TE OGH 2003/1/30 2Ob86/02i

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Veröffentlicht am 30.01.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl sowie Univ. Doz. Dr. M. Bydlinski als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Anna Katharina F*****, und der Sarah Charlotte F*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Jörg F*****, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Jänner 2002, GZ 45 R 724/01f-76, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 9. Oktober 2001, GZ 2 P 215/00p-63, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs des Vaters wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Vater hatte seit 1. 8. 1996 für seine eheliche Tochter Anna Katharina monatlich S 4.370 und für die weitere Tochter Sarah Charlotte ab 1. 7. 1996 monatlich S

3.680 an Unterhalt zu leisten.

Mit Beschluss vom 9. 10. 2001 erhöhte das Erstgericht diese Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. 4. 2000 auf monatlich je S

6.600. Es ging dabei von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 40.256,24 (DM 5.726,35) im Jahr 2000 und für die Zeit vom 1. 1. bis 30. 6. 2001 von einem solchen von S 42.640,11 (DM 6.065,45) und weiters davon aus, dass der Vater noch für den am 14. 10. 1992 geborenen Philipp und die am 1. 8. 2001 geborene Sophie gesetzlich zu sorgen habe. Der nach der vom Erstgericht dargestellten Prozentsatzmethode festgelegte Unterhalt entspreche dem Einkommen des Vaters, wobei Aufwendungen für eine private Kranken- und Rentenversicherung nicht zu berücksichtigen seien.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es stellte aus der im Akt liegenden Lohnauskunft noch fest, dass der Vater im maßgeblichen Zeitraum Sachbezüge in Höhe von monatlich DM 720,20 erhalten habe und weitere Abzüge von monatlich je DM 78 der Unterhaltsbemessungsgrundlage hinzuzufügen seien. Unter Berücksichtigung dieser Sachleistungen ergebe sich eine höhere Bemessungsgrundlage, als vom Erstgericht festgestellt, weshalb die Frage, ob die vom Vater bezahlte private Krankenversicherung von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sei, nicht von Bedeutung sei. Das Rekursgericht erachtete einen Abzug von rund 1 % als angemessen für die Berücksichtigung der Sorgepflicht des Vaters für seine getrennt lebende Ehefrau. Soweit eine Anrechnung des Kindergeldes (offenbar der Familienbeihilfe) auf den Kindesunterhalt begehrt werde, sei darauf zu verweisen, dass nach § 12a FLAG die Familienbeihilfe den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht mindere. Der Verfassungsgerichtshof habe zwar in seiner Entscheidung vom 27. 6. 2001, B 1285/00, die gegenteilige Auffassung vertreten, doch schließe sich der Rekurssenat dieser Auffassung nicht an.Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es stellte aus der im Akt liegenden Lohnauskunft noch fest, dass der Vater im maßgeblichen Zeitraum Sachbezüge in Höhe von monatlich DM 720,20 erhalten habe und weitere Abzüge von monatlich je DM 78 der Unterhaltsbemessungsgrundlage hinzuzufügen seien. Unter Berücksichtigung dieser Sachleistungen ergebe sich eine höhere Bemessungsgrundlage, als vom Erstgericht festgestellt, weshalb die Frage, ob die vom Vater bezahlte private Krankenversicherung von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sei, nicht von Bedeutung sei. Das Rekursgericht erachtete einen Abzug von rund 1 % als angemessen für die Berücksichtigung der Sorgepflicht des Vaters für seine getrennt lebende Ehefrau. Soweit eine Anrechnung des Kindergeldes (offenbar der Familienbeihilfe) auf den Kindesunterhalt begehrt werde, sei darauf zu verweisen, dass nach Paragraph 12 a, FLAG die Familienbeihilfe den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht mindere. Der Verfassungsgerichtshof habe zwar in seiner Entscheidung vom 27. 6. 2001, B 1285/00, die gegenteilige Auffassung vertreten, doch schließe sich der Rekurssenat dieser Auffassung nicht an.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur Berücksichtigung der steuerlichen Belastung bei der Unterhaltsbemessung noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege:

Der Vater macht in seinem ordentlichen Revisionsrekurs geltend, das Rekursgericht habe seine Aufwendungen für die private Krankenversicherung und die Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt DM 582,43 monatlich unberücksichtigt gelassen und die Familienbeihilfe bei der Unterhaltsbemessung zu Unrecht nicht berücksichtigt Schließlich seien auch die Zahlungen an die getrennt lebende Ehefrau nicht berücksichtigt worden.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat das Verfahren über den Revisionsrekurs bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über den Antrag des Obersten Gerichtshofes vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen. Nach Einlangen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 19. 6. 2002, G 7/02, ist auf das Rechtsmittel des Vaters wie folgt zu antworten:Der erkennende Senat hat das Verfahren über den Revisionsrekurs bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über den Antrag des Obersten Gerichtshofes vom 20. Dezember 2001, 6 Ob 262/01z, Paragraph 12 a, FLAG 1967 in der Fassung BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen. Nach Einlangen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 19. 6. 2002, G 7/02, ist auf das Rechtsmittel des Vaters wie folgt zu antworten:

1. Ob eine private Krankenversicherung bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist, ist hier nicht von Bedeutung, weil das Rekursgericht - unwidersprochen - festgehalten hat, dass selbst bei Berücksichtigung der privaten Krankenversicherung von DM 582,43 die vom Erstgericht zur Unterhaltsbemessung herangezogene Unterhaltsbemessungsgrundlage immer noch niedriger wäre, als das tatsächliche für die Unterhaltsbemessung maßgebende Einkommen des Klägers.

2. Nach ständiger Rechtsprechung werden weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners nicht durch Abzüge ihrer absoluten Höhe von der Bemessungsgrundlage, sondern ausschließlich durch Abzüge von Prozentpunkten vom maßgebenden Unterhaltssatz berücksichtigt (Schwimann, Unterhaltsrecht2, 41 mwN). Für eine unterhaltsberechtigte Ehefrau sind je nach ihrem Eigeneinkommen 0-3 % abzuziehen. Der vom Rekursgericht angenommene Prozentsatz entspricht dieser Rechtsprechung.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02, die in § 12a FLAG enthaltene Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit träten.3. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02, die in Paragraph 12 a, FLAG enthaltene Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit träten.

Die Auswirkungen dieses Erkenntnisses in Verbindung mit dem bereits früheren des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00, auf die Unterhaltsbemessung im Falle von vom Unterhaltspflichtigen getrennt lebenden Kindern wurden bereits durch mehrere Senate des Obersten Gerichtshofes gelöst und beantwortet (4 Ob 52/02d, 7 Ob 174/02t, 2 Ob 37/02h ua). Danach ist - in verfassungskonformer Auslegung der maßgeblichen Rechtslage - bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2001, B 1285/00 den normativen Gehalt des § 12a FLAG teleologisch auf jenen Bereich reduziert, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt werden. Bei dieser Auffassung blieb der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Juni 2002. Die dem Kind geschuldete Unterhaltsleistung müsse bei einer Steuer (Einkommensteuer), deren Belastungskonzept nach dem Prizip der Individualbesteuerung die Erfassung der persönlichen Leistungsfähigkeit zum Ziel habe, steuermindernd berücksichtigt werden. Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Familienbeihilfe nur in jenen Fällen unterhaltsmindernd auswirken kann, in denen sie neben ihrem Zweck, grundsätzlich den betreuenden Elternteil zu entlasten, auch der steuerlichen Entlastung des steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners zu dienen hat. Eine Anrechnung der Familienbehilfe ist daher nur dann und insoweit erforderlich, als überhaupt eine steuerliche Entlastung verfassungsrechtlich geboten ist. Soweit daher der Revisionsrekurswerber auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes B 1285/00 Bezug nimmt und ausführt, dass eine Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei Festsetzung der Höhe der Unterhaltsverpflichtung zu erfolgen habe, übersieht er, dass er - aktenkundig - in Österreich nicht steuerpflichtig ist, keine - österreichische - Einkommensteuer zu zahlen hat und somit alleine in Deutschland steuerpflichtig ist. Dieses Erkenntnis hat daher auf seine Steuerpflicht in Deutschland auch nach dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuer (BGBl 1955/221 idgF) keine Auswirkungen. Soweit im Verfahren darauf verwiesen wird, dass das "Kindergeld" in Deutschland zur Hälfte auf das Einkommen des Kindes anzurechnen ist, ist dem entgegenzuhalten, dass dies der gesetzlichen Regelung in der Bundesrepublik Deutschland entspricht (§ 1612b BGB), doch fehlt eine korrespondierende Regelung in Österreich. Es hat daher auch nach Aufhebung des zweiten Halbsatzes des § 12a FLAG als verfassungswidrig im Fall in Österreich nicht steuerpflichtiger Unterhaltsschuldner dabei zu bleiben, dass die Familienbeihilfe nicht auf die Unterhaltspflicht des geldunterhaltspflichten Elternteils anzurechnen ist (vgl 6 Ob 108/02d für den Fall eines überhaupt nicht steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners).Die Auswirkungen dieses Erkenntnisses in Verbindung mit dem bereits früheren des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00, auf die Unterhaltsbemessung im Falle von vom Unterhaltspflichtigen getrennt lebenden Kindern wurden bereits durch mehrere Senate des Obersten Gerichtshofes gelöst und beantwortet (4 Ob 52/02d, 7 Ob 174/02t, 2 Ob 37/02h ua). Danach ist - in verfassungskonformer Auslegung der maßgeblichen Rechtslage - bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2001, B 1285/00 den normativen Gehalt des Paragraph 12 a, FLAG teleologisch auf jenen Bereich reduziert, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt werden. Bei dieser Auffassung blieb der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Juni 2002. Die dem Kind geschuldete Unterhaltsleistung müsse bei einer Steuer (Einkommensteuer), deren Belastungskonzept nach dem Prizip der Individualbesteuerung die Erfassung der persönlichen Leistungsfähigkeit zum Ziel habe, steuermindernd berücksichtigt werden. Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Familienbeihilfe nur in jenen Fällen unterhaltsmindernd auswirken kann, in denen sie neben ihrem Zweck, grundsätzlich den betreuenden Elternteil zu entlasten, auch der steuerlichen Entlastung des steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners zu dienen hat. Eine Anrechnung der Familienbehilfe ist daher nur dann und insoweit erforderlich, als überhaupt eine steuerliche Entlastung verfassungsrechtlich geboten ist. Soweit daher der Revisionsrekurswerber auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes B 1285/00 Bezug nimmt und ausführt, dass eine Berücksichtigung der Familienbeihilfe bei Festsetzung der Höhe der Unterhaltsverpflichtung zu erfolgen habe, übersieht er, dass er - aktenkundig - in Österreich nicht steuerpflichtig ist, keine - österreichische - Einkommensteuer zu zahlen hat und somit alleine in Deutschland steuerpflichtig ist. Dieses Erkenntnis hat daher auf seine Steuerpflicht in Deutschland auch nach dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuer (BGBl 1955/221 idgF) keine Auswirkungen. Soweit im Verfahren darauf verwiesen wird, dass das "Kindergeld" in Deutschland zur Hälfte auf das Einkommen des Kindes anzurechnen ist, ist dem entgegenzuhalten, dass dies der gesetzlichen Regelung in der Bundesrepublik Deutschland entspricht (Paragraph 1612 b, BGB), doch fehlt eine korrespondierende Regelung in Österreich. Es hat daher auch nach Aufhebung des zweiten Halbsatzes des Paragraph 12 a, FLAG als verfassungswidrig im Fall in Österreich nicht steuerpflichtiger Unterhaltsschuldner dabei zu bleiben, dass die Familienbeihilfe nicht auf die Unterhaltspflicht des geldunterhaltspflichten Elternteils anzurechnen ist vergleiche 6 Ob 108/02d für den Fall eines überhaupt nicht steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners).

Anmerkung

E68303 2Ob86.02i-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0020OB00086.02I.0130.000

Dokumentnummer

JJT_20030130_OGH0002_0020OB00086_02I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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