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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/16/0041 2007/16/0042Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerden 1. der B G in S (2007/16/0040), 2. des T M in F (2007/16/0041) und 3. des W M in W, (2007/16/0042), alle vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien vom 9. März 2005, zu 1. Zl. RV/3203-W/02, zu 2. Zl. RV/0999-W/03 und zu 3. RV/2547- W/02, jeweils betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführenden Parteien sind die gesetzlichen Erben ihres am 28. Dezember 1999 verstorbenen Bruders. Mit Bescheiden vom 14. August 2001 schrieb das zuständige Finanzamt der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von jeweils S 4.987.320,-- Erbschaftssteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG jeweils in der Höhe von S 1.799.754,-- sowie dem Drittbeschwerdeführer ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von S 9.988.650,-- Erbschaftssteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG in der Höhe von S 3.005.232,-- vor.
In den im Wesentlichen gleichlautenden Berufungen brachten die beschwerdeführenden Parteien dagegen zusammengefasst vor, es seien Freibeträge sowie die im Verlassenschaftsverfahren angefallenen Gerichtsgebühren bei der Steuerbemessung nicht berücksichtigt worden.
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen der beschwerdeführenden Parteien teilweise Folge und setzte die Erbschaftssteuer für die Erstbeschwerdeführerin und den Zweitbeschwerdeführer mit jeweils EUR 48.257,55 sowie für den Drittbeschwerdeführer mit EUR 83.302,40 fest. Nach der Begründung der angefochtenen Bescheide berücksichtigte die belangte Behörde bei der Bemessung der Erbschaftssteuer diverse Befreiungsbestimmungen für Kapitalerträge ausländischer Wertpapiere.
Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Unterlassung der Vorschreibung von Erbschaftssteuer bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erbschaftssteuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG verletzt.
Die Verfahren waren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zu verbinden.
Mit Beschluss vom 25. Jänner 2007, A 2007/0003-1,0004-1 und 0005-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof in den Beschwerdefällen gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 1 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "1. der Erwerb von Todes wegen," als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 7. März 2007, G 54/06-15 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass der vorliegenden Beschwerdefälle § 1 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955 betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
Die Beschwerdefälle bilden Anlassfälle für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Dadurch, dass die belangte Behörde die angefochtenen Abgabenbescheide auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diese mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. März 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007160040.X00Im RIS seit
17.05.2007