TE OGH 2003/1/23 6Ob262/02a

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Veröffentlicht am 23.01.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, 1082 Wien, Rathaus, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Hazbi B***** , vertreten durch Burghofer & Pacher, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Mai 2002, GZ 39 R 127/02v-24, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 12. Jänner 2002, GZ 6 C 1244/01t-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil lautet:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei das Lokal Nr R 1 auf Stiege 1 in Wien 2, K*****gasse 4, bestehend aus Büroräumen, samt mitgemieteten Haus- und Grundflächen von allen Fahrnissen geräumt binnen 14 Tagen zu übergeben".

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit insgesamt 2.030,01 EUR (darin enthalten 264,47 EUR Barauslagen und 294,25 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Mietvertrag vom 7. 10. 1994 vermietete die Klägerin das Geschäftslokal, dessen Räumung sie begehrt, der S***** GesmbH auf unbestimmte Zeit zum Betrieb eines Baubüros. Als Vertreter der Gesellschaft trat der Klägerin gegenüber Günther S*****, der damalige Geschäftsführer der Gesellschaft auf. Der Beklagte war damals Gesellschafter der Mieterin. Im Jahr 1995 veräußerte er seine Gesellschaftsanteile und vereinbarte mit der Gesellschaft, ab nun das Bestandobjekt zur Ausübung seines eigenen Gewerbes zu nutzen. Die GesmbH übertrug ihre Bestandrechte an den Beklagten und übersiedelte in ein anderes, ihr zur Verfügung stehendes Bestandobjekt. Am 27. 3. 1995 verfassten Günther S***** und der Beklagte ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben, in dem sie auf eine Namensänderung der GmbH auf den Namen des Beklagten berichteten und um die Vermietung eines zusätzlichen Lagerraumes ersuchten. Es kann nicht festgestellt werden, dass dieser Brief schon 1995 an die Klägerin abgesendet wurde. Er erreichte die Klägerin erst im Mai 2000. Dem Schreiben war ein Gewerbeschein des Beklagten für die Aufstellung von mobilen Sichtschutzeinrichtungen angeschlossen.

Der Beklagte verwendet seit März 1995 das strittige Bestandobjekt zur Ausübung dieses Gewerbes. Bis dahin war es von der GmbH nicht als Baubüro, sondern einige Monate hindurch als Lagerraum verwendet worden. Für die Überlassung der Räume zahlte der Beklagte an Günther S***** 50.000 S. Der Beklagte übernahm leerstehende Räume und finanzierte sämtliche Investitionen in der Folge selbst. Spätestens seit Jänner 1995 beglich er auch die Mietzinse. Bis Anfang 1998 wurden die Mietzinse von der Hausbesorgerin kassiert, die sie als Zahlungen der GmbH in Empfang nahm. Ab 1998 überwies der Beklagte die Mietzinse von seinem Firmenkonto mittels Erlagschein, die von der Klägerin auf den Namen der GmbH vorgedruckt waren.

Am 17. 7. 1997 wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet, der am 8. 1. 1999 nach Vollabwicklung der Gesellschaft aufgehoben wurde. Am 16. 7. 1999 wurde die Gesellschaft von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht. Die Gesellschaft verfügte mit Ausnahme der ungekündigten Mietrechte am strittigen Mietobjekt über keinerlei Vermögen. Diese Mietrechte so wie die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung blieb dem Masseverwalter im Konkursverfahren unbekannt. Der Mietvertrag wurde daher vom Masseverwalter nicht aufgekündigt. Er wurde auch nicht auf andere Weise beendet.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Räumung des Bestandobjektes infolge titelloser Benützung. Eine stillschweigende Anerkennung des Beklagten als Mieter sei nicht erfolgt. Das Mietverhältnis mit der Gesellschaft sei infolge deren Vollbeendigung aufgelöst. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Räumungsbegehrens. Durch die Annahme der Mietzinse vom Beklagten sei dieser von der Klägerin stillschweigend als Mieter anerkannt worden. Eine Vollbeendigung der Gesellschaft sei nicht eingetreten, weil das Mietverhältnis der Beklagten mit der Gesellschaft, von der der Beklagte seine Rechte ableite, nicht aufgelöst worden sei und der Gesellschaft hieraus resultierende Ansprüche als Aktivvermögen zustünden. Eine titellose Benützung durch den Beklagten liege daher nicht vor. Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren (im zweiten Rechtsgang) ab. Ein Mietrechtsübergang nach § 12a MRG sei nicht eingetreten. Ein stillschweigender Mietvertragsabschluss der Klägerin mit dem Beklagten sei nicht zustandegekommen. Entscheidend sei die Frage, ob das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der GmbH durch deren Vollbeendigung beendet worden sei, weil einer Räumungsklage wegen titelloser Benützung nur dann Berechtigung zukomme, wenn dem Beklagten kein - auch kein abgeleitetes - Benützungsrecht am Bestandobjekt zustehe; sei die GmbH, von der der Beklagte sein Benützungsrecht ableite, noch immer Hauptmieterin, so benütze er das Bestandobjekt nicht titellos. Hier stünden die noch ungekündigten Mietrechte der GmbH am strittigen Lokal der Annahme einer Vollbeendigung der Gesellschaft entgegen. Das Mietrecht wäre etwa durch Zwangsverwaltung oder Zwangsuntervermietung verwertbar und stelle somit einen Vermögenswert der GmbH dar. Zudem sei ein Abwicklungsbedarf, nämlich zur Beendigung des Bestandverhältnisses, gegeben.Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Räumung des Bestandobjektes infolge titelloser Benützung. Eine stillschweigende Anerkennung des Beklagten als Mieter sei nicht erfolgt. Das Mietverhältnis mit der Gesellschaft sei infolge deren Vollbeendigung aufgelöst. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Räumungsbegehrens. Durch die Annahme der Mietzinse vom Beklagten sei dieser von der Klägerin stillschweigend als Mieter anerkannt worden. Eine Vollbeendigung der Gesellschaft sei nicht eingetreten, weil das Mietverhältnis der Beklagten mit der Gesellschaft, von der der Beklagte seine Rechte ableite, nicht aufgelöst worden sei und der Gesellschaft hieraus resultierende Ansprüche als Aktivvermögen zustünden. Eine titellose Benützung durch den Beklagten liege daher nicht vor. Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren (im zweiten Rechtsgang) ab. Ein Mietrechtsübergang nach Paragraph 12 a, MRG sei nicht eingetreten. Ein stillschweigender Mietvertragsabschluss der Klägerin mit dem Beklagten sei nicht zustandegekommen. Entscheidend sei die Frage, ob das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der GmbH durch deren Vollbeendigung beendet worden sei, weil einer Räumungsklage wegen titelloser Benützung nur dann Berechtigung zukomme, wenn dem Beklagten kein - auch kein abgeleitetes - Benützungsrecht am Bestandobjekt zustehe; sei die GmbH, von der der Beklagte sein Benützungsrecht ableite, noch immer Hauptmieterin, so benütze er das Bestandobjekt nicht titellos. Hier stünden die noch ungekündigten Mietrechte der GmbH am strittigen Lokal der Annahme einer Vollbeendigung der Gesellschaft entgegen. Das Mietrecht wäre etwa durch Zwangsverwaltung oder Zwangsuntervermietung verwertbar und stelle somit einen Vermögenswert der GmbH dar. Zudem sei ein Abwicklungsbedarf, nämlich zur Beendigung des Bestandverhältnisses, gegeben.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Eine Vollbeendigung der GmbH liege ungeachtet der Löschung im Firmenbuch erst vor, wenn kein der Verteilung unterliegendes Vermögen mehr übrig sei, insbesondere auch keine Ansprüche gegen Gesellschafter, Geschäftsführer und Liquidatoren. Mit der bloßen Löschung einer GmbH ende deren Parteifähigkeit nicht, solange ihre Rechtsverhältnisse durch Dritte abgewickelt werden müssten und ein Vermögen fortbestehe. Diese Voraussetzungen träfen auch auf das strittige Mietverhältnis der Klägerin mit der GmbH zu, sei doch grundsätzlich in einem Mietverhältnis ein Vermögenswert zu ersehen, der auch einer Abwicklung bedürfe. Da der Beklagte das Objekt im Einverständnis mit der GmbH benütze, stehe ihm ein abgeleitetes Benützungsrecht am Bestandobjekt zu, das einem Durchgriff der Klägerin auf den Beklagten mit einer Räumungsklage entgegenstehe. Die Revision sei im Hinblick auf die vorliegende Rechtsprechung zu der hier anstehenden Frage mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist jedoch aus folgenden Erwägungen zulässig und auch berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Räumungsklage des Hauseigentümers gegen einen Dritten, der sein Recht zur Benützung des Bestandgegenstandes vom Mieter ableiten kann, abzuweisen (7 Ob 645/80 = MietSlg 32.0127 ua). Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, ist daher hier entscheidungswesentlich, ob die Gesellschaft, mit der die Klägerin den Mietvertrag geschlossen hat und von der der Beklagte durch Übertragung der Mietrechte im Innenverhältnis seine Nutzungsberechtigung ableiten will, durch Vollbeendigung untergegangen ist oder noch Rechtspersönlichkeit hat.

Nach einhelliger Ansicht hat die Löschung einer Gesellschaft im

Firmenbuch nur rechtsbezeugende Bedeutung. Sie beendet nicht die

Parteifähigkeit der Gesellschaft (RIS-Justiz RS0021209). Ist jedoch

die Gesellschaft voll beendet, ist sie damit auch nicht parteifähig,

sodass gegen sie kein Prozessrechtsverhältnis begründet werden kann

(RIS-Justiz RS0109397). Nur dann, wenn bereits ein Zivilprozess der

Gesellschaft anhängig ist, geht die Rechtspersönlichkeit der

Gesellschaft selbst bei völliger Vermögenslosigkeit nicht unter, was

mit dem besonderen Rechtsschutzbedürfnis des Prozessgegners begründet

wird (verstärkter Senat 8 ObA 2344/96f = SZ 71/175 = GesRZ 1999, 34

(Dellinger) = ecolex 1999, 176 = JBl 1999, 126 = RdW 1999, 143). Im

Übrigen tritt die Vollbeendigung der Gesellschaft, also der Verlust

der Rechtspersönlichkeit, nach herrschender Ansicht ein, wenn neben

der Löschung im Firmenbuch auch die materielle Voraussetzung der

Vermögenslosigkeit gegeben ist. Wenn noch liquides Aktivvermögen der

Gesellschaft vorhanden ist, bleibt die Rechtspersönlichkeit trotz

Löschung im Firmenbuch aufrecht. Bei Hervorkommen von Vermögen ist

eine Nachtragsliquidation durchzuführen (§ 40 FBG [früher: § 2 Abs 3

AmtslöschungsG]; vgl 6 Ob 330/98t = RdW 1999, 594 = GesRZ 1999, 186 =

wbl 1999, 471 = NZ 2000, 90; 6 Ob 19/01i = RdW 2001, 410 = ecolex

2001, 679 = wbl 2002, 38). Entscheidend ist, ob noch ein verwertbares

und verteilbares Gesellschaftsvermögen vorhanden oder ob auf Grund der Vermögenslosigkeit kein Abwicklungsbedarf mehr gegeben ist (7 Ob 23/01k). Voraussetzung der Nachtragsliquidation ist die Bescheinigung eines als verwertbar anzusehenden Vermögens, wobei die herrschende Auffassung unter Vermögen das versteht, was bei kaufmännisch-wirtschaftlicher Betrachtungsweise verwertbar ist, was zur Gläubigerbefriedigung oder gegebenenfalls zur Ausschüttung an die Gesellschafter geeignet ist; es muss sich um verteilungsfähige Aktiva handeln (6 Ob 19/01i).

Die Rechtsprechung hat zwar unter anderem auch Mietrechte der Gesellschaft als einer Vollbeendigung entgegenstehendes Vermögen angesehen (7 Ob 645/80; 4 Ob 291/99v; LGZ Wien MietSlg 35.159). Im vorliegenden Fall ist das Mietrecht der Gesellschaft bei der gebotenen kaufmännisch-wirtschaftlichen Betrachtungsweise aber kein verwertbares und verteilungsfähiges Vermögen. Das Mietrecht wurde bereits, wenn auch bloß im Innenverhältnis zwischen der GmbH und dem Beklagten wirksam, an diesen gegen ein einmaliges, bereits an den Beklagten bezahltes Entgelt abgetreten (vgl Würth in Rummel ABGB I3 § 1098 ABGB Rz 12, 13). Zudem liegt der Kündigungsgrund des § 30 Abs 1 Z 4 erster Fall MRG (gänzlicher Weitergabe des Mietobjektes) vor. Auch deshalb ist eine kapitalbringende Verwertung des Mietrechtes ausgeschlossen, hat doch die Klägerin durch die vorliegende Räumungsklage dokumentiert, dass sie nicht gewillt ist, das Mietverhältnis mit dem Beklagten fortzusetzen. Es besteht aber auch kein Abwicklungsbedarf hinsichtlich des Rechtsverhältnisses der Klägerin zur GmbH. Die Klägerin könnte gegen die bereits gelöschte GmbH mit einer Kündigung gar nicht vorgehen, weil ihre Antragsberechtigung auf Nachtragsliquidation voraussetzte, dass sie ein Interesse an der Verwertung, Befriedigung oder Verteilung von vorhandenem Gesellschaftsvermögen dartun könnte (vgl RIS-Justiz RS0060128). Mit einer Aufkündigung würde jedoch im Gegenteil das einzige in Frage kommende "Vermögen", nämlich das allfällige Mietrecht der gelöschten GmbH, beseitigt. Der Oberste Gerichtshof hat zwar früher zum Teil ganz allgemein die Auffassung vertreten, zur Vollbeendigung einer Gesellschaft bedürfe es der Abwicklung aller die Gesellschaft betreffenden Rechtsverhältnisse zu Dritten. Demgegenüber geht aber die heute herrschende Auffassung davon aus, dass die bloße Existenz von Rechtsverhältnissen zu Dritten nicht zur Annahme der Weiterexistenz der Gesellschaft ausreicht, sondern, dass die Vollbeendigung, wie bereits ausgeführt, (schon) dann eintritt, wenn kein verwertbares und verteilbares Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist (9 ObA 17/98k = SZ 71/50 mwN). Dass eine Aufkündigung gegen eine gelöschte GmbH mangels deren Parteifähigkeit, die sie auf Grund der Vermögenslosigkeit bereits vor Einbringung der Aufkündigung verloren hat, nicht möglich ist und eine Nachtragsabwicklung von der Vermieterin aller Voraussicht nach nicht erreicht werden kann, kann nicht zum Ergebnis führen, dass der Beklagte weiterhin gegen den Willen der Klägerin im Mietobjekt mit dem Argument verbleibt, er könne sich auf ein von der ungekündigten GmbH abgeleitetes Gebrauchsrecht stützen. Eine Nachtragsabwicklung könnte im vorliegenden Fall jedenfalls nur darin bestehen, dass ein Liquidator bestellt wird, dem dann die berechtigte Aufkündigung der Klägerin zugestellt werden könnte. Damit wären aber keinerlei Vorteile für die Gesellschaftsgläubiger verbunden.Die Rechtsprechung hat zwar unter anderem auch Mietrechte der Gesellschaft als einer Vollbeendigung entgegenstehendes Vermögen angesehen (7 Ob 645/80; 4 Ob 291/99v; LGZ Wien MietSlg 35.159). Im vorliegenden Fall ist das Mietrecht der Gesellschaft bei der gebotenen kaufmännisch-wirtschaftlichen Betrachtungsweise aber kein verwertbares und verteilungsfähiges Vermögen. Das Mietrecht wurde bereits, wenn auch bloß im Innenverhältnis zwischen der GmbH und dem Beklagten wirksam, an diesen gegen ein einmaliges, bereits an den Beklagten bezahltes Entgelt abgetreten vergleiche Würth in Rummel ABGB I3 Paragraph 1098, ABGB Rz 12, 13). Zudem liegt der Kündigungsgrund des Paragraph 30, Absatz eins, Ziffer 4, erster Fall MRG (gänzlicher Weitergabe des Mietobjektes) vor. Auch deshalb ist eine kapitalbringende Verwertung des Mietrechtes ausgeschlossen, hat doch die Klägerin durch die vorliegende Räumungsklage dokumentiert, dass sie nicht gewillt ist, das Mietverhältnis mit dem Beklagten fortzusetzen. Es besteht aber auch kein Abwicklungsbedarf hinsichtlich des Rechtsverhältnisses der Klägerin zur GmbH. Die Klägerin könnte gegen die bereits gelöschte GmbH mit einer Kündigung gar nicht vorgehen, weil ihre Antragsberechtigung auf Nachtragsliquidation voraussetzte, dass sie ein Interesse an der Verwertung, Befriedigung oder Verteilung von vorhandenem Gesellschaftsvermögen dartun könnte vergleiche RIS-Justiz RS0060128). Mit einer Aufkündigung würde jedoch im Gegenteil das einzige in Frage kommende "Vermögen", nämlich das allfällige Mietrecht der gelöschten GmbH, beseitigt. Der Oberste Gerichtshof hat zwar früher zum Teil ganz allgemein die Auffassung vertreten, zur Vollbeendigung einer Gesellschaft bedürfe es der Abwicklung aller die Gesellschaft betreffenden Rechtsverhältnisse zu Dritten. Demgegenüber geht aber die heute herrschende Auffassung davon aus, dass die bloße Existenz von Rechtsverhältnissen zu Dritten nicht zur Annahme der Weiterexistenz der Gesellschaft ausreicht, sondern, dass die Vollbeendigung, wie bereits ausgeführt, (schon) dann eintritt, wenn kein verwertbares und verteilbares Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist (9 ObA 17/98k = SZ 71/50 mwN). Dass eine Aufkündigung gegen eine gelöschte GmbH mangels deren Parteifähigkeit, die sie auf Grund der Vermögenslosigkeit bereits vor Einbringung der Aufkündigung verloren hat, nicht möglich ist und eine Nachtragsabwicklung von der Vermieterin aller Voraussicht nach nicht erreicht werden kann, kann nicht zum Ergebnis führen, dass der Beklagte weiterhin gegen den Willen der Klägerin im Mietobjekt mit dem Argument verbleibt, er könne sich auf ein von der ungekündigten GmbH abgeleitetes Gebrauchsrecht stützen. Eine Nachtragsabwicklung könnte im vorliegenden Fall jedenfalls nur darin bestehen, dass ein Liquidator bestellt wird, dem dann die berechtigte Aufkündigung der Klägerin zugestellt werden könnte. Damit wären aber keinerlei Vorteile für die Gesellschaftsgläubiger verbunden.

Unter den hier gegebenen Umständen ist daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen davon auszugehen, dass die GmbH durch Löschung und Vollbeendigung untergegangen ist und der Kläger keine Rechte mehr von ihr ableiten kann. Dem auf titellose Benützung gegründeten Räumungsbegehren der Klägerin war daher in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen stattzugeben.

ie Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.ie Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E68601 6Ob262.02a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0060OB00262.02A.0123.000

Dokumentnummer

JJT_20030123_OGH0002_0060OB00262_02A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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