TE OGH 2003/1/28 1Ob309/02a

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Veröffentlicht am 28.01.2003
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ludmilla T*****, vertreten durch Dr. Manfred Schnurer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1) Gertraude S*****, und 2) Elisabeth M*****, Großbritannien, vertreten durch Heinrich & Seifried, Rechtsanwaltspartnerschaft in Judenburg, wegen 11.506,53 EUR sA (erstbeklagte Partei) und 28.766,33 EUR sA (zweitbeklagte Partei) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 14. November 2002, GZ 3 R 166/02k-18, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist die uneheliche Tocher des am 23. 3. 1972 - ledig und sonst kinderlos - verstorbenen Erblassers. Dieser hatte vier Geschwister, drei Schwestern - darunter die beiden Beklagten - und einen Bruder, der am 20. 4. 1973 ledig und kinderlos verstarb. Dessen Nachlass wurde seinen Schwestern aufgrund deren gesetzlichen Erbrechts eingeantwortet. Die Klägerin war diesem Nachlassverfahren nicht beigezogen worden.

Die Klägerin begehrte, die Beklagten schuldig zu erkennen, und zwar die Erstbeklagte, ihr 11.506,53 EUR sA, und die Zweitbeklagte, ihr 28.766,33 EUR sA - entsprechend deren Erbquoten - zu zahlen. Sie brachte vor, als Repräsentantin ihres Vaters zum Nachlass dessen nachverstorbenen Bruders erbberechtigt zu sein.

Die Beklagten wendeten ein, die Klägerin habe nach § 754 Abs 3 ABGB in der 1973 geltenden Fassung kein gesetzliches Erbrecht zum Nachlass der Verwandten ihres unehelichen Vaters gehabt.

Das Erstgericht trat der Rechtsansicht der Beklagten bei und wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und verneinte - gestützt auf die Entscheidung 1 Ob 90/74 (= SZ 47/65) - ein Repräsentationsrecht der Klägerin. Das Repräsentationsrecht sei im Wesentlichen in § 733 und § 734 ABGB geregelt. Es gelte nach nunmehr herrschender Lehre das Prinzip der formellen Repräsentation. Danach entstehe das Erbrecht beim Deszendenten originär. Dieser leite vom Vormann nur die Erbquote, nicht aber die Berechtigung an sich ab. Ein eigenes Erbrecht der Klägerin als Repräsentantin ihres unehelichen Vaters zum Nachlass dessen nachverstorbenen Bruders sei jedoch gemäß § 754 Abs 3 ABGB aF ausgeschlossen. Mangels einer "erheblichen bedeutenden Rechtsfrage" sei die ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist unzulässig.

1. Zum Entscheidungsgegenstand

Nach der Rechtsprechung muss sich eine Rechtsgemeinschaft als materielle Streitgenossenschaft auf den Streitgegenstand "im engeren Sinn" beziehen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Rechtsgemeinschaft im Vorfragenbereich nicht genügt (5 Ob 47/90 [Wohnungseigentumsgemeinschaft - anteilige Betriebs- und Aufzugskosten]). Dagegen sind mehrere Personen aus demselben tatsächlichen Grund verpflichtet, wenn deren Verpflichtung aus einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt (Klagegrund) abgeleitet wird (1 Ob 267/02z; 1 Ob 603/94; 5 Ob 47/90). Deshalb werden etwa die Miteigentümer einer Liegenschaft, die der Kläger zur Erlangung des Ersatzes von Investitionen in eine Mietwohnung anteilig in Anspruch nimmt, als materielle Streitgenossen angesehen (SZ 63/41). Das Gleiche gilt für die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gegen die ein anderer Gesellschafter von ihm allein getragene Aufwendungen auf das Gesellschaftsvermögen - entsprechend der Beteiligung - anteilig geltend macht (1 Ob 267/02z). Es entspricht ferner seit der Entscheidung 1 Ob 453/58 (= JBl 1959, 322) der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass Miterben als Inhaber von Teilforderungen materielle Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind (so zuletzt 1 Ob 198/02b; 1 Ob 150/02v), sofern nicht einer der klagenden Erben weitere Tatsachen geltend machte, die (nur) den Bestand der in seine Rechtszuständigkeit fallenden Quotenforderung berühren (1 Ob 198/02b; 2 Ob 9/87). Deshalb sind Ansprüche, die in subjektiver Klagenhäufung erhoben wurden, gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN zusammenzurechnen, was nach § 55 Abs 5 JN auch für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revisionen maßgebend ist (1 Ob 198/02b). Was für die Ansprüche von Miterben als Berechtigte an sich selbständiger Teilforderungen gilt, muss umgekehrt auch für Ansprüche des Erbschaftsklägers gegen mehrere Miterben, denen der Nachlass eingeantwortet wurde, entsprechend deren Erbquoten gelten, sofern - neben dem Berufungsgrund - gegen einen dieser Erben nicht weitere Tatsachen geltend gemacht wurden, die sich (nur) auf den Bestand der gegen ihn erhobenen Quotenforderung beziehen. Wird daher die auf der Grundlage einer Erbschaftsklage zu lösende Frage nach dem "besseren Erbrecht" als bloße Vorfrage angesehen (7 Ob 63/98k), sodass eine Rechtsgemeinschaft der Beklagten als materielle Streitgenossenschaft in ihrer Eigenschaft als Erben - in Anlehnung an die voranstehenden Erwägungen - zu verneinen wäre, so beruhte die hier geltend gemachte Leistungspflicht der Beklagten jedenfalls auf demselben tatsächlichen Grund, wurde sie doch aus einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt (Klagegrund) abgeleitet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin von den Beklagten - entsprechend deren Erbquoten - unterschiedliche Beträge begehrte. Somit sind aber die gegen die Beklagten als materielle Streitgenossen erhobenen Ansprüche für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision zusammenzurechnen. Daraus folgt, dass die außerordentliche Revision auch im Prozessrechtsverhältnis zur Erstbeklagten nicht ausgeschlossen ist, obgleich gegen diese lediglich 11.506,53 EUR sA geltend gemacht wurden. Insofern besteht daher auch kein Anwendungsfall des § 508 Abs 1 ZPO.Nach der Rechtsprechung muss sich eine Rechtsgemeinschaft als materielle Streitgenossenschaft auf den Streitgegenstand "im engeren Sinn" beziehen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Rechtsgemeinschaft im Vorfragenbereich nicht genügt (5 Ob 47/90 [Wohnungseigentumsgemeinschaft - anteilige Betriebs- und Aufzugskosten]). Dagegen sind mehrere Personen aus demselben tatsächlichen Grund verpflichtet, wenn deren Verpflichtung aus einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt (Klagegrund) abgeleitet wird (1 Ob 267/02z; 1 Ob 603/94; 5 Ob 47/90). Deshalb werden etwa die Miteigentümer einer Liegenschaft, die der Kläger zur Erlangung des Ersatzes von Investitionen in eine Mietwohnung anteilig in Anspruch nimmt, als materielle Streitgenossen angesehen (SZ 63/41). Das Gleiche gilt für die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gegen die ein anderer Gesellschafter von ihm allein getragene Aufwendungen auf das Gesellschaftsvermögen - entsprechend der Beteiligung - anteilig geltend macht (1 Ob 267/02z). Es entspricht ferner seit der Entscheidung 1 Ob 453/58 (= JBl 1959, 322) der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass Miterben als Inhaber von Teilforderungen materielle Streitgenossen nach Paragraph 11, Ziffer eins, ZPO sind (so zuletzt 1 Ob 198/02b; 1 Ob 150/02v), sofern nicht einer der klagenden Erben weitere Tatsachen geltend machte, die (nur) den Bestand der in seine Rechtszuständigkeit fallenden Quotenforderung berühren (1 Ob 198/02b; 2 Ob 9/87). Deshalb sind Ansprüche, die in subjektiver Klagenhäufung erhoben wurden, gemäß Paragraph 55, Abs 1 Ziffer 2, JN zusammenzurechnen, was nach Paragraph 55, Absatz 5, JN auch für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revisionen maßgebend ist (1 Ob 198/02b). Was für die Ansprüche von Miterben als Berechtigte an sich selbständiger Teilforderungen gilt, muss umgekehrt auch für Ansprüche des Erbschaftsklägers gegen mehrere Miterben, denen der Nachlass eingeantwortet wurde, entsprechend deren Erbquoten gelten, sofern - neben dem Berufungsgrund - gegen einen dieser Erben nicht weitere Tatsachen geltend gemacht wurden, die sich (nur) auf den Bestand der gegen ihn erhobenen Quotenforderung beziehen. Wird daher die auf der Grundlage einer Erbschaftsklage zu lösende Frage nach dem "besseren Erbrecht" als bloße Vorfrage angesehen (7 Ob 63/98k), sodass eine Rechtsgemeinschaft der Beklagten als materielle Streitgenossenschaft in ihrer Eigenschaft als Erben - in Anlehnung an die voranstehenden Erwägungen - zu verneinen wäre, so beruhte die hier geltend gemachte Leistungspflicht der Beklagten jedenfalls auf demselben tatsächlichen Grund, wurde sie doch aus einem einheitlichen rechtserzeugenden Sachverhalt (Klagegrund) abgeleitet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin von den Beklagten - entsprechend deren Erbquoten - unterschiedliche Beträge begehrte. Somit sind aber die gegen die Beklagten als materielle Streitgenossen erhobenen Ansprüche für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision zusammenzurechnen. Daraus folgt, dass die außerordentliche Revision auch im Prozessrechtsverhältnis zur Erstbeklagten nicht ausgeschlossen ist, obgleich gegen diese lediglich 11.506,53 EUR sA geltend gemacht wurden. Insofern besteht daher auch kein Anwendungsfall des § 508 Abs 1 ZPO.

2. Zur Sachentscheidung

Dass einem unehelichen Kind gemäß § 754 Abs 3 ABGB in der 1973 geltenden Fassung zum Nachlass der Verwandten seines vorverstorbenen Vaters kein Repräsentationsrecht zukam, wurde bereits in der Entscheidung 1 Ob 90/74 (= SZ 47/65) verdeutlicht. Darauf stützte das Berufungsgericht die Bestätigung des klageabweisenden Ersturteils. Die Klägerin vermag dagegen nichts ins Treffen zu führen. Sie begnügt sich vielmehr mit der gegenteiligen Behauptung, ihr stehe als Repräsentantin ihres Vaters eine Quote des Nachlasses dessen nachverstorbenen Bruders zu. Dazu fehle eine "umfassende Judikatur des Obersten Gerichtshofs". Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, orientierte sich doch das Berufungsgericht bei Erledigung der Berufung an der im Anlassfall maßgebenden Leitlinie der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Die außerordentliche Revision ist somit gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Die außerordentliche Revision ist somit gemäß § 508a Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.

Textnummer

E68357

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0010OB00309.02A.0128.000

Im RIS seit

27.02.2003

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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