Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Igor S*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Gueorgi S*****, vertreten durch Dr. Johann Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. November 2001, GZ 42 R 482/01w-18, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Eltern und der Minderjährige sind nach den Feststellungen der Vorinstanzen russische Staatsangehörige. Weder die Russische Föderation noch die ehemalige Sowjetunion sind bzw waren Mitgliedstaaten des Haager Minderjährigenschutzübereinkommens (BGBl 1975/446). Der Vorbehalt Österreichs, die Anwendung dieses Abkommens auf Minderjährige zu beschränken, die einem der Vertragsstaaten angehören, ist allerdings mit der vom Nationalrat genehmigten Erklärung BGBl 1990/439 zurückgezogen worden. Das Übereinkommen ist daher gemäß seinem Art 13 auch auf Minderjährige anzuwenden, die - wie hier - zwar einem Nichtvertragsstaat angehören, ihren gewöhnlichen Aufenthalt aber in einem Vertragsstaat haben (RIS-Justiz RS0074240). Gemäß Art 1 des Übereinkommens sind die österreichischen Gerichte zur Entscheidung berufen. Sie haben gemäß dessen Art 2 innerstaatliches Recht anzuwenden (1 Ob 522/92; 3 Ob 538/92; 7 Ob 181/98p ua).Die Eltern und der Minderjährige sind nach den Feststellungen der Vorinstanzen russische Staatsangehörige. Weder die Russische Föderation noch die ehemalige Sowjetunion sind bzw waren Mitgliedstaaten des Haager Minderjährigenschutzübereinkommens (BGBl 1975/446). Der Vorbehalt Österreichs, die Anwendung dieses Abkommens auf Minderjährige zu beschränken, die einem der Vertragsstaaten angehören, ist allerdings mit der vom Nationalrat genehmigten Erklärung BGBl 1990/439 zurückgezogen worden. Das Übereinkommen ist daher gemäß seinem Art 13 auch auf Minderjährige anzuwenden, die - wie hier - zwar einem Nichtvertragsstaat angehören, ihren gewöhnlichen Aufenthalt aber in einem Vertragsstaat haben (RIS-Justiz RS0074240). Gemäß Artikel eins, des Übereinkommens sind die österreichischen Gerichte zur Entscheidung berufen. Sie haben gemäß dessen Artikel 2, innerstaatliches Recht anzuwenden (1 Ob 522/92; 3 Ob 538/92; 7 Ob 181/98p ua).
Es ist ständige Rechtsprechung, dass zum Sachanwendungsbereich des Haager Minderjährigenschutzübereinkommens auch die die Obsorge und das Besuchsrecht betreffenden Regelungen zählen (EvBl 1978/128; JBl 1984, 153 [zust. Schwimann]; RZ 1988/41; ÖA 1990, 19; RZ 1994/53; 2 Ob 536/95; 8 Ob 106/98s). Grundlage der Entscheidung ist stets das Kindeswohl, dessen Beachtung, sofern es - wie hier - gemäß Art 65 Z 1 des in der Russischen Föderation seit 1. 3. 1996 in Geltung stehenden Familiengesetzbuchs 1995 (FamGB) - auch im Heimatstaat berücksichtigt wird, selbst ein gesetzliches Gewaltverhältnis im Sinne dessen Art 3 des Übereinkommens verdrängen könnte (7 Ob 596/90 = SZ 63/204). Ein derartiges gemäß dessen Art 3 anzuerkennendes gesetzliches Gewaltverhältnis besteht aber nach der in der Russischen Föderation geltenden Gesetzeslage ohnedies nicht:Es ist ständige Rechtsprechung, dass zum Sachanwendungsbereich des Haager Minderjährigenschutzübereinkommens auch die die Obsorge und das Besuchsrecht betreffenden Regelungen zählen (EvBl 1978/128; JBl 1984, 153 [zust. Schwimann]; RZ 1988/41; ÖA 1990, 19; RZ 1994/53; 2 Ob 536/95; 8 Ob 106/98s). Grundlage der Entscheidung ist stets das Kindeswohl, dessen Beachtung, sofern es - wie hier - gemäß Artikel 65, Ziffer eins, des in der Russischen Föderation seit 1. 3. 1996 in Geltung stehenden Familiengesetzbuchs 1995 (FamGB) - auch im Heimatstaat berücksichtigt wird, selbst ein gesetzliches Gewaltverhältnis im Sinne dessen Art 3 des Übereinkommens verdrängen könnte (7 Ob 596/90 = SZ 63/204). Ein derartiges gemäß dessen Art 3 anzuerkennendes gesetzliches Gewaltverhältnis besteht aber nach der in der Russischen Föderation geltenden Gesetzeslage ohnedies nicht:
Anders als § 177 ABGB idFd KindRÄG 2001 kennt das Familiengesetzbuch 1995 weder den Begriff der Obsorge noch den der Obsorge beider Elternteile. Gemäß Art. 66 Z 1 FamGB hat der Elternteil, der von dem Kind getrennt lebt, die Rechte auf Umgang mit dem Kind, auf Beteiligung an seiner Erziehung und auf Entscheidung zu Fragen der Ausbildung des Kindes. Dem stellt diese Gesetzesstelle (in deren Abs 2) den Elternteil, mit dem das Kind zusammenlebt, gegenüber (dem geboten wird, den Umgang mit dem anderen Elternteil nicht zu behindern). Gemäß Ziffer 2 dieser Gesetzesstelle sind die Eltern berechtigt, eine Vereinbarung in schriftlicher Form über die Ausübung der elterlichen Rechte desjenigen Elternteils zu treffen, der von dem Kind getrennt lebt. Erzielen die Eltern keine Vereinbarung, so wird der Streit auf Antrag der Eltern (eines von ihnen) vom Gericht unter Beteiligung des Vormundschafts- und Pflegschaftsorgans entschieden.Anders als Paragraph 177, ABGB idFd KindRÄG 2001 kennt das Familiengesetzbuch 1995 weder den Begriff der Obsorge noch den der Obsorge beider Elternteile. Gemäß Artikel 66, Ziffer eins, FamGB hat der Elternteil, der von dem Kind getrennt lebt, die Rechte auf Umgang mit dem Kind, auf Beteiligung an seiner Erziehung und auf Entscheidung zu Fragen der Ausbildung des Kindes. Dem stellt diese Gesetzesstelle (in deren Abs 2) den Elternteil, mit dem das Kind zusammenlebt, gegenüber (dem geboten wird, den Umgang mit dem anderen Elternteil nicht zu behindern). Gemäß Ziffer 2 dieser Gesetzesstelle sind die Eltern berechtigt, eine Vereinbarung in schriftlicher Form über die Ausübung der elterlichen Rechte desjenigen Elternteils zu treffen, der von dem Kind getrennt lebt. Erzielen die Eltern keine Vereinbarung, so wird der Streit auf Antrag der Eltern (eines von ihnen) vom Gericht unter Beteiligung des Vormundschafts- und Pflegschaftsorgans entschieden.
Die dargestellte Regelung des Art 66 FamGB lässt eine auffallende Ähnlichkeit zu § 178 ABGB erkennen, der dem nicht mit der Obsorge betrauten Elternteil außer dem Recht, auf persönlichen Verkehr auch das Recht, von wichtigen Angelegenheiten verständigt zu werden, sich dazu zu äußern und Bedenken gegen das Kindeswohl das Gericht anzurufen, sichert. Dass im Gebiet der russischen Föderation die Bestimmung des Art. 66 Z 1 FamGB von Lehre und Rechtsprechung dahin ausgelegt würde, dem getrennt lebenden Elternteil seien in jedem Falle weitergehenden Rechte im Sinne gemeinsamer Obsorge zuzuerkennen, wurde vom Revisionsrekurswerber gar nicht behauptet. Tatsächlich liegen dafür nach dem Gesetz auch keinerlei Anhaltspunkte vor, normiert doch Art 65 Z 1 FamGB - in Übereinstimmung mit dem das österreichische Pflegschaftsrecht beherrschenden Grundsatz der Wahrung des Kindeswohls -, dass die elterlichen Rechte nicht im Widerspruch zu den Interessen der Kinder ausgeübt werden dürfen und dass die Gewährleistung der Interessen der Kinder die grundlegende Sorge ihrer Eltern zu sein habe. Damit kann aber davon ausgegangen werden, dass auch russische Gerichte die Rechte des getrennt lebenden Elternteils jeweils einzelfallbezogen und praktikabel festlegen. Auch kann es in der Regel nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs sein, zur Fortbildung ausländischen Rechts im Wege der Auslegung beizutragen.Die dargestellte Regelung des Artikel 66, FamGB lässt eine auffallende Ähnlichkeit zu Paragraph 178, ABGB erkennen, der dem nicht mit der Obsorge betrauten Elternteil außer dem Recht, auf persönlichen Verkehr auch das Recht, von wichtigen Angelegenheiten verständigt zu werden, sich dazu zu äußern und Bedenken gegen das Kindeswohl das Gericht anzurufen, sichert. Dass im Gebiet der russischen Föderation die Bestimmung des Artikel 66, Ziffer eins, FamGB von Lehre und Rechtsprechung dahin ausgelegt würde, dem getrennt lebenden Elternteil seien in jedem Falle weitergehenden Rechte im Sinne gemeinsamer Obsorge zuzuerkennen, wurde vom Revisionsrekurswerber gar nicht behauptet. Tatsächlich liegen dafür nach dem Gesetz auch keinerlei Anhaltspunkte vor, normiert doch Artikel 65, Ziffer eins, FamGB - in Übereinstimmung mit dem das österreichische Pflegschaftsrecht beherrschenden Grundsatz der Wahrung des Kindeswohls -, dass die elterlichen Rechte nicht im Widerspruch zu den Interessen der Kinder ausgeübt werden dürfen und dass die Gewährleistung der Interessen der Kinder die grundlegende Sorge ihrer Eltern zu sein habe. Damit kann aber davon ausgegangen werden, dass auch russische Gerichte die Rechte des getrennt lebenden Elternteils jeweils einzelfallbezogen und praktikabel festlegen. Auch kann es in der Regel nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs sein, zur Fortbildung ausländischen Rechts im Wege der Auslegung beizutragen.
Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfalles (8 Ob 179/99b uva). Dass durch die Entscheidungen der Vorinstanzen dem Kindeswohl zuwidergehandelt worden wäre, vermag der Revisionsrekurswerber, der in seinem Rechtsmittel nur vage Vermutungen vorträgt, nicht zu begründen.
Da somit die Vorinstanzen zu Recht österreichisches Recht angewendet und dabei die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beachtet haben, liegt eine Rechtsfrage von der in § 14 Abs 1 AußStrG genannten Bedeutung nicht vor.Da somit die Vorinstanzen zu Recht österreichisches Recht angewendet und dabei die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze beachtet haben, liegt eine Rechtsfrage von der in Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG genannten Bedeutung nicht vor.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 16, Absatz 4, AußStrG in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Textnummer
E68259European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00017.02K.0128.000Im RIS seit
27.02.2003Zuletzt aktualisiert am
10.02.2011