TE OGH 2003/1/7 9Nc110/02d

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Veröffentlicht am 07.01.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Mag. Claudia W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Stephan Duschel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Gabriel G*****, Inhaber der nicht prot. Fa *****, wegen EUR 817,85 sA, infolge Anrufung des Obersten Gerichtshofes nach § 28 JN (Ordination), den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Mag. Claudia W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Stephan Duschel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Gabriel G*****, Inhaber der nicht prot. Fa *****, wegen EUR 817,85 sA, infolge Anrufung des Obersten Gerichtshofes nach Paragraph 28, JN (Ordination), den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der Antragstellerin, zur Verhandlung und Entscheidung das Bezirksgericht Tulln als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin (mit Wohnsitz in Österreich) brachte vor, beim Antragsgegner (mit Sitz in Deutschland) über dessen in Wien abgerufene Homepage und auf Grund dessen Werbung in Österreich eine Pauschalreise nach Alghero Sardinien gebucht zu haben. Sie beabsichtige, auf Grund der verspäteten Ausfolgung ihres Reisegepäcks und hieraus resultierender Probleme Preisminderungs- und Schadenersatzansprüche klageweise geltend zu machen. Es handle sich um eine Verbrauchersache gemäß Art 15 Abs 1 Brüssel I-Verordnung. Nach herrschender Rechtsprechung sei zur Verhandlung und Entscheidung das für den Wohnsitz der klagenden Partei zuständige Bezirksgericht zu ordinieren (8 Nd 514/01). Es werde deshalb beantragt, das Bezirksgericht Tulln als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen. Der Ordinationsantrag vom 11. 12. 2002 ist nicht berechtigt.Die Antragstellerin (mit Wohnsitz in Österreich) brachte vor, beim Antragsgegner (mit Sitz in Deutschland) über dessen in Wien abgerufene Homepage und auf Grund dessen Werbung in Österreich eine Pauschalreise nach Alghero Sardinien gebucht zu haben. Sie beabsichtige, auf Grund der verspäteten Ausfolgung ihres Reisegepäcks und hieraus resultierender Probleme Preisminderungs- und Schadenersatzansprüche klageweise geltend zu machen. Es handle sich um eine Verbrauchersache gemäß Artikel 15, Absatz eins, Brüssel I-Verordnung. Nach herrschender Rechtsprechung sei zur Verhandlung und Entscheidung das für den Wohnsitz der klagenden Partei zuständige Bezirksgericht zu ordinieren (8 Nd 514/01). Es werde deshalb beantragt, das Bezirksgericht Tulln als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen. Der Ordinationsantrag vom 11. 12. 2002 ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Sind für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln, so hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn - soweit hier relevant - Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist (§ 28 Abs 1 Z 1 JN). Prämisse einer Ordination ist sohin das Fehlen eines Gerichtsstands im Inland, was der ordinierende Oberste Gerichtshof - in sinngemäßer Anwendung des § 41 Abs 1 JN - von Amts wegen zu prüfen hat, wobei diese Prüfung - in sinngemäßer Anwendung des § 41 Abs 2 JN - auf Grund der Angaben des Antragstellers bzw auf Grund der Aktenlage erfolgt (Matscher in Fasching² I § 28 JN Rz 11 mwN). Am 1. 3. 2002 trat die Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel I-Verordnung) in Kraft. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten (Art 76). In dieser Verordnung bedeutet der Begriff "Mitgliedstaat" jeden Mitgliedstaat mit Ausnahme des Königreichs Dänemark (Art 1 Abs 3). Die Brüssel I-Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt (Art 1 Abs 1). Die Vorschriften dieser Verordnung sind auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben worden sind, nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist (Art 66 Abs 1). Die Brüssel I-Verordnung tritt nach Art 68 Abs 1 im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten an die Stelle des Brüsseler Übereinkommens (EuGVÜ).Sind für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts im Sinne dieses Gesetzes oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln, so hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, welches für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn - soweit hier relevant - Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist (Paragraph 28, Absatz eins, Ziffer eins, JN). Prämisse einer Ordination ist sohin das Fehlen eines Gerichtsstands im Inland, was der ordinierende Oberste Gerichtshof - in sinngemäßer Anwendung des Paragraph 41, Absatz eins, JN - von Amts wegen zu prüfen hat, wobei diese Prüfung - in sinngemäßer Anwendung des Paragraph 41, Absatz 2, JN - auf Grund der Angaben des Antragstellers bzw auf Grund der Aktenlage erfolgt (Matscher in Fasching² römisch eins Paragraph 28, JN Rz 11 mwN). Am 1. 3. 2002 trat die Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel I-Verordnung) in Kraft. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten (Artikel 76,). In dieser Verordnung bedeutet der Begriff "Mitgliedstaat" jeden Mitgliedstaat mit Ausnahme des Königreichs Dänemark (Artikel eins, Absatz 3,). Die Brüssel I-Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt (Artikel eins, Absatz eins,). Die Vorschriften dieser Verordnung sind auf solche Klagen anzuwenden, die erhoben worden sind, nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist (Artikel 66, Absatz eins,). Die Brüssel I-Verordnung tritt nach Artikel 68, Absatz eins, im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten an die Stelle des Brüsseler Übereinkommens (EuGVÜ).

Nach Art 15 Abs 1 lit c der Brüssel I-Verordnung bestimmt sich für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, die Zuständigkeit - unbeschadet des Art 4 und des Art 5 Z 5 - nach dem 4. Abschnitt dieser Verordnung ("Zuständigkeit bei Verbrauchersachen"), wenn der andere Vertragspartner dieses Vertrages in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Eine Werbung im Internet erfüllt auf Grund ihrer grenzüberschreitenden Ausrichtung diese Voraussetzungen (vgl 7 Nd 507/01, 10 Nd 501/02 ua). Der Begriff des Verbrauchers ist vertragsautonom zu bestimmen (vgl RIS-Justiz RS0112279). Von der erforderlichen Privatbezogenheit ist nach den hier maßgeblichen (§ 41 Abs 2 JN) Angaben der Antragstellerin auszugehen. Der 4. Abschnitt der Verordnung ist nach Art 15 Abs 3 Brüssel I-Verordnung zwar nicht auf (bloße) Beförderungsverträge anzuwenden; ausdrücklich ausgenommen sind jedoch von dieser Anordnung Reiseverträge, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen. Es ist sohin im vorliegenden Fall (arg Pauschalreise) von einer Verbrauchersache im Sinne der Art 15 ff Brüssel I-Verordnung auszugehen (Klauser, Europäisches Zivilprozessrecht, Art 15 Brüssel I-Verordnung E 37).Nach Artikel 15, Absatz eins, Litera c, der Brüssel I-Verordnung bestimmt sich für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, die Zuständigkeit - unbeschadet des Artikel 4 und des Artikel 5, Ziffer 5, - nach dem 4. Abschnitt dieser Verordnung ("Zuständigkeit bei Verbrauchersachen"), wenn der andere Vertragspartner dieses Vertrages in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Eine Werbung im Internet erfüllt auf Grund ihrer grenzüberschreitenden Ausrichtung diese Voraussetzungen vergleiche 7 Nd 507/01, 10 Nd 501/02 ua). Der Begriff des Verbrauchers ist vertragsautonom zu bestimmen vergleiche RIS-Justiz RS0112279). Von der erforderlichen Privatbezogenheit ist nach den hier maßgeblichen (Paragraph 41, Absatz 2, JN) Angaben der Antragstellerin auszugehen. Der 4. Abschnitt der Verordnung ist nach Artikel 15, Absatz 3, Brüssel I-Verordnung zwar nicht auf (bloße) Beförderungsverträge anzuwenden; ausdrücklich ausgenommen sind jedoch von dieser Anordnung Reiseverträge, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen. Es ist sohin im vorliegenden Fall (arg Pauschalreise) von einer Verbrauchersache im Sinne der Artikel 15, ff Brüssel I-Verordnung auszugehen (Klauser, Europäisches Zivilprozessrecht, Artikel 15, Brüssel I-Verordnung E 37).

Art 16 Abs 1 Brüssel I-Verordnung lässt dem Verbraucher die Wahl. Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Im Zusammenhang mit den Änderungen der verbraucherrechtlichen Vorschriften durch die Brüssel I-Verordnung wurde auch ein spezifisch österreichisches Problem gelöst. Bis dahin verwies Art 14 Abs 1 EuGVÜ/LGVÜ nämlich auf "die Gerichte" des Verbraucherwohnsitzstaates. Geregelt war somit nur die internationale Zuständigkeit; für die örtliche Zuständigkeit musste auf das nationale Verfahrensrecht zurückgegriffen werden. Da das österreichische Zivilprozessrecht keinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers kennt, hatte in der Regel der OGH gemäß § 28 JN ein zuständiges Gericht zu bestimmen (Matscher aaO § 28 JN Rz 32 mwN; RIS-Justiz RS0106680, RS0108686, RS0112279 ua). Auch die von der Antragstellerin zitierte Rechtssache 8 Nd 514/01 betraf noch die Rechtslage nach dem EuGVÜ. Seit dem In-Kraft-Treten der Brüssel I-Verordnung ist hingegen in derartigen Fällen eine Ordination nicht mehr erforderlich, da Art 16 Abs 1 durch den Verweis auf "das Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat", auch die örtliche Zuständigkeit regelt (9 Nd 502/02 = AnwBl 2002/7828 [zust Mayr] ua; RIS-Justiz RS0106680, RS0108686). Liegt sohin - entgegen der Annahme des Antragstellers - ein Gerichtsstand im Inland vor, ist der Ordinationsantrag als unbegründet abzuweisen (Matscher aaO § 28 JN Rz 12 mwN).Artikel 16, Absatz eins, Brüssel I-Verordnung lässt dem Verbraucher die Wahl. Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Im Zusammenhang mit den Änderungen der verbraucherrechtlichen Vorschriften durch die Brüssel I-Verordnung wurde auch ein spezifisch österreichisches Problem gelöst. Bis dahin verwies Artikel 14, Absatz eins, EuGVÜ/LGVÜ nämlich auf "die Gerichte" des Verbraucherwohnsitzstaates. Geregelt war somit nur die internationale Zuständigkeit; für die örtliche Zuständigkeit musste auf das nationale Verfahrensrecht zurückgegriffen werden. Da das österreichische Zivilprozessrecht keinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers kennt, hatte in der Regel der OGH gemäß Paragraph 28, JN ein zuständiges Gericht zu bestimmen (Matscher aaO Paragraph 28, JN Rz 32 mwN; RIS-Justiz RS0106680, RS0108686, RS0112279 ua). Auch die von der Antragstellerin zitierte Rechtssache 8 Nd 514/01 betraf noch die Rechtslage nach dem EuGVÜ. Seit dem In-Kraft-Treten der Brüssel I-Verordnung ist hingegen in derartigen Fällen eine Ordination nicht mehr erforderlich, da Artikel 16, Absatz eins, durch den Verweis auf "das Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat", auch die örtliche Zuständigkeit regelt (9 Nd 502/02 = AnwBl 2002/7828 [zust Mayr] ua; RIS-Justiz RS0106680, RS0108686). Liegt sohin - entgegen der Annahme des Antragstellers - ein Gerichtsstand im Inland vor, ist der Ordinationsantrag als unbegründet abzuweisen (Matscher aaO Paragraph 28, JN Rz 12 mwN).

Anmerkung

E68112 9Nc110.02d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0090NC00110.02D.0107.000

Dokumentnummer

JJT_20030107_OGH0002_0090NC00110_02D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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