Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin K***** GmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) S***** GmbH, *****, 2.) T***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 (§ 12a) MRG, über den Rekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. August 2002, GZ 41 R 148/02x-81, womit der Endsachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Jänner 2002, GZ 20 Msch 84/97y-77, aufgehoben wurde, denDer Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin K***** GmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) S***** GmbH, *****, 2.) T***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wegen Paragraph 37, Absatz eins, Ziffer 8, (Paragraph 12 a,) MRG, über den Rekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. August 2002, GZ 41 R 148/02x-81, womit der Endsachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21. Jänner 2002, GZ 20 Msch 84/97y-77, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht stellte mit Endsachbeschluss fest, dass der angemessene monatliche Nettohauptmietzins für das Geschäftslokal 1010 Wien, *****, zum Stichtag 1. 9. 1995 EUR 3.266,28 beträgt. Mit rechtskräftigem Teilsachbeschluss (vgl 5 Ob 56/99t = WoBl 2001/63 = MietSlg 52.289) sei geklärt worden, dass eine Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 12a Abs 1 MRG dem Grunde nach zulässig sei. Der von der Sachverständigen ermittelte Nettohauptmietzins zum Stichtag 1. 9. 1995 von S 44.945,-- (EUR 3.266,28) werde üblicherweise auch von Angehörigen dieser Branche bezahlt. Schon deshalb scheide eine Reduktion des Mietzinses wegen der Art der im Mietobjekt ausgeführten Geschäftstätigkeit aus.Das Erstgericht stellte mit Endsachbeschluss fest, dass der angemessene monatliche Nettohauptmietzins für das Geschäftslokal 1010 Wien, *****, zum Stichtag 1. 9. 1995 EUR 3.266,28 beträgt. Mit rechtskräftigem Teilsachbeschluss vergleiche 5 Ob 56/99t = WoBl 2001/63 = MietSlg 52.289) sei geklärt worden, dass eine Anhebung des Hauptmietzinses gemäß Paragraph 12 a, Absatz eins, MRG dem Grunde nach zulässig sei. Der von der Sachverständigen ermittelte Nettohauptmietzins zum Stichtag 1. 9. 1995 von S 44.945,-- (EUR 3.266,28) werde üblicherweise auch von Angehörigen dieser Branche bezahlt. Schon deshalb scheide eine Reduktion des Mietzinses wegen der Art der im Mietobjekt ausgeführten Geschäftstätigkeit aus.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin, die eine Feststellung des angemessenen Hauptmietzinses mit monatlich S 35.374 (EUR 2.570,73) anstrebte, Folge, hob den angefochtenen Endsachbeschluss auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es bejahte die Zugehörigkeit des von der Antragstellerin betriebenen Restaurants zu einer schutzwürdigen Branche, vermisste aber zur Frage der branchentypischen Ertragsschwäche Feststellungen darüber, welchen Hauptmietzins ein vergleichbarer Gastgewerbebetrieb am konkreten Standort erwirtschaften könne. Dass bei vergleichbaren Restaurants vergleichbare Mieten bezahlt würden, sei lediglich ein Indiz für die Ertragskraft der Branche. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil der Entscheidung, ob bei dem zu beurteilenden Restaurant die Art der Geschäftstätigkeit zu berücksichtigen sei oder nicht, über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Rekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, er ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber machen im Wesentlichen geltend, die Branche sei nicht ertragsschwach, weil der ermittelte angemessene Nettohauptmietzins üblicherweise auch von Angehörigen der Branche der Antragstellerin erzielbar sei; es komme nicht auf die Existenz bestimmter Betriebe, sondern bestimmter Branchen an. Auch die soziale Schutzwürdigkeit der ausgeübten Geschäftstätigkeit sei nicht gegeben, weil sich das Angebot der Antragstellerin nach ihren eigenen Ausführungen hauptsächlich an Touristen richte und es sich um ein Restaurant der Kategorie 1 handle.
Hiezu wurde erwogen:
Zur Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit gemäß § 12a Abs 2 MRG liegt - beginnend mit 5 Ob 109/97h = SZ 70/74 = WoBl 1998, 16/3 (Würth, Dirnbacher) = MietSlg 49/13 - eine umfangreiche Rechtsprechung des erkennenden Senates vor. Danach soll eine Mietzinsreduzierung gemäß § 12a Abs 2 MRG zunächst einmal nicht die Existenz bestimmter Personen, sondern bestimmter Branchen am konkreten Standort ermöglichen. Auch bei den Branchen ist jedoch nach sozialen Gesichtspunkten zu differenzieren. Mit dem dehnbaren Begriff "Art der Geschäftstätigkeit" sollte offensichtlich ein Beurteilungsspielraum geschaffen werden, der es ermöglicht, die Mietzinsreduzierung nur den typischerweise ertragsschwachen Branchen zugutekommen zu lassen und unter diesen wiederum nur jenen, die selbst - wie etwa die Nahversorger - eine vom Gesetzgeber als schützenswert anerkannte soziale Aufgabe in den Versorgungsstrukturen des betreffenden Gebietes erfüllen (vgl zuletzt 5 Ob 135/02t; RIS-Justiz RS0107998, RS0107999).Zur Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit gemäß Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG liegt - beginnend mit 5 Ob 109/97h = SZ 70/74 = WoBl 1998, 16/3 (Würth, Dirnbacher) = MietSlg 49/13 - eine umfangreiche Rechtsprechung des erkennenden Senates vor. Danach soll eine Mietzinsreduzierung gemäß Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG zunächst einmal nicht die Existenz bestimmter Personen, sondern bestimmter Branchen am konkreten Standort ermöglichen. Auch bei den Branchen ist jedoch nach sozialen Gesichtspunkten zu differenzieren. Mit dem dehnbaren Begriff "Art der Geschäftstätigkeit" sollte offensichtlich ein Beurteilungsspielraum geschaffen werden, der es ermöglicht, die Mietzinsreduzierung nur den typischerweise ertragsschwachen Branchen zugutekommen zu lassen und unter diesen wiederum nur jenen, die selbst - wie etwa die Nahversorger - eine vom Gesetzgeber als schützenswert anerkannte soziale Aufgabe in den Versorgungsstrukturen des betreffenden Gebietes erfüllen vergleiche zuletzt 5 Ob 135/02t; RIS-Justiz RS0107998, RS0107999).
Schon in der grundlegenden Entscheidung 5 Ob 109/97h wurde ausgeführt, dass eine Mäßigung des Mietzinses nicht in Frage kommt, wenn der "volle" angemessene Mietzins üblicherweise auch von Angehörigen jener Branche bezahlt wird, deren Geschäftstätigkeit der mit dem konkreten Erhöhungsbegehren konfrontierte Mieter ausübt, weil schon dadurch dargetan ist, dass die Ertragskraft der Branche ausreicht, auch mit der "vollen" angemessenen Miete (über-)leben zu können. Wenn sich also herausstellt, dass der für das konkrete Objekt ermittelte "volle" angemessene Mietzins in einem durchaus weit zu ziehenden räumlichen Umkreis von Branchenkollegen des betreffenden Mieters bezahlt wird, ist eine Reduzierung des Mietzinses wegen der Art der im Mietobjekt ausgeübten Geschäftstätigkeit auszuschließen.
Das Erstgericht hat im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung die Feststellung nachgetragen, dass im vorliegenden Fall der volle angemessene Hauptmietzins üblicherweise auch von Angehörigen dieser Branche bezahlt wird. Diese Feststellung würde nach der zitierten Rechtsprechung bereits zum Ausschluss einer Mietzinsreduzierung führen, ohne dass es noch auf die vom Rekursgericht auf Grund seiner abweichenden Rechtsansicht vermisste Feststellung ankäme, welcher Hauptmietzins von einem vergleichbaren Betrieb am konkreten Standort erwirtschaftbar ist. Die Antragstellerin hat die erstgenannte Feststellung aber in ihrem Rekurs (erkennbar) bekämpft (AS 455), ohne dass diese Beweisrüge vom Rekursgericht erledigt worden wäre. Da der bekämpften Feststellung für den Ausgang der Sache entscheidende Bedeutung zukommt, ist zunächst dem Rekursgericht - unter Aufhebung seiner Entscheidung - die Behandlung der Beweisrüge aufzutragen.
Sollte das Rekursgericht die betreffende Feststellung des Erstgerichts billigen, würde das sogleich zur Verneinung einer Mietzinsreduzierung und somit zur Bestätigung des erstgerichtlichen Endsachbeschlusses führen. Sollte dies nicht der Fall sein und sollte sich in der Folge ergeben, dass Branchenkollegen der Mieterin für einen vergleichbaren Mietgegenstand im Umkreis nirgends den "vollen" Betrag zahlen und die Ertragskraft der Branche unzureichend ist, so würde es auf die vorhin erwähnte soziale Komponente ankommen. Bei deren Beurteilung wäre auf die jüngst ergangene Entscheidung 5 Ob 135/02t Bedacht zu nehmen, in welcher im Falle eines in nächster Nähe des Restaurants der Antragstellerin gelegenen Gastronomiebetriebes insbesondere darauf abgestellt wurde, ob die Versorgung von Touristen oder der örtlichen Wohn- und Arbeitsbevölkerung (mit Mahlzeiten zu moderaten Preisen) überwiegt; die Verpflegung von Städtetouristen wurde nicht als schutzwürdige soziale Aufgabe anerkannt, weil es sich bei der Besichtigung fremder Städte regelmäßig um die Befriedigung eines Luxusbedürfnisses handelt und von einem - zu Lasten des Vermieters - typischerweise schutzbedürftigen Teil der Bevölkerung keine Rede sein kann. Nun hat die Antragstellerin in einem Schriftsatz (AS 409; vgl auch AS 457 und 491) ausgeführt, dass ihr Betrieb der Versorgung eines durchschnittlich zahlungsfähigen Publikums, "insbesondere eines Touristenpublikums" diene; Feststellungen wurden hierüber nicht getroffen. Nach Auffassung des erkennenden Senates darf dieses Vorbringen noch nicht als Zugeständnis, dass die Touristenversorgung (im Sinne von 5 Ob 135/02t) überwiegt, verstanden werden, weshalb auch hiezu - sollte es darauf noch ankommen - Feststellungen zu treffen wären.Sollte das Rekursgericht die betreffende Feststellung des Erstgerichts billigen, würde das sogleich zur Verneinung einer Mietzinsreduzierung und somit zur Bestätigung des erstgerichtlichen Endsachbeschlusses führen. Sollte dies nicht der Fall sein und sollte sich in der Folge ergeben, dass Branchenkollegen der Mieterin für einen vergleichbaren Mietgegenstand im Umkreis nirgends den "vollen" Betrag zahlen und die Ertragskraft der Branche unzureichend ist, so würde es auf die vorhin erwähnte soziale Komponente ankommen. Bei deren Beurteilung wäre auf die jüngst ergangene Entscheidung 5 Ob 135/02t Bedacht zu nehmen, in welcher im Falle eines in nächster Nähe des Restaurants der Antragstellerin gelegenen Gastronomiebetriebes insbesondere darauf abgestellt wurde, ob die Versorgung von Touristen oder der örtlichen Wohn- und Arbeitsbevölkerung (mit Mahlzeiten zu moderaten Preisen) überwiegt; die Verpflegung von Städtetouristen wurde nicht als schutzwürdige soziale Aufgabe anerkannt, weil es sich bei der Besichtigung fremder Städte regelmäßig um die Befriedigung eines Luxusbedürfnisses handelt und von einem - zu Lasten des Vermieters - typischerweise schutzbedürftigen Teil der Bevölkerung keine Rede sein kann. Nun hat die Antragstellerin in einem Schriftsatz (AS 409; vergleiche auch AS 457 und 491) ausgeführt, dass ihr Betrieb der Versorgung eines durchschnittlich zahlungsfähigen Publikums, "insbesondere eines Touristenpublikums" diene; Feststellungen wurden hierüber nicht getroffen. Nach Auffassung des erkennenden Senates darf dieses Vorbringen noch nicht als Zugeständnis, dass die Touristenversorgung (im Sinne von 5 Ob 135/02t) überwiegt, verstanden werden, weshalb auch hiezu - sollte es darauf noch ankommen - Feststellungen zu treffen wären.
Dem Revisionsrekurs war somit Folge zu geben.
Textnummer
E68757European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0050OB00005.03A.0128.000Im RIS seit
27.02.2003Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012