TE OGH 2003/1/16 2Ob310/02f

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Veröffentlicht am 16.01.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter R*****, vertreten durch Dr. Horst Brunner und Dr. Emilio Stock, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, diese vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 5.475,12 und Feststellung (EUR 1.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. Oktober 2002, GZ 4 R 396/02t-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Reutte vom 8. Juli 2002, GZ 2 C 550/01d-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).

Der Kläger kam am 18. August 2000 als Fahrer eines Rennrades auf der Lechtal-Bundesstraße zu Sturz, weil er mit dem Vorderrad in einen offenen Längsriss der Fahrbahn, der etwa 30 cm von der rechten Randlinie entfernt war, eine Länge von 50 cm, eine Breite von 6 cm und eine Tiefe von etwa 1 cm aufwies, geriet. Der Riss befand sich im Bereich einer großflächig vorgeschädigten Fahrbahndecke in Form von mehreren Rissen, die für den Kläger bereits aus größerer Entfernung grundsätzlich erkennbar waren. Es handelt sich dabei um Frostschäden, die sinnvoll nur durch Abfräsen und Neuasphaltieren behoben werden können. Die Frostschäden wurden von der zuständigen Straßenmeisterei im Frühjahr 2000 notiert, die Sanierung öffentlich ausgeschrieben und im September 2000 durchgeführt. Die Sanierung erfolgte in der Reihenfolge nach der Verkehrsbelastung, wobei die Lechtal-Bundesstraße im Hinblick auf die Verkehrsfrequenz der Fernpass-Bundesstraße nachrangig ist. In Annäherung an die Unfallstelle des Klägers befand sich zum Unfallszeitpunkt etwa 500 m vor der späteren Unfallstelle im Bereich des rechten Fahrbahnrandes eine Beschilderung, wobei alle Verkehrszeichen von oben nach unten wie folgt montiert waren. Gefahrenzeichen: "Andere Gefahren", Gefahrenzeichen: "Querrinne" oder "Aufwölbung"; Zusatztafel: "Frostschäden 2 km". Etwa 400 m vor der späteren Unfallstelle befand sich das Gefahrenzeichen: "Querrinne" oder "Aufwölbung"; Zusatztafel "3 x".

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei Schadenersatz; die beklagte Partei habe als Straßenerhalterin ihre Instandhaltungspflicht verletzt.

Beide Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen und das Vorliegen grober Fahrlässigkeit verneint.

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt; es fehle konkrete höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob bei vorhersehbar längerer Dauer der möglichen Sanierung (ca fünf Monate) die Aufstellung von Warnschildern für einen größeren Bereich, jedoch die Unterlassung der Kennzeichnung einer außergewöhnlichen Gefahrenstelle innerhalb dieses Gefahrenbereiches ausreiche, oder ob an den Wegehalter einer Bundesstraße im Sinne der Zumutbarkeit höhere Anforderungen gestellt werden müssten, um in den Genuss des Privilegs des § 1319a ABGB zu kommen.Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt; es fehle konkrete höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob bei vorhersehbar längerer Dauer der möglichen Sanierung (ca fünf Monate) die Aufstellung von Warnschildern für einen größeren Bereich, jedoch die Unterlassung der Kennzeichnung einer außergewöhnlichen Gefahrenstelle innerhalb dieses Gefahrenbereiches ausreiche, oder ob an den Wegehalter einer Bundesstraße im Sinne der Zumutbarkeit höhere Anforderungen gestellt werden müssten, um in den Genuss des Privilegs des Paragraph 1319 a, ABGB zu kommen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, die Revision der klagenden Partei zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Das Tatbestandsmerkmal "mangelhafter Zustand" im Sinne des § 1319a ABGB bedeutet, dass nicht nur für den Weg selbst, sondern auch für dessen Verkehrssicherheit im weitesten Sinn gehaftet wird (Reischauer in Rummel² § 1319a Rz 6 mwN). Beurteilungsmaßstab für die Mangelhaftigkeit des Weges ist das Verkehrsbedürfnis und die Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen. Welche Maßnahme ein Wegehalter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich nach § 1319a Abs 2 letzter Satz danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, seiner geographischen Lage in der Natur und dem Verkehrsbedürfnis angemessen und nach objektiven Maßstäben zumutbar ist. Es kommt im jeweils zu prüfenden Einzelfall darauf an, ob der Wegehalter die ihm zumutbare Maßnahmen getroffen hat, um die gefahrlose Benützung dieses Weges zu erreichen (Reischauer aaO; SZ 60/189; RIS-Justiz RS0030202).Das Tatbestandsmerkmal "mangelhafter Zustand" im Sinne des Paragraph 1319 a, ABGB bedeutet, dass nicht nur für den Weg selbst, sondern auch für dessen Verkehrssicherheit im weitesten Sinn gehaftet wird (Reischauer in Rummel² Paragraph 1319 a, Rz 6 mwN). Beurteilungsmaßstab für die Mangelhaftigkeit des Weges ist das Verkehrsbedürfnis und die Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen. Welche Maßnahme ein Wegehalter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich nach Paragraph 1319 a, Absatz 2, letzter Satz danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, seiner geographischen Lage in der Natur und dem Verkehrsbedürfnis angemessen und nach objektiven Maßstäben zumutbar ist. Es kommt im jeweils zu prüfenden Einzelfall darauf an, ob der Wegehalter die ihm zumutbare Maßnahmen getroffen hat, um die gefahrlose Benützung dieses Weges zu erreichen (Reischauer aaO; SZ 60/189; RIS-Justiz RS0030202).

Diese grundsätzlichen Rechtsfragen hat das Berufungsgericht im Einklang mit der bereits von ihm zitierten Judikatur des Obersten Gerichtsshofes gelöst und ebenfalls darauf verwiesen, dass grobe Fahrlässigkeit nur dann anzunehmen ist, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht (Pflicht zur Unfallsverhütung vorliegt) und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich vorhersehbar ist. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Überlegungen aller Umstände des konkreten Einzelfalls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist. Entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades ist die Schwere des Sorgfaltsverstoßes und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes, wobei diese Beurteilung stets nur nach den Umständen des Einzefalles vorgenommen werden kann (ZVR 1989/131 uva). Die Beurteilung des Verschuldensgrades unter Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze, ohne dass ein wesentlicher Verstoß gegen die Abgrenzungskriterien vorliegt, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann aber nicht als Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden.Diese grundsätzlichen Rechtsfragen hat das Berufungsgericht im Einklang mit der bereits von ihm zitierten Judikatur des Obersten Gerichtsshofes gelöst und ebenfalls darauf verwiesen, dass grobe Fahrlässigkeit nur dann anzunehmen ist, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht (Pflicht zur Unfallsverhütung vorliegt) und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich vorhersehbar ist. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Überlegungen aller Umstände des konkreten Einzelfalls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist. Entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades ist die Schwere des Sorgfaltsverstoßes und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes, wobei diese Beurteilung stets nur nach den Umständen des Einzefalles vorgenommen werden kann (ZVR 1989/131 uva). Die Beurteilung des Verschuldensgrades unter Anwendung der richtig dargestellten Grundsätze, ohne dass ein wesentlicher Verstoß gegen die Abgrenzungskriterien vorliegt, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann aber nicht als Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO gewertet werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO, weil die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

Textnummer

E68139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0020OB00310.02F.0116.000

Im RIS seit

15.02.2003

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2015
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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