TE OGH 2002/12/19 6Ob15/02b

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Veröffentlicht am 19.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk, Dr. Schramm und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Günther H*****, und der mj. Katrin H*****, über den Revisionsrekurs der Kinder, vertreten durch die Mutter Margit H*****, vertreten durch Dr. Weidacher, Imre & Imre, Rechtsanwaltspartnerschaft in Gleisdorf, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 16. November 2001, GZ 2 R 330/01s-96, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. September 2001, GZ 16 P 91/98y-91, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Das unterbrochene Rechtsmittelverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.

2. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die im Umfang der Herabsetzung auf 5.700 S für Katrin und 4.200 S für Günther als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Kinder leben im Haushalt der Mutter. Der Vater war zuletzt aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. 10. 2000 zu einer Unterhaltsleistung von monatlich 8.000 S für Katrin und 5.200 S für Günther verpflichtet.

Der Vater begehrt die Herabsetzung ab 1. 1. 2001 auf monatlich 4.750 S für Katrin und auf 3.500 S für Günther. Sein monatliches Nettoeinkommen betrage wegen Wegfalls der Auslandseinsätze nur mehr 21.377,70 S. Die Kinder traten dem Herabsetzungsantrag entgegen. Das Erstgericht setzte die monatlichen Unterhaltsbeiträge herab, und zwar für Katrin auf 4.900 S und für Günther auf 3.500 S. Das darüber hinausgehende Herabsetzungsbegehren des Vaters wies es ab. Es stellte das monatliche Nettodurchschnittseinkommen des Vaters im ersten Halbjahr des Jahres 2000 mit 30.270 S fest. Nach der Prozentmethode habe Katrin einen Anspruch von 19 % und Günther einen solchen von 14 %, der jedoch unter entsprechender Anwendung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, B 1285/00, durch teilweise Berücksichtigung der für die Kinder erhaltenen Transferleistungen entsprechend zu kürzen sei.

Die Kinder bekämpfen diese Entscheidung, soweit der Unterhalt für Katrin auf weniger als 5.700 S und für Günther auf weniger als 4.200 S herabgesetzt wurde.

Das Rekursgericht bestätigte die Unterhaltsherabsetzung. Ausgehend von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von etwas über 30.000 S monatlich und unter Berücksichtigung der den Kindern zukommenden Transferleistungen sei der vom Erstgericht festgesetzte Unterhaltsbeitrag angemessen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über Art und Höhe der Berücksichtigung der Transferleistungen fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrages berechtigt.

Die Revisionsrekurswerber machen geltend, eine Anrechnung von Transferleistungen hätte nicht erfolgen dürfen. Vom festgestellten Nettoeinkommen ausgehend stehe Katrin ein Unterhaltsanspruch von jedenfalls 5.700 S monatlich und Günther ein monatlicher Unterhaltsanspruch von zumindest 4.200 S zu. Im Übrigen habe der Vater bereits vor Antritt seines erstmaligen Auslandseinsatzes über ein monatliches Durchschnittseinkommen von 33.096 S netto verfügt, dieses Einkommen wäre jedenfalls der Bemessung zugrundezulegen. Der Auffassung der Revisionsrekurswerber, eine Anrechnung der Transferleistungen auf die Unterhaltsverpflichtung des Vaters sei nicht vorzunehmen, kann nicht gefolgt werden.

Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, G 7/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der Verfassungsgerichtshof hat seine schon im Erkenntnis vom 27. 6. 2001, B 1285/00, vertretene Auffassung bekräftigt, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen habe. Bei verfassungskonformer Auslegung der hier maßgeblichen Rechtslage ist damit bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % - wenn die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebene Absenkung proportional fortgeschrieben wird - zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 %. Für ein proportionales Fortschreiben der vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Absenkung spricht, dass die Berechnung damit nachvollziehbar wird und für die Anwendung anderer Sätze überzeugende Argumente fehlen.Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2002, G 7/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof in Paragraph 12 a, FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der Verfassungsgerichtshof hat seine schon im Erkenntnis vom 27. 6. 2001, B 1285/00, vertretene Auffassung bekräftigt, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen habe. Bei verfassungskonformer Auslegung der hier maßgeblichen Rechtslage ist damit bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % - wenn die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebene Absenkung proportional fortgeschrieben wird - zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 %. Für ein proportionales Fortschreiben der vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Absenkung spricht, dass die Berechnung damit nachvollziehbar wird und für die Anwendung anderer Sätze überzeugende Argumente fehlen.

Der nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der zu entlastende Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen (ins Gewicht fallenden) Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist Die Entlastung wird einerseits durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetz- betrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG) bewirkt, andererseits sind dazu, soweit der Unterhaltsabsetzbetrag nicht ausreicht, die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG) und Familienbeihilfe - heranzuziehen, indem der Unterhaltsbeitrag entsprechend gekürzt wird (zu Beispielen für die Berechnung siehe 4 Ob 52/02d und 1 Ob 79/02b).Der nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der zu entlastende Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen (ins Gewicht fallenden) Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist Die Entlastung wird einerseits durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetz- betrag (Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 3, Litera b, EStG) bewirkt, andererseits sind dazu, soweit der Unterhaltsabsetzbetrag nicht ausreicht, die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag (Paragraph 33, Absatz 4, Ziffer 3, Litera a, EStG) und Familienbeihilfe - heranzuziehen, indem der Unterhaltsbeitrag entsprechend gekürzt wird (zu Beispielen für die Berechnung siehe 4 Ob 52/02d und 1 Ob 79/02b).

Im vorliegenden Fall bezog der Vater im ersten Halbjahr 2001 ein monatliches Nettoeinkommen von 30.270 S. Sein Bruttoeinkommen des Jahres 2001 ist nicht festgestellt. Vom zu versteuernden Jahresbruttoeinkommen (ohne 13. und 14. Bezug) hängt aber ab, wie hoch der auf sein Einkommen angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommensteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Liegt daher das Bruttojahreseinkommen über 50.870 EUR, so ist der auf 40 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 50 % anzuwenden, liegt das Einkommen im Bereich zwischen 21.800 EUR undIm vorliegenden Fall bezog der Vater im ersten Halbjahr 2001 ein monatliches Nettoeinkommen von 30.270 S. Sein Bruttoeinkommen des Jahres 2001 ist nicht festgestellt. Vom zu versteuernden Jahresbruttoeinkommen (ohne 13. und 14. Bezug) hängt aber ab, wie hoch der auf sein Einkommen angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommensteuer beträgt nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Liegt daher das Bruttojahreseinkommen über 50.870 EUR, so ist der auf 40 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 50 % anzuwenden, liegt das Einkommen im Bereich zwischen 21.800 EUR und

50.870 EUR, ist der auf 33 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 41 % maßgeblich und schließlich ist der auf 25 % abgesenkte Grenzsteuersatz von 31 % zu berücksichtigen, wenn das Bruttojahreseinkommen des Unterhaltspflichtigen zwischen 7.270 EUR und 21.800 EUR liegt. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist, muss - wie schon ausgeführt - bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der zu entlastende Unterhaltsbetrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen ins Gewicht fallenden Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist.

Das Erstgericht wird das Verfahren durch Feststellung des zu versteuernden Jahresbruttoeinkommens des Vaters (ohne 13. und 14. Gehalt) zu ergänzen haben, um die notwendige steuerliche Entlastung nach den wiedergegebenen Grundsätzen berechnen zu können. Für die Berechnung ist das Einkommen des Jahres 2001 maßgeblich und nicht, wie die Mutter meint, jenes des Jahres 1998, das der Vater vor Antritt eines Auslandseinsatzes ins Verdienen gebracht hatte. Für eine Anspannung des Vaters auf das 1998 bezogene Einkommen besteht hier kein Anlass, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vater es schuldhaft verabsäumt habe, sein tatsächliches Einkommen zu erhöhen.

Dem Revisionsrekurs wird daher Folge gegeben.

Anmerkung

E68080 6Ob15.02b-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0060OB00015.02B.1219.000

Dokumentnummer

JJT_20021219_OGH0002_0060OB00015_02B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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