TE OGH 2003/1/14 10ObS392/02y

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Veröffentlicht am 14.01.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher und Dr. Peter Zeitler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Vera S*****, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. Juni 2002, GZ 10 Rs 124/02g-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. Jänner 2002, GZ 14 Cgs 119/01v-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Als Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, die das Berufungsgericht von Amts wegen hätte aufgreifen müssen, macht die Revision zunächst geltend, dass die Klägerin nach Erstattung des Sachverständigengutachtens Dris. Wörgötter nicht gehört worden sei. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund läge aber nur dann vor, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch die Unterlassung der Zustellung entzogen worden wäre. Die Pflicht des Gerichtes zur Gewähr des rechtlichen Gehörs besteht nämlich in der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Zustellung aller wesentlichen Schriftstücke des Gegners und der gerichtlichen Verfügungen und Entscheidungen, in der Ladung zur Tagsatzung und zur mündlichen Verhandlung und in der Anhörung bei der mündlichen Verhandlung (Fasching, ZPR2 Rz 700; RIS-Justiz RS0107383; zuletzt: 10 ObS 17/02a).Als Nichtigkeit nach Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO, die das Berufungsgericht von Amts wegen hätte aufgreifen müssen, macht die Revision zunächst geltend, dass die Klägerin nach Erstattung des Sachverständigengutachtens Dris. Wörgötter nicht gehört worden sei. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund läge aber nur dann vor, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch die Unterlassung der Zustellung entzogen worden wäre. Die Pflicht des Gerichtes zur Gewähr des rechtlichen Gehörs besteht nämlich in der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Zustellung aller wesentlichen Schriftstücke des Gegners und der gerichtlichen Verfügungen und Entscheidungen, in der Ladung zur Tagsatzung und zur mündlichen Verhandlung und in der Anhörung bei der mündlichen Verhandlung (Fasching, ZPR2 Rz 700; RIS-Justiz RS0107383; zuletzt: 10 ObS 17/02a).

Abgesehen davon, dass eine Nichtigkeit somit gar nicht aufgezeigt wird, übersieht die Revision, dass das genannte Gutachten in der Verhandlung vom 23. 1. 2002, an der die Klägerin persönlich teilgenommen hat (vgl das Protokoll ON 15), ohnehin erörtert wurde. Der in der Revision erstmals erhobene - aktenwidrige - Vorwurf, die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, sich zum Gutachten zu äußern, ist somit - zu Recht - in der Berufung nicht geltendgemacht worden. Insoweit bestand aber auch kein Anlass für ein amtswegiges Vorgehen. Die behauptete Aktenwidrigkeit und der neuerlich gerügte Verfahrensmangel liegen nicht vor. Obgleich diese Beurteilung keiner Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO), ist der Revision kurz zu erwidern:Abgesehen davon, dass eine Nichtigkeit somit gar nicht aufgezeigt wird, übersieht die Revision, dass das genannte Gutachten in der Verhandlung vom 23. 1. 2002, an der die Klägerin persönlich teilgenommen hat vergleiche das Protokoll ON 15), ohnehin erörtert wurde. Der in der Revision erstmals erhobene - aktenwidrige - Vorwurf, die Klägerin habe keine Möglichkeit gehabt, sich zum Gutachten zu äußern, ist somit - zu Recht - in der Berufung nicht geltendgemacht worden. Insoweit bestand aber auch kein Anlass für ein amtswegiges Vorgehen. Die behauptete Aktenwidrigkeit und der neuerlich gerügte Verfahrensmangel liegen nicht vor. Obgleich diese Beurteilung keiner Begründung bedürfte (Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO), ist der Revision kurz zu erwidern:

Zunächst ist festzuhalten, dass in der Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen (wonach die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Reihe von Tätigkeiten - nämlich ua die beispielhaft festgestellten - verrichten kann, weil dabei keine ihr Leistungskalkül übersteigenden Anforderungen gestellt werden [Seite 2 des Ersturteils]) durch das Berufungsgericht schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit liegen kann (Kodek in Rechberger² Rz 4 Abs 3 zu § 503 ZPO; RIS-Justiz RS0043240).Zunächst ist festzuhalten, dass in der Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen (wonach die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Reihe von Tätigkeiten - nämlich ua die beispielhaft festgestellten - verrichten kann, weil dabei keine ihr Leistungskalkül übersteigenden Anforderungen gestellt werden [Seite 2 des Ersturteils]) durch das Berufungsgericht schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit liegen kann (Kodek in Rechberger² Rz 4 Absatz 3, zu Paragraph 503, ZPO; RIS-Justiz RS0043240).

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt ebenfalls nicht vor. Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde (hier:Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO) liegt ebenfalls nicht vor. Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde (hier:

unterlassene Anleitung der Klägerin durch das Erstgericht sowie unterbliebene Vernehmung des behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen), können nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates auch in einer Sozialrechtssache nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; MGA, ZPO15 E 38 zu § 503 mwN; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061).unterlassene Anleitung der Klägerin durch das Erstgericht sowie unterbliebene Vernehmung des behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen), können nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates auch in einer Sozialrechtssache nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (Kodek aaO Rz 3 Absatz 2, zu Paragraph 503, ZPO; MGA, ZPO15 E 38 zu Paragraph 503, mwN; SSV-NF 11/15; 7/74; 5/116 ua; RIS-Justiz RS0042963 [T45] und RS0043061).

Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - nur dann gegeben sein, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 aE; MGA aaO E Nr 40 mwN; RIS-Justiz RS0043086 [T7]; 10 ObS 263/02b; 10 ObS 310/02i uva; zuletzt: 10 ObS 385/02v); beide Fälle sind hier jedoch nicht erfüllt, weil sich das Gericht zweiter Instanz (= OLG Wien nicht - wie in der Revisionsschrift - "OLG Linz") mit der Mängelrüge auseinandergesetzt und diese mit einer der Aktenlage nicht widersprechenden Begründung als nicht berechtigt erkannt hat (Seite 3 bis 5 der Berufungsentscheidung). Davon abgesehen gehört die Frage, ob weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären (hier: vermisste Einvernahme Dris. Weichselbaum als sachverständigen Zeugen), zur - irrevisiblen - Beweiswürdigung der Vorinstanzen (vgl SSV-NF 7/12 mwN, RIS-Justiz RS0043320) und kann im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden (RIS-Justiz RS0043061 [T11], RS0040046 [T10 bis T13]; zuletzt: 10 ObS 310/02i). Auch die Feststellungen zum medizinischen Leistungskalkül, zu den Anforderungen in den Verweisungsberufen und den Tätigkeiten, welche der Versicherte aufgrund seines Leidenszustandes noch verrichten kann, gehören zum Tatsachenbereich (RIS-Justiz RS0043118 [T2 und T4]).Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - nur dann gegeben sein, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (Kodek aaO Rz 3 Absatz 2, aE; MGA aaO E Nr 40 mwN; RIS-Justiz RS0043086 [T7]; 10 ObS 263/02b; 10 ObS 310/02i uva; zuletzt: 10 ObS 385/02v); beide Fälle sind hier jedoch nicht erfüllt, weil sich das Gericht zweiter Instanz (= OLG Wien nicht - wie in der Revisionsschrift - "OLG Linz") mit der Mängelrüge auseinandergesetzt und diese mit einer der Aktenlage nicht widersprechenden Begründung als nicht berechtigt erkannt hat (Seite 3 bis 5 der Berufungsentscheidung). Davon abgesehen gehört die Frage, ob weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären (hier: vermisste Einvernahme Dris. Weichselbaum als sachverständigen Zeugen), zur - irrevisiblen - Beweiswürdigung der Vorinstanzen vergleiche SSV-NF 7/12 mwN, RIS-Justiz RS0043320) und kann im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden (RIS-Justiz RS0043061 [T11], RS0040046 [T10 bis T13]; zuletzt: 10 ObS 310/02i). Auch die Feststellungen zum medizinischen Leistungskalkül, zu den Anforderungen in den Verweisungsberufen und den Tätigkeiten, welche der Versicherte aufgrund seines Leidenszustandes noch verrichten kann, gehören zum Tatsachenbereich (RIS-Justiz RS0043118 [T2 und T4]).

Die Revisionsausführungen erschöpfen daher sich insgesamt in der - von der Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung abweichenden - Behauptung, die Klägerin sei (aufgrund der nach Verfahrensergänzung zu treffenden Feststellungen) infolge ihres psychischen Zustandes nicht in der Lage, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Sie stellen daher den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar (RIS-Justiz RS0040046; 10 ObS 184/02k mwN). Auch der in der Rechtsrüge erhobene Vorwurf des rechtlichen Feststellungsmangels (dass das Erstgericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen habe [Kodek aaO Rz 4 zu § 496 ZPO]) kann nämlich nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema - wie hier - ohnehin Feststellungen getroffen wurden, diese den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers aber zuwiderlaufen (10 ObS 355/01f mwN; 10 ObS 276/02i; zuletzt: 10 ObS 385/02v).Die Revisionsausführungen erschöpfen daher sich insgesamt in der - von der Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung abweichenden - Behauptung, die Klägerin sei (aufgrund der nach Verfahrensergänzung zu treffenden Feststellungen) infolge ihres psychischen Zustandes nicht in der Lage, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Sie stellen daher den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen dar (RIS-Justiz RS0040046; 10 ObS 184/02k mwN). Auch der in der Rechtsrüge erhobene Vorwurf des rechtlichen Feststellungsmangels (dass das Erstgericht infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen habe [Kodek aaO Rz 4 zu Paragraph 496, ZPO]) kann nämlich nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema - wie hier - ohnehin Feststellungen getroffen wurden, diese den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers aber zuwiderlaufen (10 ObS 355/01f mwN; 10 ObS 276/02i; zuletzt: 10 ObS 385/02v).

Trotz Benennung des Revisionsgrundes des § 503 Z 4 ZPO enthält die Revision somit keine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge, weil dieser ein feststellungsfremder Sachverhalt zugrundeliegt (Kodek aaO Rz 5 zu § 503 ZPO und Rz 2 zu § 506 ZPO).Trotz Benennung des Revisionsgrundes des Paragraph 503, Ziffer 4, ZPO enthält die Revision somit keine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge, weil dieser ein feststellungsfremder Sachverhalt zugrundeliegt (Kodek aaO Rz 5 zu Paragraph 503, ZPO und Rz 2 zu Paragraph 506, ZPO).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E68236 10ObS392.02y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00392.02Y.0114.000

Dokumentnummer

JJT_20030114_OGH0002_010OBS00392_02Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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