TE Vwgh Erkenntnis 2007/3/29 2004/07/0028

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Veröffentlicht am 29.03.2007
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Index

L37131 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Burgenland;
L82401 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Burgenland;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
AWG 1990 §29 Abs1 Z3;
AWG 1990 §29;
AWG 2002 §37 Abs2 Z1;
AWG 2002 §37 Abs2 Z2;
AWG 2002 §37 Abs2 Z3;
AWG Bgld 1993 §29 Abs1;
AWG Bgld 1993 §69 Abs3;
AWG Bgld 1993;
GewO 1994 §74;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der E-GmbH, vertreten durch Dr. Manfred Moser und Mag. Michael Wild, Rechtsanwälte in 7033 Pöttsching, Wr. Neustädter Straße 57, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. Jänner 2004, Zl. 5-W-AW1641/8-2004, betreffend Auftrag zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach § 69 Abs. 3 Bgld. AWG 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2007, Zl. 2003/07/0116, verwiesen.

Mit Schreiben vom 23. September 2002 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") teilte die Bezirkshauptmannschaft N (kurz: BH) der beschwerdeführenden Partei mit, sie habe mit Bescheid vom 9. September 2002 den Antrag auf "Genehmigung einer wesentlichen Änderung" der auf den im Spruch dieses Bescheides genannten Grundstücken bestehenden Abfallbehandlungsanlage abgewiesen. Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bgld. AWG 1993 bestehende Anlage habe in dem zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bestehenden Zustand als genehmigt gegolten. Das Bgld. AWG 1993 sei am 1. Jänner 1994 in Kraft getreten. Alle später vorgenommenen Änderungen seien daher nicht nach dem Bgld. AWG 1993 genehmigt.

Gemäß § 69 Abs. 3 Bgld. AWG 1993 sei der beschwerdeführenden Partei als Betreiberin der Kompostierungsanlage auf den Grundstücken Nrn. 771, 772/2 und 775, KG D. J., die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes durch folgende Maßnahmen aufzutragen:

"1. Die Anlieferungsfläche ist auf 1.100 m2 (derzeit 1.700 m2) zu verkleinern.

2. Das Sickerwassersammelbecken 1 (Stahlbeton-Monolithbehälter mit einem Durchmesser von 5 m und einer lichten Höhe von 4 m) inkl. Pumpensumpf, bestehend aus der Fundierung (Rollierung 30 cm, Sauberkeitsschicht B 120, 10 cm), dem Behälter (bestehend aus Bodenplatte mit leichtem Gefälle, Pumpensumpf am Behälterrand und Behälterwand) und dem Geländer (1,5 m hoch auf einer Rohrbehälterkrone bestehend aus Doppel-U-Profilstehern) ist zu entfernen.

Das Sickerwassersammelbecken befindet sich an der nördlichen Grenze der Anlage zwischen Anlieferungs- und Nachrottefläche.

3. Das Sickerwassersammelbecken "1" (gemeint wohl: "2") (Stahlbeton-Monolithbehälter mit einem Durchmesser von 11 m und einer lichten Höhe von 3 m) inkl. Pumpensumpf, bestehend aus der Fundierung (Rollierung 30 cm, Sauberkeitsschicht B 120, 10 cm), dem Behälter (bestehend aus Bodenplatte mit leichtem Gefälle, Pumpensumpf am Behälterrand und Behälterwand) und dem Geländer (1,5 m hoch auf einer Rohrbehälterkrone bestehend aus Doppel-U-Profilstehern) ist zu entfernen.

Das Sickerwassersammelbecken 2 befindet sich an der nördlichen Grenze der Anlage zwischen Anlieferungs- und Nachrottefläche.

4. Die Überlaufleitung vom Sickerwassersammelbecken 1 zu Sickerwassersammelbecken 2 (PVC-Leitung DN 200, 3 Fertigschächte (Spülschächte-Durchmesser 1 m)) ist zu entfernen.

5. Die im Eingangsbereich aufgestellten Container (2 Mannschafts- und Sanitärcontainer, 1 Laborcontainer und 1 Wägecontainer) sind zu entfernen."

Der Bescheid werde auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme erlassen, sofern nicht die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei anderes erfordere.

Zu diesem Schreiben gab die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 4. Oktober 2002 eine Stellungnahme ab, in der sie den in Aussicht genommenen Maßnahmen entgegentrat und um die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 3 Bgld. AWG 1993 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bewilligungsverfahrens für die gegenständliche Kompostierungsanlage ersuchte.

Mit Bescheid der BH vom 20. Dezember 2002 wurde die beschwerdeführende Partei als Betreiberin der Kompostierungsanlage auf den Grundstücken Nrn. 771, 772/2 und 775 (offenbar vergessen wurde das Grundstück Nr. 772/1), alle KG D. J., gemäß § 69 Abs. 3 Bgld. AWG 1993 beauftragt, den gesetzmäßigen Zustand (durch Setzung der vorgenannten Maßnahmen) wieder herzustellen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 2003 wurde der Bescheid vom 20. Dezember 2002 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, Durchführung einer Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die BH zurückverwiesen.

In weiterer Folge führte die BH am 7. Oktober 2003 in der gegenständlichen Angelegenheit eine Verhandlung an Ort und Stelle durch. Anlässlich dieser Verhandlung wurde vom Amtssachverständigen für Gewässeraufsicht folgender Befund abgegeben:

"Auf der Anlage werden derzeit Kompostierungsarbeiten und Umschichtungen von Fertigkompost durchgeführt. Dabei wurde der beidseitig des Zufahrtsweges lagernde Kompost zu einem Damm mit einer Höhe von ca. 7-8 m linksseitig des Zufahrtsweges zusammengelagert. Die Halde weist eine Länge von ca. 230 m bei einer Basis von 20 m auf. An diese Lagerung schließt eine tafelförmige Fertigkompostanlagerung im Ausmaß von ca. 20 x 40 m, Höhe 3 m, an. In Summe lagern derzeit rund 20.000 m3 Fertigkompost. In den Intensivrottehallen, Länge ca. 60 m, Breite ca. 11 m, werden derzeit in drei Hallenabschnitten zu je 2 Mieten die Intensivrotte und im vierten Hallenabschnitt Lagerungen von Klärschlamm (ca. 60 % der Lagerfläche) durchgeführt. Derzeit befinden sich daher ca. 1.600 m3 Material in der Intensivrotte und es werden ca. 1.000 m3 Klärschlamm in der Halle gelagert. Auf der Anlieferungsfläche werden ca. 600 m3 Frischmaterial, bestehend aus einem Gemenge von Pferdemist und Klärschlamm zwischengelagert (2 Haufen: 25 x 12 x 4 m; 5 x 4 x 3 m). Auf der Nachrotte liegen derzeit 4,5 Mieten. Dies entspricht bei einer Länge von ca. 160 m, einer Mietenhöhe von ca. 4,5 m der Dreiecksmiete einer Menge von

2.300 m3. Das große Sickerwasserbecken war fast vollständig geleert, das kleine Sickerwasserbecken bis zum Überlaufrohr in das große Sickerwasserbecken befüllt."

Dieser Befund wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen u. a. dahingehend ergänzt, dass die beiden Hallen für Intensivrotte Altbestand seien (ca. 40 Jahre); die Erstnutzung sei eine Hühnerfarm gewesen.

Im Gutachten führte der Amtssachverständige für Wasser- und Abfallwirtschaft u.a. aus, das Wesen der gegenständlichen Anlage liege in der Übernahme und Behandlung von biogenen, kompostierbaren Materialien, insbesondere nicht gefährlichen Abfällen. Die Anlage verarbeite schwerpunktmäßig Klärschlämme aus kommunalen Anlagen und Pferdemist, wobei auch weitere organische Materialien in untergeordnetem Ausmaß eingesetzt würden. Die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes könne aus fachlicher Sicht daher nur in der Einstellung der Tätigkeit der Behandlung der biogenen, kompostierbaren Materialien liegen. Der erste Schritt liege daher in der Untersagung der weiteren Materialeinbringung. Aus fachlicher Sicht erhebe sich in weiterer Folge die Frage, wie die Anlage in einen Zustand gebracht werden könne, der dem ursprünglichen Zustand vor Ausübung der Tätigkeit entspreche. In diesem Zusammenhang würden Maßnahmen zur befristeten Materialbehandlung und Materialentfernung als erforderlich erachtet werden. Gefahr im Verzug liege nicht vor, weil keine Mängel bei den Einrichtungen zum Schutz von Grundwässern (wasserrechtliche Bewilligung) hätten festgestellt werden können.

Auch der dem Verfahren beigezogene bautechnische Amtssachverständige stellte u.a. fest, dass Gefahr im Verzug für Personen in der Hallenkonstruktion "in der kurzen Begutachtungszeit" nicht habe festgestellt werden können. Bei einer eventuellen Weiterbenützung der beiden Hallen seien jedoch bauliche Sanierungsmaßnahmen an den Objekten erforderlich. Die Anlage sei bereits vor dem 1. Jänner 1994 errichtet und betrieben worden.

Der Vertreter der beschwerdeführenden Partei teilte bei diesem Ortsaugenschein mit, die beschwerdeführende Partei habe von ihrem Rechtsvorgänger M. D. die von diesem selbst bereits von F. G. übernommene Düngererzeugungsanlage übernommen und es sei die gegenständliche Kompostanlage seitens des Rechtsvorgängers bereits im Jahre 1992 betrieben worden, was sich auch aus der u. e. vorgelegten Mitteilung der BH vom 15. Juli 1988 ergebe. Vor dem 1. Jänner 1994 seien bereits insbesondere folgende Anlagenteile errichtet und betrieben worden:

-

die beiden Hallen

-

die betonierten bzw. befestigten Freiflächen

-

das ehemalige Bürogebäude zwischen den Hallen

-

ein Sickerwassersammelbecken.

Hinsichtlich dieser Anlage liege auch eine Betriebsanlagengenehmigung vor (Bescheide vom 23. Februar 1988 und vom 29. September 1988). Nach dem 1. Jänner 1994 sei die Anlage lediglich dem Stand der Technik angepasst worden. So sei die im Anschluss an die zweite Halle bereits vor dem 1. Jänner 1994 befestigt ausgeführte Fläche mit einem Dichtasphalt versehen worden. Das Sickerwassersammelbecken sei baulich angepasst und in zwei Becken geteilt worden, welche jedoch bautechnisch eine Einheit bildeten, weil sie mit einer Überlaufleitung miteinander verbunden seien. Die Bewilligungspflicht der Anlage bzw. des Betriebes sei allenfalls nach dem Bgld. Müllgesetz 1980 zu prüfen, weil die Inbetriebnahme vor dem 1. Jänner 1994 erfolgt bzw. die Anlage errichtet worden sei.

Mit Bescheid der BH vom 3. November 2003 wurden der beschwerdeführenden Partei als Betreiberin der Kompostieranlage auf den Grundstücken Nrn. 771, 772/1, 772/2 und 775, alle KG D. J., gemäß den §§ 69 Abs. 3, 29 und 30 Bgld. AWG 1993 folgende Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes aufgetragen:

              "1.      Die weitere Übernahme und Einbringung von kompostierbaren Materialien in die Anlage ist ab sofort verboten.

              2.       Die Intensiv- und Nachrotte ist innerhalb von 6 Monaten einzustellen.

              3.       Das Einsatzmaterial (Klärschlamm, Frischmaterial) ist innerhalb von 1 Monat einer ordnungsgemäßen Behandlung zuzuführen.

              4.       Der Feinkompost und der in Ausführung von Punkt 2 erzeugte Kompost ist innerhalb eines Zeitraumes vom 12 Monaten zu entfernen und einer nachweislichen Verwertung, Beseitigung oder Nutzung (Produkt) zuzuführen.

              5.       Die Lagerflächen und Rotteflächen sind innerhalb von 15 Monaten besenrein zu reinigen.

              6.       Die Sickerwassersammelbecken sind innerhalb von 15 Monaten zu entleeren, zu reinigen und das Sickerwasser ist einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.

              7.       Die Senkgrube ist durch eine befugte Fachfirma innerhalb von 15 Monaten nachweislich entleeren zu lassen.

              8.       Die im Betrieb eingesetzten Labor- und Chemikalienabfälle sowie Mineralölprodukte sind innerhalb von 15 Monaten zu entfernen und einer ordnungsgemäßen, nachweislichen Entsorgung oder Nutzung zuzuführen.

              9.       Die Entsorgungsbelege gemäß den Punkten 4, 7 und 8 sind der Bezirkshauptmannschaft N unaufgefordert innerhalb von 16 Monaten vorzulegen.

              10.      Die in den Punkten 1 bis 9 angeführten Fristen gelten ab Rechtskraft des Bescheides."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, die BH gehe davon aus, dass die gegenständliche Kompostieranlage zur Gänze einer Bewilligung nach dem Bgld. AWG 1993 bedürfe und daher, weil diese Bewilligung nicht vorliege, Maßnahmen zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes anzuordnen seien. Die im Spruch angeordneten Maßnahmen seien auf Grund der Ausführungen des Amtssachverständigen für Wasser- und Abfallwirtschaft zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes aus fachlicher Sicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Der erstinstanzliche Bescheid gehe von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen. aus. Zusammengefasst bestehe keine Bewilligungspflicht nach dem Bgld. AWG 1993. Sofern eine Bewilligung nach dem Gewerberecht erforderlich sei, liege sowohl eine Betriebsanlagengenehmigung als auch eine Betriebsbewilligung vor. Der erstinstanzliche Bescheid greife rechtswidrigerweise in die seinerzeit in Rechtskraft erwachsenen gewerbe-, wasser-, bau- und naturschutzrechtlichen Bewilligungen ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Jänner 2004 wurde von der belangten Behörde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 3. November 2003 dahingehend abgeändert, dass Punkt 4 der aufgetragenen Maßnahmen wie folgt lautet:

"Der Fertigkompost und der in Ausführung von Maßnahmenpunkt 2 erzeugte Kompost ist innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten nachweislich ordnungsgemäß aus dem Anlagenareal zu entfernen (z.B. durch Verwertung, Beseitigung oder Nutzung)."

Im Übrigen wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, es liege die von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachte Befangenheit der Berufungsbehörde nicht vor. Mit Bescheid der BH vom 23. Februar 1988 sei F. G. (Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei) die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung einer Anlage zur Erzeugung von Naturdünger und Kultursubstraten auf den Grundstücken Nrn. 772/1, 772/2 und 775, alle KG D. J., erteilt worden. Es sei mit diesem Bescheid eine gewerbliche Naturdüngererzeugung aus Hühnermist sowie in weiterer Folge die Erzeugung von Kultursubstraten genehmigt worden. Als Ausgangsmaterial sollte vor allem "Geflügeldünger" (gemeint wohl: Geflügelmist) verwendet werden. Mit Bescheid der BH vom 29. September 1988 sei G. F. die Betriebsbewilligung für diese gewerbliche Anlage zur Erzeugung von Naturdünger und Kultursubstraten aus Hühnermist erteilt worden.

Am 14. September 1992 habe eine Überprüfung der gegenständlichen Anlage durch die BH stattgefunden. Die bei der Überprüfung beigezogenen Amtssachverständigen (ein wasserfachlicher und ein gewerberechtlicher Amtssachverständiger) hätten festgestellt, dass die Vorgänge auf dem gegenständlichen Areal nicht den Bescheiden vom 23. Februar 1988 und vom 29. September 1988 entsprächen. Die Anlage diene zur Herstellung von Komposterde aus organischem und anorganischem Material, das sowohl aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb als auch aus Fremdbetrieben stamme. Weiters würden auf dem Areal Zwischenlagerungen verschiedener Rohmaterialien, Treib- und Schmierstoffen, Fahrzeuge und Maschinen vorgenommen. In ihrer fachlichen Beurteilung seien die Amtssachverständigen zum Ergebnis gekommen, dass der bestehende Zustand im Widerspruch zu öffentlichen Interessen (Gewässerschutz, Gefährdung von Menschen) stünde.

Mit Bescheid der BH vom 31. August 1993 sei M. D. (Rechtsvorgänger der beschwerdeführenden Partei) die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Kompostieranlage auf den Grundstücken Nrn. 771, 772/1, 772 und 775, alle KG D. J., befristet bis 15. September 2005 erteilt worden. Nach Erteilung dieser Bewilligung sei jedoch zunächst auf dem projektsgegenständlichen Areal kompostiert worden, ohne die bewilligte Kompostieranlage baulich und betrieblich bescheidgemäß umzusetzen. Die Wasserrechtsbehörde habe sich daher veranlasst gesehen, ein wasserpolizeiliches Verfahren einzuleiten und mit Bescheid vom 13. Mai 1994 einen wasserpolizeilichen Auftrag zu erteilen. Erst danach seien die Betreiber daran gegangen, in baulicher und betrieblicher Hinsicht jene Anlage herzustellen, die wasserrechtlich bewilligt gewesen sei. Die Baubeginnsanzeige sei mit Schreiben vom 27. Juni 1994 erfolgt. Darin sei bekannt gegeben worden, dass "am heutigen Tag" mit der Ausführung der Errichtung der bewilligten Kompostieranlage begonnen worden sei. Mit Schreiben vom 27. September 1994 sei die Fertigstellung des wasserrechtlich bewilligten Projektes mitgeteilt worden. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass die bestehende Kompostieranlage in keinem rechtlichen Zusammenhang zur gewerblichen Naturdüngererzeugung aus Hühnermist des F. G., noch zur "wilden" Kompostierung des M. D. stünde.

Die bestehende Kompostierungsanlage sei in ihren Baulichkeiten, deren Verwendung sowie in ihren Betriebsabläufen im Wesentlichen erstmals im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 31. August 1993 definiert worden. Die Umsetzung dieses Projektes sei im Verlauf des Jahres 1994 erfolgt. Diese Anlage sei Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nach dem Bgld. AWG 1993. Daraus ergebe sich, dass die gegenständliche Kompostierungsanlage nicht bereits vor dem 1. Jänner 1994, sondern erst danach baulich umgesetzt und in Betrieb genommen worden sei. Die im Berufungsvorbringen vertretene Rechtsansicht, dass eine nach den Bestimmungen des Bgld. AWG 1993 bewilligungspflichtige Abfallbehandlungsanlage, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestanden habe, keiner Genehmigung bedürfe bzw. als genehmigt gelte, sei nicht nachvollziehbar.

Die gegenständliche Kompostierungsanlage sei von den Betreibern wiederholt als landwirtschaftlicher Betrieb ausgewiesen worden. Mehrere Feststellungsbescheide der Gewerbebehörde, dass die Bestimmungen der Gewerbeordnung (kurz: GewO) auf die gegenständliche Kompostierungsanlage Anwendung fänden, seien von der beschwerdeführenden Partei erfolgreich bekämpft worden. Auch in der beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 2003/07/0116 anhängig gewesenen Beschwerde sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der gegenständlichen Kompostierungsanlage um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle.

Da das Verfahren gemäß § 69 Abs. 3 Bgld. AWG 1993 jedenfalls vor dem 2. November 2002 eingeleitet worden sei, sei dieses auf Grund der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 3 Z. 3 AWG 2002 von der Abfallrechtsbehörde nach dem Bgld. AWG 1993 abzuschließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde, mit welcher die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei wendet u.a. ein, sie habe in der Berufung die Befangenheit der belangten Behörde gerügt. Sie habe dies insbesondere damit begründet, dass sich die belangte Behörde seit 1993 mit der Bewilligungspflicht der Anlage beschäftige und seinerzeit zur Ansicht gelangt sei, dass für die gegenständliche Anlage weder eine Bewilligung nach dem Bgld. Müllgesetz 1980, noch nach dem Bgld. AWG 1993 erforderlich sei. Nachdem im nunmehrigen Verfahren eine hiezu völlig konträre Rechtsansicht vertreten werde, jedoch kein sachlicher Grund ersichtlich sei, welcher die konträre Rechtsmeinung der belangten Behörde bedingen könne, liege ein sonstiger wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG vor. Obwohl die beschwerdeführende Partei die Befangenheit der mit der Erlassung des Bescheides vom 30. Juli 2003 befassten Organwalter Mag. G. und Dr. F. gerügt bzw. aufgezeigt habe, scheine neuerlich als Sachbearbeiter des angefochtenen Bescheides Mag. G. auf.

Das Vertreten einer zur früheren Rechtsauffassung der Behörde gegenteiligen Rechtsmeinung bietet für sich allein, insbesondere ohne Hinzutreten weiterer Umstände, keinen Anlass, die Befangenheit der diese geänderte Rechtsmeinung vertretenden Organwalter anzunehmen. Auch wenn die beschwerdeführende Partei behauptet, es sei für diese geänderte Rechtsauffassung kein sachlicher Grund zu erkennen, vermag dies gleichfalls noch keinen Anhaltspunkt für eine Befangenheit der von der beschwerdeführenden Partei genannten Personen zu belegen. Die in diesem Zusammenhang gerügte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Ferner rügt die beschwerdeführende Partei u.a., es ergebe sich aus dem Gesetz, ob eine Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung, nach dem Bgld. Müllgesetz 1980, nach dem Bgld. AWG 1993 oder nunmehr nach dem AWG 2002 bestehe. Dies sei von der Behörde und nicht etwa vom Antragsteller bzw. der beschwerdeführenden Partei zu lösen. Damit sei der Ausspruch der Behörde unklar und es sei insbesondere eine Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit nicht möglich, zumal nicht ersichtlich sei, "warum die Behörde nunmehr von einer gewerbebehördlichen Bewilligungspflicht ausgegangen ist oder eben nicht."

Die belangte Behörde legte unter Hinweis auf die erteilten gewerberechtlichen Bewilligungen aus dem Jahre 1988, die einem Rechtsvorgänger der beschwerdeführende Partei erteilt wurden, unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen schlüssig dar, dass die Vorgänge auf dem gegenständlichen Areal nicht den beiden näher genannten Bescheide entsprechen würden. Insbesondere handelt es sich bei der im Beschwerdefall zu beurteilenden Anlage um keine, die zur Erzeugung von Naturdünger und Kultursubstraten "aus Hühnermist" dient. Damit fehlte es aber an hinreichenden Anhaltspunkten für eine rechtliche Deckung des Betriebes der gegenständlichen Anlage auf Grund der im Jahre 1988 erteilten gewerberechtlichen Bewilligungen.

Unbestritten ist, dass das gegenständliche Verfahren mit dem Schreiben der BH vom 23. September 2002 anhängig gemacht wurde. Das AWG 2002 ist am 2. November 2002 in Kraft getreten.

Da das gegenständliche Verfahren nach dem Bgld. AWG 1993 durchgeführt wurde (vgl. § 77 Abs. 3 Z. 4 AWG 2002), ist daher zunächst zu prüfen, ob dieses Gesetz auf das vorliegende Verfahren überhaupt anzuwenden ist.

§ 69 Abs. 3 des Bgld. AWG 1993 lautet:

"Unabhängig von einer Bestrafung, einer Schadenersatzpflicht oder einer sonstigen Geldleistungsverpflichtung, ist demjenigen, der die Bestimmungen dieses Gesetzes, ausgenommen § 37 Abs. 1, übertreten hat, von der Bezirksverwaltungsbehörde aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand innerhalb einer angemessenen Frist wiederherzustellen. Bei Gefahr im Verzug hat dies die Behörde unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen."

§ 69 Abs. 3 Bgld. AWG 1993, der die Grundlage für den im angefochtenen Bescheid erteilten Auftrag bildet, setzt jedoch voraus, dass Bestimmungen des Bgld. AWG 1993 übertreten wurden. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Anlage nach dem Bgld. AWG 1993 besteht, eine solche Genehmigung aber nicht vorliegt. Dies bedingt jedoch u.a. - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 2007, Zl. 2003/07/0116, näher ausgeführt hat -, dass die Anlage nicht unter § 29 des AWG 1990 fällt. Zu den näheren Voraussetzungen betreffend die Abgrenzung der Bewilligungspflicht nach dem Bgld. AWG 1993 zu § 29 AWG 1990 wird auf die Ausführungen des vorzitierten hg. Erkenntnisses vom 22. Februar 2007 verwiesen.

Dass die gegenständliche Behandlungsanlage eine Jahreskapazität von mehr als 10.000 Tonnen aufweist, geht bereits aus den von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Projektsunterlagen, die für die abfallrechtliche Bewilligung nach dem Bgld. AWG 1993 von der beschwerdeführenden Partei eingereicht wurden (siehe dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2007, Zl. 2007/07/0116), hervor. Eine generelle Ausnahme für Behandlungsanlagen, die der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen (vgl. § 37 Abs. 2 Z. 1 bis 3 AWG 2002), ist in dieser Form in § 29 AWG 1990 nicht vorgesehen. Da auch die Bewilligungspflicht nach § 29 Abs. 1 Bgld. AWG 1993 keine Ausnahme für Anlagen, die einer Genehmigungspflicht nach den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen, vorsieht (Arg: "..., unbeschadet der nach anderen Gesetzen erforderlichen behördlichen Bewilligung, ..."), erübrigt es sich, auf die Frage einer Bewilligungspflicht der gegenständlichen Anlage nach den §§ 74 ff GewO 1994 näher einzugehen.

Feststellungen dahingehend, dass die gegenständliche Anlage unter die in § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG 1990 enthaltene Ausnahmebestimmung betreffend Anlagen zur stofflichen Verwertung fällt (Arg.: "..., ausgenommen zur stofflichen Verwertung, ..."), sind weder dem erstinstanzlichen Bescheid, noch dem Bescheid der belangten Behörde zu entnehmen. Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die entsprechenden Feststellungen nicht getroffen hat, belastete sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Es erübrigt sich daher auch, auf das weiter Beschwerdebegehren näher einzugehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. März 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004070028.X00

Im RIS seit

24.04.2007

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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