2000 bis Juli 2001 ein solches von S 31.145,09 erzielt habe; das (jährliche) Nettoeinkommen habe in diesen Zeiträumen S 369.042,35 bzw S 376.879,11 betragen. Nach der üblichen Prozentsatzmethode stünden der mj Carmen ab Erreichen des 15. Lebensjahrs 20 % und dem mj Martin ab Erreichen des 10. Lebensjahres 18 % des jeweiligen Einkommens des Vaters an Unterhalt zu. Für die maßgeblichen Zeiträume ergebe sich somit für Carmen eine Unterhaltsforderung von monatlich S 6.080 bzw S 6.200, für Martin von S 5.500 bzw S 5.600. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung des § 12a FLAG sei die Familienbeihilfe Bestandteil des Einkommens der das Kind betreuenden Person und mindere daher nicht den Unterhaltsanspruch der Kinder.Das Erstgericht gab dem Erhöhungsantrag der Mutter statt und wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab. Es stellte fest, dass der Vater im Jahr 2000 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von S 30.470 monatlich, im Zeitraum August 2000 bis Juli 2001 ein solches von S 31.145,09 erzielt habe; das (jährliche) Nettoeinkommen habe in diesen Zeiträumen S 369.042,35 bzw S 376.879,11 betragen. Nach der üblichen Prozentsatzmethode stünden der mj Carmen ab Erreichen des 15. Lebensjahrs 20 % und dem mj Martin ab Erreichen des 10. Lebensjahres 18 % des jeweiligen Einkommens des Vaters an Unterhalt zu. Für die maßgeblichen Zeiträume ergebe sich somit für Carmen eine Unterhaltsforderung von monatlich S 6.080 bzw S 6.200, für Martin von S 5.500 bzw S 5.600. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung des Paragraph 12 a, FLAG sei die Familienbeihilfe Bestandteil des Einkommens der das Kind betreuenden Person und mindere daher nicht den Unterhaltsanspruch der Kinder.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. § 12a FLAG unterscheide nicht, ob ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Kind bzw dem Bezieher der Familienbeihilfe bestehe oder nicht. Es könne nicht Sache der Zivilgerichte sein, entgegen der eindeutigen und vom Verfassungsgerichtshof auch nicht als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des § 12a FLAG für die steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen mit höherem Einkommen bei getrennten Haushalten - auf Kosten des Unterhaltsberechtigten - zu sorgen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anrechnung von Transferleistungen bei getrennten Haushalten im Sinne der neueren Judikatur des VfGH noch nicht vorliege. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, mit dem er unter Hinweis auf die Entscheidung des VfGH vom 27. 6. 2001 (B 1285/00) und die daraus resultierende Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne seines Herabsetzungsantrages anstrebt.Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Paragraph 12 a, FLAG unterscheide nicht, ob ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Kind bzw dem Bezieher der Familienbeihilfe bestehe oder nicht. Es könne nicht Sache der Zivilgerichte sein, entgegen der eindeutigen und vom Verfassungsgerichtshof auch nicht als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des Paragraph 12 a, FLAG für die steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen mit höherem Einkommen bei getrennten Haushalten - auf Kosten des Unterhaltsberechtigten - zu sorgen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anrechnung von Transferleistungen bei getrennten Haushalten im Sinne der neueren Judikatur des VfGH noch nicht vorliege. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, mit dem er unter Hinweis auf die Entscheidung des VfGH vom 27. 6. 2001 (B 1285/00) und die daraus resultierende Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne seines Herabsetzungsantrages anstrebt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Anschluss an die Entscheidungen des VfGH vom 27. 6. 2001 (B 1285/00) und vom 19. 6. 2002 (G 7/02 ua) hat der Oberste Gerichtshof kürzlich in grundlegender Weise zu der auch hier zu beurteilenden Frage Stellung genommen (1 Ob 79/02b, 3 Ob 141/02k, 4 Ob 46/02x ua). Nach Aufhebung der Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" im § 12a FLAG durch den VfGH ist nunmehr zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs eines außerhalb des Haushalts des geldunterhaltspflichtigen Elternteils lebenden Kindes in mehreren Schritten vorzugehen, wobei der - wie bisher nach der Prozentmethode - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern in verfassungskonformer Auslegung des § 140 ABGB um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe - diese Leistungen kommen dem betreuenden Elternteil zu - zu kürzen ist, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt. Nach dem vom VfGH entwickelten Berechnungsmodell erfasst die insgesamt gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des (nach allgemeinen Grundsätzen) bemessenen Geldunterhalts. Dabei ist der jeweilige (Grenz-)Steuersatz von Bedeutung, der jeweils um rund 20 % zu reduzieren ist. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden (reduzierten) Steuersatz entspricht. Als Ergebnis erhält man den Betrag, von dem vorweg der Unterhaltsabsetzbetrag als Transferleistung an den Geldunterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Der Rest ist die Grundlage für die weitere Berechnung zur Ermittlung jenes Betrages, der von der nach der Prozentmethode ermittelten Unterhaltsschuld - zugunsten des Unterhaltspflichtigen - in Abzug zu bringen ist.Im Anschluss an die Entscheidungen des VfGH vom 27. 6. 2001 (B 1285/00) und vom 19. 6. 2002 (G 7/02 ua) hat der Oberste Gerichtshof kürzlich in grundlegender Weise zu der auch hier zu beurteilenden Frage Stellung genommen (1 Ob 79/02b, 3 Ob 141/02k, 4 Ob 46/02x ua). Nach Aufhebung der Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" im Paragraph 12 a, FLAG durch den VfGH ist nunmehr zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs eines außerhalb des Haushalts des geldunterhaltspflichtigen Elternteils lebenden Kindes in mehreren Schritten vorzugehen, wobei der - wie bisher nach der Prozentmethode - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern in verfassungskonformer Auslegung des Paragraph 140, ABGB um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe - diese Leistungen kommen dem betreuenden Elternteil zu - zu kürzen ist, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt. Nach dem vom VfGH entwickelten Berechnungsmodell erfasst die insgesamt gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des (nach allgemeinen Grundsätzen) bemessenen Geldunterhalts. Dabei ist der jeweilige (Grenz-)Steuersatz von Bedeutung, der jeweils um rund 20 % zu reduzieren ist. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden (reduzierten) Steuersatz entspricht. Als Ergebnis erhält man den Betrag, von dem vorweg der Unterhaltsabsetzbetrag als Transferleistung an den Geldunterhaltspflichtigen abzuziehen ist. Der Rest ist die Grundlage für die weitere Berechnung zur Ermittlung jenes Betrages, der von der nach der Prozentmethode ermittelten Unterhaltsschuld - zugunsten des Unterhaltspflichtigen - in Abzug zu bringen ist.

Im vorliegenden Fall bezog der Vater im letzten Jahr vor der Entscheidung des Erstgerichts (August 2000 bis Juli 2001) ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von S 31.145, in dem davor liegenden Zeitraum, auf den sich der Erhöhungsantrag hinsichtlich des mj Martin bezieht, geringfügig weniger. Zutreffend - und insoweit unbekämpft - hat das Erstgericht daraus einen monatlichen Unterhaltsanspruch für Carmen in Höhe von S 6.200 und für Martin von S 5.600 ermittelt.

Zu Recht weist der Revisionsrekurswerber nun darauf hin, dass sich diese Beträge - im Sinne der soeben dargestellten jüngsten höchstgerichtlichen Judikatur - insoweit zu verringern haben, als die der Mutter zukommenden Transferleistungen (Kinderabsetzbetrag, Familienbeihilfe) Komponenten enthalten, die an sich der steuerlichen Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Vaters dienen. Aus den Feststellungen über ein durchschnittliches jährliches Nettoeinkommen (inklusive Sonderzahlungen) zwischen S 369.000 und S 377.000 kann mit ausreichender Sicherheit abgeleitet werden, dass der auf das Einkommen des Vaters anzuwendende Grenzsteuersatz 41 % beträgt und dass dieser Steuersatz auch für die höchsten Einkommensteile im Ausmaß der insgesamt jährlich zu leistenden Unterhaltszahlungen gilt. Dieser Steuersatz ist für die weitere Berechnung um rund 20 %, somit auf 33 %, zu kürzen.

Da - wie bereits dargelegt - die Hälfte des nach der Prozentsatzmethode bemessenen Geldunterhalts steuerfrei zu bleiben hat, ergibt sich für Carmen ein "Entlastungsbetrag" von S 1.023 (S 6.200 : 2 mal 33 %), für Martin von S 924 (S 5.600 : 2 mal 33 %). Eine (teilweise) steuerliche Entlastung tritt bereits durch den dem Vater nach § 33 Abs 2 Z 4 lit b gebührenden Unterhaltsabsetzbetrag ein, der für zwei Kinder insgesamt S 875 beträgt und für die hier anzustellende Berechnung beiden Kindern zu gleichen Teilen zuzuordnen ist. Damit verbleibt die Notwendigkeit einer weiteren Entlastung in Höhe von S 586 bei Carmen und von S 487 bei Martin. Zieht man diese Beträge von den nach der Prozentsatzmethode ermittelten Unterhaltsbeiträgen ab, kommt man für Carmen auf einen Unterhaltsanspruch von S 5.614 und für Martin von S 5.113 monatlich. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher insoweit abzuändern, als dem Vater in teilweiser Stattgebung der Erhöhungsanträge der Kinder eine entsprechende monatliche Zahlungspflicht aufzuerlegen war, wogegen seinem Herabsetzungsantrag keine Berechtigung zukommt.Da - wie bereits dargelegt - die Hälfte des nach der Prozentsatzmethode bemessenen Geldunterhalts steuerfrei zu bleiben hat, ergibt sich für Carmen ein "Entlastungsbetrag" von S 1.023 (S 6.200 : 2 mal 33 %), für Martin von S 924 (S 5.600 : 2 mal 33 %). Eine (teilweise) steuerliche Entlastung tritt bereits durch den dem Vater nach Paragraph 33, Absatz 2, Ziffer 4, Litera b, gebührenden Unterhaltsabsetzbetrag ein, der für zwei Kinder insgesamt S 875 beträgt und für die hier anzustellende Berechnung beiden Kindern zu gleichen Teilen zuzuordnen ist. Damit verbleibt die Notwendigkeit einer weiteren Entlastung in Höhe von S 586 bei Carmen und von S 487 bei Martin. Zieht man diese Beträge von den nach der Prozentsatzmethode ermittelten Unterhaltsbeiträgen ab, kommt man für Carmen auf einen Unterhaltsanspruch von S 5.614 und für Martin von S 5.113 monatlich. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher insoweit abzuändern, als dem Vater in teilweiser Stattgebung der Erhöhungsanträge der Kinder eine entsprechende monatliche Zahlungspflicht aufzuerlegen war, wogegen seinem Herabsetzungsantrag keine Berechtigung zukommt.

Anmerkung

E68025 9Ob4.02g-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0090OB00004.02G.1218.000

Dokumentnummer

JJT_20021218_OGH0002_0090OB00004_02G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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