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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, in der Beschwerdesache des CW in D/Deutschland, vertreten durch Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 18, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 4. Mai 2006, Zl. RV/0607-I/03, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Erbe seines am 31. März 1998 verstorbenen Vaters. Mit Bescheid vom 24. April 2003 schrieb das Finanzamt Innsbruck dem Beschwerdeführer ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von S 49,391.957,30 (Wertpapiere eines ausländischen Depots zuzüglich Erträgnisse der Wertpapiere eines inländischen Depots abzüglich des Freibetrages) Erbschaftssteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG in der Höhe von EUR 502.523,42 vor.
In der dagegen eingebrachten Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, die auf dem Depot verwalteten Wertpapiere und Bankeinlagen seien mit eine näher bezeichneten Ausnahme wegen Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG aus dem steuerpflichtigen Erwerb auszuscheiden. Die Einschränkung der Endbesteuerung auf bestimmte inländische bzw. im Inland bezogene Kapitalerträge und die damit verbundene Schlechterstellung der Besteuerung des Erwerbes von Todes wegen, soweit ausländisches Kapitalvermögen betroffen sei, behindere die Freiheit des Kapitalverkehrs gemäß Art. 56 EG und stelle einen Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht dar. Weiters wurde der Abzug der Kosten des Kollisionskurators, des Schweizer Notars und der Höhe nach nicht feststehende Beratungskosten beantragt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von EUR 3,435.386,58 die Erbschaftssteuer mit EUR 480.954,12 fest. Nach der Begründung der angefochtenen Bescheide berücksichtigte die belangte Behörde bei der Bemessung der Erbschaftssteuer zwar die aufgewendeten Kosten, verwarf aber das übrige Berufungsbegehren.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst vor ihm erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 27. November 2006, B 1054/06- 3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Befreiung der Forderungswertpapiere von der Erbschaftsteuer verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Mit Beschluss vom 25. Jänner 2007, A 2007/0012-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 1 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "1. der Erwerb von Todes wegen," als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 7. März 2007, G 54/06-15 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 1 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955 betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
Der Beschwerdefall bildet einen Anlassfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Abgabenbescheid auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007160047.X00Im RIS seit
17.05.2007