TE OGH 2003/1/30 2Ob320/02a

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Veröffentlicht am 30.01.2003
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Univ. Doz. Dr. M. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Zülfikar C*****, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, gegen die beklagten Parteien 1.) Bojan A*****, und 2.) R***** AG, ***** beide vertreten durch Dr. Reinhold Wolf, Mag. Gerhard Mader und Dr. Christian Tschiderer, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Reutte, wegen EUR 1.829,79 über den Rekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 19. November 2002, GZ 1 R 340/02k-27, womit die Berufung der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Reutte vom 27. Mai 2002, GZ 2 C 780/01b-23 zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Am 21. 2. 2001 ereignete sich ein Verkehrsunfall, an welchem der Kläger und der Erstbeklagte beteiligt waren. Der Kläger begehrt mit der Behauptung des Alleinverschuldens des Erstbeklagten Zahlung von restlich EUR 1.839,79.

Die beklagten Parteien beantragen die Abweisung des Klagebegehrens; das Alleinverschulden treffe den Kläger. Einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung wurde ein Betrag von EUR 4.396,71 aufrechnungsweise entgegengehalten.

Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Beide Lenker treffe ein gleichwertig zu beurteilendes Verschulden. Da dem Kläger vor Einbringung der Klage von der zweitbeklagten Partei bereits mehr als die Hälfte seines Schadens (von EUR 3.887,99) ersetzt worden sei, verbleibe keine berechtigte Klagsforderung mehr, weshalb auf die Gegenforderung nicht mehr einzugehen sei.

Das Berufungsgericht wies die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Berufung der erstbeklagtgen Partei in welcher begehrt wurde, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "dass in der Begründung des Urteils bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts am Zustandekommen des Verkehrsunfalls vom Alleinverschulden des Klägers ausgegangen werde", mangels Beschwer zurück.

Die materielle Rechtskraft erstrecke sich grundsätzlich nur auf die im Urteil festgestellte Rechtsfolge und auf die Entscheidungsgründe als Urteilselement nur so wie, als sie zur Individualisierung des Urteilsspruchs notwendig und somit entscheidungswesentlich seien. Rechtliche Beurteilungen würden von der Rechtskraft allerdings nicht umfasst. Da über die klägerischen Ansprüche bereits zur Gänze abgesprochen worden sei und in einem nachfolgenden Rechtsstreit über die Schadenersatzansprüche des Erstbeklagten gegenüber dem Kläger keine Bindung des dort erkennenden Gerichtes an die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldens- und Haftungsteilung bestehe, liege keine Identität des Anspruchs vor, weshalb die Rechtsposition des Erstbeklagten durch die angefochtene Entscheidung nicht beeinträchtigt werde.

Der Erstbeklagte begehrt in seinem Rekurs die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses des Berufungsgerichtes und die Fällung einer Sachentscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Voraussetzung jeder Rechtsmittelzulässigkeit ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Jedes Rechtsmittel setzt eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus, ist es doch nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (SZ 61/6; SZ 67/230; 2 Ob 2277/96h; EvBl 2000/5 uva). Der Rechtsmittelwerber muß nach ganz herrschender Auffassung grundsätzlich formell beschwert sein. Formelle Beschwer ist dann gegeben, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht. Materiell beschwert ist hingegen derjenige, dessen materielle oder prozessuale Rechtsstellung durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, für den die Entscheidung somit ungünstig ausfällt. Widerspricht zwar die angefochtene Entscheidung dem in der Vorinstanz gestellten Antrag des Rechtsmittelwerbers, wird damit aber seine Rechtsstellung nicht beeinträchtigt, dann ist sein Rechtsmittel dennoch trotz formeller, jedoch mangels materieller Beschwer zurückzuweisen (SZ 67/230; 1 Ob 146/98x; ua; Kodek in Rechberger² ZPO Rz 10 vor § 461). Es ist einhellige Rechtsprechung, daß nur der durch den Spruch im dargestellten Sinne Beschwerte ein Rechtsmittel ergreifen kann. Allein aus den Gründen einer Entscheidung kann eine Beschwer nicht abgeleitet werden (SZ 7/353; SZ 21/2; 7 Ob 2070/96d; 2 Ob 71/98z; EvBl 2000/5 uva). Ausdrücklich wurde auch festgehalten, daß die Rechtslage bei Aufhebungsbeschlüssen oder Zwischenurteilen grundlegend anders sei, weil die in einem Aufhebungsbeschluß geäußerte Rechtsansicht das Erstgericht binde (§ 499 Abs 2 ZPO) und einem Zwischenurteil insoweit Bindungswirkung zukomme, als Gericht und Parteien die Frage des Anspruchsgrundes nicht mehr neuerlich aufrollen dürfen (VersRdSch 1990, 95; 4 Ob 1645/95; 1 Ob 2058/96w; Kodek aaO).Voraussetzung jeder Rechtsmittelzulässigkeit ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Jedes Rechtsmittel setzt eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus, ist es doch nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (SZ 61/6; SZ 67/230; 2 Ob 2277/96h; EvBl 2000/5 uva). Der Rechtsmittelwerber muß nach ganz herrschender Auffassung grundsätzlich formell beschwert sein. Formelle Beschwer ist dann gegeben, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht. Materiell beschwert ist hingegen derjenige, dessen materielle oder prozessuale Rechtsstellung durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, für den die Entscheidung somit ungünstig ausfällt. Widerspricht zwar die angefochtene Entscheidung dem in der Vorinstanz gestellten Antrag des Rechtsmittelwerbers, wird damit aber seine Rechtsstellung nicht beeinträchtigt, dann ist sein Rechtsmittel dennoch trotz formeller, jedoch mangels materieller Beschwer zurückzuweisen (SZ 67/230; 1 Ob 146/98x; ua; Kodek in Rechberger² ZPO Rz 10 vor Paragraph 461,). Es ist einhellige Rechtsprechung, daß nur der durch den Spruch im dargestellten Sinne Beschwerte ein Rechtsmittel ergreifen kann. Allein aus den Gründen einer Entscheidung kann eine Beschwer nicht abgeleitet werden (SZ 7/353; SZ 21/2; 7 Ob 2070/96d; 2 Ob 71/98z; EvBl 2000/5 uva). Ausdrücklich wurde auch festgehalten, daß die Rechtslage bei Aufhebungsbeschlüssen oder Zwischenurteilen grundlegend anders sei, weil die in einem Aufhebungsbeschluß geäußerte Rechtsansicht das Erstgericht binde (Paragraph 499, Absatz 2, ZPO) und einem Zwischenurteil insoweit Bindungswirkung zukomme, als Gericht und Parteien die Frage des Anspruchsgrundes nicht mehr neuerlich aufrollen dürfen (VersRdSch 1990, 95; 4 Ob 1645/95; 1 Ob 2058/96w; Kodek aaO).

Nur wenn ein im Vorverfahren als Hauptfrage entschiedener Anspruch für einen in einem weiteren Verfahren zwischen denselben Parteien geltend gemachten Anspruch eine Vorfrage (ein bedingendes Rechtsverhältnis) darstellt, so entfaltet die Vorentscheidung insoweit aufgrund ihrer materiellen Rechtskraft Bindungswirkung (SZ 68/103; SZ 70/60; 1 Ob 330/98f; ua). Im allgemeinen wird das Ausmaß der Bindungswirkung nur durch den Urteilsspruch bestimmt, doch sind die Entscheidungsgründe - soweit erforderlich - zur Auslegung und Individualisierung des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs heranzuziehen.

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine Bindungswirkung der die Klage abweisenden Entscheidung zutreffend verneint. Eine solche kann schon deshalb nicht bestehen, weil der Erstbeklagte seine Ansprüche auch gegen den Haftpflichtversicherer des Klägers geltend machen könnte. So wurde bereits ausgesprochen, dass auch eine Bindung an strafgerichtliche Verurteilung solange nicht anzunehmen ist, als die Haftpflichtversicherung noch in Anspruch genommen werden kann (vgl dazu SZ 71/66). Umso weniger ist daher eine Bindung an die Vorentscheidung, an welchem die Haftpflichtversicherung nicht beteiligt war, in einem nachfolgenden Verfahren anzunehmen. Dem Rekurs musste ein Erfolg versagt bleiben.Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine Bindungswirkung der die Klage abweisenden Entscheidung zutreffend verneint. Eine solche kann schon deshalb nicht bestehen, weil der Erstbeklagte seine Ansprüche auch gegen den Haftpflichtversicherer des Klägers geltend machen könnte. So wurde bereits ausgesprochen, dass auch eine Bindung an strafgerichtliche Verurteilung solange nicht anzunehmen ist, als die Haftpflichtversicherung noch in Anspruch genommen werden kann vergleiche dazu SZ 71/66). Umso weniger ist daher eine Bindung an die Vorentscheidung, an welchem die Haftpflichtversicherung nicht beteiligt war, in einem nachfolgenden Verfahren anzunehmen. Dem Rekurs musste ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E68567 2Ob320.02a

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:0020OB00320.02A.0130.000

Dokumentnummer

JJT_20030130_OGH0002_0020OB00320_02A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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