Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Univ. Prof. DI Hans Lechner und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef G*****, Arbeiter, *****, vertreten durch Dr. Felix Spreitzhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4.339,78 brutto sA (Revisionsinteresse EUR 4.015,19 brutto), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 2002, GZ 9 Ra 293/02b-20, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. April 2002, GZ 22 Cga 27/01b-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,74 (darin enthalten EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die (ordentliche) Revision in Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt EUR 4.000 übersteigt, auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist (§ 46 Abs 3 Z 1 ASGG). Ein derartiger privilegierter Anfechtungstatbestand liegt hier vor. Die unrichtige Benennung des Rechtsmittels der Beklagten als "außerordentliche" Revision schadet nicht, weil das Begehren deutlich erkennbar ist (§ 84 Abs 2 ZPO). Die "außerordentliche" Revision der Beklagten wird sohin von Amts wegen als ordentliche Revision behandelt.Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die (ordentliche) Revision in Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt EUR 4.000 übersteigt, auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zulässig ist (Paragraph 46, Absatz 3, Ziffer eins, ASGG). Ein derartiger privilegierter Anfechtungstatbestand liegt hier vor. Die unrichtige Benennung des Rechtsmittels der Beklagten als "außerordentliche" Revision schadet nicht, weil das Begehren deutlich erkennbar ist (Paragraph 84, Absatz 2, ZPO). Die "außerordentliche" Revision der Beklagten wird sohin von Amts wegen als ordentliche Revision behandelt.
Der Revisionsgegner beantragte in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat die Berechtigung der Entlassung des Klägers zutreffend verneint, sodass auf dessen Begründung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat die Berechtigung der Entlassung des Klägers zutreffend verneint, sodass auf dessen Begründung verwiesen werden kann (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:
Das bloße Nichterscheinen am Arbeitsplatz lässt im Hinblick auf den an ein konkludentes Verhalten der Arbeitsvertragspartei bei der Auflösung des Arbeitsvertrages anzulegenden strengen Maßstab – entgegen dem Standpunkt der Revisionswerberin – noch nicht den Schluss zu, dass der Arbeitnehmer austreten wollte (Arb 11.260; Arb 11.318; DRdA 1998/63 [Kallab]). Zur Annahme einer schlüssigen Austrittserklärung darf das Verhalten des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles keinen vernünftigen Grund übrig lassen, an seiner auf vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Absicht zu zweifeln (§ 863 Abs 1 ABGB; SZ 68/218; ARD 5066/3/99). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das Nichterscheinen des Klägers verschiedene Gründe haben konnte (RdW 2001/259; RIS-Justiz RS0028657).Das bloße Nichterscheinen am Arbeitsplatz lässt im Hinblick auf den an ein konkludentes Verhalten der Arbeitsvertragspartei bei der Auflösung des Arbeitsvertrages anzulegenden strengen Maßstab – entgegen dem Standpunkt der Revisionswerberin – noch nicht den Schluss zu, dass der Arbeitnehmer austreten wollte (Arb 11.260; Arb 11.318; DRdA 1998/63 [Kallab]). Zur Annahme einer schlüssigen Austrittserklärung darf das Verhalten des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles keinen vernünftigen Grund übrig lassen, an seiner auf vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Absicht zu zweifeln (Paragraph 863, Absatz eins, ABGB; SZ 68/218; ARD 5066/3/99). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das Nichterscheinen des Klägers verschiedene Gründe haben konnte (RdW 2001/259; RIS-Justiz RS0028657).
Das Fernbleiben eines Arbeitnehmers vom Dienst ist gerechtfertigt, wenn er tatsächlich krank und arbeitsunfähig ist, wenn auch die Krankmeldung verspätet vorgenommen wird (Kuderna, Entlassungsrecht² 106 f; RIS-Justiz RS0029527). Diese Ausgangslage ist hier nicht weiter strittig. Richtig ist auch, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Dienstverhinderungen umgehend mitteilen muss, um diesem die Möglichkeit rechtzeitiger Disposition zu geben (SZ 69/105; RIS-Justiz RS0027976). Auch die Revisionswerberin räumt ein, dass die Unterlassung der rechtzeitigen Meldung der Dienstverhinderung im Allgemeinen nicht die Entlassung rechtfertigt, weil dadurch ein an sich nicht pflichtwidriges Dienstversäumnis nicht in ein pflichtwidriges verwandelt werden kann. Sie zieht in der Regel nur den Verlust des Anspruchs auf das dem Arbeitnehmer zustehende Entgelt für die Zeit des Unterbleibens der Verständigung nach sich (Kuderna aaO 106 f; 9 ObA 198/01k [teilw veröff in ARD 5309/38/2002]; RIS-Justiz RS0028836).
Weitere Folgen sind nicht vorgesehen, sodass die Unterlassung der Meldung der Dienstverhinderung nur unter besonderen Umständen – etwa wenn dem Arbeitnehmer die Meldung leicht möglich gewesen wäre und er wusste, dass dem Arbeitgeber infolge der Unterlassung der Meldung ein beträchtlicher Schaden erwachsen könne – dem Entlassungstatbestand der beharrlichen Dienstverweigerung unterstellt werden kann (RdW 1987, 60; RdW 1995, 397; 9 ObA 198/01k [teilw veröff in ARD 5309/38/2002]; RIS-Justiz RS0028891, RS0029527). In einem solchen Fall hat aber nicht die Verletzung der Verständigungspflicht, sondern die dadurch schuldhaft herbeigeführte Gefahr eines Schadens die zentrale Bedeutung für die Entlassung (Kuderna aaO 106 f; RdW 1995, 397; ARD 4963/9/98; infas 2002, A 27).
Derartige besondere Umstände wurden jedoch von der Beklagten in erster Instanz nicht behauptet. Dem Versuch der Revisionswerberin, versäumtes Vorbringen im Revisionsverfahren nachzuholen, steht das Neuerungsverbot entgegen (§ 504 Abs 2 ZPO).Derartige besondere Umstände wurden jedoch von der Beklagten in erster Instanz nicht behauptet. Dem Versuch der Revisionswerberin, versäumtes Vorbringen im Revisionsverfahren nachzuholen, steht das Neuerungsverbot entgegen (Paragraph 504, Absatz 2, ZPO).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E68216 9ObA247.02tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:009OBA00247.02T.0122.000Dokumentnummer
JJT_20030122_OGH0002_009OBA00247_02T0000_000