TE OGH 2002/12/19 2Ob190/02h

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Veröffentlicht am 19.12.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Nadine-Iris H*****, in Obsorge der Mutter Ulrike H*****, vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr als Rekursgericht vom 25. September 2001, GZ 1 R 361/01h-40, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Weyer vom 27. August 2001, GZ P 47/97b-37, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Das Kind wird von seiner Mutter in dem von dieser geführten Haushalt betreut. Der Vater ist Polizeibeamter und war mit Beschluss vom 19. 11. 1997 zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von S 3.200 verpflichtet (ON 31). Diesem Beschluss lag ein monatliches Nettoeinkommen von S 26.000 sowie eine weitere Sorgepflicht für eine mj Tochter zu Grunde.

Das Kind begehrt die Erhöhung des Unterhaltsbeitrages auf monatlich S 4.000 ab 1. 5. 2001, weil sich seine Bedürfnisse erhöht hätten.

Der Vater sprach sich gegen diesen Antrag aus. Sein Nettogehalt betrage unter Abzug der Kinderzulage S 21.320; er habe nach dem Bau eines Einfamilienhauses insgesamt S 1,5 Mio Schulden. Bei Baubeginn seien seine beruflichen Veränderungen und die damit verbundenen finanziellen Einbußen nicht vorhersehbar gewesen.

Das Erstgericht erhöhte den Unterhaltsbeitrag ab 1. 5. 2001 auf S 4.000. Es stellte fest, dass der Vater als Polizeibeamter monatlich durchschnittlich netto rund S 28.500 verdiene. In diesem Betrag seien außer der Kinderzulage und den Reisegebühren sämtliche Zulagen und Überstundenvergütungen ebenso wie Sonderzahlungen enthalten. Er bewohne mit seiner Lebensgefährtin und deren drei Kindern ein Einfamilienhaus, für dessen Bau er rund S 1,5 Mio Schulden eingegangen sei, die in monatlichen Raten von S 6.839,12 zurückzubezahlen seien. Außer für die Revisionsrekurswerberin sei er noch für eine 1985 geborene Tochter sorgepflichtig.

Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass der Vater unter Anwendung der Prozentsatzmethode unter Berücksichtigung der Sorgepflichten rund 18 % der Bemessungsgrundlage an Unterhalt leisten könne.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht gab dem Rekurs teilweise Folge und erhöhte den vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeitrag ab 1. 5. 2001 auf monatlich lediglich S 3.550 und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die vom Erstgericht herangezogene Berechnung des Unterhaltes unter Berücksichtigung der Prozentsatzmethode entspreche der Rechtsprechung. Der Unterhalt sei ausgehend von der festgestellten Bemessungsgrundlage rechnerisch richtig ermittelt worden. Der Verfassungsgerichtshof sei in seinem Erkenntnis vom 27. 6. 2001 GZ B 1285/00 zum Ergebnis gekommen, dass bei nicht haushaltszugehörigen Kindern der verfassungskonforme Zustand durch eine einschränkende Auslegung des § 12a FLAG erreicht werden müsse. Dem Geldunterhaltspflichtigen seien die dem haushaltsführenden Elternteil zukommenden Transferleistungen, wozu die Familienbeihilfe gehöre, in dem Ausmaß auf die Unterhaltsleistung anzurechnen, das erforderlich sei, um zusammen mit dem Unterhaltsabsetzbetrag die Hälfte des geschuldeten Unterhalts von der Einkommensteuer freizustellen. Damit hätten die Gerichte in verfassungskonformer Auslegung des § 12a FLAG die Unterhaltsverpflichtung entsprechend zu kürzen. Bei Berechnung der Belastung seien nur 40 % von der Hälfte des Unterhaltsbeitrages bei der Steuermehrbelastung zu berücksichtigen. Ein verfassungskonformes Ergebnis werde dadurch erreicht, dass der Geldunterhaltspflichtige einerseits durch eine Kürzung seiner Unterhaltspflicht durch teilweise Anrechnung der Transferleistungen und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages insgesamt jene Entlastung erfahre, die erforderlich sei, um die Steuermehrbelastung abzugelten, die im jeweiligen Fall durch die Nichtabzugsfähigkeit der Hälfte des Unterhalts entstehe. Die Steuerbelastung des Vaters betrage auf Grund des aktenkundigen Einkommens 41 %. Der vom Erstgericht festgesetzte Unterhalt betrage S 4.000, was bedeute, dass der Vater mit jährlich S 48.000 Unterhaltszahlungen belastet sei, wovon die steuerlich zu berücksichtigende Hälfte S 24.000 betrage, der ein Steuersatz von - hier - 40 % zu Grunde zu legen sei, was S 9.600 ergebe. Davon sei der Unterhaltsabsetzbetrag für das erste Kind von S 4.200 in Abzug zu bringen, woraus sich eine Steuerbelastung dse Vaters von jährlich S 5.400, monatlich also S 450 errechne, die vom monatlichen Unterhalt von S 4.000 abzuziehen sei.Die vom Erstgericht herangezogene Berechnung des Unterhaltes unter Berücksichtigung der Prozentsatzmethode entspreche der Rechtsprechung. Der Unterhalt sei ausgehend von der festgestellten Bemessungsgrundlage rechnerisch richtig ermittelt worden. Der Verfassungsgerichtshof sei in seinem Erkenntnis vom 27. 6. 2001 GZ B 1285/00 zum Ergebnis gekommen, dass bei nicht haushaltszugehörigen Kindern der verfassungskonforme Zustand durch eine einschränkende Auslegung des Paragraph 12 a, FLAG erreicht werden müsse. Dem Geldunterhaltspflichtigen seien die dem haushaltsführenden Elternteil zukommenden Transferleistungen, wozu die Familienbeihilfe gehöre, in dem Ausmaß auf die Unterhaltsleistung anzurechnen, das erforderlich sei, um zusammen mit dem Unterhaltsabsetzbetrag die Hälfte des geschuldeten Unterhalts von der Einkommensteuer freizustellen. Damit hätten die Gerichte in verfassungskonformer Auslegung des Paragraph 12 a, FLAG die Unterhaltsverpflichtung entsprechend zu kürzen. Bei Berechnung der Belastung seien nur 40 % von der Hälfte des Unterhaltsbeitrages bei der Steuermehrbelastung zu berücksichtigen. Ein verfassungskonformes Ergebnis werde dadurch erreicht, dass der Geldunterhaltspflichtige einerseits durch eine Kürzung seiner Unterhaltspflicht durch teilweise Anrechnung der Transferleistungen und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages insgesamt jene Entlastung erfahre, die erforderlich sei, um die Steuermehrbelastung abzugelten, die im jeweiligen Fall durch die Nichtabzugsfähigkeit der Hälfte des Unterhalts entstehe. Die Steuerbelastung des Vaters betrage auf Grund des aktenkundigen Einkommens 41 %. Der vom Erstgericht festgesetzte Unterhalt betrage S 4.000, was bedeute, dass der Vater mit jährlich S 48.000 Unterhaltszahlungen belastet sei, wovon die steuerlich zu berücksichtigende Hälfte S 24.000 betrage, der ein Steuersatz von - hier - 40 % zu Grunde zu legen sei, was S 9.600 ergebe. Davon sei der Unterhaltsabsetzbetrag für das erste Kind von S 4.200 in Abzug zu bringen, woraus sich eine Steuerbelastung dse Vaters von jährlich S 5.400, monatlich also S 450 errechne, die vom monatlichen Unterhalt von S 4.000 abzuziehen sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bei der Unterhaltsbemessung nicht vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Kindes, in dem geltend gemacht wird, dass der Gesetzestext des § 12a FLAG eindeutig dahingehend auszulegen sei, dass die Familienbeihilfe auch nicht indirekt als Einkommen des Kindes anzurechnen sei und der Vater nicht einem Durchschnittssteuersatz von 40 % unterliege. Das Kind beantragt daher im Revisionsrekurs die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Kindes, in dem geltend gemacht wird, dass der Gesetzestext des Paragraph 12 a, FLAG eindeutig dahingehend auszulegen sei, dass die Familienbeihilfe auch nicht indirekt als Einkommen des Kindes anzurechnen sei und der Vater nicht einem Durchschnittssteuersatz von 40 % unterliege. Das Kind beantragt daher im Revisionsrekurs die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02, hat der Verfassungsgerichtshof im § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben.Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02, hat der Verfassungsgerichtshof im Paragraph 12 a, FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Auswirkung dieses Erkenntnisses iVm den bereits früheren des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00 auf die Unterhaltsbemessung im Falle vom Geldunterhaltspflichtigen getrennt lebender Kinder wurde inzwischen vom Obersten Gerichtshof mehrfach behandelt (4 Ob 52/02d, 7 Ob 174/02t, 2 Ob 37/02h). Danach ist bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht nur der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, auch die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Der Geldunterhaltspflichtige soll für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte und steuerfreie Einkünfte umfasst und durch die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d). Dieser abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob bei einem nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrige Grenzsteuersatz maßgebend ist.Die Auswirkung dieses Erkenntnisses in Verbindung mit den bereits früheren des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00 auf die Unterhaltsbemessung im Falle vom Geldunterhaltspflichtigen getrennt lebender Kinder wurde inzwischen vom Obersten Gerichtshof mehrfach behandelt (4 Ob 52/02d, 7 Ob 174/02t, 2 Ob 37/02h). Danach ist bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht nur der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, auch die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Der Geldunterhaltspflichtige soll für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte und steuerfreie Einkünfte umfasst und durch die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d). Dieser abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob bei einem nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrige Grenzsteuersatz maßgebend ist.

Vom Erstgericht wurde ein monatlicher Durchschnittsnettobezug von mindestens S 28.500 festgestellt; sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14.) Gehalt (vgl Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht SWK 2001, 1289) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommensteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %.Vom Erstgericht wurde ein monatlicher Durchschnittsnettobezug von mindestens S 28.500 festgestellt; sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14.) Gehalt vergleiche Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht SWK 2001, 1289) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist. Die Einkommensteuer beträgt nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %.

Das Erstgericht wird daher das Verfahren durch Feststellung des Jahresbruttoeinkommens des Vaters ohne 13. und 14. Gehalt zu ergänzen haben und eine allfällige Steuerentlastung nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen zu errechnen haben.

Textnummer

E67815

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00190.02H.1219.000

Im RIS seit

18.01.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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