TE OGH 2002/12/18 3Ob65/02h

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Veröffentlicht am 18.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 1. März 1994 geborenen mj Stefanie S***** und des am 7. April 1995 geborenen mj David S*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Helmut G*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 28. November 2001, GZ 21 R 400/01z-85, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 15. Oktober 2001, GZ 1 P 124/98y-76, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die beiden Minderjährigen werden im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter betreut.

Der Vater wurde zuletzt mit Beschluss des Erstgerichts vom 26. Juni

2000 zur Leistung eines monatlichen Unterhalts ab 1. Jänner 1999 von

3.400 S = 247,09 EUR je Kind verpflichtet.

Das Erstgericht erhöhte den Unterhalt für Stefanie auf 4.200 S =

305,23 EUR monatlich ab 1. Oktober 2000, für David auf 4.200 S =

305,23 EUR monatlich ab 1. Mai 2001. Es ging von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters, den keine weiteren Obsorgepflichten treffen, vom 1. Oktober 2000 bis 30. September 2001 von 26.655 S = 1.937,09 EUR aus und ermittelte den Unterhalt mit 17 % der unter

Abzug von 2.050 S = 148,98 EUR an Kreditrückzahlungsverpflichtungen

mit 24.605 S = 1.788,12 EUR ermittelten Bemessungsgrundlage.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters in Ansehung des Unterhalts für Stefanie nicht, in Ansehung des Unterhalts für David teilweise dahin Folge, dass die Unterhaltserhöhung erst ab 1. September 2001 zu erfolgen habe; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der im Rechtsmittel des Vaters angezogenen Rechtsfrage der Unterhaltsschmälerung von Kindern durch die dem haushaltsführenden Elternteil zustehende Familienbeihilfe eine grundsätzliche rechtserhebliche Bedeutung zukomme und bisher eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, nicht vorliege.

In rechtlicher Hinsicht billigte das Rekursgericht die Ermittlung des Einkommens und die Nichtberücksichtigung weiterer vom Vater geltend gemachter Abzüge durch das Erstgericht, erhöhte den Unterhalt für David jedoch erst ab dessen Schuleintritt im September 2001. Der Vater begehrt im Revisionsrekurs, den Unterhalt unter Berücksichtigung der genannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) nur mit 3.800 S = 276,16 EUR je Kind festzusetzen.

Die durch ihre Mutter vertretenen Kinder beantragten, dem Revisionsrekurs ihres Vaters nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und iS einer Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse berechtigt, soweit damit eine Anrechnung der staatlichen Transferleistungen begehrt wird.

Familienbeihilfe und Steuerentlastung

Der Oberste Gerichtshof hat aus Anlass eines Revisionsrekurses gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. G 7/02 ua (kundgemacht in BGBl I 152/2002 am 13. September 2002), hob der VfGH in § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der VfGH bekräftigte seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, vertretene Auffassung, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG) und Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG), sondern auch die Familienbeihilfe - die damit nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient - die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Mit der Aufhebung der genannten Wortfolge in § 12a FLAG wurde aber nicht nur eine die Anrechenbarkeit der Familienbeihilfe hindernde Norm beseitigt, sondern der VfGH sprach auch aus, wie § 140 ABGB verfassungskonform auszulegen sei. Danach ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (3 Ob 141/02k; 4 Ob 46/02x; 4 Ob 52/02d ua).Der Oberste Gerichtshof hat aus Anlass eines Revisionsrekurses gemäß Artikel 89, Absatz 2, B-VG (Artikel 140, B-VG) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt, Paragraph 12 a, FLAG 1967 in der Fassung BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. G 7/02 ua (kundgemacht in Bundesgesetzblatt Teil eins, 152 aus 2002, am 13. September 2002), hob der VfGH in Paragraph 12 a, FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der VfGH bekräftigte seine schon im Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. B 1285/00, vertretene Auffassung, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag (Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 3, Litera b, EStG) und Kinderabsetzbetrag (Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 3, Litera a, EStG), sondern auch die Familienbeihilfe - die damit nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient - die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Mit der Aufhebung der genannten Wortfolge in Paragraph 12 a, FLAG wurde aber nicht nur eine die Anrechenbarkeit der Familienbeihilfe hindernde Norm beseitigt, sondern der VfGH sprach auch aus, wie Paragraph 140, ABGB verfassungskonform auszulegen sei. Danach ist der nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten - wie bisher - zu bemessende Geldunterhalt im Interesse der gebotenen steuerlichen Entlastung von Unterhaltsschuldnern - bei getrennter Haushaltsführung um jenen Teil des Kinderabsetzbetrags und der Familienbeihilfe zu kürzen, der die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bezweckt (3 Ob 141/02k; 4 Ob 46/02x; 4 Ob 52/02d ua).

Kürzung des festgestellten Geldunterhaltsanspruchs zufolge der steuerlichen Entlastung

Nach dem Berechnungsmodell des VfGH erfasst die gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts um höchstens 40 %. Nach § 33 Abs 1 EStG beträgt die Einkommensteuer ab 1. Jänner 2002 für die ersten 3.640 EUR (in den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 für die ersten 50.000 S) 0 %, für die nächsten 3.630 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 50.000 S) 21 %, für die nächsten 14.530 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 200.000 S) 31 %, für die nächsten 29.070 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 400.000 S) 41 % und für alle weiteren Beträge des steuerpflichtigen Einkommens 50 %. Diese Steuersätze sind um etwa 20 % zu reduzieren, daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % auf 33 % und der von 31 % auf 25 % zu kürzen. Beim Steuersatz von 21 % kommt die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus, den der steuerpflichtige Geldunterhaltsschuldner erhält, praktisch nicht in Betracht. Die in concreto anzuwendenden Steuersätze bestimmen sich nach dem für deren Ermittlung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug, § 2 Abs 2 und § 41 Abs 4 EStG). Der Kindesunterhalt ist jeweils aus den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zu decken. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Wenn der Unterhaltsbeitrag zur Gänze in dem mit dem höchsten Steuersatz zu versteuernden Einkommensteil Deckung findet, ergibt sich nur eine Multiplikation (halber Unterhaltsbeitrag x reduziertem anzuwendenden Steuersatz). Wenn dies nicht der Fall, somit ein Teilbetrag (des halben Unterhaltsbeitrags) mit dem nächstniedrigeren Steuersatz zu versteuern ist, sind zwei Multiplikationen vorzunehmen (des jeweils abgesenkten Steuersatzes mit dem entsprechenden, in diese Steuerklasse fallenden Teilbetrag des halben Unterhaltsbeitrags) und die Ergebnisse sodann zu addieren. Von diesem rechnerischen Zwischenergebnis (Kürzungsbetrag) ist der der steuerlichen Entlastung dienende Unterhaltsabsetzbetrag, den der Steuerpflichtige erhält (monatlich für das 1. Kind 25,50 EUR [in den Jahren 2000 und 2001:Nach dem Berechnungsmodell des VfGH erfasst die gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen die Hälfte des bemessenen Geldunterhalts um höchstens 40 %. Nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG beträgt die Einkommensteuer ab 1. Jänner 2002 für die ersten 3.640 EUR (in den Veranlagungsjahren 2000 und 2001 für die ersten 50.000 S) 0 %, für die nächsten 3.630 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 50.000 S) 21 %, für die nächsten 14.530 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 200.000 S) 31 %, für die nächsten 29.070 EUR (2000 und 2001: für die nächsten 400.000 S) 41 % und für alle weiteren Beträge des steuerpflichtigen Einkommens 50 %. Diese Steuersätze sind um etwa 20 % zu reduzieren, daher ist der Grenzsteuersatz von 50 % auf 40 %, der Steuersatz von 41 % auf 33 % und der von 31 % auf 25 % zu kürzen. Beim Steuersatz von 21 % kommt die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus, den der steuerpflichtige Geldunterhaltsschuldner erhält, praktisch nicht in Betracht. Die in concreto anzuwendenden Steuersätze bestimmen sich nach dem für deren Ermittlung maßgebenden Jahreseinkommen unter Ausklammerung der Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug, Paragraph 2, Absatz 2 und Paragraph 41, Absatz 4, EStG). Der Kindesunterhalt ist jeweils aus den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zu decken. Vom halben Unterhaltsbetrag ist jene prozentuelle Quote zu ermitteln, die dem jeweils anzuwendenden reduzierten Steuersatz entspricht. Wenn der Unterhaltsbeitrag zur Gänze in dem mit dem höchsten Steuersatz zu versteuernden Einkommensteil Deckung findet, ergibt sich nur eine Multiplikation (halber Unterhaltsbeitrag x reduziertem anzuwendenden Steuersatz). Wenn dies nicht der Fall, somit ein Teilbetrag (des halben Unterhaltsbeitrags) mit dem nächstniedrigeren Steuersatz zu versteuern ist, sind zwei Multiplikationen vorzunehmen (des jeweils abgesenkten Steuersatzes mit dem entsprechenden, in diese Steuerklasse fallenden Teilbetrag des halben Unterhaltsbeitrags) und die Ergebnisse sodann zu addieren. Von diesem rechnerischen Zwischenergebnis (Kürzungsbetrag) ist der der steuerlichen Entlastung dienende Unterhaltsabsetzbetrag, den der Steuerpflichtige erhält (monatlich für das 1. Kind 25,50 EUR [in den Jahren 2000 und 2001:

350 S], für das 2. Kind 38,20 EUR [2000 und 2001: 525 S] und für jedes weitere Kind jeweils 50,90 EUR [2000 und 2001: 700 S]) - umgerechnet auf ein Jahr - abzuziehen, wird doch die steuerliche Entlastung auch durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrag bewirkt. Nur soweit dieser nicht ausreicht, sind die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe - heranzuziehen. Der ermittelte Kürzungsbetrag wird somit seinerseits um den Unterhaltsabsetzbetrag gekürzt, wodurch zwangsläufig die Kürzung geringer ausfällt. Klarzustellen ist, dass es bei zwei - wie hier - oder mehreren unterhaltsberechtigten Kindern unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung geboten ist, von der Summe der Unterhaltsbeiträge die Summe der Unterhaltsabsatzbeträge abzuziehen. Dieser jährliche "Steuerentlastungsbetrag" kürzt den vom Geldunterhaltspflichtigen zu leistenden jährlichen Unterhaltsbetrag, der dann auf Monate umzurechnen ist. Bei zwei oder mehreren Kindern ist der Steuerentlastungsbetrag im Verhältnis ihrer Geldunterhaltsansprüche auf die Kinder zu verteilen. In der Entscheidung 3 Ob 141/02k erläuterte der erkennende Senat diese Berechnungsweise der erforderlichen Ermittlung des Steuerentlastungsbetrags in einer modellartigen tabellarischen Demonstration in fünf (bei mehreren Kindern in sechs) Schritten. Darauf wird verwiesen.

Ergebnis für den Anlassfall

Im Anlassfall mangelt es an Feststellungen über das für die Berechnung des Kürzungsfaktors bedeutsame Einkommen des Vaters. Das Erstgericht wird daher das Verfahren durch Feststellung des als Berechnungsgrundlage maßgebenden Einkommens des Vaters ohne Sonderzahlungen zu ergänzen haben, um sodann dessen Steuerentlastung nach den voranstehend erläuterten Grundsätzen berechnen zu können. Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E68075 3Ob65.02h-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0030OB00065.02H.1218.000

Dokumentnummer

JJT_20021218_OGH0002_0030OB00065_02H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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