Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Jänner 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Slavko S***** wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, AZ 16 U 531/00w des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, über die vom Generalprokurator gegen verschiedene Vorgänge des genannten Bezirksgerichtes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Gegenwart des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Oshidari, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Jänner 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Slavko S***** wegen der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG, AZ 16 U 531/00w des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, über die vom Generalprokurator gegen verschiedene Vorgänge des genannten Bezirksgerichtes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Gegenwart des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Oshidari, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:
Spruch
In der Strafsache gegen Slavko S***** wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, AZ 16 U 531/00w des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, verletzenIn der Strafsache gegen Slavko S***** wegen der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG, AZ 16 U 531/00w des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, verletzen
1. die Durchführung der Hauptverhandlung (ON 28) und die Fällung des Urteils (ON 29) am 14. November 2001 in Abwesenheit des (damals) jungen Erwachsenen Slavko S***** sowie
2. die Unterlassung der Ladung des im Verfahren AZ 10 Vr 527/98, Hv 17/98, des Jugendgerichtshofs Wien bestellten Bewährungshelfers zu dieser Hauptverhandlung2. die Unterlassung der Ladung des im Verfahren AZ 10 römisch fünf r 527/98, Hv 17/98, des Jugendgerichtshofs Wien bestellten Bewährungshelfers zu dieser Hauptverhandlung
§§ 32 Abs 1 und 40 iVm § 46a Abs 2 JGG.Paragraphen 32, Absatz eins und 40 in Verbindung mit Paragraph 46 a, Absatz 2, JGG.
Gemäß § 292 letzter Satz StPO werden das bezeichnete Abwesenheitsurteil sowie sämtliche darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen - ausgenommen der Einziehungsausspruch gemäß § 26 Abs 1 StGB, § 34 SMG sowie die Anordnung der kommissionellen Vernichtung des sichergestellten Suchtgifts (Punkt 15. b der Endverfügung S 306) - aufgehoben.Gemäß Paragraph 292, letzter Satz StPO werden das bezeichnete Abwesenheitsurteil sowie sämtliche darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen - ausgenommen der Einziehungsausspruch gemäß Paragraph 26, Absatz eins, StGB, Paragraph 34, SMG sowie die Anordnung der kommissionellen Vernichtung des sichergestellten Suchtgifts (Punkt 15. b der Endverfügung S 306) - aufgehoben.
Dem Jugendgerichtshof Wien wird die Erneuerung des Verfahrens aufgetragen.
Text
Gründe:
Nach erfolglosem Versuch eines Vorgehens gemäß § 35 Abs 1 SMG (S 1 iVm ON 12) stellte die Staatsanwaltschaft Wien beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zum AZ 16 U 531/00w gegen den am 28. Juni 1981 geborenen Slavko S***** Anträge auf Bestrafung wegen der zwischen 25. Juli 2000 und 10. Juni 2001 begangenen Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (ON 14, 19 und 24). Das Bezirksgericht setzte als Termin für die Hauptverhandlung den 14. November 2001 fest. Obwohl schon aus den im Akt erliegenden Strafregisterauskünften (S 11, 45, 71, 101, 129, 171, 199, 245 und ON 22) die zum AZ 10 Vr 527/98, Hv 17/98 des Jugendgerichtshofs Wien erfolgte Bestellung eines Bewährungshelfers ersichtlich war, unterblieb dessen gemäß §§ 40, 46a Abs 2 JGG gebotene Verständigung von der Hauptverhandlung (S 3 b ff). Der Beschuldigte hatte zwar die Ladungen zur Hauptverhandlung eigenhändig übernommen (S 3 b und 3 c), blieb ihr jedoch unentschuldigt fern (S 287). Dessen ungeachtet wurde gemäß § 459 StPO die Hauptverhandlung in Abwesenheit des jungen Erwachsenen durchgeführt, ein Schuldspruch wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG gefällt und eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt, auf welche Vorhaftzeiten angerechnet wurden (S 295 und 307). Gemäß § 27 Abs 1 StGB, § 34 SMG wurden die sichergestellten Suchtmittel eingezogen. Gleichzeitig wurde - jedoch überflüssigerweise (vgl Jerabek in WK2 § 53 Rz 25 mwN) - gemäß § 494a Abs 2 StPO die Entscheidung über den Widerruf der mit Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 22. Dezember 1998, GZ 10 Vr 527/98-98, gewährten bedingten Nachsicht eines Strafteils diesem Gericht vorbehalten.Nach erfolglosem Versuch eines Vorgehens gemäß Paragraph 35, Absatz eins, SMG (S 1 in Verbindung mit ON 12) stellte die Staatsanwaltschaft Wien beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zum AZ 16 U 531/00w gegen den am 28. Juni 1981 geborenen Slavko S***** Anträge auf Bestrafung wegen der zwischen 25. Juli 2000 und 10. Juni 2001 begangenen Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG (ON 14, 19 und 24). Das Bezirksgericht setzte als Termin für die Hauptverhandlung den 14. November 2001 fest. Obwohl schon aus den im Akt erliegenden Strafregisterauskünften (S 11, 45, 71, 101, 129, 171, 199, 245 und ON 22) die zum AZ 10 römisch fünf r 527/98, Hv 17/98 des Jugendgerichtshofs Wien erfolgte Bestellung eines Bewährungshelfers ersichtlich war, unterblieb dessen gemäß Paragraphen 40,, 46a Absatz 2, JGG gebotene Verständigung von der Hauptverhandlung (S 3 b ff). Der Beschuldigte hatte zwar die Ladungen zur Hauptverhandlung eigenhändig übernommen (S 3 b und 3 c), blieb ihr jedoch unentschuldigt fern (S 287). Dessen ungeachtet wurde gemäß Paragraph 459, StPO die Hauptverhandlung in Abwesenheit des jungen Erwachsenen durchgeführt, ein Schuldspruch wegen der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG gefällt und eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt, auf welche Vorhaftzeiten angerechnet wurden (S 295 und 307). Gemäß Paragraph 27, Absatz eins, StGB, Paragraph 34, SMG wurden die sichergestellten Suchtmittel eingezogen. Gleichzeitig wurde - jedoch überflüssigerweise vergleiche Jerabek in WK2 Paragraph 53, Rz 25 mwN) - gemäß Paragraph 494 a, Absatz 2, StPO die Entscheidung über den Widerruf der mit Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 22. Dezember 1998, GZ 10 römisch fünf r 527/98-98, gewährten bedingten Nachsicht eines Strafteils diesem Gericht vorbehalten.
Entgegen der richterlichen Verfügung vom 17. Jänner 2002 (Punkt 8. der Endverfügung S 305) wurde dem Jugendgerichtshof Wien keine Ausfertigung des Abwesenheitsurteils, sondern lediglich ein Formular "StPO Form Bed V 5" mit dem unrichtigen Hinweis "Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht" und "keine Verlängerung der Probezeit und/oder nachträgliche Bestellung eines Bewährungshelfers" übermittelt (ON 32 a). Die Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Tagen und 20 Stunden wird voraussichtlich zwischen 27. August und 16. September 2003 vollzogen werden (ON 33 und 36).Entgegen der richterlichen Verfügung vom 17. Jänner 2002 (Punkt 8. der Endverfügung S 305) wurde dem Jugendgerichtshof Wien keine Ausfertigung des Abwesenheitsurteils, sondern lediglich ein Formular "StPO Form Bed römisch fünf 5" mit dem unrichtigen Hinweis "Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht" und "keine Verlängerung der Probezeit und/oder nachträgliche Bestellung eines Bewährungshelfers" übermittelt (ON 32 a). Die Ersatzfreiheitsstrafe von 19 Tagen und 20 Stunden wird voraussichtlich zwischen 27. August und 16. September 2003 vollzogen werden (ON 33 und 36).
Rechtliche Beurteilung
Wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht die Vorgangsweise des Bezirksgerichtes mit dem Gesetz nicht im Einklang:Wie der Generalprokurator in seiner gemäß Paragraph 33, Absatz 2, StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht die Vorgangsweise des Bezirksgerichtes mit dem Gesetz nicht im Einklang:
1. Gemäß § 32 Abs 1 iVm § 46a Abs 2 JGG ist im Strafverfahren gegen junge Erwachsene (wie vorliegend) § 459 zweiter und dritter Satz StPO nicht anzuwenden. Die Durchführung der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien und die Urteilsfällung am 14. November 2001 in Abwesenheit des Beschuldigten (ON 28 und 29) waren daher nicht zulässig. Das Abwesenheitsurteil ist gemäß § 32 Abs 1 zweiter Halbsatz iVm § 46a Abs 2 JGG nichtig.1. Gemäß Paragraph 32, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 46 a, Absatz 2, JGG ist im Strafverfahren gegen junge Erwachsene (wie vorliegend) Paragraph 459, zweiter und dritter Satz StPO nicht anzuwenden. Die Durchführung der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien und die Urteilsfällung am 14. November 2001 in Abwesenheit des Beschuldigten (ON 28 und 29) waren daher nicht zulässig. Das Abwesenheitsurteil ist gemäß Paragraph 32, Absatz eins, zweiter Halbsatz in Verbindung mit Paragraph 46 a, Absatz 2, JGG nichtig.
2. Nach § 40 iVm § 46a Abs 2 JGG hat ein dem jungen Erwachsenen bereits bestellter Bewährungshelfer das Recht, an der Verhandlung teilzunehmen und dort gehört zu werden. Entgegen dieser Vorschrift unterblieb die Verständigung des im Verfahren des Jugendgerichtshofs Wien zum AZ 10 Vr 527/98, Hv 17/98 bestellten Bewährungshelfers von der Hauptverhandlung am 14. November 2001.2. Nach Paragraph 40, in Verbindung mit Paragraph 46 a, Absatz 2, JGG hat ein dem jungen Erwachsenen bereits bestellter Bewährungshelfer das Recht, an der Verhandlung teilzunehmen und dort gehört zu werden. Entgegen dieser Vorschrift unterblieb die Verständigung des im Verfahren des Jugendgerichtshofs Wien zum AZ 10 römisch fünf r 527/98, Hv 17/98 bestellten Bewährungshelfers von der Hauptverhandlung am 14. November 2001.
Da nicht auszuschließen ist, dass sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben, waren diese nicht nur festzustellen, sondern war der Entscheidung auch konkrete Wirkung zuzuerkennen. Demnach war das bezeichnete Urteil und sämtliche darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen - ausgenommen der Ausspruch gemäß § 26 Abs 1 StGB, § 34 SMG sowie die Anordnung der kommissionellen Vernichtung des sichergestellten Suchtgifts - aufzuheben und dem nunmehr zuständigen (vgl Art IV Abs 3 zweiter Satz BGBl I 2001/19 iVm § 23 Z 1 lit b JGG) Jugendgerichtshof Wien die Erneuerung des Verfahrens aufzutragen.Da nicht auszuschließen ist, dass sich die aufgezeigten Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben, waren diese nicht nur festzustellen, sondern war der Entscheidung auch konkrete Wirkung zuzuerkennen. Demnach war das bezeichnete Urteil und sämtliche darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen - ausgenommen der Ausspruch gemäß Paragraph 26, Absatz eins, StGB, Paragraph 34, SMG sowie die Anordnung der kommissionellen Vernichtung des sichergestellten Suchtgifts - aufzuheben und dem nunmehr zuständigen vergleiche Art römisch IV Absatz 3, zweiter Satz BGBl römisch eins 2001/19 in Verbindung mit Paragraph 23, Ziffer eins, Litera b, JGG) Jugendgerichtshof Wien die Erneuerung des Verfahrens aufzutragen.
Einer Aufhebung des Ausspruchs gemäß § 26 Abs 1 StGB, § 34 SMG über die Einziehung des sichergestellten Suchtgifts bedarf es deswegen nicht, weil diese - unabhängig davon, ob eine bestimmte Person als Täter verurteilt wird - auch in einem freisprechenden Urteil oder in einem objektiven Verfahren möglich ist und ein solches auch gegen junge Erwachsene bei ordnungsgemäßer Ladung in deren Abwesenheit durchgeführt werden kann (§ 444 Abs 1 StPO; 11 Os 36/00; Foregger/Litzka/Matzka SMG § 34 Erl. VII.).Einer Aufhebung des Ausspruchs gemäß Paragraph 26, Absatz eins, StGB, Paragraph 34, SMG über die Einziehung des sichergestellten Suchtgifts bedarf es deswegen nicht, weil diese - unabhängig davon, ob eine bestimmte Person als Täter verurteilt wird - auch in einem freisprechenden Urteil oder in einem objektiven Verfahren möglich ist und ein solches auch gegen junge Erwachsene bei ordnungsgemäßer Ladung in deren Abwesenheit durchgeführt werden kann (Paragraph 444, Absatz eins, StPO; 11 Os 36/00; Foregger/Litzka/Matzka SMG Paragraph 34, Erl. römisch VII.).
Anmerkung
E68123 15Os155.02European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0150OS00155.02.0109.000Dokumentnummer
JJT_20030109_OGH0002_0150OS00155_0200000_000