TE OGH 2002/12/19 2Ob5/02b

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Veröffentlicht am 19.12.2002
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Rene Alexander P*****, vertreten durch die Mutter Marianne P*****, diese vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding, über die Revisionsrekurse des Kindes und des Vaters Walter G*****, vertreten durch Dr. Günter Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 23. Oktober 2001, GZ 6 R 236/02z-33, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Schärding vom 26. Juni 2001, GZ 1 P 1847/95f-27, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs des Kindes wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs des Vaters wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in diesem Umfang aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der außereheliche Vater des Kindes, das im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter betreut wird, war auf Grund eines Beschlusses vom 1. 4. 1996 (ON 12) zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 3.500 verpflichtet. Am 3. 8. 2000 stellte der Unterhaltssachwalter den Antrag, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters beginnend ab 1. 9. 2000 auf S 6.300 zu erhöhen und darüber hinaus den Vater zu verpflichten, jeweils von September bis Juni, sohin zehn Mal jährlich S 3.700 an Schul- und Internatskosten zu bezahlen.

Der Vater erklärte sich lediglich bereit, seine laufende Unterhaltsverpflichtung auf S 5.500 einschließlich der geforderten Ausbildungskosten zu erhöhen.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung eines monatlichen Unterhalts für das Kind ab 1. 9. 2000 von S 6.300 und sprach (mit Berichtigungsbeschluss vom 16. 8. 2001 ON 32) aus, dass vom Vater vom 1. 9. 2000 bis 30. 6. 2001 und im gleichen Zeitraum in den Folgejahren für die Dauer der Schul- und Internatszeit des Minderjährigen (zusätzlich) S 3.700 zu zahlen seien.

Der Entscheidung lag zugrunde, dass der Unterhaltsberechtigte seit September 2000 ein Gymnasium besuche und in einem Internat untergebracht sei, wofür jährlich insgesamt S 37.000 zu zahlen seien. Das Nettoeinkommen des Vaters betrage S 47.593, woraus sich der Unterhaltsbeitrag errechnen lasse. Der nach der Prozentsatzmethode errechnete Unterhaltsbeitrag liege zwar über dem Regelbedarf des Minderjährigen, entspreche aber der Leistungsfähigkeit des Vaters.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung hinsichtlich der monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Vaters von S 6.300 und wies das Mehrbegehren auf Zahlung der Schul- und Internatskosten ab. Das Kind wurde mit seinem Rekurs (der sich nur gegen den unterlassenen Ausspruch hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung über Schul- und Internatskosten richtete) auf den Berichtigungsbeschluss (mit welchem die Zahlungsverpflichtung ausgesprochen wurde) verwiesen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Es erörterte rechtlich, dass aus der vom Erstgericht festgestellten Unterhaltsbemessungsgrundlage von S 47.593 die Kaufkraftausgleichszulage auszuscheiden sei. Die Auslandsverwendungszulage sei mangels Nachweises eines darüber hinausgehenden tatsächlichen Mehraufwandes zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Ausgehend von dem Einkommen von S 31.466,36 sei das Unterhaltserhöhungsbegehren von S 6.300 monatlich gedeckt. Auf Grund dieses tatsächlich zu leistenden über dem Regelbedarf liegenden Unterhaltsbeitrages sei das Begehren auf Leistung der Schul- und Internatskosten durch den Vater nicht mehr gedeckt, weshalb der Beschluss in diesem Umfang abzuändern gewesen sei.

Dem Hinweis des Vaters, dass die bisherige ständige Judikatur, wonach § 12a FLAG die auch nur teilweise Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhaltsanspruch verbiete, auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001 B 1285/00 nicht mehr aufrecht erhalten werden könne, hielt es entgegen, dass nach der eindeutigen Gesetzesbestimmung die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gewertet werden dürfe und dessen Unterhaltsanspruch auch nicht mindere.Dem Hinweis des Vaters, dass die bisherige ständige Judikatur, wonach Paragraph 12 a, FLAG die auch nur teilweise Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhaltsanspruch verbiete, auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001 B 1285/00 nicht mehr aufrecht erhalten werden könne, hielt es entgegen, dass nach der eindeutigen Gesetzesbestimmung die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes gewertet werden dürfe und dessen Unterhaltsanspruch auch nicht mindere.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Berücksichtigung der steuerlichen Belastung bei der Unterhaltsbemessung noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Das Kind begehrt mit seinem Revisionsrekurs die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend, dass der Vater zur Zahlung eines Sonderbedarfes von S 3.700 vom 1. 9. 2000 bis 30. 6. 2001 und in den gleichen Zeiträumen in den Folgejahren verpflichtet werde.

Der Vater beantragt in seinem Revisionsrekurs die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz zurückzuverweisen. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Unterhaltserhöhungsantrag, soweit er den Betrag von S 5.500 übersteigt, abgewiesen werde.

Der Vater hat sich zum Revisionsrekurs des Kindes geäußert und beantragt diesen mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Das Kind hat sich zum Revisionsrekurs des Vaters nicht geäußert.

Zum Revisionsrekurs des Kindes:

Das Kind macht geltend, dass die Schul- und Internatskosten in dem vom Vater bezahlten Unterhaltsbeitrag nicht gedeckt seien, obwohl dieser über dem Regelbedarf liege. Die Internatsunterbringung sei notwendig, weil die Mutter ganztägig berufstätig sei. Bei einem Schulbesuch in Schärding wäre das Kind der "gänzlichen Obsorge" durch die gesetzlichen Vertreterin entzogen; schließlich bestehe eine äußerst schlechte öffentliche Verbindung zwischen dem Wohnort des Kindes und dem von ihm besuchten Gymnasium Daxberg.

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung liegt nicht vor. Mehrbedarf ist nur dann als Sonderbedarf anzuerkennen, wenn er gerechtfertigte Gründe hat (Nachweise bei Schwimann Unterhaltsrecht2 34). Ob derartige besondere Gründe den Zuspruch eines Mehrbedarfs des Kindes rechtfertigen ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Im Hinweis des Rekursgerichtes, dass dem Kind auch ein öffentlicher Schulbesuch in einem nähergelegenen Gymnasium zumutbar wäre, ist eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht zu erkennen.

Zum Revisionsrekurs des Vaters:

Der Vater macht in seinem Rechtsmittel geltend, die Familienbeihilfe müsse bei Berechnung des Unterhaltsanspruches angerechnet werden.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist auszuführen:

Mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach Aufhebung der in § 12a FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19. 6. 2002 G 7/02) zu erfolgen hat, hat sich der Oberste Gerichtshof nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d; 2 Ob 37/02h). Auf eine einfache Formel gebracht lässt sich diese Berechnung wie folgt darzustellen:Mit der Frage, wie die Bemessung des Unterhaltes nach Aufhebung der in Paragraph 12 a, FLAG enthaltenen Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig (Erkenntnis vom 19. 6. 2002 G 7/02) zu erfolgen hat, hat sich der Oberste Gerichtshof nunmehr schon mehrere Male auseinandergesetzt (4 Ob 52/02d; 2 Ob 37/02h). Auf eine einfache Formel gebracht lässt sich diese Berechnung wie folgt darzustellen:

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch 2 mal vermindertem Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %) minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (es macht dabei keinen Unterschied, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der [ganze] Geldunterhalt mit dem halben Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird).

Der jeweilige Grenzsteuersatz ist jeweils um 20 % abzusenken, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % zu einem solchen von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem solchen von 25 % (4 Ob 52/02d2 Ob 37/02h).

Hier erzielte der Vater nach den Ausführungen des Rekursgerichtes ein monatliches Nettoeinkommen von S 31.466,36; sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14.) Gehalt (siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht SWK 2001, 1289 [1294) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewendete Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach § 33 Abs 1 EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn aaO 1294) muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist.Hier erzielte der Vater nach den Ausführungen des Rekursgerichtes ein monatliches Nettoeinkommen von S 31.466,36; sein Bruttoeinkommen ist nicht festgestellt. Von diesem (ohne 13. und 14.) Gehalt (siehe Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht SWK 2001, 1289 [1294) hängt aber ab, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewendete Grenzsteuersatz ist. Die Einkommenssteuer beträgt nach Paragraph 33, Absatz eins, EStG für die ersten 3.640 EUR 0 %, für die nächsten 3.630 EUR 21 %, für die nächsten 14.530 EUR 31 %, für die nächsten 29.070 EUR 41 % und für alle weiteren Beträge des Einkommens 50 %. Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist (siehe Zorn aaO 1294) muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat auch im vorliegenden Fall die Unterhaltsbemessung im Wege einer (teilweisen) Anrechnung der Familienbeihilfe zu erfolgen. In welchem Ausmaß dies zu geschehen hat, kann aber auf Grund der Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, weil lediglich das monatliche Nettoeinkommen festgestellt wurde. Nur in den Fällen, in denen schon auf Grund der bekannten Höhe des Nettoeinkommens die Höhe des Grenzsteuersatzes des Unterhaltspflichtigen und der Umstand, dass der Unterhaltsbeitrag zur Gänze am höchsten Einkommensteil Deckung findet, kann eine ausdrückliche Feststellung betreffend die Tatsache des anzuwendenden Grundgrenzsteuersatzes entbehrlich sein; ansonsten ist es dem Obersten Gerichtshof aber verwehrt, diesen Umstand zu erforschen und dementsprechend Feststellungen zu treffen. Diese sind dem Erstgericht aufzutragen. Danach werden Feststellungen über das Jahresbruttoeinkommens des Vaters ohne 13. und 14. Gehalt zu treffen sein, um die notwendige steuerliche Entlastung nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen berechnen zu können.

Textnummer

E67973

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:0020OB00005.02B.1219.000

Im RIS seit

18.01.2003

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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