Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm S*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei Steffen M*****, vertreten durch Kreibich, Bixner, Kleibel Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Michael P*****, und 2. Ö*****verein, ***** beide vertreten durch Dr. Karl G. Aschaber ua Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 60.837,86 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. September 2002, GZ 6 R 117/02x-60, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25. März 2002, GZ 9 Cg 153/99x-52, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der zweitbeklagte Verein organisierte vom 15. bis 17. 1. 1999 eine Wintersportveranstaltung. Neben dem Eisklettern wurden Abfahrten auf einer Seilrutsche über eine Talsohle ("Flying Fox") angeboten. Als Startplatz diente ein 8 m langes Felsband. Dort wurden die Gäste vom Erstbeklagten mit einem Seilrollengehänge in die beiden Startseile eingehängt. Der Erstbeklagte war der Betreuer am Startplatz und hatte die Aufgabe, die Gäste in die Lastseile einzuhängen und den Start freizugeben. Der im Zielraum (auf dem Landeplatz) befindliche zweite Betreuer musste die Fahrt an ihrem Ende dosiert abbremsen. Beide Betreuer wurden vom Zweitbeklagten über ihre Aufgaben instruiert. Zwischen dem Start und dem Ziel waren Sicht- und Rufkontakte möglich. Der Kläger führte seine Fahrt durch und war noch in den Seilen eingehängt, als ein nachfolgender Teilnehmer (der Nebenintervenient), der das Startzeichen des Erstbeklagten nicht abgewartet hatte, seine Abfahrt durchführte. Der Zielbetreuer konnte die Fahrt zwar noch abbremsen, den Zusammenprall mit dem Kläger aber nicht mehr verhindern. Der Kläger erlitt eine Unterschenkelfraktur, die operativ versorgt werden musste. Der Heilungsverlauf verlief kompliziert. Für die noch relativ neue Animationsveranstaltung "Flying Fox" bestehen noch keine konkreten Sicherheitsvorschriften. Die beiden Betreuer waren ausgebildete Bergführer.
Der Kläger begehrt Schmerzengeld und die Feststellung der Haftung der Beklagten für unfallkausale Schäden.
Das Erstgericht wies die Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung ab, dass keine Sicherungsvorschriften verletzt worden seien. Es gebe keine Vorschrift, dass ein Teilnehmer erst dann in die Seile eingehängt werden dürfe, wenn der vorherige Teilnehmer sich bereits aus der Bahn und vom Landeplatz entfernt habe. Das Berufungsgericht bestätigte unangefochten die Abweisung der gegen den Erstbeklagten gerichteten Klagebegehren und stellte mit Teil- und Zwischenurteil fest, dass die Ansprüche des Klägers gegenüber dem zweitbeklagten Verein dem Grunde nach zu Recht bestünden. Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Zweitbeklagten mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass die Klagebegehren abgewiesen werden, hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:Die Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig:
Das Berufungsgericht hat sowohl eine vertragliche Haftung als auch eine solche nach Deliktsrecht bejaht. Es hat sich dabei im Rahmen der folgenden vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätze gehalten:
Wer eine Gefahrenquelle schafft, hat die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Vermeidung von Schäden zu treffen (RIS-Justiz RS0023355). Die Haftung trifft denjenigen, der eine Anlage dem Zutritt von Personen eröffnet (6 Ob 314/00w; 7 Ob 51/00a). Voraussetzung der Haftung ist die Erkennbarkeit der Gefahrenlage, die auch durch das Verhalten Dritter ausgelöst werden kann (RIS-Justiz RS0023801; RS0023231). Sicherungspflichten bestehen auch bei Sportveranstaltungen (RS0023955; RS0098750). Der Veranstalter hat Instruktionspflichten (6 Ob 689/90; RS0022966). Es besteht keine Haftung für atypische Erfolge (RS0022944). Adäquat ist ein Erfolg auch dann, wenn eine weitere Ursache für den Schaden hinzutritt und dies "nicht außerhalb der allgemeinen menschlichen Erwartung steht" (RS0022546). Von einem inadäquat verursachten Schaden kann nur gesprochen werden, wenn eine außergewöhnliche Verkettung besonderer Umstände vorliegt (1 Ob 303/99m; RS0016582).
Der Revisionswerber steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass sich aus der Mitgliedschaft des Klägers beim zweitbeklagten Verein keine Vertragshaftung ableiten lasse; kein innerbetrieblicher Organisationsmangel vorliege; die Sorgfaltspflicht des Zweitbeklagten nicht höher sein könne als diejenige des Erstbeklagten; das anweisungswidrige Verhalten des nachfolgenden Teilnehmers (des "Frühstarters") weder vorhersehbar noch zu verhindern gewesen sei und der Zweitbeklagte die Haftung für leichtes Verschulden ausgeschlossen habe ("Freizeichnung"). Dazu ist Folgendes auszuführen:
Die Vertragshaftung des zweitbeklagten Vereins braucht nicht mit dem Vereinsrecht begründet zu werden. Es genügen die Feststellungen über die Organisation der Veranstaltung. Der Zweitbeklagte hat sie beworben und die Sicherheitsorgane instruiert. Dass die Sicherheitsinstruktion nicht ausreichend war, ist nicht nur durch den Unfall selbst und die nunmehr bestehenden Sicherheitsvorschriften indiziert. Entgegen den Revisionsausführungen war ein Fehlverhalten von Teilnehmern nicht auszuschließen und durchaus vorhersehbar. Die durch einen Frühstart verursachten Schäden können auch nicht als inadäquat im Sinne einer Verkettung besonderer unglücklicher Umstände beurteilt werden. Ein Start vor der mündlichen Freigabe durch den Startbetreuer kann verschiedene Ursachen haben. Neben dem besonderen Ehrgeiz eines "Sportlers", der seine besondere Schneidigkeit unter Beweis stellen will, sind auch die Fälle eines bloßen Missverständnisses (Hör- oder Sprachschwierigkeiten) oder einer bloßen Ungeschicklichkeit des Teilnehmers (der Startplatz war eine schmale Felskante) denkbar. Wenn solchen Gefahren mit einer einfachen Sicherungsmaßnahme begegnet werden kann, dass nämlich die Teilnehmer erst dann in die Seile eingehängt werden, wenn der Zielplatz geräumt ist, liegt in der Bejahung der Verletzung von Sorgfaltspflichten keine über ein außerordentliches Rechtsmittel wahrnehmbare Fehlbeurteilung. Abgesehen davon, dass die Haftung des Zweitbeklagten auch nach Deliktsrecht (§ 1295 ABGB) zu bejahen ist, kann er sich auf eine "Freizeichnung" von leichtem Verschulden schon deshalb nicht berufen, weil eine solche bei der Haftung für Leben und Gesundheit unwirksam ist (RS0109752). Der Kläger hat sich darauf in ausreichender Form berufen (RS0016440; RS0016447). Das Verschulden des Erstbeklagten war vom Obersten Gerichtshof nicht zu prüfen, weil das Begehren gegen ihn bereits rechtskräftig abgewiesen ist.Die Vertragshaftung des zweitbeklagten Vereins braucht nicht mit dem Vereinsrecht begründet zu werden. Es genügen die Feststellungen über die Organisation der Veranstaltung. Der Zweitbeklagte hat sie beworben und die Sicherheitsorgane instruiert. Dass die Sicherheitsinstruktion nicht ausreichend war, ist nicht nur durch den Unfall selbst und die nunmehr bestehenden Sicherheitsvorschriften indiziert. Entgegen den Revisionsausführungen war ein Fehlverhalten von Teilnehmern nicht auszuschließen und durchaus vorhersehbar. Die durch einen Frühstart verursachten Schäden können auch nicht als inadäquat im Sinne einer Verkettung besonderer unglücklicher Umstände beurteilt werden. Ein Start vor der mündlichen Freigabe durch den Startbetreuer kann verschiedene Ursachen haben. Neben dem besonderen Ehrgeiz eines "Sportlers", der seine besondere Schneidigkeit unter Beweis stellen will, sind auch die Fälle eines bloßen Missverständnisses (Hör- oder Sprachschwierigkeiten) oder einer bloßen Ungeschicklichkeit des Teilnehmers (der Startplatz war eine schmale Felskante) denkbar. Wenn solchen Gefahren mit einer einfachen Sicherungsmaßnahme begegnet werden kann, dass nämlich die Teilnehmer erst dann in die Seile eingehängt werden, wenn der Zielplatz geräumt ist, liegt in der Bejahung der Verletzung von Sorgfaltspflichten keine über ein außerordentliches Rechtsmittel wahrnehmbare Fehlbeurteilung. Abgesehen davon, dass die Haftung des Zweitbeklagten auch nach Deliktsrecht (Paragraph 1295, ABGB) zu bejahen ist, kann er sich auf eine "Freizeichnung" von leichtem Verschulden schon deshalb nicht berufen, weil eine solche bei der Haftung für Leben und Gesundheit unwirksam ist (RS0109752). Der Kläger hat sich darauf in ausreichender Form berufen (RS0016440; RS0016447). Das Verschulden des Erstbeklagten war vom Obersten Gerichtshof nicht zu prüfen, weil das Begehren gegen ihn bereits rechtskräftig abgewiesen ist.
Anmerkung
E68427 6Ob304.02bEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0060OB00304.02B.0123.000Dokumentnummer
JJT_20030123_OGH0002_0060OB00304_02B0000_000