TE OGH 2003/1/16 2Ob317/02k

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2003
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz K*****, vertreten durch Dr. Klaus Kocher, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Otmar M*****, und 2. ***** Versicherungs-AG, ***** beide vertreten durch Dr. Edmund Thurn, Rechtsanwalt in Murau, wegen EUR 4.115,32 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 27. September 2002, GZ 1 R 299/02s-32, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Murau vom 17. Mai 2002, GZ 1 C 26/01a-25, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 439,72 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 73,29, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung einer außerordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.Gemäß Paragraph 510, Absatz 3, ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung einer außerordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Am 17. 7. 1998 ereignete sich im Bereich des nur einspurig befahrbaren sogenannten Klausnertores ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger und der Erstbeklagte als Lenker verschiedener PKW beteiligt waren. Zum Unfallszeitpunkt befand sich das Hinweiszeichen "Wartepflicht des Gegenverkehrs" für den aus Westen kommenden Verkehr 7 m westlich der Bezugslinie, welche auf der Höhe der Westflanke des Klausnertores verläuft. Das Vorschriftszeichen "Wartepflicht bei Gegenverkehr" für den aus Osten kommenden Verkehr war 28 m östlich der Bezugslinie angebracht. Der aus Westen kommende Kläger hielt 15,4 m vor der späteren Unfallstelle (= 22,4 m westlich der Bezugslinie) eine Geschwindigkeit von 38 km/h ein. Aus dieser Position erblickte er das aus Richtung Osten entgegenkommende Fahrzeug des Erstbeklagten; dieses befand sich zu diesem Zeitpunkt 4,6 m östlich der Bezugslinie (= 11,6 m vor der Unfallstelle) und fuhr gerade in das Klausnertor ein. Zwischen den beiden Fahrzeugen kam es auf Höhe der westlichen Hinweistafel "Wartepflicht des Gegenverkehrs" 7 m westlich der Bezugslinie zur Kollision. Zum Zeitpunkte der Vorbeifahrt des Erstbeklagten am Vorschriftszeichen "Wartepflicht bei Gegenverkehr" (28 m östlich der Bezugslinie) befand sich das Fahrzeug des Klägers noch etwa 46 m westlich der Bezugslinie und war außerhalb des Sichtbereiches des Erstbeklagten.

Während das Erstgericht das Verschulden 1 : 1 teilte, wies das Berufungsgericht das Klagebegehren zur Gänze ab. Es führte aus, das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit a Z 5 StVO ("Wartepflicht bei Gegenverkehr") zeige an, dass der Lenker eines in der durch den roten Pfeil bezeichneten Fahrtrichtung fahrenden Fahrzeuges bei Gegenverkehr vor dem Verkehrszeichen zu warten habe. Die Einfahrt des an sich Wartepflichtigen in eine Engstelle zu einer Zeit, zu der das sich von der anderen Seite näherende Fahrzeug noch nicht sichtbar sei, verstoße daher nicht gegen die Wartepflicht bei Gegenverkehr (RIS-Justiz RS0073668). Sei der Wartepflichtige mangels Vorhandenseins eines wahrnehmbaren Gegenverkehrs berechtigterweise in die "bedingte Einbahnstrecke" eingefahren, dann habe der Gegenverkehr dessen Ausfahrt abzuwarten (RIS-Justiz RS0073612); der an sich Wartepflichtige brauche nicht sofort bei Ansichtigwerden des entgegenkommenden Fahrzeuges seine Geschwindigkeit erheblich herabsetzen (ZVR 1980/66), er dürfe vielmehr darauf vertrauen, dass der Entgegenkommende die Engstelle nicht befahren werde, bevor er diese selbst verlassen habe; es bestehe daher für ihn kein Anlass, seine Fahrweise auf eine mögliche Begegnung in der Engstelle einzurichten (ZVR 1981/9). Daraus folge, dass für den Erstbeklagten keine Verpflichtung zum Anhalten auf der Höhe des Vorschriftszeichens gemäß § 52 lit a Z 5 StVO bestanden habe. Er sei ohne Verletzung von Verkehrsvorschriften in die durch dieses Verbotszeichen geschützte Strecke eingefahren. Vielmehr hätte der Kläger die Ausfahrt des Erstbeklagten aus der Engstelle abwarten müssen. Ein gefahrloses Verlassen der Engstelle sei dort möglich, wo ein anstoßfreies Passieren der beiden Fahrzeuge durchführbar sei. Die Wartepflicht des Klägers habe daher 8 bis 10 m westlich der Bezugslinie bestanden. Der Kläger hätte daher eine Annäherungsgeschwindigkeit zu wählen gehabt, die ihm ein Anhalten an dieser Stelle ermöglicht hätte. Er habe aber eine solche Geschwindigkeit gewählt, die ihm ein Anhalten erst etwa 6,1 m westlich der Bezugslinie ermöglicht hätte, weshalb er die auf ihn übergegangene Wartepflicht - als Folge der Verletzung des Gebotes des Fahrens auf halbe Sicht - verletzt habe; er habe den Verkehrsunfall, der sich 7 m westlich der Bezugslinie und daher innerhalb der Engstelle ereignet habe, verschuldet. In diesem Bereich habe der früher in die Engstelle eingefahrene Erstbeklagte die Vorfahrt vor dem entgegenkommenden Kläger gehabt, weshalb sich die Frage der Verpflichtung des Erstbeklagten zum Fahren auf halbe Sicht nicht stelle; dieser hätte darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger die Engstelle nicht befahren werde, bevor er diese selbst verlassen habe (ZVR 1981/9).Während das Erstgericht das Verschulden 1 : 1 teilte, wies das Berufungsgericht das Klagebegehren zur Gänze ab. Es führte aus, das Vorschriftszeichen gemäß Paragraph 52, Litera a, Ziffer 5, StVO ("Wartepflicht bei Gegenverkehr") zeige an, dass der Lenker eines in der durch den roten Pfeil bezeichneten Fahrtrichtung fahrenden Fahrzeuges bei Gegenverkehr vor dem Verkehrszeichen zu warten habe. Die Einfahrt des an sich Wartepflichtigen in eine Engstelle zu einer Zeit, zu der das sich von der anderen Seite näherende Fahrzeug noch nicht sichtbar sei, verstoße daher nicht gegen die Wartepflicht bei Gegenverkehr (RIS-Justiz RS0073668). Sei der Wartepflichtige mangels Vorhandenseins eines wahrnehmbaren Gegenverkehrs berechtigterweise in die "bedingte Einbahnstrecke" eingefahren, dann habe der Gegenverkehr dessen Ausfahrt abzuwarten (RIS-Justiz RS0073612); der an sich Wartepflichtige brauche nicht sofort bei Ansichtigwerden des entgegenkommenden Fahrzeuges seine Geschwindigkeit erheblich herabsetzen (ZVR 1980/66), er dürfe vielmehr darauf vertrauen, dass der Entgegenkommende die Engstelle nicht befahren werde, bevor er diese selbst verlassen habe; es bestehe daher für ihn kein Anlass, seine Fahrweise auf eine mögliche Begegnung in der Engstelle einzurichten (ZVR 1981/9). Daraus folge, dass für den Erstbeklagten keine Verpflichtung zum Anhalten auf der Höhe des Vorschriftszeichens gemäß Paragraph 52, Litera a, Ziffer 5, StVO bestanden habe. Er sei ohne Verletzung von Verkehrsvorschriften in die durch dieses Verbotszeichen geschützte Strecke eingefahren. Vielmehr hätte der Kläger die Ausfahrt des Erstbeklagten aus der Engstelle abwarten müssen. Ein gefahrloses Verlassen der Engstelle sei dort möglich, wo ein anstoßfreies Passieren der beiden Fahrzeuge durchführbar sei. Die Wartepflicht des Klägers habe daher 8 bis 10 m westlich der Bezugslinie bestanden. Der Kläger hätte daher eine Annäherungsgeschwindigkeit zu wählen gehabt, die ihm ein Anhalten an dieser Stelle ermöglicht hätte. Er habe aber eine solche Geschwindigkeit gewählt, die ihm ein Anhalten erst etwa 6,1 m westlich der Bezugslinie ermöglicht hätte, weshalb er die auf ihn übergegangene Wartepflicht - als Folge der Verletzung des Gebotes des Fahrens auf halbe Sicht - verletzt habe; er habe den Verkehrsunfall, der sich 7 m westlich der Bezugslinie und daher innerhalb der Engstelle ereignet habe, verschuldet. In diesem Bereich habe der früher in die Engstelle eingefahrene Erstbeklagte die Vorfahrt vor dem entgegenkommenden Kläger gehabt, weshalb sich die Frage der Verpflichtung des Erstbeklagten zum Fahren auf halbe Sicht nicht stelle; dieser hätte darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger die Engstelle nicht befahren werde, bevor er diese selbst verlassen habe (ZVR 1981/9).

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil, soweit überblickbar, Rechtsprechung jüngeren Datums zur vorliegenden Problematik fehle; ebenso fehle sie zur Frage, ob die Engstelle immer zwischen den korrespondierenden Verkehrszeichen nach § 52 lit a Z 5, § 53 Abs 1 Z 7a StVO anzunehmen sei oder nach den jeweiligen örtlichen Umständen, die ein anstoßfreies und gefahrloses Passieren der begegnenden Fahrzeuge zuließen.Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil, soweit überblickbar, Rechtsprechung jüngeren Datums zur vorliegenden Problematik fehle; ebenso fehle sie zur Frage, ob die Engstelle immer zwischen den korrespondierenden Verkehrszeichen nach Paragraph 52, Litera a, Ziffer 5,, Paragraph 53, Absatz eins, Ziffer 7 a, StVO anzunehmen sei oder nach den jeweiligen örtlichen Umständen, die ein anstoßfreies und gefahrloses Passieren der begegnenden Fahrzeuge zuließen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Klägers ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Das Fehlen einer jüngeren Rechtsprechung bewirkt für sich noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Solange sich die Rechtslage nicht geändert hat und auch von der Lehre keine fundierte Kritik an der Judikatur des Obersten Gerichtshofes geäußert wurde, ist auch durch eine ältere Rechtsprechung die Rechtssicherheit gewährleistet. Es bedarf daher keiner Wiederholung der vom Berufungsgericht bereits zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Diese geht vom eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 51 Abs 1 Satz 1 StVO aus, wonach die Vorschriftszeichen vor der Stelle, für die sie gelten, anzubringen sind. Die Einfahrt des gemäß § 52 lit a Z 5 StVO Wartepflichtigen in eine Engstelle zu einer Zeit, zu der das sich von der anderen Seite nähernde Fahrzeug noch nicht sichtbar war, verstößt allerdings nach ständiger Rechtsprechung nicht gegen die Wartepflicht bei Gegenverkehr (RIS-Justiz RS0073668), vielmehr hat der Gegenverkehr dann, wenn der primär Wartepflichtige berechtigterweise bereits in die "bedingte Einbahnstrecke" eingefahren ist, dessen Ausfahrt abzuwarten (RIS-Justiz RS0073612). Derjenige, der berechtigt in die Engstelle eingefahren ist, braucht seine Fahrweise nicht auf eine mögliche Begegnung in der Engstelle im Sinn des § 10 Abs 2 StVO einzurichten, weil der Gegenverkehr wartepflichtig ist (ZVR 1981/9). Das Berufungsgericht ist daher im Sinne der von ihm selbst zitierten Rechtsprechung von einer Wartepflicht des Klägers ausgegangen; dass diese nur dort bestehen kann, wo die örtlichen Gegebenheiten ein gefahrloses Passieren der beiden Fahrzeuge ermöglichen, ist evident.Das Fehlen einer jüngeren Rechtsprechung bewirkt für sich noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO. Solange sich die Rechtslage nicht geändert hat und auch von der Lehre keine fundierte Kritik an der Judikatur des Obersten Gerichtshofes geäußert wurde, ist auch durch eine ältere Rechtsprechung die Rechtssicherheit gewährleistet. Es bedarf daher keiner Wiederholung der vom Berufungsgericht bereits zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Diese geht vom eindeutigen Gesetzeswortlaut des Paragraph 51, Absatz eins, Satz 1 StVO aus, wonach die Vorschriftszeichen vor der Stelle, für die sie gelten, anzubringen sind. Die Einfahrt des gemäß Paragraph 52, Litera a, Ziffer 5, StVO Wartepflichtigen in eine Engstelle zu einer Zeit, zu der das sich von der anderen Seite nähernde Fahrzeug noch nicht sichtbar war, verstößt allerdings nach ständiger Rechtsprechung nicht gegen die Wartepflicht bei Gegenverkehr (RIS-Justiz RS0073668), vielmehr hat der Gegenverkehr dann, wenn der primär Wartepflichtige berechtigterweise bereits in die "bedingte Einbahnstrecke" eingefahren ist, dessen Ausfahrt abzuwarten (RIS-Justiz RS0073612). Derjenige, der berechtigt in die Engstelle eingefahren ist, braucht seine Fahrweise nicht auf eine mögliche Begegnung in der Engstelle im Sinn des Paragraph 10, Absatz 2, StVO einzurichten, weil der Gegenverkehr wartepflichtig ist (ZVR 1981/9). Das Berufungsgericht ist daher im Sinne der von ihm selbst zitierten Rechtsprechung von einer Wartepflicht des Klägers ausgegangen; dass diese nur dort bestehen kann, wo die örtlichen Gegebenheiten ein gefahrloses Passieren der beiden Fahrzeuge ermöglichen, ist evident.

Da der Kläger keine anderen erheblichen Rechtsfragen in seinem Rechtsmittel geltend macht, war seine Revision zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Textnummer

E68141

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0020OB00317.02K.0116.000

Im RIS seit

15.02.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten