Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther R*****, vertreten durch Mag. Hannes Arneitz, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Veronika K*****, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl und Dr. Robert Kugler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Herausgabe eines Grundstücksteils (Streitwert 1.300 EUR) sA infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 4. Juli 2002, GZ 2 R 177/02k-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 28. März 2002, GZ 8 C 53/02v-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 300,09 EUR (darin 50,01 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu bezahlen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte die Übergabe einer Grundstücksfläche, die im Grenzbereich von im Eigentum der Streitteile stehenden Liegenschaften liegt. Er bewertete den Streitgegenstand mit 1.300 EUR.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und bemängelte den vom Kläger angegebenen Wert des Streitgegenstands; der Wert der strittigen Grundstücksfläche sei mit (zumindest) 2.000 EUR anzusetzen.
In der Verhandlungstagsatzung vom 6. 3. 2002 bewertete das Erstgericht den Streitgegenstand mit 1.300 EUR.
Das Erstgericht gab schließlich dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Nichtigkeitsberufung Folge, hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Rechtssache an das Prozessgericht erster Instanz zur weiteren Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands an Geldeswert 4.000 EUR übersteige und dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Beklagte habe der Verlesung von Beweisergebnissen aus einem anderen Verfahren, an dem sie nicht beteiligt gewesen sei, nicht zugestimmt, was auf Grund der Bestimmung des § 281a Z 2 ZPO die Nichtigkeit des Verfahrens bewirke. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nach Lage und Größe des strittigen Grundstücksteils den Betrag von 4.000 EUR. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung dazu mangle, ob die unzulässige Verlesung von Vorakten nach § 281 Z 2 ZPO eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darstelle oder Nichtigkeit bewirke.Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Nichtigkeitsberufung Folge, hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Rechtssache an das Prozessgericht erster Instanz zur weiteren Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands an Geldeswert 4.000 EUR übersteige und dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Beklagte habe der Verlesung von Beweisergebnissen aus einem anderen Verfahren, an dem sie nicht beteiligt gewesen sei, nicht zugestimmt, was auf Grund der Bestimmung des Paragraph 281 a, Ziffer 2, ZPO die Nichtigkeit des Verfahrens bewirke. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nach Lage und Größe des strittigen Grundstücksteils den Betrag von 4.000 EUR. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung dazu mangle, ob die unzulässige Verlesung von Vorakten nach Paragraph 281, Ziffer 2, ZPO eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darstelle oder Nichtigkeit bewirke.
Der Rekurs des Klägers gegen den Aufhebungsbeschluss ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts ist der Rekurs unter anderem zulässig, soweit das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen und dabei ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO). Diese Voraussetzung trifft hier zwar zu, doch darf gemäß § 519 Abs 2 ZPO das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach § 502 ZPO die Revision zulässig ist. Nun ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt 4.000 EUR nicht übersteigt.Gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts ist der Rekurs unter anderem zulässig, soweit das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen und dabei ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist (Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO). Diese Voraussetzung trifft hier zwar zu, doch darf gemäß Paragraph 519, Absatz 2, ZPO das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Rekurses nach Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach Paragraph 502, ZPO die Revision zulässig ist. Nun ist gemäß Paragraph 502, Absatz 2, ZPO die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt 4.000 EUR nicht übersteigt.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichts unzulässig ist, wenn das Erstgericht nur über einen Streitgegenstand entschieden hat, der an Geldeswert 2.000 EUR (nach der vormaligen Gesetzeslage 15.000 S) nicht übersteigt, und dass ein höherer Bewertungsausspruch durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht bindet (6 Ob 640/95; SZ 59/198; EvBl 1987/110). Gleiches muss für den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz gelten, sofern das Erstgericht über einen an Geldeswert 2.000 EUR nicht übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat. In einem solchen Fall steht es dem Berufungsgericht nicht frei, abweichend von der Bewertung des Klägers auszusprechen, dass die im § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO genannte Wertgrenze überschritten wurde, außer es liegt eine offensichtliche Unterbewertung vor. Nur in diesem Fall regelt § 501 ZPO das Rechtsmittelverfahren nicht abschließend (6 Ob 640/95; RZ 1993/80; SZ 59/198; EvBl 1987/110).Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Revision gegen ein Urteil des Berufungsgerichts unzulässig ist, wenn das Erstgericht nur über einen Streitgegenstand entschieden hat, der an Geldeswert 2.000 EUR (nach der vormaligen Gesetzeslage 15.000 S) nicht übersteigt, und dass ein höherer Bewertungsausspruch durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht bindet (6 Ob 640/95; SZ 59/198; EvBl 1987/110). Gleiches muss für den Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz gelten, sofern das Erstgericht über einen an Geldeswert 2.000 EUR nicht übersteigenden Streitgegenstand entschieden hat. In einem solchen Fall steht es dem Berufungsgericht nicht frei, abweichend von der Bewertung des Klägers auszusprechen, dass die im Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer eins, Litera a, ZPO genannte Wertgrenze überschritten wurde, außer es liegt eine offensichtliche Unterbewertung vor. Nur in diesem Fall regelt Paragraph 501, ZPO das Rechtsmittelverfahren nicht abschließend (6 Ob 640/95; RZ 1993/80; SZ 59/198; EvBl 1987/110).
Für eine solche offensichtliche Unterbewertung (durch den Kläger) liegen keine Anhaltspunkte vor. Auch die beklagte Partei ging bei ihrer Bemängelung des Streitwerts von keinem 2.000 EUR übersteigenden Betrag aus, vielmehr begehrte sie die Erhöhung des vom Kläger bezifferten Streitwerts auf diesen Betrag, weil der Wert der streitverfangenen Grundfläche mit zumindest 2.000 EUR anzusetzen sei (S 2 des Schriftsatzes vom 25. 2. 2002). Die Ansicht des Gerichts zweiter Instanz, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige "nach Lage und Größe des strittigen Grundstücksteils" den Betrag von 4.000 EUR (S 5 des Berufungsurteils), ist auch nicht weiter begründet, weshalb von einer offensichtlichen Unterbewertung keine Rede sein kann. Dann ist aber der Oberste Gerichtshof an den unzulässigen Ausspruch der zweiten Instanz über den Wert des Entscheidungsgegenstands nicht gebunden, und dieser Ausspruch ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses nicht zu berücksichtigen (6 Ob 640/95 mwN).
Festzuhalten ist, dass sich der Oberste Gerichtshof bei der oben wiedergegebenen Rechtsansicht auf die Erläuterungen des Gesetzgebers zur ZVN 1983 und dessen daraus zu erschließende Absicht stützen konnte (siehe SZ 59/198). Auch in der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass für die Beurteilung der Frage, ob eine "Bagatellsache" vorliege, stets die Bewertung in der Klage maßgeblich sei (Fasching III 868); die Entscheidungen SZ 59/198 und EvBl 1987/110 haben dazu ausführlich Stellung genommen. Fasching (LB2 Rz 1830) führt schließlich noch aus, dass eine gesetzwidrige Bewertung durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht binde (vgl auch Kodek in Rechberger, ZPO2 § 500 Rz 4). Auch Gitschthaler bringt (in Fasching I2 Rz 9 zu § 60 JN) klar zum Ausdruck, dass (nur) fehlerhafte Bewertungen des Streitgegenstands durch den Kläger aufzugreifen seien und vom Berufungs- oder Rekursgericht im Fall einer offenkundigen Fehlbewertung das Interesse des Klägers neu zu bewerten sei. Die Ausführungen Burgstallers (in FS Matscher, 65 ff) geben keinen Anlass, von der ständigen, ausführlich begründeten und ansonsten durch die Lehre gedeckten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abzuweichen.Festzuhalten ist, dass sich der Oberste Gerichtshof bei der oben wiedergegebenen Rechtsansicht auf die Erläuterungen des Gesetzgebers zur ZVN 1983 und dessen daraus zu erschließende Absicht stützen konnte (siehe SZ 59/198). Auch in der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass für die Beurteilung der Frage, ob eine "Bagatellsache" vorliege, stets die Bewertung in der Klage maßgeblich sei (Fasching römisch III 868); die Entscheidungen SZ 59/198 und EvBl 1987/110 haben dazu ausführlich Stellung genommen. Fasching (LB2 Rz 1830) führt schließlich noch aus, dass eine gesetzwidrige Bewertung durch das Berufungsgericht den Obersten Gerichtshof nicht binde vergleiche auch Kodek in Rechberger, ZPO2 Paragraph 500, Rz 4). Auch Gitschthaler bringt (in Fasching I2 Rz 9 zu Paragraph 60, JN) klar zum Ausdruck, dass (nur) fehlerhafte Bewertungen des Streitgegenstands durch den Kläger aufzugreifen seien und vom Berufungs- oder Rekursgericht im Fall einer offenkundigen Fehlbewertung das Interesse des Klägers neu zu bewerten sei. Die Ausführungen Burgstallers (in FS Matscher, 65 ff) geben keinen Anlass, von der ständigen, ausführlich begründeten und ansonsten durch die Lehre gedeckten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abzuweichen.
Der Rekurs ist demnach als unzulässig zurückzuweisen.
Der Beklagten sind die Kosten ihrer Rekursbeantwortung zuzusprechen, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Klägers hingewiesen hat.
Textnummer
E68354European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00292.02A.0128.000Im RIS seit
27.02.2003Zuletzt aktualisiert am
12.01.2022