Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sabine W*****, vertreten durch die Mutter Ulrike W*****, diese vertreten durch Dr. Klaus Dorninger, Rechtsanwalt in Linz, über den Revisionsrekurs des Vaters Dr. Rudolf P*****, vertreten durch Dr. Günther Tews und Mag. Christian Fischer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 15. November 2001, GZ 21 R 381/01f-93, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 12. Oktober 2001, GZ 17 P 43/00b-89 bestätigt wurde, nachstehenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der Anfechtung aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Die minderjährige Sabine W***** ist das Kind der obsorgeberechtigten Mutter Ulrike W***** und des Dr. Rudolf P*****. Das Kind lebt bei der Mutter.
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 2. 2. 2001 wurde der vom Vater für seine minderjährige Tochter zu leistende monatliche Unterhaltsbeitrag ab 1. 11. 2000 von S 9.400 auf S 11.275 (das ist das 2,5-fache des Regelbedarfs für Kinder im Alter zwischen 15 und 19 Jahren) erhöht, wobei dieser Unterhaltsfestsetzung ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Vaters von rund S
63.800 und eine Unterhaltspflicht für eine einkommenslose Ehegattin zu Grunde lag.
Am 9. 5. 2001 begehrte der Vater, seine Unterhaltsverpflichtung rückwirkend ab 1. 1. 2001 auf S 6.171 monatlich herabzusetzen, was unter anderem damit begründet wurde, durch die Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhalt des Kindes ergebe sich eine Kürzung des Unterhalts von monatlich S 1.905. Dabei berief sich der Antragsteller auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, B 1285/00 zu § 12a FLAG.Am 9. 5. 2001 begehrte der Vater, seine Unterhaltsverpflichtung rückwirkend ab 1. 1. 2001 auf S 6.171 monatlich herabzusetzen, was unter anderem damit begründet wurde, durch die Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhalt des Kindes ergebe sich eine Kürzung des Unterhalts von monatlich S 1.905. Dabei berief sich der Antragsteller auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, B 1285/00 zu Paragraph 12 a, FLAG.
Die minderjährige Unterhaltsberechtigte beantragte die gänzliche Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsantrags und verwies zum streitentscheidenden Punkt darauf, dass die bisherige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Nichtanrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhaltsanspruch rechtfertige.
Das Erstgericht wies den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters ab. Das Rekursgericht bestätigt diesen Beschluss und sprach aus dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, B 1285/00 biete keinen Anlass, von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Nichtanrechnung der Familienbeihilfe abzugehen. Unter Zustimmung der Ausführung von Barth (RZ 2001/248 ff) lehnte es eine Bindung an das zitierte Erkenntnis des VfGH ausdrücklich ab. Die darin geforderte steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen richte sich an die Gesetzgeber.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, worin geltend gemacht wird, dass § 12a FLAG im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00 auszulegen sei. Er begehrt, die Beschlüsse der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung seines Unterhaltsherabsetzungsantrags abzuändern.Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, worin geltend gemacht wird, dass Paragraph 12 a, FLAG im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00 auszulegen sei. Er begehrt, die Beschlüsse der Vorinstanzen im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung seines Unterhaltsherabsetzungsantrags abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und im Sinn des darin gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02 ua hat der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist.Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02 ua hat der Verfassungsgerichtshof in Paragraph 12 a, FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist.
Das gegenständliche Verfahren war bis zur Entscheidung des VfGH über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom 20. Dezember 2001 6 Ob 262/01z mit Beschluss vom 23. April 2002 unterbrochen worden. Mit der Frage wie nunmehr die Bemessung des Unterhalts von Kindern getrennt lebender Eltern erfolgen muss, hat sich der Oberste Gerichtshof nach diesem bezeichneten Erkenntnis bereits mehrfach auseinandergesetzt (etwa in 1 Ob 79/02b; 2 Ob 37/02h; 2 Ob 196/02s; 3 Ob 141/02k; 4 Ob 46/02x; 4 Ob 52/02d; der erkennende Senat zuletzt in 5 Ob 36/02h).
Es kann folgende Formel herangezogen werden:
Der nach rein unterhaltsrechtlichen Aspekten bemessene Geldunterhalt dividiert durch 2, mal (um 20 %) verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (also 25 % bei 31 %, 33 % bei 41 %, 40 % bei 50 % Grenzsteuersatz; vgl § 33 Abs 3 EStG 1988), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist. Hiebei ist noch folgendes zu beachten: Da der Kindesunterhalt jeweils dem höchsten Einkommensteil des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist, muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist.Der nach rein unterhaltsrechtlichen Aspekten bemessene Geldunterhalt dividiert durch 2, mal (um 20 %) verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (also 25 % bei 31 %, 33 % bei 41 %, 40 % bei 50 % Grenzsteuersatz; vergleiche Paragraph 33, Absatz 3, EStG 1988), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist. Hiebei ist noch folgendes zu beachten: Da der Kindesunterhalt jeweils dem höchsten Einkommensteil des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist, muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist.
Im vorliegenden Fall wurde das Jahresbruttoeinkommen des Vaters (ohne 13. und 14. Gehalt) nicht festgestellt. Davon hängt aber die Höhe des Grenzsteuersatzes ab. Das Erstgericht wird daher seine Feststellungen entsprechend zu ergänzen haben, um sodann die notwendige steuerliche Entlastung nach den dargestellten Grundsätzen ermitteln zu können. Es war daher spruchgemäß mit einer Aufhebung vorzugehen.
Anmerkung
E68316 5Ob37.02fEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0050OB00037.02F.0121.000Dokumentnummer
JJT_20030121_OGH0002_0050OB00037_02F0000_000