Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Bernhard M*****, geboren am 30. Jänner 1990, vertreten durch die Mutter Andrea M*****, diese vertreten durch Kolarz & Donnerbauer Rechtsanwaltspartnerschaft in Stockerau, infolge Revisionsrekurses des Vaters Rudolf R*****, vertreten durch Dr. Günther Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Wien und Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 6. Dezember 2001, GZ 20 R 145/01s, 147/01k, 148/01g-191, soweit damit der Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom 27. Juli 2001, GZ 1 P 1727/95p-178, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die den Unterhalt betreffenden Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung:
Der unehelich geborene mj. Bernhard lebt bei seiner Mutter. Der Vater leistete für den Minderjährigen zuletzt aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung vom 9. Februar 1999 monatlich 2.750 S. Mit der Behauptung, der Minderjährige beziehe seit (Sommer) 1998 aus einem ihm gehörigen Wohnhaus Mieteinnahmen, beantragte der Vater die rückwirkende Herabsetzung seiner monatlichen Unterhaltsverpflichtung "ab tatsächlicher Vermietung" auf rund 1.500 S. Mit der Erwiderung, die Einnahmen des Minderjährigen aus dem seit 1. Oktober 1998 vermieteten Wohnhaus seien weder auslagendeckend noch ausreichend, um die erforderlichen Rücklagen für die Instandsetzung des Wohnhauses zu bilden, wies die Mutter einerseits die Behauptung eines Eigeneinkommens aus der Vermietung zurück, beantragte jedoch andererseits, die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Minderjährigen ab 1. Februar 2000 auf 5.190 S zu erhöhen. Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab und erhöhte dessen monatliche Unterhaltsverpflichtung für den Minderjährigen für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Dezember 2000 auf 5.000 S und ab 1. Jänner 2001 auf 5.190 S. Der Vater habe im Jahr 2000 einschließlich der Zeiten seiner Arbeitslosigkeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 27.559 S erzielt, ab 1. Jänner 2001 sei von einem Nettomonatseinkommen einschließlich Sonderzahlungen von 30.255 S auszugehen. Angesichts seiner weiteren Sorgepflichten für zwei eheliche Kinder im Alter unter zehn Jahren stehe dem Minderjährigen ein Unterhaltsanspruch von 18 % vom monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters zu. Da die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das dem Minderjährigen gehörige, erhebliche Baumängel aufweisende Wohnhaus seit der Vermietung keine Überschüsse ergeben habe, zumal zur Vermeidung einer Wertminderung die Bildung von Mietzinsrücklagen erforderlich sei, liege ein Eigeneinkommen des Minderjährigen nicht vor.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die Ansicht des Erstgerichts, dass dem Minderjährigen aus dem ihm von seinen Großeltern geschenkten Wohnhaus seit dessen Vermietung keine als Eigeneinkommen anzurechnenden Einnahmen, welche die Ausgaben und die Rückstellungen für notwendige Instandhaltung überstiegen, zugeflossen seien. Nach bisher stRsp seien Transferleistungen (wie die Familienbeihilfe) auf den Unterhaltsanspruch nicht anzurechnen. Eine gegenteilige Rsp des Obersten Gerichtshofs, die der vom Verfassungsgerichtshof in der Entscheidung vom 27. Juni 2001, B 1285/00, vertretenen Rechtsansicht - auf welche sich auch der Vater beziehe - Rechnung getragen hätte, sei nicht bekannt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und - im Rahmen des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsbegehrens - berechtigt, soweit somit eine Anrechnung der staatlichen Transferleistungen begehrt wird.
Der Oberste Gerichtshof hat aus Anlass eines Revisionsrekurses gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. G 7/02 u.a. (kundgemacht in BGBl I 152/2002 am 13. September 2002), hob der VfGH in § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der VfGH bekräftigte seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, vertretene Auffassung, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag [§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG] und Kinderabsetzbetrag [§ 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG]), sondern auch die Familienbeihilfe - die damit nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient - die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Mit der Aufhebung der genannten Wortfolge in § 12a FLAG wurde aber nicht nur eine die Anrechenbarkeit der Familienbeihilfe hindernde Norm beseitigt, sondern der VfGH sprach auch aus, wie § 140 ABGB verfassungskonform auszulegen sei. Danach ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung - um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (3 Ob 141/02k; 4 Ob 46/02x; 4 Ob 52/02d ua).Der Oberste Gerichtshof hat aus Anlass eines Revisionsrekurses gemäß Artikel 89, Absatz 2, B-VG (Artikel 140, B-VG) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt, Paragraph 12 a, FLAG 1967 in der Fassung BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. G 7/02 u.a. (kundgemacht in Bundesgesetzblatt Teil eins, 152 aus 2002, am 13. September 2002), hob der VfGH in Paragraph 12 a, FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der VfGH bekräftigte seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, vertretene Auffassung, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag [§ 33 Absatz 4, Ziffer 3, Litera b, EStG] und Kinderabsetzbetrag [§ 33 Absatz 4, Ziffer 3, Litera a, EStG]), sondern auch die Familienbeihilfe - die damit nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient - die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Mit der Aufhebung der genannten Wortfolge in Paragraph 12 a, FLAG wurde aber nicht nur eine die Anrechenbarkeit der Familienbeihilfe hindernde Norm beseitigt, sondern der VfGH sprach auch aus, wie Paragraph 140, ABGB verfassungskonform auszulegen sei. Danach ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung - um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (3 Ob 141/02k; 4 Ob 46/02x; 4 Ob 52/02d ua).
Zur Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs zufolge der steuerlichen Entlastung: Nach dem Berechnungsmodell des VfGH erfasst die gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts um höchstens 40 %. Nach § 33 Abs 1 EStG beträgt die Einkommensteuer ab 1. Jänner 2002 für die ersten 3.640 EUR (in den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 für die ersten 50.000 S) 0 %, für die nächsten 3.630 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 50.000 S) 21 %, für die nächsten 14.530 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 200.000 S) 31 %, für die nächsten 29.070 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 400.000 S) 41 % und für alle weiteren Beträge des steuerpflichtigen Einkommens 50 %. Diese Steuersätze sind um etwa 20 % zu reduzieren, daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % auf 33 % und der von 31 % auf 25 % zu kürzen. Beim Steuersatz von 21 % kommt die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus, den der steuerpflichtige Geldunterhaltsschuldner erhält, praktisch nicht in Betracht. Die in concreto anzuwendenden Steuersätze bestimmen sich nach dem für deren Ermittlung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug, § 2 Abs 2 und § 41 Abs 4 EStG). Der Kindesunterhalt ist jeweils aus den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zu decken. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Wenn der Unterhaltsbeitrag zur Gänze in dem mit dem höchsten Steuersatz zu versteuernden Einkommensteil Deckung findet, ergibt sich nur eine Multiplikation (halber Unterhaltsbeitrag x reduziertem anzuwendenden Steuersatz). Wenn dies nicht der Fall, somit ein Teilbetrag (des halben Unterhaltsbeitrags) mit dem nächstniedrigeren Steuersatz zu versteuern ist, sind zwei Multiplikationen vorzunehmen (des jeweils abgesenkten Steuersatzes mit dem entsprechenden, in diese Steuerklasse fallenden Teilbetrag des halben Unterhaltsbeitrags) und die Ergebnisse sodann zu addieren. Von diesem rechnerischen Zwischenergebnis (Kürzungsbetrag) ist der der steuerlichen Entlastung dienende Unterhaltsabsetzbetrag, den der Steuerpflichtige erhält (monatlich für das 1. Kind 25,50 EUR [in den Jahren 2000 und 2001:Zur Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs zufolge der steuerlichen Entlastung: Nach dem Berechnungsmodell des VfGH erfasst die gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts um höchstens 40 %. Nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG beträgt die Einkommensteuer ab 1. Jänner 2002 für die ersten 3.640 EUR (in den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 für die ersten 50.000 S) 0 %, für die nächsten 3.630 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 50.000 S) 21 %, für die nächsten 14.530 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 200.000 S) 31 %, für die nächsten 29.070 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 400.000 S) 41 % und für alle weiteren Beträge des steuerpflichtigen Einkommens 50 %. Diese Steuersätze sind um etwa 20 % zu reduzieren, daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % auf 33 % und der von 31 % auf 25 % zu kürzen. Beim Steuersatz von 21 % kommt die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus, den der steuerpflichtige Geldunterhaltsschuldner erhält, praktisch nicht in Betracht. Die in concreto anzuwendenden Steuersätze bestimmen sich nach dem für deren Ermittlung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug, Paragraph 2, Absatz 2 und Paragraph 41, Absatz 4, EStG). Der Kindesunterhalt ist jeweils aus den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zu decken. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Wenn der Unterhaltsbeitrag zur Gänze in dem mit dem höchsten Steuersatz zu versteuernden Einkommensteil Deckung findet, ergibt sich nur eine Multiplikation (halber Unterhaltsbeitrag x reduziertem anzuwendenden Steuersatz). Wenn dies nicht der Fall, somit ein Teilbetrag (des halben Unterhaltsbeitrags) mit dem nächstniedrigeren Steuersatz zu versteuern ist, sind zwei Multiplikationen vorzunehmen (des jeweils abgesenkten Steuersatzes mit dem entsprechenden, in diese Steuerklasse fallenden Teilbetrag des halben Unterhaltsbeitrags) und die Ergebnisse sodann zu addieren. Von diesem rechnerischen Zwischenergebnis (Kürzungsbetrag) ist der der steuerlichen Entlastung dienende Unterhaltsabsetzbetrag, den der Steuerpflichtige erhält (monatlich für das 1. Kind 25,50 EUR [in den Jahren 2000 und 2001:
350 S], für das 2. Kind 38,20 EUR [2000 und 2001: 525 S] und für jedes weitere Kind jeweils 50,90 EUR [2000 und 2001: 700 S]) - umgerechnet auf ein Jahr - abzuziehen, wird doch die steuerliche Entlastung auch durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrag bewirkt. Nur soweit dieser nicht ausreicht, sind die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe - heranzuziehen. Der ermittelte Kürzungsbetrag wird somit seinerseits um den Unterhaltsabsetzbetrag gekürzt, wodurch zwangsläufig die Kürzung geringer ausfällt. Dieser jährliche "Steuerentlastungsbetrag" kürzt den vom Geldunterhaltspflichtigen zu leistenden jährlichen Unterhaltsbetrag, der dann auf Monate umzurechnen ist. In der Entscheidung 3 Ob 141/02k erläuterte der erkennende Senat diese Berechnungsweise der erforderlichen Ermittlung des Steuerentlastungsbetrags in einer modellartigen tabellarischen Demonstration in fünf (bei mehreren Kindern in sechs) Schritten. Darauf wird verwiesen.
Im Anlassfall mangelt es an Feststellungen über das für die Berechnung des Kürzungsbetrags bedeutsame Einkommen des Vaters. Das Erstgericht wird daher das Verfahren durch Feststellung des als Berechnungsgrundlage maßgebenden (Brutto)Einkommens des Vaters ohne Sonderzahlungen zu ergänzen haben, um sodann dessen Steuerentlastung nach den voranstehend erläuterten Grundsätzen berechnen zu können. Ob zur abschließenden Beurteilung der vom Minderjährigen aus seiner Liegenschaft gezogenen Erträge noch weitere Aufklärungen iS der Ausführungen des Revisionsrekurswerbers erforderlich sind, muss dem fortzusetzenden Verfahren in den Tatsacheninstanzen vorbehalten bleiben.
Aus diesen Erwägungen ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.
Anmerkung
E67812 3Ob64.02m-2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00064.02M.1218.000Dokumentnummer
JJT_20021218_OGH0002_0030OB00064_02M0000_000